Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560268/2/Kü/TO/Ba

Linz, 21.08.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau M M, vertreten durch die Sachwalterin DSA E P, c/o V S, S, R vom 24. Mai 2013 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 7. Mai 2013, GZ: SO10-673420-As, betreffend die Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. Mindest­sicherungsgesetz zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben werden. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und die Spruchpunkte 3. und 4. bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF. iVm §§ 8, 9, 27, 33 und Art. IV Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl.Nr. 74/2011 idF LGBl.Nr. 18/2013.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 7. Mai 2013,  SO10-674320-As, wurde der Spruch des Bescheides vom 20.07.2011, GZ: SO20-673420-CE5-BR, durch den die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) subsidiäres Mindesteinkommen erhalten hatte, wie folgt abgeändert:

 

  1. Es wird Ihnen für sich ab 17.08.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen bis 30.4.2013 wie folgt zuerkannt:

a)    M M, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinstehend sind (§ 1 Abs.1 Z 1 Oö. BMSV)

 

  1. Als eigene Mittel sind einzusetzen

a)    M M, geb. am X

-      Taschengeld FA (Pro Mente)

-      Sonstiges Einkommen (SMEK)

-      Eheleuteunterhalt (M K)

 

  1. Es wird Ihnen für sich ab 1.5.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

a)    M M, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinstehend sind ( § 1 Abs.1 Z 1 Oö. BMSV)

 

  1. Als eigene Mittel sind einzusetzen

a)    M M, geb. am X

-      Taschengeld FA (Pro Mente)

-      Eheleuteunterhalt (M K)

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 4 iVm. 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm Artikel IV Abs. 3 Z 1 und Abs.4 Z 2 der Novelle des Oö. ChG und des OÖ. BMSG, LGBl. Nr 18/2013, iVm § 1 OÖ. BMSV.

 

Hinweis:

Der nach Maßgabe Ihres Antrages zustehende Betrag der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs für den Monat der Antragstellung und den ersten vollen Monat ist im beiliegenden Berechnungsblatt dargestellt. Dieses stellt einen integrierten Bestandteil der Begründung dieses Bescheides dar (§ 31 Abs.3 Oö. BMSG).“

 

Begründend wird festgehalten, dass gemäß Artikel IV Abs.3 Z 1 der Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG, LGBl. Nr. 18/2013, der auf Grundlage des Oö. ChG bisherig erlassene Bescheid als Bescheid nach dem Oö. BMSG übergeleitet wird.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Sachwalterin der Bw eingebrachte Berufung vom 24. Mai 2013. Die Bw beantragt nach Darstellung des Sachverhaltes und rechtlicher Ausführungen, den angefochtenen Bescheid in den Punkten 1. und 2. aufzuheben, in eventu so abzuändern, dass der Bw 607,99 Euro monatlich für den Zeitraum vom 1.8.2012 bis 31.12.2012 sowie 631,59 Euro vom 1.1.2013 bis 30.4.2013 zu gewähren sind. Weiters beantragt die Bw, den Bescheid im Hinblick auf Punkte 3. und 4. des Spruches so abzuändern, dass der Bw die bedarfsorientierte Mindestsicherung ohne Anrechnung des Taschengeldes aus FA und lediglich aliquoter Anrechnung des Ehegattenunterhaltes gewährt wird.

 

Begründend wird festgehalten, dass eine rückwirkende Überleitung von Bescheiden nach § 16 Oö. ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG in Artikel IV des Oö. ChG und Oö. BMSG Änderungsgesetzes nicht ersichtlich sei. Eine (rückwirkende) Geltung würde lediglich im Hinblick auf Art. II Z 5 (ab 1. 1. 2013) und Z 3,4 und 6 (ab 17. 8. 2012) Oö. ChG und Oö. BMSG Änderungsgesetz 2013 angeordnet, worunter der gegenständlichen Fall allerdings nicht zu subsumieren sei, da in der im Einzelfall relevanten Z. 3 lediglich Familienbeihilfenbezieher genannt sein, die Bw allerdings keinen Einspruch auf Familienbeihilfe habe (gehabt habe).

