Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281500/17/Kl/TK

Linz, 02.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11.12.2012, BZ-Pol-09018-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19. Juni 2013 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und  das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des Straferkenntnisses die Wortfolge „festgestellt wurde, dass“ herausgenommen und nach der Wortfolge „anlässlich einer Unfallerhebung“ eingefügt wird.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 500 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.


Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11.12.2012, BZ-Pol-09018-2012, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 116 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs. 5 Z 1 und 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG iVm § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma x, x (Arbeitgeberin), zu verantworten, dass durch den Arbeitsinspektor x, AI Linz, anlässlich einer Unfallerhebung am 10.01.2012 in der Arbeitsstätte x, x, der x, x, x, festgestellt wurde, dass der Arbeitnehmer x, geb. x, mit Reparaturarbeiten an einer Stahlgießpfanne auf einer Arbeitsbühne (Unterlagshölzer/Pfostenbelag) bei einer Absturzhöhe von ca. 3 m ohne Absturzsicherungen oder Abgrenzungen an den Absturzrändern dieser Arbeitsbühne beschäftigt wurde und auch nicht mittels persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gesichert war, obwohl bei Absturzgefahr Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen anzubringen sind und Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe besteht. Der Arbeitnehmer zog sich im Rahmen eines Arbeitsunfalles schwere Kopfverletzungen zu.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Spruch des Straferkenntnisses weder einen Vorfallszeitpunkt noch einen Vorfallsort enthalte, und daher Tatort und Tatzeitpunkt fehlten. Seitens des Berufungswerbers wird klargestellt, dass der gegenständliche Arbeitsunfall selbstverständlich durch Außerachtlassung maßgeblicher Arbeitnehmerschutzvorschriften, nämlich §§ 7 und 30 BauV herbeigeführt worden sei, in dem x entgegen der Vorschrift bei einer möglichen Absturzhöhe von mehr als 2 m nur mit Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen, in eventu nach § 30 BauV jedenfalls mit einer persönlichen Schutzausrüstung zu arbeiten, tätig gewesen sei und dieser Verstoß gegen diese Schutzvorschriften auch unfallsauslösend gewesen sei. Es liege aber kein Verschulden des Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer vor. Das Unternehmen der x sei in den Bereichen des Industrie- und Kraftwerkrohrleitungsbaus, Tiefrohrleitungsbaus, des Engineerings, des Apparate-, Behälter- und Tankbaus, im Bereich von Kraftwerksbauten, der Equipmentmontage und schlussendlich sonstiger Montagearbeiten national und international tätig, wobei Anfang 2012 gerundet 800 eigene Mitarbeiter sowie 300 Mitarbeiter im Wege der Arbeitskräfteüberlassung beschäftigt gewesen seien. Das Unternehmen sei in acht Geschäftsfelder aufgeteilt, wobei jedes Geschäftsfeld einen oder mehrere direkt der Geschäftsführung unterstehende Geschäftsfeldleiter habe. Außerhalb dieser Geschäftsfelder und direkt der Geschäftsführung unterstellt seien eine Stabsstelle, eine Qualitätssicherungsstelle und eine Abteilung für Arbeitssicherheit (HSEQ), welche ihrerseits der Umsetzung aller Belange der Arbeitssicherheit in den einzelnen Geschäftsfeldern verantwortlich sei. Von der Abteilung für Arbeitssicherheit seien im Weg der Geschäftsfeldleiter in allen Geschäftsfeldern Schulungen auf dem Bereich der Arbeitssicherheit durchgeführt worden, Baustellenkontrollen durchgeführt und im Fall festgestellter Mängel deren unverzügliche Beseitigung veranlasst worden. Durch diese Maßnahmen hätte die Unfallhäufigkeit gegen null reduziert werden können. Neben Erstschulungen für neue Mitarbeiter gebe es regelmäßige Schulungen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit, u.a. am 23.12.2010 unter Teilnahme des hier verunfallten Arbeitnehmers, wobei zur Thematik Absturzsicherungen, Gerüste und Arbeitsbühnen sowie Arbeiten auf Kranbahnen unter detaillierter Darstellung der Absturzsicherungen verwiesen wurde. Daran habe der Verunfallte nachweislich teilgenommen. Am Unfalltag sei der Arbeitnehmer im Werk der x mit der Reparatur einer Stahlgießpfanne als vorgesetzter Monteur mit einem weiteren Mitarbeiter beauftragt gewesen. Der Arbeitnehmer sei zu diesem Zeitpunkt rund 20 Jahre im Unternehmen der x tätig gewesen, wobei er Reparaturen wie die Gegenständliche bereits jahrelang im selben Werk wiederholt durchgeführt hätte, sodass er mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertraut gewesen sei. Aus den Lichtbildern sei ersichtlich, dass im Werk in dieser Halle mehrere Gießpfannen hintereinander situiert seien, wobei diese Gießpfannen in einer Stahlmulde