Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750104/3/Sr/Jo

Linz, 23.08.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 13. Kammer (Vorsitzender Mag. Dr. Bernhard Pree, Berichter Mag. Stierschneider und Beisitzer Mag. Dr. Brandstetter) über die Berufung der X, geboren am X, Staatsangehörige von China, derzeit nicht in Österreich aufhältig, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21. Mai 2013, GZ.: Sich96-134-2012, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

        I.    Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 67 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde auf 50 Euro herabgesetzt werden.

 

     II.    Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten. 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64ff. VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 21. Mai 2013, GZ.: Sich96-134-2012, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt. Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

Sie halten sich als Staatsangehörige von China und somit als Fremde im Sinne des § 2 Abs.4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 weiterhin ab 15. August 2012 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich, und zwar an der Adresse X, auf, da Sie weder über einen gültigen Einreisetitel verfügen, noch auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind und Sie nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen kein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt, Sie weder eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, noch eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben und sich im konkret bezogenen Fall auch aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften keine Rechtmäßigkeit Ihres Aufenthaltes ergibt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 120 Abs. 1a in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde nach Anführung des § 31 Abs. 1 FPG zunächst Folgendes aus:

 

"Sie sind nach unseren Unterlagen chinesische Staatsangehörige und sind laut eigenen Angaben am 16.1.2011 illegal nach Österreich eingereist. Am 17.1.2011 stellten Sie einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes Traiskirchen vom 24.1.2012 wurde Ihr Asylantrag abgewiesen und Ihre Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügt. Gegen diese Entscheidung haben Sie Beschwerde eingebracht. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 9.5.2012, ZI. C3 417.683-1/2011/4E, wurde Ihre Beschwerde abgewiesen. Die Abweisung des Asylantrages sowie Ihre Ausweisung erwuchsen mit 10.5.2012 in Rechtskraft. Auf Grund einer Ladung haben Sie am 23.5.2012 der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als für die Vollziehung des Fremdenpolizeigesetzes zuständigen Behörde gemeinsam mit Herrn X vorgesprochen. Dieser kommt laut Angabe für Ihren Lebensunterhalt auf. Es wurde angegeben, dass keine freiwillige Ausreise erfolgen werde. Ihnen wurde ein Formular zur Bestätigung der Bürgerschaft der Volksrepublik China zum Ausfüllen vorgelegt. Dieses Formular wurde auch von Ihnen ausgefüllt.

Herr X gab an, dass eine Ausreise nicht möglich ist, da Frau X keine Dokumente habe und er auch weiß, dass die Chinesische Botschaft keine Rückreisedokumente ausstellt. Sie wurden informiert, dass die Behörde ein Rückreisedokument beantragt, sofern Sie selbst kein Rückreisedokument beantragen.

Mit Schreiben vom 10.7.2012 teilte uns die Botschaft der Volksrepublik China mit, dass eine Überprüfung an die Polizei in China weitergeleitet wurde. Laut Schreiben "existiert die obengenannte Person in der angegebenen Adresse nicht, sodass es nicht bewiesen werden kann, dass diese Person chinesische Staatsbürgerin ist".

Mit Straferkenntnis vom 13.8.2012 wurden Sie mit 1000 Euro wegen Übertretung§ 120 Abs. 1a FPG bestraft. Gegen diese Entscheidung haben Sie berufen. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11.9.2012 wurde die Strafe auf 500 Euro herabgesetzt.

 

Da Sie sich weiterhin nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten haben wir Ihnen mit Schreiben vom 4.10.2012 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt. Am 16.10.2012 haben Sie gemeinsam mit Herrn X vorgesprochen und angege­ben, dass Sie sich auf die A1 -Prüfung vorbereiten und anschließend das Bundesgebiet freiwillig verlassen. Bezüglich des Erhaltes eines Rückreisedokumentes wurde angegeben bisher nichts unternommen zu haben. Sie ersuchten von einer Bestrafung Abstand zu nehmen. Die Ausreise werde verlässlich erfolgen. Am 3.1.2013 wurde eine Bestätigung über die Deutschprüfung auf Ni­veau A1 vorgelegt.

 

Da die Behörde bisher kein Rückreisedokument erhalten hat, waren auch fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Ausweisungsentscheidung nicht möglich.