 

Im gegenständlichen Fall führe die (rückwirkende) Umstellung der Bw zu einer massiven Verschlechterung, die Lebensumstände der Bw hätten sich im Vergleich seit Mai 2012 nicht verändert. Im Gegensatz zum subsidiären Mindesteinkommen finde eine Anrechnung des Taschengelds für fähigkeitsorientierte Aktivität zu 100 % ohne Freibetrag statt, auch der gewährte Ehegattenunterhalt würde zu 100 % angerechnet. Für die Bw würde daher eine (rückwirkende) Umstellung auf die bedarfsorientierte Mindestsicherung im Jahr 2012 einen Verlust von 63,68 Euro bedeuten, das seien 11,48 % weniger. Aufgrund des ohnehin geringen Einkommens der Bw und der krankheitsbedingten Mehrausgaben sei ihr dieser Einkommensverlust nicht zumutbar.

 

Art. IV des Landesgesetzes, mit dem das Oö. ChG und das Oö. BMSG geändert würden, sehe ein Verschlechterungsverbot vor. Demnach dürfe es zu keiner Schlechterstellung jener Personen kommen, die bisher leistungsbeziehende nach dem Oö. ChG gewesen seien. Dem angefochtenen Bescheid sei im BMS-Berechnungsblatt eine zum subsidiären Mindesteinkommen differenzierte Einkommensberechnung zu entnehmen, die sehr wohl zu einer Verschlechterung des Auszahlungsbetrages führe. Das Taschengeld würde in voller Höhe angerechnet, während es im subsidiären Mindesteinkommen einen 25 % Freibetrag (mindestens € 106, 68) gäbe, der Eheleuteunterhalt würde 12 mal pro Jahr gewertet, während beim subsidiären Mindesteinkommen die Unterhaltsleistung als Höhe der Unterhaltsleistung mal 12 geteilt durch 14 gewertet würde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 3. Juni 2013 vorgelegt. Damit ist gemäß § 49 Oö. BMSG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungs­senates zur Entscheidungsfindung begründet.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine öffentlich mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Berufungswerberin ist am X geboren, österreichische Staatsbürgerin, wohnhaft in R, P, und bezog gemäß Bescheid der Erstinstanz vom 24. Mai 2012 ein subsidiäres Mindesteinkommen ab 1. Mai 2012 von monatlich 449,76 Euro gemäß § 16 Oö. ChG (Richtsatz von 692,53 Euro). Die Bw lebt alleine in einer privaten Wohnform. Hierfür hat sie eine monatliche Vorschreibung in der Höhe von 351,51 Euro zu begleichen. Es wurde eine Wohnbeihilfe in der Höhe von monatlich 155,36 Euro zuerkannt. Die Bw erhält ab 1.8.2012 monatlich 275 Euro Ehegattenunterhalt – davor waren es 380 Euro. Zudem erhält die Bw von der Pro Mente T B ein Entgelt aus Fähigkeitsorientierter Aktivität („Taschengeld“) in der Höhe von 77,62 Euro monatlich (12x).

 

4.2. Dieser entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Berufungsvorbringen der Bw und ist in dieser Form unbestritten.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß Art. IV Abs. 1 des Landesgesetzes, mit dem das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö. ChG) und das Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) geändert werden (im Folgenden: Landesgesetz LGBl.Nr. 18/2013) tritt dieses Landesgesetz mit dem auf den Tag seiner Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich folgenden Monatsersten in Kraft. Artikel II Z 5 tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft. Artikel II Z 3, 4 und 6 treten mit 17. August 2012 in Kraft.

 

Art. II Z 3 Landesgesetz LGBl.Nr. 18/2013 lautet:

„3. Nach § 13 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:

"(3a) Gesonderte Mindeststandards sind für volljährige Personen festzusetzen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 fallen."

