Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281457/5/Re/Rd/CG

Linz, 04.09.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck, Ferdinand-Öttl-Straße 12, 4840 Vöcklabruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 3. Oktober 2012, Ge96-152-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 62 Abs.1 iVm 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iZm § 24  Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 3. Oktober 2012, Ge96-152-2012, wurde Herr x, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x, für schuldigt erkannt, fünf namentlich genannte Arbeitnehmer/innen an den im Spruch bzw in der Strafverhandlungsschrift näher angeführten Tattagen über die gemäß  § 9 Abs.1, § 7 Abs.2 sowie § 12 Abs.2 AZG normierten Tages- und Wochenarbeitszeiten hinaus eingesetzt zu haben. Diesbezüglich wurden Geldstrafen von 100 Euro, EFS von 15 Stunden (Fakten 5, 6, 10, 11), 150 Euro, EFS von 23 Stunden (Faktum 13), 160 Euro, EFS 29 Stunden (Fakten 3, 4), 180 Euro, EFS 33 Stunden (Fakten 1, 2, 9), 200 Euro, EFS 37 Stunden (Fakten 7, 8, 12), wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.2 Z1 AZG (Fakten 1, 4, 7, 10 und 12), § 28 Abs.2 Z1 AZG (Fakten 2, 5 und 8), § 28 Abs.2 Z3 AZG (Fakten 3, 6, 9, 11), verhängt.

 

2. Dagegen wurde eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung durch das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck eingebracht. Begründend wurde zum einen ausgeführt, dass dem Arbeitsinspektorat keine Gelegenheit zur Stellungnahme als Partei gegeben worden sei, obwohl eine niedrigere Strafe verhängt wurde, zum anderen wurde die niedrige Strafhöhe bemängelt, zumal diese keinesfalls dem Unrechtsgehalt der angeführten Übertretungen Rechnung tragen würde. Im Übrigen wurde auf die gesundheitliche Gefährdung der betroffenen Arbeitnehmer sowie auf den general- und spezialpräventiven Aspekt einer angemessenen Strafverhängung hingewiesen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Dem Be­schuldigten wurde in Wahrung des Rechts auf Parteiengehör mit Schreiben vom 8. November 2012 die Berufung des Arbeitsinspektorates zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Bis dato langte vom Beschuldigten keine Äußerung beim Oö. Verwaltungssenat ein. 

 

4. Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Aufgrund einer Überprüfung der Arbeitsaufzeichnungen der x am 10. Juli 2012 durch den Arbeitsinspektor x konnten Übertretungen des AZG festgestellt werden. Am 23. August 2012 erfolgte eine Anzeigeerstattung bei der belangten Behörde und wurde gleichzeitig dem Beschuldigten eine Ablichtung übermittelt. Am 6. September 2012 erfolgte die schriftliche Vollmachtsbekanntgabe durch Anwälte x. Gleichzeitig wurde eine Stellungnahme zu den Tatvorwürfen abgegeben. Mit 10. September 2012 erging seitens der belangten Behörde das Ersuchen an den Rechtsvertreter des Beschuldigten um Bekanntgabe der Wohnadressen und Geburtsdaten der näher genannten Arbeitnehmer. Zu diesem Ersuchen erging eine Mitteilung des Rechtsvertreters vom 17. September 2012, wonach aus Datenschutzgründe keine Angaben gemacht werden könnten. In der Folge wurden von der belangten Behörde Ladungsbescheide, datiert mit 21. September 2012 an die betroffenen Arbeitnehmer erlassen, wonach sich diese am 4. Oktober 2012 zu einer Zeugenbefragung - unter Androhung einer Zwangsstrafe bei Nichterscheinen - bei der belangten Behörde einzufinden hätten. Bereits einen Tag davor, nämlich am 3. Oktober 2012 fand eine Strafverhandlung in der gegenständlichen Angelegenheit statt, wobei lediglich der Beschuldigte anwesend war. Der Rechtsvertreter des Beschuldigten sowie das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck waren nicht anwesend. Dem vorgelegten Akt ist nicht zu entnehmen, auf welche Weise der Beschuldigte zur Strafverhandlung eingeladen worden ist und insbesondere nicht, ob dessen Rechtsvertreter Kenntnis vom Verhandlungstermin und damit Gelegenheit zur Teilnahme hatte. Aufgrund dessen ist nur das Faktum aktenkundig, dass dem Beschuldigten in Abwesenheit seines Rechtsvertreters das Straferkenntnis mündlich verkündet worden war.

Im Anschluss an die Strafverhandlung wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis mündlich verkündet und beurkundet. Dem Arbeitsinspektorat wurde am 4. Oktober 2012 die Niederschrift über die Strafverhandlung sowie das Straferkenntnis zugestellt. Über Ersuchen des Oö. Verwaltungssenates wurde vom Arbeitsinspektorat die von der belangten Behörde übermittelte Straf­verhandlungsschrift bzw das Straferkenntnis vorgelegt, aus welcher ersichtlich ist, dass handschriftlich das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck unter "Ergeht an" nach der Unterfertigung des Rechtsmittelverzichts des Beschuldigten hinzugefügt wurde. Am Original ist dies nicht ersichtlich.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 62 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG können, wenn in den Verwaltungs­vor­schriften nicht anderes bestimmt ist, Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden. Der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluss der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden (Abs.2). Eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides ist den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine Ausfertigung verlangen (Abs.3).

 

5.2. Der Beschuldigte war zum Zeitpunkt der Strafverhandlung anwaltlich ver­treten und war dieser Umstand der belangten Behörde bekannt (siehe dies­bezüglich Punkt 4. des Erkenntnisses). Nach der Judikatur des Verwaltungsge­richtshofes (13.12.1982, 82/10/0015, Slg 10920 A, 13.11.1996, 96/03/0126) ist es nicht zulässig, einer Partei ein erstinstanzliches Strafer­kenntnis unter Umgehung ihres der Behörde gegenüber namhaft gemachten Vertreters mündlich zu verkünden. Ein solcherart verkündetes erstinstanzliches Straferkenntnis ist nicht rechtswirksam erlassen. Das gegenständlich bekämpfte Straferkenntnis wurde ohne Beisein des Rechtsvertreters des Beschuldigten mündlich verkündet und beurkundet. Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass dem Beschuldigten und dem berufungswerbenden Arbeitsinspektorat bislang von der belangten Behörde kein rechtswirksames Straferkenntnis zugestellt worden ist, sodass auch keine Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen hat. Dies hat wiederum zur Folge, dass die vom Arbeitsin­spektorat Vöcklabruck eingebrachte - auf das Strafausmaß eingeschränkte - Berufung als unzulässig zurückzuweisen war, zumal lediglich das Zukommen einer Ablichtung des nicht rechtswirksam erlassenen Straferkenntnisses noch kein fristauslösendes Ereignis darstellt und daher auch keine Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen hat.   

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevoll­mächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

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