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VwSen-104368/13/GU/Mm

Linz, 23.05.1997

VwSen-104368/13/GU/Mm Linz, am 23. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des R. L., vertreten durch RA Dr. G. R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft .. vom 05. Dezember 1996, Zl. VerkR96-.., wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 16. Mai 1997 in Gegenwart der Parteien durchgeführten mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Überschrift und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird neu gefaßt und hat demnach zu lauten:

"Bescheid" R. L. ist schuldig, am 6.3.1996 gegen 12.45 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen .., auf der G. Bezirksstraße von der .. kommend in Richtung G. gelenkt zu haben und hiebei zwischen km 13,650 bis km 13,550 eine Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h erreicht zu haben und hiebei zum voranfahrenden LKW nur einen Sicherheitsabstand von 6-7 m eingehalten zu haben, wodurch im Falle des plötzlichen Abbremsen des LKWs ein rechtzeitiges Anhalten nicht möglich gewesen wäre und hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a leg.cit begangen zu haben.

Der Straf- und Kostenausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird behoben und an deren Stelle dem Rechtsmittelwerber unter Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt.

Der Rechtsmittelwerber hat zum Berufungsverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft .. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 6.3.1996 gegen 12.45 Uhr den Kombi .. auf der G. Bezirksstraße von der .. kommend in Richtung G. gelenkt zu haben und zwischen km 13,9 bis ca. km 13,350 zu dem vor ihm fahrenden LKW lediglich einen Sicherheitsabstand von 6 - 7 m eingehalten zu haben. Im Falle des plötzlichen Abbremsens des LKW sei ihm ein rechtzeitiges Anhalten seines Kombis nicht möglich gewesen. Wegen Verletzung des § 18 Abs.1 wurde ihm in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

In seiner dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte geltend, daß er sowohl einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu dem vor ihm fahrenden LKW eingehalten habe. Der einschreitende Gendarmeriebeamte habe nicht einmal über ausdrückliches Befragen darzulegen vermocht, welchen Abstand bei welcher Geschwindigkeit der Beschuldigte eingehalten habe. Dies sei auch vom einschreitenden Beschuldigtenvertreter festgestellt und wahrgenommen worden.

Zum Beweis der Unrichtigkeit der Angaben des Meldungslegers beantragt der Rechtsmittelwerber die Einvernahme des damals mitfahrenden Zeugen und die Durchführung eines Ortsaugenscheines und beantragt nach Ergänzung des Beweisverfahrens die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Aufgrund der Berufung wurde am 16.5.1997 die mündliche Verhandlung in Gegenwart der Parteien durchgeführt, in deren Rahmen die Zeugen Dr. G. R., Rev.Insp. W. E. und Rev.Insp. L. G. vernommen, ein Lokalaugenschein durchgeführt und vom verkehrs- und kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen Ing. S. H. Befund erhoben und Fachfragen gutachtlich beantwortet wurden.

Ferner wurde dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 6.3.1996 gegen 12.45 Uhr den Kombinationskraftwagen mit dem Kennzeichen .. von Richtung S. kommend auf der A.-Bundesstraße zur Kreuzung mit der .. (G. Bezirksstraße). Dort reihte er sich hinter einem LKW mit Planenaufbau der mittleren Gewichtsklasse ein. Beide Fahrzeuge kamen beinahe zum Stehen und bogen nach links in die G. Bezirksstraße ein. Letztere weist im Anschluß an die Bundesstraße eine Steigungsstrecke über eine Länge von ca. 250 m auf, besitzt eine Breite von 6,5 m, besteht aus zwei Fahrstreifen und ist im Kreuzungsbereich mit 13,9 km kilometriert.

In weiterer Folge entgegen der Kilometrierung (wie von beiden vorerwähnten Fahrzeugen befahren) schließt eine unübersichtliche Rechtskurve an und leitet in eine unübersichtliche Linkskurve weiter. Die Unübersichtlichkeit ist dadurch gegeben, daß für einen Überholvorgang keine ausreichende Erkennungsentfernung gegeben ist. Der erste Straßenverlauf der G. Bezirksstraße ist grundsätzlich ein gerader. Die Sicht ist jedoch durch den Übergang der Steigungsstrecke in eine Waagrechte bis zum Ende des Geradeverlaufes bis Straßenkilometer 13,6 aufgrund der Ähnlichkeit mit einer Kuppenbildung nicht zur Gänze möglich. Der Beginn der anschließenden Rechtskurve ist bei Straßenkilometer 13,580 gegeben. Der Rechtsmittelwerber folgte mit dem Kombi den auf dem ansteigenden Straßenstück langsam, dem auf eine Geschwindigkeit von rund 30 km/h beschleunigenden LKW in einem Abstand von rund 6 - 7 m, lenkte etwas nach links aus, um Ausschau nach einer Überholmöglichkeit zu halten, behielt den vorerwähnten Abstand nach der Bergkuppe auch dann bei, als der Lkw am geraden Straßenstück auf Touren kam und zwischen km 13,650 und km 13,550 der G. Bezirksstraße eine Geschwindigkeit von rund 60 km/h erreichte. Der Beschuldigte ließ sich dann, aus welchen Gründen auch immer, sei es durch die verminderte Aussicht auf einen gefahrlosen Überholvorgang, sei es durch das, etwa bei diesem Straßenstück eingeschaltete Blaulicht auf eine Distanz von mindestens 20 m zum voranfahrenden LKW zurückfallen.