stehen würden und sich rundherum Laufstege und an der Grenze zur nächsten Gießpfanne ein Geländer mit Brust- und Mittelwehr befunden hätte. Die Fußwehr sei durch ein Riffelblech ausgebildet. Der Arbeitsort sei grundsätzlich so eingerichtet, dass aufgrund der Baulichkeit mit einem umlaufenden Zwischenboden und mit einem umlaufenden Geländer keine Absturzgefahr bestehen könne. Warum der Arbeitnehmer am Unfallstag, an dem er für die Partie selbst verantwortlich war, das Riffelblech hochgeklappt und damit als Boden entfernt und den Freiraum mit Holzbrettern überbrückt habe, sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass der Arbeitnehmer entgegen der ausdrücklich erteilten Unterweisung nicht einmal eine persönliche Schutzausrüstung getragen habe. Der Unfall sei durch den Arbeitnehmer verursacht worden. Als leitender Monteur sei er für die Einrichtung eines sicheren Arbeitsplatzes für sich und seine Kollegen verantwortlich. Da nicht nachvollziehbar ein sicherer Arbeitsplatz nicht eingerichtet worden sei, versage auch das betriebsinterne Sicherungssystem. Da ein kurzer Montageauftrag wie der Gegenständliche naturgemäß nicht zu einer Kontrolle durch den in der Hierarchie nächsten Vorgesetzen führen kann und der Arbeitnehmer eine Reparatur wie die Gegenständliche in ca. 10 Jahren bereits vielfach als leitender Monteur durchgeführt habe, könne niemand mit einer solchen unvorhersehbaren Vorgangsweise rechnen. Auch habe der Leiter der Abteilung für Unfallsicherheit unmittelbar am Tag nach dem Unfall sämtliche dafür zuständige Mitarbeiter in allen Geschäftsfeldern angewiesen, sofort auf allen Baustellen alle Gerüste, Arbeitsplattformen, Abdeckungen, Absturzsicherungen zu überprüfen und allfällige Mängel sofort zu beheben. Das Unternehmen der x sei daher so organisiert, dass von der Geschäftsführung im Wege der ihr unmittelbar unterstellten Abteilung für Arbeitssicherheit die jeweiligen Leiter der einzelnen Geschäftsfelder sowie die Projektverantwortlichen alle erdenklichen Maßnahmen der Arbeitssicherheit durch Schulungsmaßnahmen und Überwachungsmaß­nahmen umgesetzt würden, allerdings mit dem nie auszuschließenden Risiko, dass in irgendeinem Einzelfall durch irgendeine Fehlleistung selbst ein mehrfach geschulter und jahrzehntelanger Mitarbeiter sich über die Belange der Arbeitssicherheit hinwegsetze und sich dadurch selbst in Gefahr bringe. Schließlich sei die verhängte Strafe überhöht, weil eine gleichhohe Geldstrafe gegen mehrere Geschäftsführer der Gesellschaft verhängt worden seien, obwohl jeder einzelne (wenn überhaupt) maximal einen vollkommen untergeordneten Tatbeitrag durch Unterlassung geleistet haben könnte, was bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sei.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 2.000,- Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer des Oö. Verwaltungssenates zur Entscheidung berufen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2013, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangte Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektor x, x und x geladen. Der Arbeitnehmer x ist krankheitsbedingt entschuldigt. Die geladenen Zeugen wurden in der mündlichen Verhandlung einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber war zum Unfallszeitpunkt am 10.1.2012 handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x. Das Unternehmen gliedert sich in acht Geschäftsfelder mit Geschäftsfeldleitern, eine Stabstelle, eine Qualitätssicherungsstelle und eine Abteilung Arbeitssicherheit, genannt HSEQ. Leiter der Abteilung Arbeitssicherheit ist x, der im Unternehmen für die Arbeitssicherheit zuständig ist und die Unterweisungs- und Schulungsunterlagen in schriftlicher Form vorbereitet. Schulungen selbst führt er nicht durch, sondern werden diese von den Abteilungsleitern hinsichtlich ihrer Mitarbeiter durchgeführt. Die Schulung der Abteilungsleiter findet in einem Qualitätsmanagementsystem statt, welches eine zweitägige Schulung über Arbeitssicherheit und eine Prüfung vorsieht. Schulungen der Mitarbeiter finden 12 x im Jahr zu verschiedenen Themen statt und wiederholen sich jährlich. Von der Geschäftsführung abwärts werden Begehungen der Arbeitsstätten bzw. Betriebsstätten gemacht und ist x fallweise bei diesen Begehungen dabei. Die Werkstättenleiter müssen mindestens einmal monatlich eine Begehung dokumentieren. Die gegenständliche Arbeitsstätte hat x vor dem Unfall nicht gekannt. Es handelte sich um eine „Kleinbaustelle“ der Firma und ist der Arbeitnehmer und sein Mitarbeiter dort selbständig tätig. Wenn er etwas braucht, hat er sich an seinen Stützpunktleiter, der sein unmittelbarer Vorgesetzter ist, zu wenden. Den handelsrechtlichen Geschäftsführern war die Baustelle nicht bekannt, sehr wohl aber bewusst, dass dort gearbeitet wird. Begehungen der Arbeitsstätte finden durch die x selbst sowie auch durch den Stützpunktleiter statt.