 

Am 17.5.2013 wurde der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom Stadtamt Grieskirchen eine Kopie Ihres Reisepasses übermittelt. Der Reisepass (Kopie) wurde dem Standesamt zur Einsicht vorgelegt.

 

Der Reisepass wurde am 9.11.2009 ausgestellt und ist bis 8.11.2019 gültig.

 

Dazu wird von der Behörde erwogen:

 

Tatsache ist, dass Sie sich seit 10.5.2012 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und Ihrer Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen sind. Hinsichtlich Ihrer Ausreisewiliigkeit wird insbesondere auf die Vorsprache vom 23.5.2012, wonach eine freiwillige Ausreise nicht erfolgen werde, verwiesen.

 

Mit Ihrem aus fremdenpolizeilicher Sicht verwerflichen Verhalten wollen Sie einen Aufenthalt er­zwingen und die Behörde vor vollendete Tatsachen stellen. Ein solches Verhalten kann nicht dazu führen, dass der Behörde jedwede Mögiichkeit genommen wird, den gesetzlich vorgesehen Maß­nahmen gerecht zu werden. Es ist Ihre Verpflichtung der von der Asylbehörde erlassenen Auswei­sung unverzüglich Folge zu leisten.

 

Sie haben gegenüber der Fremdenbehörde bewusst falsche Angaben gemacht, damit Ihre Ausrei­se aus Österreich nicht erzwungen werden kann. Daran ändert auch die Angabe, wonach Sie nach Absolvierung der A1 -Prüfung Österreich freiwillig verlassen werden, nichts.

 

Da Sie im Besitz eines Reisepasses sind hätten Sie somit das Bundesgebiet bereits verlassen können.

 

Es kann jedem Fremden nach rechtskräftigem negativem Abschluss seines Asyiverfahrens zuge­mutet werden, sich eigenständig um seine Rückreise zu kümmern und die erforderlichen Doku­mente selbst zu besorgen, sofern diese nicht ohnehin vorhanden sind und diese Tatsache vor der Behörde verleugnet wird. Es sollte nicht zentrale Aufgabe der Behörde sein, jeden negativen Asyl­werber zwangsweise außer Landes schaffen zu müssen nur weil der Fremde die österreichische Rechtsordnung nicht einhalten will.

 

Unter Berücksichtigung des obigen Sachverhaltes ist die Behörde daher zum Ergebnis gelangt, dass Sie gegen die einschlägigen Straf bestimm ungen des Fremdengesetzes schuldhaft verstoßen haben, was als Verwaltungsübertretung strafbar ist.

 

Gemäß § 19 VStG ist bei der Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbunde­nen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichti­gen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaitungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden.

Weiters sind die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

 

Der objektive Unrechtsgehalt der angelasteten Tat kann nicht als gering gewertet werden, da die österreichische Rechtsordnung der Beachtung fremdenpolizeilicher Vorschriften eine besondere Bedeutung beimisst.

 

Das Verschulden ist jedenfalls als grob fahrlässig zu qualifizieren. Im vorliegenden Fall kann sogar von Vorsatz ausgegangen werden.

 

Strafmildernde Umstände liegen nicht vor. im Hinblick auf Ihre Einkommensverhältnisse wurde berücksichtigt, dass Sie keiner erlaubten Beschäftigung nachgehen dürfen und Sie Ihren Lebens­unterhalt unter anderem aus freiwilligen Zuwendungen bestreiten; Sorgepflichten haben Sie keine.

 

Unter Berücksichtigung der dargestellten Strafzumessungsfaktoren und des Strafrahmens (bis zu 7500 Euro) hält die Behörde die verhängte Strafe in Höhe der Mindeststrafe für schuld angemes­sen, dem Unrechtsgehalt der Tat angepasst und erscheint notwendig und geeignet, um Sie künftig zur Beachtung der gesetzlichen Vorschriften anzuhalten. Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde im gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen entsprechend der verhängten Strafe angepasst.

 

2. Gegen dieses der Bw am 22. Mai 2013 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung (eingelangt am 5. Juni 2013), welche die rechtsfreundlich vertretene Bw wie folgt begründet:

 

Die Entscheidung ist gesetzwidrig und grundrechtswidrig.

 

Unrichtig sind die Feststellungen und die rechtliche Beurteilung in mehrfacher Hinsicht.

 

1)

 

Der Berufungswerberin wird vorgeworfen, sie habe sich „weiterhin“ ab 15.08.2012 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und daher gegen §31 Abs. 1 iVm §120 Abs 1a FPG verstoßen.

