Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167756/2/Zo/AE

Linz, 19.08.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau x vom 19.04.2013 gegen das Straferkenntnis des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 09.04.2013, Zl. S-47474/12-VP wegen einer Übertretung der StVO zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

  1. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 14 Euro zu bezahlen (20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe)

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG sowie § 11 Abs.1 StVO

zu II.: §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.            Die LPD Oberösterreich hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 08.11.2012 um 17:45 Uhr in Linz auf der Oberen Donaulände in Fahrtrichtung stadteinwärts in Höhe des Objektes Obere Donaulände Nr. 13 den PKW mit dem Kennzeichen x gelenkt und dabei den Fahrstreifen nach links gewechselt habe, ohne sich vorher zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.1 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.3 lit. a. StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 32 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 7 Euro verpflichtet.

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung gab die Berufungswerberin zusammengefasst an, dass das zivilrechtliche Verfahren noch immer strittig sei und die gegnerische Versicherung jegliche Schadenersatzforderungen abgelehnt habe. Sie befürchte, dass dies mit dem Straferkenntnis zu tun habe, weshalb sie dagegen Berufung erhebe. Außerdem habe das Strafgericht das Verfahren gegen sie ebenfalls eingestellt. Sie habe sich vor dem Fahrstreifenwechsel entsprechend zumutbar von dessen Gefahrlosigkeit überzeugt und ihr Unfallgegner sei vermutlich zu schnell und auch nicht aufmerksam genug gewesen.

 

3. Der Landespolizeidirektor von Oberösterreich hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin lenkte am 08.11.2012 um 17:45 Uhr den angeführten PKW in Linz auf der Oberen Donaulände in Fahrtrichtung stadteinwärts. Sie benutzte dabei den rechten der beiden Fahrstreifen und kam hinter einem bei Rotlicht angehaltenen Fahrzeug zum Stillstand. Sie wollte daraufhin den Fahrstreifen wechseln und auf dem linken Fahrstreifen geradeaus weiterfahren. Dazu betätigte sie den linken Blinker und blickte nach ihren glaubwürdigen Angaben auch in den Rückspiegel. Da sie dort keinen anderen Verkehrsteilnehmer wahrnahm, begann sie den Fahrstreifenwechsel auf den linken Fahrstreifen.

 

Zum selben Zeitpunkt lenkte x seinen PKW mit dem Kennzeichen x auf der Oberen Donaulände auf dem linken Fahrstreifen in Fahrtrichtung Untere Donaulände. Er hatte das Abblendlicht eingeschaltet, seine Geschwindigkeit konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, er selbst gab an, ca. 50 km/h gefahren zu sein, während die Berufungswerberin vermutet, dass er deutlich schneller gefahren sei, weil sie ihn nicht gesehen habe. Die Berufungswerberin wechselte so knapp vor x auf den linken Fahrstreifen, dass dieser sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen konnte, weshalb es zum Zusammenstoß dieser beiden Fahrzeuge kam. Beim Verkehrsunfall wurde die Berufungswerberin sowie der bei ihr mitfahrende Sohn x leicht verletzt. Von der Staatsanwaltschaft Linz wurde das Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Berufungswerberin gemäß § 190 Z2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. Gegen den Zweitbeteiligten, Herrn x, wurde das Verfahren gemäß § 190 Z1 StPO eingestellt, weil die dem Verfahren zugrundeliegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre.

 

Zu den örtlichen Gegebenheiten ist festzuhalten, dass die Obere Donaulände in Fahrtrichtung der Unfallbeteiligten gesehen in Annäherung an die Unfallstelle auf mindestens 150 Meter gerade und gut einsehbar ist.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 11 Abs.1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

 

5.2. Die LPD Oberösterreich hat im Straferkenntnis zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Fahrstreifenwechsel bereits dann vorliegt, wenn ein Fahrzeug seine Fahrtrichtung so ändert, dass es nur teilweise auf den anderen Fahrstreifen gerät. Eine Fahrtrichtungsänderung oder ein Fahrstreifenwechsel hat bereits dann zu unterbleiben, wenn die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gegeben ist. Eine Behinderung liegt jedenfalls dann vor, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Bremsen oder Auslenken genötigt wird. Die Frage der Zeichengebung ist dabei von untergeordneter Bedeutung und stellt nur eine zusätzliche Verpflichtung für den Lenker dar, der den Fahrstreifen wechseln will (vgl. OGH vom 28.06.1978, 8OB103/78). Die LPD Oberösterreich hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass es bei der Verpflichtung, sich von der Gefahrlosigkeit des beabsichtigten Fahrstreifenwechsels zu überzeugen, nicht darauf ankommt, ob sich alle anderen Verkehrsteilnehmer ihrerseits richtig verhalten oder nicht.

 

Die gegenständliche Straßenstelle ist jedenfalls auf eine Strecke von 150 Metern gut einsehbar und der am Unfall zweitbeteiligte auf dem linken Fahrstreifen geradeaus fahrende Fahrzeuglenker hatte das Abblendlicht eingeschaltet. Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h war er daher mindestens 11 Sekunden lang sichtbar, hätte seine Geschwindigkeit 70 km/h betragen, so wäre er für die Berufungswerberin immer noch für einen Zeitraum von 7,5 Sekunden sichtbar gewesen. Es ist durchaus möglich, dass die Berufungswerberin geblinkt und in die Rückspiegel geblickt hat, offenbar hat sie dabei den auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Unfallgegner jedoch übersehen. Da dieser jedoch objektiv jedenfalls wahrnehmbar war, hätte die Berufungswerberin den Fahrstreifenwechsel nicht beginnen dürfen. Dies ist unabhängig davon zu sehen, ob sie den Fahrstreifenwechsel angezeigt hat und ob allenfalls der Zweitbeteiligte eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten hat. Im Verwaltungsstrafverfahren ist nämlich – im Gegensatz zum gerichtlichen Schadenersatzverfahren – nicht zu prüfen, ob – bzw. in welchem Umfang – den am Unfall Zweitbeteiligten ein Verschulden am Verkehrsunfall trifft. Die Berufungswerberin hat jedenfalls die ihr vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche das Verschulden der Berufungswerberin ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Über die Berufungswerberin scheinen mehrere verkehrsrechtliche Vormerkungen auf, weshalb ihr der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht zu Gute kommt. Der Umstand, dass die Übertretung tatsächlich negative Folgen, nämlich einen Verkehrsunfall, nach sich gezogen hat, ist als straferschwerend zu berücksichtigen, während die von der Berufungswerberin erlittene eigene Verletzung einen Strafmilderungsgrund darstellt (§34 Abs. 1 Z 19 StGB).

 

Die gesetzliche Höchststrafe für derartige Übertretungen beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a. StVO 1960 726 Euro. Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen daher zu knapp 10 % aus. Dies erscheint angemessen und in dieser Höhe sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen erforderlich. Die Geldstrafe entspricht auch den finanziellen Verhältnissen der Berufungswerberin, welche über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.200 Euro bei Sorgepflichten für 1 Kind und keinem relevanten Vermögen verfügt.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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