Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360000/12/Gf/VS/Rt

Linz, 19.08.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des S, vertreten durch RA Dr. R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 22. März 2012, Zl. Pol96-2010, wegen einer Übertretung des Glücksspielgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) vom 22. März 2012, Zl. Pol96-2010, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Während einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 02.12.2010 durch die Organe der Abgabebehörde, Finanzamt Gmunden Vöcklabruck, als Organe der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG, im Lokal mit der Bezeichnung Pizzeria x in Straße, wurden 2 Glücksspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet dienstlich wahrgenommen und ein fortgesetzter Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes durch Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt. Es konnten Glücksspiele, etwa das virtuelle Walzenspiel mit der Bezeichnung 'Aloha Hawaii, Hot Fruits' festgestellt werden, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war, für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellt wurden und welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Die Geräte wurden von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Numerierung gekennzeichnet und nach Durchführung von Testspielen zwecks Verhinderung eines weiteren Eingriffs in das Glücksspielmonopol vorläufig beschlagnahmt, versiegelt und vor Ort belassen.

Nach [der] niederschriftlich festgehaltenen Aussage des Herrn K werden die Einnahmen zwischen Ihnen und dem Lokalbesitzer im Verhältnis von 50 %: 50 % des erzielten Gewinnes der gegenständlichen Geräte aufgeteilt.

 

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma GmbH, die ihrerseits unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma GmbH & Co KG ist, zu verantworten dass im Lokal mit der Bezeichnung 'Pizzeria' in Straße, mit zwei Glücksspielgeräten, mit der Gehäusebezeichnung:

 

1) Golden Island, Seriennummer G41

2) Golden Island Casino, Seriennummer GE006

 

von den Kontrollorganen mit der Numerierung von 1 bis 2 versehen, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, in der Zeit von Anfang Oktober 2010 bis 02.12.2010 veranstaltet wurden.

 

Sie haben damit eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, erstes Tatbild, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von    Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1) 500 Euro 23 Stunden -                     § 52 Abs. 1 Zi. 1 GSpG

2) 500 Euro 23 Stunden - detto

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

zu 1) und 2) je 50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Euro als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

1.100 Euro.

 

Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, so ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahl(Erlag)schein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei der Behörde einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag - ohne vorhergehende Mahnung - zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.

 

Begründung:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat im Rahmen des Beschlagnahmebescheides vom 04.01.2011, als die nach § 50 Abs 1 GSpG zuständige Behörde, aufgrund der ausführlich dokumentierten Anzeige des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, vom 10.01.2011 Zl.: 053/73205/2010, ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Veranstaltens von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, […] gegen Sie eingeleitet.

Es wurde folgender, verfahrenswesentlicher Sachverhalt zur Anzeige gebracht:

Bei einer am 02.12.2010, um 17:35 Uhr, im Lokal mit der Bezeichnung 'Pizzeria', in Straße von Organen der Abgabenbehörde, Finanzamt Gmunden Vöcklabruck, als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG durchgeführten Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz wären 2 Glücksspielgeräte mit der Gehäusebezeichnung 1) Golden Island, Seriennummer G41, FA‑Kennummer 1, 2) Golden Island Casino, Seriennummer GE006, FA‑Kennummer 2, betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden, mit welchen seit Anfang Oktober 2010 wiederholt verschiedene Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durch Herrn K veranstaltet wurden, zum Beispiel das virtuelle Walzenspiel mit der Bezeichnung Aloha Hawaii, welches auch als Testspiel während der Kontrolle durchgeführt worden war. Aufgrund der für die Spielteilnahme bedungenen Spieleinsätze und der vom Veranstalter in Aussicht gestellten Gewinne wäre fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen worden und deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden, weil diese Ausspielungen weder von der erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfaßt waren, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die angezeigten Glücksspiele in Form virtueller Walzenspiele, z.B. das angezeigte Walzenspiel mit der Bezeichnung 'Aloha Hawaii', verliefen entsprechend folgender generalisierender Beschreibung:

Die angebotenen Spiele, sohin auch das angezeigte virtuelle Walzenspiel, waren deshalb Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG, weil die Spieler in keiner Weise gezielt Einfluss auf das Zustandekommen einer gewinnbringenden Symbolkombination nehmen konnten, die Entscheidung über den Spielerfolg also jeweils ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten lediglich ein Spiel auswählen, einen Einsatz, bzw. Gewinnplan wählen und das Spiel durch Tastenbetätigung auslösen. Zudem erschien nach dem Geldeinwurf bei beiden Geräten folgender Hinweis: 'Dieses Gerät basiert auf reinem Zufall'

Die Spiele waren somit Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG.

 

Die Spiele konnten nur nach Eingabe von Geld ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden. Für jedes Spiel wurde ein bestimmter Mindesteinsatz bedungen, der durch entsprechende Tastenbetätigung gesteigert werden konnte. In den zum jeweiligen Spiel gehörenden Gewinnplan wurden in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen unterschiedlich hohe Gewinne in Aussicht gestellt. Sämtliche Gewinne wurden mit jeder Einsatzsteigerung erhöht. Mit dem Betätigen der Start-Taste wurde, nach Abzug des vorgewählten Einsatzbetrages, das Spiel ausgelöst. Nach kurzem Walzenumlauf, bei dem die dargestellten Symbole in ihrer Lage so verändert wurden, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand, stand die zufallsbedingt erfolgte Entscheidung über den Spielerfolg fest. War eine Symbolkombination eingetreten, welche einer der Angaben im Gewinnplan entsprach, dann war ein Gewinn erzielt worden, der am Bildschirm auch optisch und akustisch besonders hervorgehoben wurde, andernfalls war der Einsatz verloren.

Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen durchgeführt.

 

Die gegenständlichen Glücksspiele wurden auf Namen der Firma betrieben.

Nach der mit dem Lokalbetreiber während der Kontrolle am 02.12.2010 aufgenommenen Niederschrift festgehaltenen Aussage, wird ihm von der Firma regelmäßig ein Anteil in Höhe von 50 % der erzielten Gewinne der Glückspielgeräte im Zusammenhang mit der Durchführung der angezeigten Glücksspiele bezahlt.

Der Gerätebetreiber entrichtet demnach an K regelmäßige Zahlungen in der Höhe von 50 % der erzielten Gewinne weil dieser die für die Durchführung der angezeigten Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen die Räumlichkeiten dem Glücksspielveranstalter zur Verfügung stellt.

Sie haben als Verantwortlicher der im Spruch erwähnten Firma unter Verwendung der angeführten Glücksspielgeräte Glücksspiele mit dem Vorsatz veranstaltet, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieser Glücksspiele zu erzielen. Sie haben somit selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt.

Sie haben somit Glücksspiele als Unternehmer iSd. § 2 Abs 2 GSpG veranstaltet.

 

Für diese Ausspielungen waren nachweislich weder eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG erteilt worden, noch waren diese Ausspielungen nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. An diesen [Ausspielungen] konnte vom Inland aus teilgenommen werden.

Die Ausspielungen wurden also in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

 

Die gegenständlichen Glücksspiele, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen mussten und bei denen vom Unternehmer eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden war, wurden also ohne Rechtsgrundlage von einem Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet.

Somit wurden diese Glücksspiele in Form einer verbotenen Ausspielung veranstaltet, was Sie als das zur Vertretung nach Außen berufene Organ der gegenständlichen Firma zu verantworten haben.

 

Dieser Sachverhalt wurde Ihnen im Rahmen des Beschlagnahmebescheides der  Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 04.01.2011 zur Kenntnis gebracht.

 

Sie haben den dargelegten Sachverhalt wesentlich abändernde Gründe nicht vorgebracht. Durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung gaben Sie am 24.05.2011 lediglich an, dass keine verbotenen Ausspielungen vorliegen würden. Weiters führten Sie aus, dass nach der Judikatur des EuGH eine innerstaatliche Regelung hinsichtlich verbotener Ausspielungen unionsrechtswidrig wäre. Zudem sei der inkriminierte Verstoß, welcher ausdrücklich bestritten werde, ohnehin geringfügig.