 

2)

 

Unrichtig sind die Feststellungen erstens deshalb, weil die Berufungswerberin nicht freiwillig rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig war, sondern weil es ihr bisher rechtlich und praktisch aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, aus dem Bundesgebiet auszureisen. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates scheiterte ohne Schuld der Berufungswerberin, vor, und erst kürzlich gelang es ihr unter größten Mühen, sich einen Reisepass aus China schicken zu lassen. Ihr kann daher kein Verschulden bezüglich der Übertretung von §31 FPG vorgeworfen werden, nicht einmal Fahrlässigkeit.

 

3)

 

Darüber hinaus lieg in der Bestrafung der Berufungswerberin wegen unrechtmäßigen Aufenthalt eine rechtswidrige Doppelbestrafung vor.

 

Die Meinung, das Straferkenntnis beziehe sich auf zwei unterschiedliche Tatzeiträume geht völlig ins Leere, da § 120 1a FPG ein Dauerdelikt darstellt, das für eine weitere Bestrafung einen neuerlichen Willensentschluss erfordern würde, der keinesfalls vorhanden ist, da die Berufungswerberin unbestrittenermaßen das Bundesgebiet in der Zwischenzeit nicht verlassen hat. Für das Delikt, das der Berufungswerberin vorgeworfen wird, wurde sie bereits bestraft.

 

Dies wird umso deutlicher daraus, dass im angefochtenen Bescheid weitschweifig Bezug genommen wird auf das Verwaltungsstrafverfahren von 2012, keinerlei aktuelle Erwägungen getroffen werden, und im Wesentlichen der vorliegende angefochtene Bescheid mit dem „Verhalten“ der Berufungswerberin damals begründet wird. Der Eindruck entsteht, die Behörde sei nicht ein Produkt objektiver Gesetzesbeurteilung sondern persönlicher Animosität gegenüber der Berufungswerberin, insbesondere im Hinblick auf die im Bescheid dargestellten früheren Begegnungen mit der zuständigen Behörde.

 

4)

 

Zur Höhe der Strafe ist festzustellen, dass die Berufungswerberin aufgrund ihres Aufenthaltsstatus vom Arbeitsmarkt weitgehend ausgeschlossen ist. Die Bestrafung aufgrund einer Verwaltungsübertretung würde in Ihrem Fall mit Sicherheit eine Freiheitsstrafe bedeuten, was insbesondere da die Berufungswerberin immer aktiv im fremdenpolizeilichen Verfahren mitgewirkt hat, eine unverhältnismäßige Strafe darstellen würde.

 

Die extreme Strafhöhe ist völlig unverständlich, und abgesehen von dem Verweis auf das vorherige Straferkenntnis, liegt keine Erklärung vor, warum auf die außerordentliche Strafmilderung §20 VStG verzichtet wurde.

 

Daher wird beantragt;

a)    den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben

b)    allenfalls eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen,

c)    allenfalls das Verfahren an die erste Instanz zurückzuverweisen,

d)    allenfalls die Strafe herabzusetzen.

 

 

3.1. Mit Schreiben vom 22. Juli 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Ergänzend führte die belangte Behörde aus, dass sie bei der Entscheidung davon ausgegangen sei, dass bereits eine rechtskräftige Bestrafung nach dem FPG vorliege. Zum Entscheidungszeitpunkt habe die belangte Behörde keine Kenntnis von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gehabt (Aufhebung des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 11. September 2012). Da auf Grund des Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 18. Juni 2013, VwSen-750053/13/BP/WU, zugestellt am 4. Juli 2013, wieder eine rechtskräftige Bestrafung vorliege, gehe die belangte Behörde davon aus, dass kein Handlungsbedarf im Hinblick auf eine Berufungsvorentscheidung gegeben sei. Die Berufungswerberin habe sich am 7. Juni 2013 mit dem österreichischen

Staatsbürger X vor dem Standesamt Linz verehelicht und führe nunmehr den Familiennamen „X“. Am 21. Juni 2013 sei die Berufungswerberin aus dem Bundesgebiet ausgereist.