Die zweitägige Schulung mit Prüfung machen die Werkstättenleiter, Baustellenleiter und Stützpunktleiter. Diese führen dann die konkreten Unterweisungen durch. Für den konkreten Stützpunkt LD gab es eine allgemeine Sicherheitsanweisung sowie eine Gefährdungsevaluation, nämlich das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument. Es gibt auch externe Schulungen für Kransicherheit, Absturzsicherung sowie einen Aktivtag, wo Abseilübungen durchgeführt werden. Dieser findet bei der Schwesterfirma x statt. Es handelt sich um eine Geräteverleihfirma und werden von ihr die Geräte bezogen. Die Unterweisungen der Mitarbeiter erfolgen in den Stützpunkten durch den Stützpunktleiter, konkret durch Herrn x mit Herrn x. Der Stützpunktleiter macht auch die konkrete Arbeitszuweisung und Arbeitseinteilung. Der Arbeitnehmer ist schon 20 Jahre bei der x als Monteur beschäftigt, davon 10 Jahre direkt am Betriebsgelände der x. Es handelt sich dabei um eine Kleinbaustelle, die dem Arbeitnehmer sehr wohl bekannt war. Der Arbeitnehmer führt schon seit 10 Jahren diese Arbeiten in Eigenverantwortung durch, wobei grundsätzlich vereinbart war, dass die Arbeiten nur durchgeführt werden, wo fixe Gerüstungen oder die temporäre Bühne vorhanden sind. Es gibt in der Zapfhalle SG52, Stahlgießpfannenreparaturplatz, auf dem Betriebsgelände der x mehrere Reparaturgruben für Reparaturarbeiten, nämlich solche mit vorhandenen Gerüsten und andere mit einer temporären Arbeitsbühne. Die Reparaturarbeiten sollten dort durchgeführt werden, wo die Gerüstung vorhanden ist. Fest steht, dass der Arbeitnehmer x am 10.1.2012 in dieser Arbeitsstätte zum Zweck von Reparaturarbeiten an einer Stahlgießpfanne mit einem Mitarbeiter eigenverantwortlich und selbständig tätig war, wobei grundsätzlich ein Gerüst mit Geländer vorhanden war, an der Unfallstelle selbst aber bei dieser Stahlgießpfanne keine Absturzsicherungen oder Abgrenzungen vorhanden waren und der Arbeitnehmer auch nicht mittels persönlicher Schutzausrüstung gesichert war. Die Absturzhöhe betrug ca. 3 Meter. Der Arbeitnehmer hat an der Unfallstelle selbst provisorisch diese Stelle durch Holzpfosten, die nicht gesichert und nicht verbunden waren, überbrückt. An dieser Stelle war auch kein Geländer vorhanden. Die Arbeiten wurden schon am Vortag so begonnen. Am Unfallstag ist dann der Arbeitnehmer abgestürzt und hat sich schwer verletzt.

