Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151026/2/Lg/Ba

Linz, 20.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des S K, vertreten durch T L, Fachanwalt für Verkehrsrecht, L, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes des Bezirkes Schärding vom 27. September 2012, Zl. VerkR-2328-2012, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Strafer­kenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 60 Euro zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 37 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.

Tatort: Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, Autobahn Freiland, Grenze Suben Ausreise A08 km 75, Richtungsfahrbahn: Staatsgrenze Suben.

Tatzeit: 16.03.2012, 13:13 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 BStMG

 

Fahrzeug:

Kennzeichen X, PKW, Mercedes Kombi, Braun"

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Der strafbare Tatbestand ist durch die dienstliche Wahrnehmung eines Organs der ASFINAG als erwiesen anzusehen.

 

Rechtslage:

 

§ 10 (1) Bundesstraßen-Mautgesetz 2002:

Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der zeitabhängigen Maut.

 

§ 11 (1) Bundesstraßen-Mautgesetz 2002

Die zeitabhängige Maut ist vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

§ 20 (1) Bundesstraßen-Mautgesetz 2002

Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300,00 Euro bis zu 3.000,00 Euro zu bestrafen.

 

§ 16(2) VStG 1991:

Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen.

 

Zur Sachlage:

 

Laut Anzeige der ASFINAG vom 16.3.2012, GZ 110370805762, haben Sie am 16.3.2012 um 13.13 Uhr den PKW mit dem deutschen Kennzeichen X im Gemeindegebiet St. Marienkirchen bei Schärding auf der A 8 Innkreis Autobahn bei StrKm 75 in Fahrtrichtung Staatsgrenze Suben gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht. Die Ersatzmaut wurde trotz Aufforderung nicht geleistet.

 

Gegen die erlassene behördliche Strafverfügung vom 26.3.2012 wurde am 4.4.2012 vom bevollmächtigten Vertreter Rechtsanwalt T L, Fachanwalt für Verkehrsrecht, L, M Einspruch erhoben. Am 13.4.2012 wurden die Anzeige in Kopie und die von der ASFINAG gefertigten Fotos an den bevollmächtigten Vertreter übermittelt.

Am 15.5.2012 wurde der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 26.3.2012 damit begründet, dass Sie für den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X eine Jahresvignette erworben hatten, die für den verfahrensgegen­ständlichen Zeitpunkt gültig war. In diesem Einspruch ist auch angeführt, dass es sich nicht um Mautprellerei handle. Die Vignette sei ausschließlich wegen des Schadens der Windschutzscheibe und der geplanten Auswechslung nicht angebracht worden. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28.9.2012, Zl. VerkR96-2328-2012 wurde Ihrem Vertreter mitgeteilt, dass im Falle eines unterjährigen Windschutzscheibentausches, die Vignette unverzüglich im ASFINAG Standort Salzburg ausgetauscht werden muss.

Die Stellungnahme der ASFINAG vom 22.8.2012 zur Einspruchsbegründung wurde diesem Schreiben beigelegt.

Am 24.10.2012 wurde der Bezirkshauptmannschaft Schärding mittels Fax von Rechtsanwalt T L mitgeteilt, dass der Stellungnahme der ASFINAG zu entnehmen sei, dass man nicht nachvollziehen könne, ob eine gültige Vignette mitgeführt wurde. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Abrechnung der Fa. D T GMBH vorgelegt, aus der ersichtlich ist, dass am 31.1.2012 eine Jahresvignette erworben wurde.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.11.2012 wurde Herrn T L, Fachanwalt für Verkehrsrecht, mitgeteilt, dass Sie die Anbringungsvorschriften nicht eingehalten haben, weshalb das Delikt der Mautprellerei gegeben ist und dass die neuerlichen Einwendungen nicht geeignet seien das Verfahren einzustellen.

 

Die erkennende Behörde hat erwogen:

 

In der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs ist die Vignettenanbringung genau geregelt. Der Punkt 7.1 beinhaltet, dass an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige der jeweiligen Fahrzeugkategorie entsprechende Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen ist. Jede andere Art der Anbringung ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung und verwirklicht den Tatbestand der Mautprellerei.

 

Im Punkt 10.1 dieser Mautordnung ist geregelt, dass die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mautpflichtigen Kraftfahrzeugen ohne eine gültige Vignette ordnungsgemäß angebracht zu haben, verboten ist. Kraftfahrzeuglenker, die gegen dieses Verbot verstoßen, begehen gemäß § 20 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz eine Verwaltungsübertretung und werden von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 300,-- Euro bis 3.000,-- Euro bestraft.

 

Für die Behörde steht zweifelsfrei fest, dass Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten haben. Sie haben die Anbringungs­vorschriften nicht eingehalten, weshalb das Delikt der Mautprellerei gegeben ist. Für den Eintritt eines unterjährigen Windschschutzscheibentausches muss die Vignette unverzüglich im ASFINAG Standort Salzburg ausgetauscht werden. Dies am besten indem man die abgelöste (alte) Originalvignette samt Allonge, sowie Kopie der Windschutzscheibenrechnung dem Kaufbeleg der Vignette und eine Kopie der Zulassung entweder persönlich oder via Postweg einreicht. Ihren Einspruchsangaben kann daher nicht gefolgt werden.

 

Bei der Bemessung des Strafausmaßes konnte die bisherige Unbescholtenheit als mildernd gewertet werden. Erschwerungsgründe fand die Behörde keine.

Der verhängte Strafsatz ist dem Verschulden entsprechend bemessen anzusehen und stellt ohnehin die vom Gesetzgeber festgelegte Mindeststrafe dar. Demzufolge treten auch Ihre persönlichen Verhältnisse - wie Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse - in den Hintergrund.