 

3.2.1 Im Hinblick auf die Mitteilungen im Vorlageschreiben wurde mit dem Vertreter der Bw Kontakt aufgenommen und dieser davon in Kenntnis gesetzt. Im Zuge dieser Besprechung gab der Vertreter (R) bekannt, dass auf die Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

 

3.2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

3.2.2.1. Mit Erkenntnis vom 11. September 2012 gab der UVS des Landes Oberösterreich der Berufung gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 13. August 2012, Sich96-93-2012, hinsichtlich der Strafhöhe statt und reduzierte diese auf die gesetzliche Mindeststrafe.

 

3.2.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 18. April 2013, Zl. 2013/21/0001-6, das Straferkenntnis vom 11. September 2012 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

 

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

Wird eine - asylrechtliche - Ausweisung durchsetzbar, so gilt sie gemäß § 10 Abs. 7 AsylG 2005 als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem FPG, und der Fremde hat dann binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise - so der zweite Satz des § 10 Abs. 7 AsylG 2005 - besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 AsylG 2005 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

§ 10 Abs. 8 AsylG 2005 normiert weiter, dass der Fremde mit Erlassung der Ausweisung über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise und gegebenenfalls über die Möglichkeit eines Antrages auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde (§ 55a FPG) zu informieren, insbesondere auf Rückkehrhilfe, sowie auf mögliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (§ 46 FPG) hinzuweisen ist.

Die Beschwerdeführerin wurde wegen Übertretung des § 120 Abs. 1a FPG bestraft. Gemäß § 120 Abs. 5 Z 5 FPG liegt eine Verwaltungsübertretung nach § 120 Abs. 1a FPG während der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß §§ 55 oder 55a FPG allerdings nicht vor.

Nach dem [....] dargelegten Ergebnis (die Frist des § 10 Abs. 7 AsylG 2005 ist der Sache nach als Frist für die freiwillige Ausreise im Sinn des § 55 FPG zu begreifen) kann § 120 Abs. 5 Z 5 FPG nur so verstanden werden, dass auch während der in § 10 Abs. 7 AsylG 2005 vorgesehenen 14-tägigen Frist keine Verwaltungsübertretung nach § 120 Abs. 1a FPG gegeben sein soll. Ein anderes Ergebnis würde einen Wertungswiderspruch darstellen, wäre es doch nicht einsichtig, dass die nach § 55a FPG verlängerte Frist, nicht jedoch die "Basisfrist" nach § 10 Abs. 7 AsylG 2005 von § 120 Abs. 5 Z 5 FPG erfasst wird. Mit diesem Strafausschließungsgrund soll insgesamt gewährleistet werden, dass die dem Fremden für eine freiwillige Ausreise - unter welchem Titel immer - offen stehende Frist von der Strafbarkeit wegen unrechtmäßigen Aufenthalts ausgenommen bleibt.

 

3.2.2.3. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 18. Juni 2013, VwSen-750053/13/BP/WU, zugestellt am 4. Juli 2013, wurde im zweiten Rechtsgang der Berufung wiederum mit der Maßgabe stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro herabgesetzt.

 

3.2.3. Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt – auch von der Bw nicht in Frage gestellt - feststand, lediglich eine Rechtsfrage zu klären war und auch der ursprünglich gestellte, diesbezügliche Parteienantrag wieder zurückgezogen wurde, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 VStG verzichtet werden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter dem unter den Punkten 1. und 3.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

Einem aktuellen Auszug aus der Fremdeninformation ist zu entnehmen, dass der Bw bislang kein Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet ausgestellt wurde. Darüber hinaus steht fest, dass die Bw im Bundesgebiet nicht aufhältig ist.

 

3.4. Da im angefochtenen Bescheid eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach geltender Geschäftsverteilung zur Entscheidung durch die 13. Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs. 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass das Asylverfahren der Bw mit Wirkung 10. Mai 2012 vom Asylgerichtshof rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde und die belangte Behörde mit 14. August 2012 erstmals ein Straferkenntnis gegen die Bw wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet erlassen hat.

 

Es ist also – der belangten Behörde folgend – davon auszugehen, dass die Bw auch seit dem 15. August 2012 keinen der Tatbestände des § 31 Abs. 1 FPG erfüllt und somit die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1a FPG in objektiver Hinsicht erfüllt sind.