In der Steigephase war der gehaltene Abstand aufgrund der geringen Geschwindigkeit noch ausreichend gewesen. Mit Erhöhung der Geschwindigkeit bis zu 60 km/h, wäre dann bei dieser Marke ein Sicherheitsabstand von 13,3 m einzuhalten gewesen.

Im Falle des plötzlichen Abbremsens des LKW in der letztbeschriebenen Situation, wäre dem Beschuldigten ein rechtzeitiges Anhalten des von ihm gelenkten Kombis nicht möglich gewesen.

Bei der Würdigung der Beweise konnte die Aussage des Zeugen Rev.Insp. W. E., der leidenschaftslos aufgetreten ist, zusammen mit der Aussage des Zeugen Dr. G. R., welcher Beifahrer im Fahrzeug des Rechtsmittelwerbers war, der Verantwortung des Beschuldigten und insbesondere den fachkundigen Ausführungen des dem Verfahren zugezogenen technischen Amtssachverständigen Ing. H. S., welche auf seine und auf die Lebenserfahrung gestützt wird, gegenüber der Aussage des Rev.Insp. L. G. überzeugen, wonach auf dem ansteigenden Straßenstück der G. Bezirksstraße der LKW zunächst nur gering beschleunigen konnte und der vom Beschuldigten gehaltene Sicherheitsabstand von 6-7 m ausreichend und unverdächtig erschien.

Der hier herrschende gerade Streckenverlauf, die Steigungsverhältnisse und das Fahrverhalten vom PKW und des LKW, hat der Augenschein im Sinne der vorstehenden Feststellungen auch hinreichend bescheinigt. Daß anschließend der LKW und der ihm mit dem PKW folgende, nach einer Möglichkeit zum Überholen des abgasträchtigen und trägen LKWs Ausschau haltende Beschuldigte, schneller wurde, etwa 60 km/h erreichte, wobei zunächst der Beschuldigte den ursprünglich gehaltenen Abstand zunächst kurzfristig beibehielt, entspricht einer Alltagssituation und steht mit der Lebenserfahrung im Einklang. Hiedruch konnte die Aussage des Insp. W. E., welcher vom Lenker des Gendarmeriefahrzeuges, Insp. G. in dieser Situation aufmerksam gemacht wurde, für das diesbezügliche Straßenstück als durchaus überzeugend angesehen werden. Dies steht auch nicht im auffallenden Widerspruch zur Aussage des Zeugen Dr. R., der die Aufmerksamkeit auf das Geschehen erst lenkte, als er vom Beschuldigten hingewiesen wurde, daß hinter ihnen ein Gendarmeriefahrzeug das Blaulicht eingeschaltet hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Tat auf kurze Distanz hin eben bereits gesetzt worden, zumal der Beschuldigte den Sicherheitsabstand auf 20 m und somit auf ein jedenfalls ausreichendes Maß ausgedehnt hatte.

Ob nun anläßlich der anschließenden Anhaltung, die alleine von Insp. G. vorgenommen wurde, von dem Genannten über den Vorhalt, wie groß denn der beanstandete Sicherheitsabstand eigentlich gewesen sei, das einschreitende Organ geantwortet hat, 6 - 7 m, aber auf den Zentimeter genau könne er das nicht angeben oder ob er keine Meterangaben machte, konnte den Sachverhalt nicht in Zweifel ziehen, zumal der im Dienstkraftwagen verbliebene Insp. W. E. der, wie vorhin erwähnt, bei seiner Vernehmung einen besonnenen und ausgezeichneten Eindruck hinterließ, die Beschleunigung der Fahrzeuge und den auf einem kurzen Straßenstück bloß eingehaltenen Tiefenabstand von 7 m wahrgenommen und wiedergegeben hat und sich auch noch auf Einzelheiten bei der Betätigung des Blaulichtes erinnern konnte.

Aus all diesen Gründen erschien im Sinne des eingeschränkten und neu gefaßten Spruches der Tatbestand der Übertretung für eine kurze Zeit verwirklicht. Daß das Versehen, welches dem Beschuldigten unterlaufen ist, von ihm nicht vermeidbar gewesen wäre, konnte von ihm nicht dargetan werden.

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges unter anderem die vorerwähnte Bestimmung mißachtet.

Nachdem objektive und subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen war, mußte ein Schuldspruch ergehen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Aufgrund der vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ist deutlich, daß es sich um eine im allgemeinen verständliche Alltagssituation und Reaktion gehandelt hat, die sich von einem, nach den Buchstaben des Gesetzes verpönten risikoreichen Verhalten, abhebt. Folgen der Übertretung nicht erforderlich aber auch nicht eingetreten.

Aus all diesen Gründen erschien das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und auch hinsichtlich der objektiven Tatseite ein Absehen von einer Bestrafung gerechtfertigt. Des Ausspruches einer Ermahnung bedurfte es, weil der Rechtsmittelwerber schon aufgrund seines Berufsstandes häufig ein Kraftfahrzeug lenkt, um Aktualitäten einzufangen, um bei ähnlichen Situationen in Hinkunft die Aufmerksamkeit im Verkehr zu schärfen.

Es bleibt anzumerken, daß bei der gegebenen Situation eine Abmahnung durch das Organ und zwar gleich vor Ort im Sinn des § 21 Abs.2 VStG - der Sache gerade in Zeiten von gesteigertem Kostenbewußtsein sowohl der Akzeptanz des Bürgers als auch den staatlichen Zielen gleichermaßen besser gedient hätte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Guschlbauer Beschlagwortung: Kurze Unterschreitung des Sicherheitsabstandes - Ermahnung

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