 

Als Rechtsgrundlage wurden herangezogen:

….

 

Es wurde daher erwogen:

 

Auf Grund der ausführlichen und umfassenden Dokumentation der gegenständlichen Glücksspiele in Form verbotener Ausspielungen durch die Organe des Finanzamtes als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG und aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme waren für die Behörde zweifelsfrei als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizierende Spiele gegeben, welche von einem Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG veranstaltet wurden.

Ferner stand für die Behörde zweifelsfrei fest, dass für die Durchführung dieser Glücksspiele bestimmte Spieleinsätze bedungen wurden und dafür unterschiedlich hohe vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden.

Die gegenständlichen Spiele konnten mit einem Mindesteinsatz in der Höhe von 0,10 Euro durchgeführt werden, dem ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 5 Euro + 23 AG gegenüber stand. Der maximale Einsatz betrug 50 Cent. Dafür wurde ein Höchstgewinn von 20 Euro + 23 AG in Aussicht gestellt.

Ein Nachweis dafür, dass Spieleinsätze von mehr als € 10.- tatsächlich von einem Spieler geleistet wurden, konnte weder von den Kontrollorganen, noch von der Behörde erbracht werden. Ein solcher Einsatz wurde auch von Ihnen nicht behauptet.

Die angezeigten Glücksspiele unterliegen somit jedenfalls den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes.

 

Eine Rechtsgrundlage für die vorliegenden Ausspielungen wurde der Behörde nicht nachgewiesen.

 

Für die Behörde stand somit zweifelsfrei fest, dass die angezeigten Ausspielungen in Form verbotener Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, veranstaltet wurden. Aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der festgestellten Glücksspielgeräte, welche die Durchführung der Ausspielungen ermöglichten, wurde mit diesen verbotenen Ausspielungen fortgesetzt gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, erstes Tatbild, verstoßen.

Es lag sohin ein unzulässiger Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vor.

Im Ermittlungsverfahren wurden Sie als Verantwortlicher für die Veranstaltung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt.

 

Ihre unionsrechtlichen Bedenken konnten bereits im Beschlagnahmeverfahren zerstreut werden.

 

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungs­vorschrift nichts anderes bestimmt. Da das GSpG keine diesbezügliche Spezialnorm kennt, genügt für die Sanktionsmöglichkeit bereits die fahrlässige Begehung. Als Maßstab für die anzuwendende Sorgfalt des Täters ist dabei jene Sorgfalt zu berücksichtigen, zu der der Täter nach den Umständen des einzelnen Falles verpflichtet wäre.

Auf Grund der Tätigkeit als Unternehmer gehört es zu ihren grundlegenden Aufgaben, sich über die Zulässigkeit der Ausübung von Glücksspielaktivitäten zu informieren. Diese Überwachungsaufgabe oblag ihnen als Verantwortlicher der erwähnten Firma und war ihnen auf Grund der öffentlich zugänglichen Informationen (z.B. www.bmf.gv.at, RIS etc.) auch zumutbar.

Auch die Behauptung, eines Rechtsirrtums kann nicht überzeugen, da aus dem Gesamtzusammenhang des Verhaltes nicht angenommen werden kann, dass die irrige Rechtsauslegung unverschuldet erfolgte bzw. sie das Unerlaubte ihres Verhaltens nicht einsehen konnte. Es bedarf bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr der Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Diese erfolgten im gegenständlichen Fall lediglich bei beteiligten Unternehmern nicht aber bei Behörden.

Die Veranstaltung von verbotenen Ausspielung erfolgte daher zumindest fahrlässig."

Die belangte Behörde schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 26. März 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 10. April 2012 zur Post gegebene, aufgrund des Feiertages am 9. April 2012 als rechtzeitig zu wertende Berufung seines Rechtsvertreters.