Die dokumentierte und vom Arbeitnehmer unterschriebene Unterweisung vom 23.12.2010 war eine jener 12 x jährlich stattfindenden Schulungen, wobei diese Schulung die Absturzsicherheit beinhaltete.

Erhebungen der Staatsanwaltschaft Linz gegen unbekannte Täter zu Zl. 41BAZ245/122, wurden eingestellt.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung, insbesondere auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen, sowie auch auf die im Akt befindlichen Fotos und den vorgelegten Polizeibericht. Es ist der Sachverhalt einwandfrei erwiesen. Insbesondere bestreitet auch der Berufungswerber die Unfallssituation und den Unfallshergang nicht. Die einvernommenen Zeugen waren glaubwürdig und verwickelten sich nicht in Widersprüche und konnten ihre Aussagen ebenfalls der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Im Übrigen decken sich die Aussagen auch weitgehend mit den Ausführungen des Berufungswerbers.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

Gemäß § 7 Abs. 2 BauV liegt Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe vor.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2. Im Grunde der erwiesenen Feststellungen hat der Arbeitnehmer x an der konkret angeführten Arbeitsstätte auf dem Betriebsgelände der x Reparaturarbeiten an einer Stahlgießpfanne vorgenommen. Die Absturzhöhe betrug ca. 3 m. An der Stelle, an der Reparaturarbeiten am 10.1.2012 vorgenommen wurden, bestand eine vom Arbeitnehmer selbst ausgeführte Überbrückung durch Holzpfosten, die nicht miteinander verbunden und nicht gesichert waren. Auch war kein Geländer an dieser Stelle vorhanden. Es war daher keine geeignete Absturzsicherung oder Abgrenzung an der Reparaturstelle vorhanden und es war der Arbeitnehmer auch nicht durch persönliche Schutzausrüstung gesichert. Der Arbeitnehmer war durch die x an dieser Arbeitsstätte beschäftigt. Es war daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.

Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x hat daher die Übertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

Wenn hingegen nach Erlassung des Straferkenntnisses vom Berufungswerber der belangten Behörde eine Mitteilung über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten, datiert am 19.12.2012, vorgelegt wird, diese auch mit Zustimmungserklärung des Bestellten versehen ist, so ist dazu rechtlich auszuführen, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs. 2 und 4 VStG der Zustimmungsnachweis aus der Zeit vor der Begehung der gegenständlichen Übertretung stammen muss. Darüber hinaus ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzes für eine wirksame Bestellung auch noch erforderlich, dass gemäß § 23 Arbeitsinspektionsgesetz – ArbIG die Mitteilung der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten an das zuständige Arbeitsinspektorat erfolgt ist. Es kann daher von keiner rechtswirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten zum Tatzeitpunkt ausgegangen werden.

 

Zu den vom Berufungswerber vorgebrachten Spruchmängeln ist zu entgegnen, dass dem Straferkenntnis sowohl ein Tatzeitpunkt als auch der Tatort zu entnehmen ist. Insbesondere war dem Berufungswerber der gesamte Akt bekannt. Es ist dem Spruch des Straferkenntnisses sowohl die konkrete Arbeitsstätte, welche sich auf dem Betriebsgelände der x befindet, zu entnehmen als auch der Firmensitz der x als Arbeitgeberin. Dass auch die Niederlassung in x, x genannt ist, schadet nicht, zumal diese keine selbständige Rechtspersönlichkeit besitzt. Zur Klarstellung wurde der Spruch berichtigt, wobei sämtliche wesentlichen Tatbestandsmerkmale aufrecht erhalten wurden und daher keine Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Auch ist der Berufungswerber in keinem Recht durch die Berichtigung verletzt.