 

Gemäß Artikel IV Abs.4 Z 2 Landesgesetz LGBl.Nr. 18/2013 gilt für leistungsbeziehende Personen nach § 13 Oö. BMSG, die bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes eine Leistung nach § 16 Oö. ChG bezogen haben, dass die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gem. § 16 Abs. 6 und 7 ChG nicht unterschritten werden darf.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.    des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2.    tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

Gemäß § 8 Abs. 4 Oö. BMSG sind Ansprüche hilfsbedürftiger Personen, die zur zumindest teilweisen Bedarfsdeckung nach diesem Landesgesetz geeignet sind, auf  Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindestsicherung diesem zur Rechtsverfolgung zu übertragen. Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung hat gemäß § 8 Abs.1 Z 2 unter Berücksichtigung tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

§ 9 Oö. BMSG lautet:

„Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens:

 

(1) Beim Einsatz der eignen Mittel dürfen folgende Einkünfte nicht berücksichtigt werden:

1.    freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung mehr erforderlich wären – es sei denn, es handelt sich bei der Empfängerin oder dem Empfänger dieser Leistungen um eine Person im Sinn des § 4 Abs.2;

2.    Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem familienhospizkarenz-Härteausgleich) und die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannten Kinderabsetzbeträge;

3.    Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt wurden.

 

(2) Durch Verordnung der Landesregierung ist festzulegen, dass beim Einsatz des eigenen Einkommens von Hilfebedürftigen, die nach längerer Erwerbslosigkeit oder bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen oder in vergleichbarer Weise zur Milderung der sozialen Notlage beitragen, ein angemessener Freibetrag nicht zu berücksichtigen ist.

 

(3) Durch Verordnung der Landesregierung können nähere Bestimmungen hinsichtlich der Anrechnung einzelner Einkommensarten, insbesondere solche, die nicht monatlich zur Auszahlung gelangen, sowie weitere Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens festgelegt werden. Dabei ist auf die Aufgaben, Ziele und Grundsätze dieses Landesgesetzes Bedacht zu nehmen (Anm: LGBl. Nr. 18/2013)

 

(4) Für persönliche Hilfe in Form von Beratung, Begleitung oder Betreuung darf kein Einsatz eignen Einkommens verlangt werden.“

 

 

5.2. Der Bw wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24.5.2012, GZ: SO20-67430-CE5-BR, gemäß § 16 Oö. ChG, LGBl. Nr. 41/2008 idgF subsidiäres Mindesteinkommen ab 1.5.2012 gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung,  LGBl. Nr. 78/2008 idgF. gewährt. Der zuletzt zuerkannte Richtsatz betrug 692,53 Euro monatlich, inklusive 2 Sonderzahlungen. Gemäß § 2 Abs.3 Z 1 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung wurde 25 % ihres Einkommens aus Fähigkeitsorientierter Aktivität gemäß § 11 Abs.2 Z 1 bis 4 Oö. ChG, mindestens jedoch 15% des Richtsatzes für Alleinstehende gemäß § 4 Abs.1 Z1 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung (das sind 106,68 Euro) als Freibetrag nicht zum Einkommen gerechnet. Die Bw hatte einen monatlichen Freibetrag von 18,68 Euro.

 

Der Bw wird nunmehr im angefochtenen Bescheid rückwirkend ab 17. August 2012 eine laufende monatliche Geldleistung (Mindeststandard) zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG an Stelle des subsidiären Mindesteinkommens zuerkannt.

 