Als Berufungsgründe werden Unzuständigkeit der Erstbehörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit, unrichtige Tatsachenfeststellung und eine entscheidungsrelevante Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird unter Punkt 2.1. ("Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten") insbesondere Folgendes vorgebracht:

 

"2.1.1 Der Berufungswerber weist ausdrücklich darauf hin, dass Herr S mit Vereinbarung vom 21.04.2009 zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der für die Aufstellung und den Betrieb von Spielautomaten und sonstigen wie immer gearteten Spielgeräten der GmbH & Co KG (idF kurz 'Fa.') einschlägigen glücksspielrechtlichen, spielapparate- und wettrechtlichen Bestimmungen bestellt wurde (Beilage ./1). In räumlicher Hinsicht erstreckt sich der [Verantwortungsbereich] des Herrn S auf alle Spielautomaten bzw Spielgeräte, die von der Fa. aufgestellt und in Betrieb genommen werden.

 

Da die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für den inkriminierten Verstoß gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG sohin gemäß § 9 Abs 2 VStG an Herrn S als verantwortlichen Beauftragten übertragen wurde, besteht keine Strafbarkeit des Beru­fungswerbers.

 

In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im verwaltungs­strafrechtlichen Berufungsverfahren kein Neuerungsverbot besteht und das gegen­ständliche Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich der Bestellung eines ver­antwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen berücksichtigt werden muss (VwGH 17.03.1992, 92/11/0001).

 

2.1.2 Der bekämpfte Bescheid wird daher schon deshalb aufzuheben sein, weil den Berufungswerber iSd § 9 Abs 2 VStG keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Bestimmungen des GSpG trifft. "

 

Nach weiteren Ausführungen beantragt der Bw, − sofern die gegenständliche Berufung nicht im Wege einer Berufungsvorentscheidung erledigt wird − das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

 

1.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 24. April 2012 die Berufung samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

1.4. Mit Schreiben vom 16. Juli 2012 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschwerdeführer gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Begehung einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG ausgesetzt.

 

Eine gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Verständigung über den Abschluss dieses Verfahrens lag dem Oö. Verwaltungssenat – trotz Urgenzschreiben vom 12. November 2012 und vom 28. Februar 2013 und der erneuten Übermittlung einer Kopie des gegenständlichen Aktes an die Staatsanwaltschaft Wels mit Schreiben vom 11. April 2013 – im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht vor.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Der Bw legte im Berufungsverfahren eine mit 21. April 2009 datierte, von ihm und S unterfertigte Erklärung mit folgendem Wortlaut vor:

 

"VEREINBARUNG ÜBER DIE BESTELLUNG ZUM VERANTWORTLICHEN

BEAUFTRAGTEN

 

abgeschlossen zwischen

der GmbH & Co KG,  

(im Folgenden 'GmbH & Co KG')

einerseits

und

Herrn S, geboren am 2.7.19xx,

(im Folgenden 'Beauftragter')

andererseits wie folgt:

I.

Verantwortungsbereich

Der Beauftragte wird ab dem Tag der Unterfertigung dieser Urkunde gemäß § 9 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der für die Aufstellung und den Betrieb von Spielautomaten und sonstigen wie immer gearteten Spielgeräten der GmbH & Co KG einschlägigen glücksspielrechtlichen und spielapparate-und wettrechtlichen Bestimmungen bestellt.

In räumlicher Hinsicht erstreckt sich der Verantwortungsbereich des Beauftragten auf alle Spielautomaten und sonstigen wie immer gearteten Spielgeräten, die von der GmbH & Co KG aufgestellt und in Betrieb genommen werden.

Der Beauftragte bestätigt mit Unterfertigung dieser Urkunde, Kenntnis von allen Standorten von Spielautomaten und sonstigen wie immer gearteten Spielgeräten der GmbH & Co KG zu haben.

 

II.