 

4.2.2. Entgegen der Ansicht der Bw liegt keine rechtswidrige Doppelbestrafung vor.

 

Die Bw ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Übertretung des § 120 Abs. 1a FPG ein Dauerdelikt darstellt (vgl. zur vergleichbaren Vorläuferbestimmung [§ 82 Abs. 1 FrG 1992]: VwGH vom 12. April 1989, 87/01/0035 und vom 2. Oktober 1996, 95/21/0362), hat aber verkannt, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, „dass durch die Erlassung eines Straferkenntnisses einer Behörde erster Instanz das darin umschriebene Dauerdelikt bis zu diesem Zeitpunkt abgegolten ist; [....] Gegen den Täter darf wegen desselben Delikts für den Zeitraum bis zur Zustellung des Bescheides erster Instanz nämlich nicht neuerlich eine Strafe verhängt werden“ (vgl. VwGH vom 9. Oktober 2001, 97/21/0866 mit Hinweis auf Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage unter § 241 ff zu
§ 22 VStG). Wird demnach der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten kann gegen den Täter für den Zeitraum nach Erlassung des Bescheides erster Instanz neuerlich eine Strafe verhängt werden.

 

4.2.3. Die objektive Tatseite ist für den angelasteten Zeitraum erfüllt.

 

4.3.1. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

3.3.2. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

4.3.3. Die Bw wendet nun ein, dass ihr mangels entsprechender Reisedokumente bzw. mangels Heimreisezertifikates die Rückkehr nach China rechtlich verwehrt sei. Erst kürzlich sei es ihr unter größten Mühen gelungen, sich einen Reisepass aus China schicken zu lassen. Sie treffe am – wenn auch rechtswidrigen – Verbleib in Österreich kein Verschulden.

 

Dabei übersieht die Bw aber, dass es (im hier relevanten Tatzeitraum) durchaus ihre Pflicht gewesen wäre, aktiv die Beischaffung des Reisepasses zu betreiben und nicht – wie sie es offenbar praktizierte – diese möglichst zu behindern. Sie irrt, wenn sie vermeint, dass sie diesbezüglich keine Verpflichtung trifft bzw. getroffen habe, denn es kann ihr sehr wohl zugemutet werden, sich um die Beendigung eines rechtswidrigen Zustandes zu bemühen. Obwohl die Bw jedenfalls am 16. Mai 2013 über ihren Reisepass verfügt hat (Ausstellungsdatum 9. November 2009 !!!) ließ sie durch ihren nunmehrigen Gatten der belangten Behörde an diesem Tag ausrichten, dass die Erlangung eines Reisedokumentes Sache der Behörde sei. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das Stadtamt Grieskirchen zumindest über eine Kopie des gültigen nationalen Reisepasses der Bf. Eine entsprechende Kopie wurde nach Vorlage des Reisepasses der belangten Behörde am 17. Mai 2013 übermittelt. Die Bw hat somit bewusst den Besitz des gültigen Reisedokumentes verschwiegen. Im Hinblick auf das Ausstellungsdatum und der Verantwortung gegenüber der belangten Behörde ist es wenig glaubhaft, dass die Bw nicht bereits während des Tatzeitraumes über das notwendige Dokument verfügt hat.

 

Im Sinne eines Ungehorsamsdelikts ist es ihr also keinesfalls gelungen darzulegen, inwieweit sie an der Tatbegehung kein Verschulden trifft bzw. traf.

Es sei auch angemerkt, dass die Bw schon frühzeitig eine freiwillige Heimreise für sich ausschloss und dazu klar zu erkennen gab, dass sie keinerlei Bemühungen zur Herstellung eines rechtmäßigen Status unternehmen würde. So wies sie schon am 23. Mai 2012 darauf hin, dass ihr die Heimreise verwehrt sein würde.

 

4.3.4. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form zumindest fahrlässigen Verhaltens auszugehen.

 

4.4.1. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses zu Unrecht vom Vorliegen einer einschlägigen rechtskräftigen Verwaltungsstrafe ausgegangen ist.

Bei der Strafbemessung war daher der Strafrahmen 500 Euro bis 2500 Euro einschlägig. Im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Ausreise der Bw konnte mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

 

4.4.2. Mangels bedeutendem Überwiegen der Milderungsgründe, mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung der §§ 20 bzw. 21 VStG nicht in Betracht.

 

4.5. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass der in Rede stehenden Berufung lediglich hinsichtlich der Höhe der Geldstrafe sowie der Festlegung der Ersatzfreiheitsstrafe und des Beitrags zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde stattzugeben, im Übrigen das Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden war. 

 

5. Gemäß § 64ff. VStG war der Bw kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

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