Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253389/24/BMa/HK

Linz, 23.08.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Finanzamts Grieskirchen Wels gegen den Einstellungsbescheid des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen vom 31. Jänner 2013, SV96-49-2012, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG) durch den Beschuldigten J T, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2013 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis hat die belangte Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens abgesehen und die Einstellung gemäß § 45 Abs.1 Z1 iVm § 45 Abs.2 VStG verfügt wegen folgender dem Bw vorgeworfener Tat:

 

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der s P H T GmbH mit Sitz in B, L, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 ASVG Herrn G J, geb. X, im Jahr 2012 ab 13.3.2012, im Jahr 2011 ab2.11.2011 und im Jahr 2010 ab 15.12.2010 als fallweise beschäftigten Dienstnehmer (LKW-Fahrer) in einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (durchschnittlicher Kollektivvertragslohn von 7,92 Euro brutto/Stunde für Lkw-Fahrer) beschäftigt bzw. beschäftigt hat.  

Obwohl die vom Dienstnehmer vorgelegten Stundenaufzeichnungen und ausgewerteten Fahrzeiten laut Fahrerkarten für die Monate Dezember 2010 bis Mai 2012 belegen, dass dieser tageweise und nicht durchgehend beschäftigt wurde und daher nicht mehr, von der Vollversicherung iSd § 5 ASVG ausgenommen und als fallweise beschäftigte Person nach § 471a Abs. 1 ASVG in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde dieser jeweils nicht vor Arbeitsantritt als fallweise beschäftigter Arbeiter der Beitragsgruppe A1 zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung bei der Oö. Gebiets-Krankenkasse mit Sitz in Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger angemeldet sondern wurde mit jeweiligem Beschäftigungsbeginn eine falsche Meldung eines in der Unfallversicherung teilversicherten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses der Beitragsgruppe N14 mit einem die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG nicht übersteigenden -Entgeltanspruch erstattet und hat das Unternehmen somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.“

 

 

1.2. Nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, vom zuständigen Sozialversicherungsträger  sei die Feststellung getroffen worden, wonach eine korrekte Meldung eines in der Unfallversicherung teilversicherten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses der Beitragsgruppe N14u erstattet worden sei und somit kein Meldeverstoß nach § 111 ASVG vorliege. Dies bilde eine Vorfrage im Sinn des § 38 AVG da deren Beantwortung ein unentbehrliches Tatbestandsmoment für die Entscheidung über das objektive Vorliegen des zur Last gelegten Meldeverstoßes bilde. Aufgrund der Bindungswirkung der von der Oö. GKK getroffenen Feststellung habe der Beschuldigte keine Übertretung des ASVG begangen.

 

1.3. Gegen dieses, dem Finanzamt Grieskirchen Wels am 7. Februar 2013 zugestellte Schriftstück richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 20. Februar 2013.

 

1.4. Die Berufung führt im Wesentlichen aus, es sei von einer fallweisen Beschäftigung des Dienstnehmers auszugehen, weil es für den Dienstnehmer keine durchgehende Beschäftigung gebe und dieser nur auf Abruf Arbeitsleistungen erbringe. Auch bei fallweisen Beschäftigten sei Voll- bzw. Arbeitslosenversicherungspflicht gegeben, wenn der durchschnittliche tägliche Arbeitsverdienst die tägliche Geringfügigkeitsgrenze übersteige oder der Gesamtverdienst im Kalendermonat die Grenze von 376,76 Euro übersteige. Das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt, das nach dem Anspruchsprinzip zu ermitteln sei, also nach der Anzahl der im jeweiligen Monat geleisteten Arbeitsstunden habe die täglichen Geringfügigkeitsgrenzen überschritten und der Dienstnehmer wäre an den Tagen der tatsächlichen Beschäftigung zur Vollbeschäftigung anzumelden gewesen, was aber unterlassen worden sei. Komme es während des Vorliegens nur der Teilversicherung in der Unfallversicherung (geringfügige Beschäftigung) zu einer Erhöhung des Entgelts (Entgeltanspruchs), wodurch die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde, liege ab Beginn des jeweiligen Beitragszeitraumes der Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze Vollversicherung vor. Weil die Änderung der Vollversicherung auf geringfügige Beschäftigung oder umgekehrt, der Gebietskrankenkassa vom Dienstgeber jeweils mit Änderungsmeldung bekannt zu geben sei, liege unabhängig davon, ob von einer fallweisen Beschäftigung oder von einer durchgehenden Beschäftigung auszugehen sei, ein Verstoß gegen die im § 33 Abs.1 ASVG normierte sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht vor. Es sei unerheblich, ob im gegenständlichen Verfahren auch ein Beitragsverfahren nach § 113 ASVG geführt worden sei, weil dieses ein eigenständiges Verfahren bilde und in diesem auch nicht das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Meldepflicht im Sinn des § 33 Abs.1 ASVG geprüft werde. Abschließend wurde der Antrag auf Fortführung des Verfahrens und Ausspruch einer entsprechenden Strafe gestellt.