Anordnungs- und Weisungsbefugnis

Der Beauftragte ist berechtigt und verpflichtet, für die Einhaltung sämtlicher Vorschriften und Verpflichtungen, die in seinem gemäß Punkt I. zugewiesenen Verantwortungsbereich liegen, Sorge zu tragen und die hiefür erforderlichen Anordnungen und Weisungen selbständig zu erteilen,

Standort Veränderungen und Neuinbetriebnahmen von Spielautomaten und sonstigen wie immer gearteten Spielgeräten dürfen nur im Einvernehmen mit dem Beauftragten erfolgen.

 

III.

Zustimmungserklärung

Der Beauftragte erklärt seine ausdrückliche Zustimmung und sein Einverständnis zu dieser Bestellung-

Er übernimmt ausdrücklich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der ihm übertragenen Verpflichtungen; er nimmt zur Kenntnis, dass er bei Verletzung insbesondere der in Punkt I. genannten Vorschriften von den entsprechenden Verwaltungsorganen und -behörden unmittelbar zur Verantwortung gezogen wird.

 

 

X, am 21.4.2009"

 

2.3. Da keine Bedenken hinsichtlich der Echtheit der Unterschrift des S vorliegen, begründet diese "Vereinbarung über die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten" als Privaturkunde iSd § 294 ZPO (vgl § 47 AVG) den vollen Beweis dafür, dass die darin enthaltene Erklärung vom Genannten herrührt (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG II § 47 Rz 13). Damit hat das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates davon auszugehen, dass S seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten zugestimmt hat und die Privaturkunde – mangels gegenteiliger Hinweise – als ein aus der Zeit vor der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung stammender Zustimmungsnachweis anzusehen ist.

 

2.4. Gemäß § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 des Glücksspielgesetzes (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 73/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, der „zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen (einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft) "berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt."

Gemäß § 9 Abs. 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter "nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirkt die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird; erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen. Es muss daher bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein – aus der Zeit vor der Begehung der gegenständlichen Übertretung stammender – Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt sein. Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc). Beweispflichtig für das Zustandekommen eines solchen Beweisergebnisses schon vor Begehung der Tat ist der Beschuldigte. Es reicht aus, wenn der Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten gleichzeitig mit der Berufung vorgelegt wird, gehört doch das Berufungsverfahren zum Verwaltungsstrafverfahren und gilt in diesem Verfahren kein Neuerungsverbot (vgl. VwGH vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0067; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1289, Anm. 7 zu § 9 VStG).

3.3. Im gegenständlichen Fall datiert die Bestellung des Herrn S zum verantwortlichen Beauftragten von einem vor der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung liegenden Zeitpunkt, nämlich vom 21. April 2009. Der Zustimmungsnachweis war daher mangels gegenteiliger Hinweise schon vor dem vorgeworfenen Tatzeitraum – Anfang Oktober 2010 bis zum 2. Dezember 2010 – vorhanden. Die entsprechende Urkunde ist zwar erst mit der Berufung vorgelegt worden, ist aber damit schon bzw. noch während des Verwaltungsstrafverfahrens eingelangt, weil im Berufungsverfahren kein Neuerungsverbot gilt.

Insgesamt besehen liegen somit keine Umstände vor, die begründete Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Bestellung von Herrn S aufkommen lassen würden, zumal auch die Voraussetzungen des § 9 Abs 4 VStG erfüllt sind. Neben dem Vorliegen des Hauptwohnsitzes (vgl. die in der Vereinbarung über die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten angegebene Wohnadresse des S in X, welche durch den im ggst. Akt einliegenden ZMR-Auszug bestätigt wurde) konnte durch diese Privaturkunde auch der Nachweis einer "entsprechenden Anordnungsbefugnis" des verantwortlich Beauftragten, die ebenfalls aus der Zeit vor der Begehung der Tat stammt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1289, E 112 zu § 9 VStG), erbracht werden.

Im Hinblick auf diese rechtswirksame Bestellung des Herrn S zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG ist der Beschwerdeführer daher selbst – und unabhängig vom Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens –jedenfalls nicht für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich.

Die ihm angelastete Übertretung kann ihm daher rechtlich nicht zugerechnet werden.

4. Davon ausgehend war das angefochtene Straferkenntnis daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben und das Strafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r ó f

 

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