 

5.3. Die Berufung richtet sich im Wesentlichen gegen das Verschulden des Berufungswerbers und werden hiefür Schulungen und Unterweisungen vorgebracht und auf Begehungen hingewiesen. Dieses Vorbringen ist allerdings im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreichend.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Das Vorbringen des Berufungswerbers kann eine Entlastung nicht bewirken. Insbesondere ist dem Berufungswerber das Beweisverfahren entgegenzuhalten, wonach der Arbeitnehmer selbständig an der Arbeitsstätte tätig war und in vollkommener Eigenverantwortung beschäftigt war. Weder der unmittelbar Vorgesetzte des verunfallten Arbeitnehmers noch der Berufungswerber selbst noch der für die Arbeitssicherheit zuständige Abteilungsleiter der Firma kannten vor dem Unfallszeitpunkt den Bereich, an dem konkret die Reparaturarbeiten durchgeführt wurden. Es ist daher auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. VwGH vom 24.5.2013, Zl. 2012/02/0072-5 mit weiteren Judikaturnachweisen). Stichprobenartige Überprüfungen und die Erteilung von Weisungen reichen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht aus (vgl. obzit. Judikatur). Auch fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass Vorsorge getroffen wurde, dass eine geschulte Aufsichtsperson an der Arbeitsstätte anwesend war (obzit. Erkenntnis). Vielmehr verteidigt sich der Berufungswerber selbst, dass nicht ständig eine Aufsichtsperson anwesend sein kann. Auch ist dem Berufungswerber im Sinn der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, dass er nicht konkret dargelegt hat, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene ersteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt als an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vorzit. Erkenntnis mit weiteren Nachweisen).

Es war daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers, nämlich zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen.

 

5.4. Gründe für die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens liegen daher nicht vor.

 

5.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine Strafmilderungsgründe zugrunde gelegt und auf das hohe Gefährdungspotential für Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers hingewiesen. Sie hat gemäß der Schätzung in der Aufforderung zur Rechtfertigung ein monatliches Nettoeinkommen von 5.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt.

Diesen zugrunde gelegten Umständen wurde auch in der Berufung nichts vom Berufungswerber entgegen gesetzt. Diese können daher auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden. Im Hinblick auf die besonders gefährliche Situation bei der Ausführung der Arbeiten war dies auch im Rahmen der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich Leben, Gesundheit und Unversehrtheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, sowie auch dass das durch die Bestimmung geschützte Rechtsgut in erheblichem Maße verletzt wurde. Dass durch die Übertretung es auch zu erheblichen nachteiligen Folgen, nämlich erhebliche Verletzung des Arbeitnehmers, gekommen ist, war daher als erschwerend zu werten. Die belangte Behörde ist von überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen und wurde dem nicht widersprochen. Auch liegen keine Sorgepflichten vor. Angesichts dieser Umstände war daher die verhängte Geldstrafe, die noch im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegt, nicht überhöht. Es kann daher nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in rechtswidriger Weise vorgegangen wäre. Es war daher auch die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Dem Vorbringen des Berufungswerbers, dass auch die übrigen handelsrechtlichen Geschäftsführer strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden, sei strafmildernd zu werten, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ist nach den Grundsätzen des Verwaltungsstrafverfahrens jeder Beschuldigte im Rahmen seines Verschuldens für die Verwaltungsübertretung strafrechtlich verantwortlich. Eine Entlastung im Rahmen des Verschuldens ist jedoch dem Beschuldigten nicht gelungen und waren schuldmildernde Gründe nicht gegeben.

 

Milderungsgründe waren keine festzustellen, sodass eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen war.

 

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 500 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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