Zunächst ist der Bw beizupflichten, wenn sie vorbringt, dass die ihr zukommende Hilfeleistung gemäß der Inkrafttreten- und Übergangsbestimmungen des Art. IV Abs. 1 des Landesgesetzes LGBl.Nr. 18/2013, nicht rückwirkend ab 17. August 2012 den Bestimmungen des Oö. BMSG zu unterstellen ist. In der genannten Gesetzesbestimmung ist festgehalten, dass unter anderem Art. II Z 3, welcher die Bestimmung des § 13 Abs. 3a Oö. BMSG (nach der gesonderte Mindeststandards für volljährige Personen festzusetzen sind, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs.3 Z 5 fallen) betrifft, mit 17. August 2012 in Kraft tritt. Im Übrigen tritt das genannte Landesgesetz mit dem auf den Tag seiner Kundmachung im Landesgesetz für Oberösterreich folgenden Monatsersten, das ist der 1. März 2013, in Kraft. Die Bw führt in ihrem Berufungsvorbringen richtigerweise aus, dass sie die relevante Bestimmung des Art. IV Abs. 1 in Verbindung mit Art. II Z 3 des Landesgesetzes LGBl.Nr. 18/2013 nicht erfüllt, zumal in dieser Bestimmung lediglich Familienbeihilfenbezieher genannt sind und die Bw keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hat oder gehabt hat. Die Bw führt daher zutreffend aus, dass ihr Fall nicht der genannten Übergangsbestimmungen unterliegt, was im gegenständlichen Fall dazu führt, dass eine Überleitung von Bescheiden nach § 16 ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG erst mit Inkrafttreten des Landesgesetzes am 1. März 2013 wirksam ist. Eine rückwirkende Überleitung der Hilfeleistung für die Zeit ab 17. August 2012 in das Regime des Oö. BMSG ist daher im gegenständlichen Fall mangels Anwendbarkeit der Übergangs­bestimmung nicht rechtskonform, weshalb die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufzuheben waren.

 

5.3. In Bekämpfung der Spruchpunkte 3. und 4. wendet sich die Bw in ihrem Berufungsvorbringen hinsichtlich der Berechnung der Hilfeleistung nach den Vorgaben des Oö. BMSG gegen die Anrechnung der ihr aus ihrer fähigkeitsorientierten Aktivität zukommenden Einkünfte („Taschengeld“). Das Oö. BMSG geht jedoch von einem sehr weiten Einkommensbegriff aus (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zu § 8 Oö. BMSG (siehe Beilage 434/2011 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode, Seite 37): „Abs.1 Z 1 entspricht der bisherigen Regelung (§ 9 Abs.1 Oö. Sozialhilfegesetz). Anders als bisher (vgl. § 4 Oö. Sozialhilfegesetzverordnung 1998) wird der Einkommensbegriff jedoch nicht mehr positiv definiert. Vielmehr soll - ähnlich wie bisher beim Vermögen – die Weite des Einkommensbegriffes künftig dadurch zum Ausdruck kommen, dass all jene Einkommensbestandteile, die nicht gemäß § 9 (oder einer Verordnung gemäß § 9) ausgenommen sind, anzurechnen sind.“ Dabei kommt es weder auf deren steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche noch auf deren arbeitsrechtliche Zuordnung an.

 

Bei der Gewährung von „Taschengeld“ im Rahmen der fähigkeitsorientierten Aktivität handelt es sich zudem nicht um freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen von Dritten, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (§ 9 Abs.1 Z1 Oö. BMSG). In der Rahmenrichtlinie des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Soziales, „Leistungskatalog und Qualitätsstandards Fähigkeitsorientierte Aktivität“ vom Mai 2004 (aktualisiert 2008) wird unter Punkt 9.4. ausdrücklich auf eine Entgeltregelung bei fähigkeitsorientierter Aktivität Bezug genommen und ausgeführt, dass das Entgelt der fähigkeitsorientierten Aktivität keine existenzsichernde Funktion hat, sondern als Anerkennung der tatsächlich erbrachten Leistungen der Kundinnen und Kunden dient. Das Entgelt wird zwischen den Kunden/- und Kundinnenvertreter/innen, den Trägern und der Abteilung Soziales festgelegt, wobei die Einnahmen nicht an die Höhe der Erlöse einer Einrichtung gekoppelt sind. Am Beginn der Tätigkeit wird den Kundinnen und Kunden mitgeteilt, wie hoch das Entgelt ist und woraus es sich zusammensetzt (z.B. Dauer der Trägerzugehörigkeit, regelmäßige Anwesenheit, Arbeitsverhalten). Das Entgelt ist als  Bestätigung für erbrachte Leistungen zu sehen, soll Anreiz zur Beschäftigung schaffen und die Lebensqualität der Kundinnen und Kunden steigern. Angeführt wird, dass nur die Tätigkeit abgegolten wird und darauf geachtet wird, dass es durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität zu keinem Verlust anderer subsidiärer Unterstützung kommt.