 

2.1. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 25. Februar 2013 die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

Weil keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde,  ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsicht in den Akt der belangten Behörde und hat am 10. Juni 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschuldigte J T in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei, des Finanzamts Grieskirchen gekommen sind. Als Zeuge wurde J G einvernommen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht  bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S P H T GmbH mit Sitz in B, L. Ein verantwortlicher Beauftragter zur Einhaltung von Vorschriften des ASVG wurde nicht bestellt.

Diese Firma hat J G in den Zeiträumen von  15. Dezember 2010 bis 6. Mai 2011, 2. November 2011 bis 8. Februar 2012 und 13. März 2012 bis ca. Mai 2013 in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt, wobei mündlich vereinbart war, dass  J G 10 Stunden pro Woche auf der Basis einer kollektivvertraglichen Entlohnung für holzverarbeitende Industrie auf Abruf arbeitet. Eine fixe tägliche Arbeitszeit wurde nicht festgelegt. Zur Erbringung der Arbeitsleistung wurde ein Durchrechnungszeitraum von einem Jahr festgelegt. Der Dienstnehmer konnte 50 Plus- oder Minusstunden aufbauen und musste innerhalb eines Jahres dieses Stundenkontingent einmal ausgleichen. Diese Arbeitszeitgestaltung, die im ganzen Betrieb gilt, also sowohl für Vollbeschäftigte als auch für geringfügig Beschäftigte Dienstnehmer, liegt eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft zugrunde. J G verrichtet seine Arbeit auf Abruf, ihn trifft aber keine Arbeitsverpflichtung auf Abruf, er hat lediglich darauf zu achten, dass er nicht mehr als 50 Stunden Zeitplus oder Zeitminus im Rahmen seiner Beschäftigung aufbaut. Bei Zustandekommen von mehr als 50 Minusstunden wird der Arbeitnehmer abgemeldet und bei größerem betrieblichen Arbeitsbedarf wieder angemeldet. Die Dauer der von J G geleisteten Arbeitszeit wird flexibel an den jeweiligen betrieblichen Bedarf angepasst. J G erhält monatlich den Lohn von 365 Euro (auf Basis einer Kollektivvertragsentlohnung von 7,92 Euro brutto pro Stunde). Diese Entlohnung wird ihm ausbezahlt auch in Monaten, in denen er ein hohes Arbeitskontingent verrichtet, das über einer geringfügigen Beschäftigung liegt, als auch in Monaten, in denen er sehr wenig oder gar nichts arbeitet um sein Zeitguthaben auszugleichen.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Akt und der Schilderung des Beschuldigten J T in der mündlichen Verhandlung am 10.06.2013 ergibt. Dem steht auch die Aussage des Zeugen G nicht entgegen. Auch vom Vertreter des Finanzamtes wurde gegen die dargestellten Arbeitsbedienungen und Arbeitsverhältnisse nichts vorgebracht.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 111 Abs 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz - ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.    Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.    Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.    Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.    gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-        mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-        bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

3.3.2. Gemäß § 5 Abs.2 gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es gemäß Z2 für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 386,80 Euro (geltende Rechtslage) und 366,33 Euro (Rechtslage im Jahr 2010) gebührt.

 

Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass das Beschäftigungsverhältnis mit Herrn G für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist. Er kann in einem Kalendermonat ein Defizit von lediglich 40 Arbeitsstunden aufbauen, ist seine wöchentliche Arbeitszeit doch mit 10 Stunden pro Woche festgelegt und erst bei einem Zeitminuskontingent von 50 Arbeitsstunden wird er abgemeldet.

 

Wenn das Finanzamt nun anführt, dass auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt abzustellen sei, dem Arbeitnehmer hätte in einigen Monaten zum Beispiel im März und Mai 2012 ein Entgelt gebührt, dass eine Vollversicherung bedingen würde, so ist dem entgegenzuhalten, dass das konkrete Arbeitsverhältnis die in

§ 5 Abs.2 normierten Kriterien einer geringfügigen Beschäftigung aufweist. Nach der Judikatur des VwGH ist bei der Prüfung, ob eine fallweise Beschäftigung im Sinn der §§ 471a ff ASVG vorliegt, das gebührende Entgelt maßgeblich. Demnach ist im konkreten Fall von einer geringfügigen Beschäftigung auszugehen, hat die Entlohnung des J G doch in keinem Monat die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen.

 

Der Bw hat damit das Tatbild der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm nicht erfüllt.

 

Weil schon das Tatbild der vorgeworfenen Rechtsnorm nicht erfüllt wird, war die Einstellung des Verfahrens zu bestätigen und es erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Berufungsvorbringen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

 

 

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