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Dem Betroffenen wird mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, er habe am 16.03.2012 um 13.13 Uhr auf dem mautpflichtigen Straßennetz ein Kraftfahrzeug gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ord­nungsgemäß entrichtet zu haben.

 

Der Betroffene hatte für seinen Pkw, amtliches Kennzeichen X, eine Jahresvignette erworben, die für den verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt gültig war. In diesem Zusammen­hang wird noch einmal die Abrechnung der Fa. D T GmbH vom 31.01.2012 vor­gelegt, aus der sich ergibt, dass am 31.01.2012 eine Jahresvignette für 77,80 € bei der Fa. H, N erworben wurde.

 

Die Vignette hatte er allerdings nicht auf die Frontscheibe aufgeklebt, sondern nur auf das Ar­maturenbrett gelegt deshalb, als die Frontscheibe einen massiven Steinschlag aufgewiesen hat­te.

 

Sowohl der Steinschlag als auch die Vignette wurden von dem Mitarbeiter der ASFINAG foto­grafiert.

 

Der Steinschlag sollte kurzfristig behoben werden durch Auswechseln der Frontscheibe.

 

Dementsprechend ist der Betroffene davon ausgegangen, dass die Jahresvignette unwieder­bringlich verloren wäre, hätte man diese ja vor Auswechseln der Frontscheibe nicht unbeschä­digt von der defekten Scheibe abziehen und auf die neue Scheibe aufkleben können.

 

Erst nach dem Vorfall wurde dem Betroffenen bekannt, dass bei einem Schaden der Wind­schutzscheibe die Möglichkeit für den Erhalt einer Ersatz-Vignette besteht.

 

Anliegend überreichen wir Rechnung der Fa. C vom 19.04.2012, der entnommen wer­den kann, dass die Windschutzscheibe zwischenzeitlich ausgewechselt wurde.

 

Aus alledem steht fest, dass der Tat- und Schuldvorwurf nicht länger aufrechterhalten bleiben kann:

 

Bei dem Betroffenen handelt es sich nicht um einen 'Mautpreller', hat er die geforderte Maut bezahlt, die gültige Vignette auch mit sich geführt, diese allerdings allein deshalb nicht ord­nungsgemäß aufgeklebt, weil er gedacht hat, dass die Vignette nach Auswechseln der Wind­schutzscheibe unwiederbringlich verloren wäre.

 

Der Betroffene ist schlichtweg einem entsprechenden Irrtum unterlegen, er hat nicht schuldhaft gehandelt.

 

Zu keinem Zeitpunkt hatte der Betroffene vor, die erworbene Vignette in anderen Fahrzeugen zu verwenden, die Vignette wurde ausschließlich für das Fahrzeug, amtliches Kennzeichen X erworben; ausschließlich mit diesem Fahrzeug ist der Betroffene in Österreich unterwegs.

 

Es wäre doch auch völlig unverhältnismäßig, wenn man dem Betroffenen hier mit dem 'klassi­schen Mautpreller' in einen Topf werfen würde, der ohne Erwerb einer Vignette einfach 'drauf los fährt' in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden.

 

Es sind hier völlig andere Maßstäbe anzulegen deshalb, als die geforderte Maut bezahlt wurde, weswegen auch die Höhe der Geldstrafe völlig unverhältnismäßig ist.

 

Es wird daher

 

beantragt,

 

das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Hilfsweise wird eine spürbare Herabsetzung der Geldstrafe beantragt."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist unstrittig. Demnach wurde die Vignette bewusst nicht aufgeklebt, in der – verfehlten – Meinung, dass die Vignette bzw. deren Wert wegen des bevorstehenden Windschutzscheibenwechsels verloren gehen würde.

 

In rechtlicher Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Mautordnung klare Vorschriften hinsichtlich der Anbringung der Vignette trifft (vgl. das angefochtene Straferkenntnis) und für einen bevorstehenden Windschutzscheibenaustausch keine Ausnahmeregelung enthält. Die Vorschrift, dass die Vignette (an der Windschutzscheibe) anzubringen (= anzukleben) ist, hat der Bw durch Nichtanbringung der Vignette evidentermaßen objektiv verletzt.

 

Zur Frage des Verschuldens ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die einschlägigen österreichischen Rechtsnormen zu informieren. Da der Bw offenbar falsche Vorstellungen von der Rechtslage hatte (Erlaubtheit der Benützung einer mautpflichtigen Strecke ohne Aufkleben der Vignette unter den gegebenen besonderen Voraussetzungen), handelte er schuldhaft, da er sich unzulänglich über die Rechtslage informiert hatte. Als Schuldform ist aufgrund des Rechtsirrtums Fahrlässigkeit anzunehmen. Dass sich der Bw darüber hinaus hinsichtlich des von der ASFINAG gepflogenen Systems des Vignettenaustauschs bei Windschutzscheibenschaden im Irrtum befand, ändert daran nichts.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzliche Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt wurde. Die Verhängung der geringstmöglichen Strafe entspricht den Strafbemessungskriterien des § 19 Abs.1 (Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und Intensität zu einer Beeinträchtigung durch die Tat) und Abs.2 (Ausmaß des Verschuldens – hier Fahrlässigkeit; Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe – hier nur Unbescholtenheit; die finanziellen Verhältnisse des Bw sind bei der Verhängung der Mindestgeldstrafe nicht von Belang) VStG. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich.

 

Zur Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung sei festgehalten, dass die Vorschrift über das Aufkleben der Vignette unter Entfernung der Trägerfolie eine für die Missbrauchsabwehr und somit für das Funktionieren des Systems wesentliche technische Vorkehrung darstellt, deren Missachtung – aus welchen Gründen immer – nicht zu bagatellisieren ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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