 

P M handelt auf Grundlage der Rahmenrichtlinie des Amtes der Oö. Landesregierung. Das der Bw als „Taschengeld“ ausgezahlte Entgelt wird daher nicht „freiwillig“ oder „ohne rechtliche Verpflichtung“ iSd § 9 Abs.1 Z1 Oö. BMSG erbracht. Der Umstand, dass das „Taschengeld“ (Entgelt der fähigkeitsorientierten Aktivität) keine existenzsichernde Funktion hat und als Anerkennung der tatsächlich erbrachten Leistung dient, ändert nichts daran. Die Ausnahmebestimmung iSd § 9 Abs.1 Z 1 Oö. BMSG ist daher nicht anwendbar.

 

Im Gegensatz zur auf Grundlage des ChG ergangenen Richtsatzverordnung wurden jedoch keine Verordnung iSd § 9 Abs.2 bzw. Abs.3 Oö. BMSG erlassen, die im Zusammenhang mit dem Entgelt aus fähigkeitsorientierter Aktivität einen Freibetrag bzw. eine Ausnahme anordnet. Das der Bw ausgezahlte „Taschengeld“ ist daher als Einkommen bzw. tatsächlich zur Verfügung stehende Leistung gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 8 Abs.1 Oö. BMSG bei der Berechnung des der Bw gebührenden monatlichen Betrags anzurechnen. Gleiches gilt auch für die Anrechnung des Ehegattenunterhaltes. Weder § 8 Oö. BMSG noch § 4 Oö. Mindestsicherungsverordnung sehen hinsichtlich des als Einkommen zu wertenden Ehegattenunterhalts Freibeträge vor. Dies führt zum Ergebnis, dass der der Bw zukommende Unterhalt – wie von der Erstinstanz zutreffender Weise angenommen – zur Gänze dem Einkommen der Bw zuzurechnen ist. Eine Durchsicht des BMS-Berechnungsblattes ergibt, dass der Bw der ab 1.7.2012 zustehende Ehegattenunterhalt in Höhe von 275 Euro als Einkommen angerechnet wurde. Das Oö. Mindestsicherungsgesetz berücksichtigt im Gegensatz zu früheren Leistungen keine Sonderzahlungen (13. und 14. Auszahlung), sodass der Ehegattenunterhalt, der 12 Mal im Jahr gewährt wird, vom vollen Betrag zu berechnen ist und nicht von einem Betrag der mit 12 multipliziert und durch 14 dividiert wird. Die Erstinstanz hat daher zu Recht im BMS-Berechnungsblatt, welches einen integrierenden Bestandteil des angefochtenen Bescheides darstellt, den Ehegattenunterhalt in Höhe des monatlich zustehenden Betrages eingerechnet.

 

Zum angesprochenen Verschlechterungsverbot beim Wechsel vom Oö. ChG (subsidiäres Mindesteinkommen) zum Oö. BMSG ist anzumerken, dass gemäß Art. IV Abs.4 Z2 des Landesgesetzes LGBl.Nr. 18/2013 die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs. 6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf. Dies bedeutet, dass die Richtsätze des ChG (mal 14/12) mit dem nunmehr anzuwendenden BMS-Mindeststandard (der nur 12 mal ausbezahlt wird) zu vergleichen sind und nur daran eine mögliche Verschlechterung zu bewerten ist. An konkreten Zahlen ist dazu festzuhalten, dass im Jahr 2012 (für das Jahr 2013 besteht kein Richtsatz) ein ChG-Richtsatz von 829,75 Euro (711,22 × 14/12) einem BMS-Mindeststandard von 843,70 Euro (für das Jahr 2013 867,30 Euro) gegenübersteht. Ein Vergleich der Zahlen zeigt, dass es bezogen auf den anzuwendenden Richtsatz zu keiner Verschlechterung gekommen ist.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Bw durch die Spruchpunkte 3. und 4. des angefochtenen Bescheides nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt worden ist, weshalb diese dem Grunde nach zu bestätigen waren.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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