Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167974/5/Br/Ka

Linz, 10.09.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 13.6.2013, VerkR96-2163-2013, nach der am 10. September 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I. Das angefochtene Straferkenntnis wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 30 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013.

Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 iVm § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro verhängt, wobei ihm sinngemäß zur Last gelegt wurde,  er habe am 23.12.2012, um 15:16 Uhr auf der A1, in Fahrtrichtung Wien, bei Strkm 197,485, als Lenker des PKW´s mit dem Kennzeichen x,  die in diesem Bereich durch Verkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 36 km/h überschritten.

 

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz verweist begründend auf die Anzeige der Landesverkehrsabteilung von Oberösterreich vom 14. Jänner 2013. Ferner wird auf den Einspruch gegen die Strafverfügung verwiesen welcher unbegründet geblieben ist. Der Verantwortung, dass der Berufungswerber nicht selbst gelenkt hätte folgte die Behörde erster Instanz nicht. Des Weiteren wird auf das beweissichere Messergebnis und zuletzt auf die unterbliebene Mitwirkung im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens verwiesen (Hinweis auf VwGH 22.9.2011 B 13 6710).

Betreffend die Strafzumessung wurde von einem geschätzten Einkommen des Berufungswerbers von 1.800 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Insgesamt wurde auf die Strafzumessungsregel des § 19 VStG hingewiesen.

Straferschwerend wurde kein Umstand gewertet strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit im Bereich der Behörde 1. Instanz. Die verhängte Strafe wurde abschließend als Tat schuldangemessen und im Hinblick auf generalpräventive Überlegungen als geboten erachtet.

 

 

1.2. Mit diesen Ausführungen ist die Behörde erster Instanz im Recht!

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch die ausgewiesene Rechtsvertreterschaft mit Schriftsatz vom 3. Juli 2013 erhobenen Berufung entgegen. Darin wird eingangs angeführt, dass aufgrund eines hohen Arbeitsanfalls in der Kanzlei und des Umstandes, dass Kanzleibedienstete in der letzten Woche urlaubsbedingt abwesend gewesen wären, bislang noch nicht die Möglichkeit bestanden habe mit dem Berufungswerber der Sachverhalt zu erörtern. Es werde darum gebeten eine weitere Frist für die Berufungsbegründung bis zum 20.7.2013 zu erstrecken.

Weiters wird bemängelt dass gemäß der Aktenlage lediglich ein Beweisfoto betreffend das Fahrzeug, nicht jedoch einen Lenker/Lenkerin erkennen ließe. Es wird die Übermittlung eines besseren Fotos und die Verfahrenseinstellung beantragt.

 

 

2.1. Mit diesen Ausführungen vermag der Berufungswerber, wie auch im Rahmen der Berufungsverhandlung, keine Rechtswidrigkeit des Schuldspruches aufzuzeigen!

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung  einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß der bestreitenden Verantwortung in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte zwecks unmittelbarer Beweisaufnahme durch Anhörung des Berufungswerbers erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

3.1. Bereits in der Ladung zur Berufungsverhandlung wurde der Berufungswerber auf die Mitwirkungspflicht und die diesbezüglich einschlägige Judikatur verwiesen. Die Ladung wurde ihm am 8. August 2013 per FAX nachweislich zugestellt. In der im Ergebnis bestreitenden Verantwortung ist zumindest eine im Ansatz erkennbare Begründung des Rechtsmittels zu erkennen, deren Verbesserung mit Blick auf den alleine dadurch bedingten Verfahrensaufwand unterbleiben konnte. Demnach war eine Berufungsverhandlung anzuberaumen um dem Berufungswerber die Möglichkeit zu geben glaubhaft zu machen, dass sein Fahrzeug nicht von ihm als Fahrzeughalter (Zulassungsbesitzer) geführt (gelenkt) wurde.

 

 

4. Akten- u. Faktenlage:

Dem Berufungswerber wurde am 29.1.2013 Behörde 1. Instanz eine Anonymverfügung über 150 Euro mittels Zahlschein übermittelt.

Diese blieb unbeachtet, sodass ihm in weiterer Folge eine mit 15.3.2013 datierte Strafverfügung zugestellt wurde.

Dagegen wurde seitens des Rechtsvertreters unter Hinweis auf die Vollmachtserteilung am 09.4.2013 Einspruch erhoben. Es wurde um Übersendung der Akten ersucht, wobei auf ein Limit von 20 Euro hingewiesen worden ist. Darin wird ferner auf ein Versehen einer Kanzleikraft hingewiesen, welches offenbar vorsorglich mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbunden wurde.

Am 16.4.2013 wurde dem Berufungswerber im Wege seiner Rechtsvertreterschafft eine Aufforderung zur Rechtfertigung übermittelt; darin wurde ihm die Gelegenheit eröffnet, am 7.5.2013 mit der Zeit von 9 bis 11:00 Uhr bei der Behörde vorstellig zu werden oder sich schriftlich zu rechtfertigen. Dieses Schreiben wurde ihm am 20.4.2013 zu Handen seines Rechtsvertreters zugestellt.

Am 8.5.2013 teilte dazu der Berufungswerber mit, dass seine Rechtfertigung zum angegebenen Termin nicht erfolgen könne, da ihm bis heute die Ermittlungsakte von der Behörde nicht übermittelt worden wären. Sein Mandant könne sich an einem Vorfall, wie kursorisch in der Aufforderung zur Rechtfertigung beschrieben, nicht erinnern. Es wurde abermals eine Kopie der Ermittlungsakte mit qualitativ guten Beweisfotos angefordert. Auf dem im übermittelten Beweisfoto, so im letzten Satz dieses Schreibens, sei der Fahrer nicht erkennbar.

Sodann wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

 

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt und dessen inhaltliche Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich ob ihrer Nichtteilnahme durch fernmündliche Mitteilung des Abteilungsleiters mit dem Hinweis auf dienstliche Gründe. Der Berufungswerber nahm unentschuldigt darin nicht teil.

Im Nachgang der Ladung zur Berufungsverhandlung wurde der Berufungswerber über die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, welche auf die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Bezug nimmt, wonach er am Verfahren mitzuwirken habe und es nicht genüge die Begehung der Verwaltungsübertretung bloß lapidar zu bestreiten.

Die Ladung zur Berufungsverhandlung wurde dem Rechtsvertreter an dessen Faxadresse zugestellt.

 

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Auf dem Radarfoto ist das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges im „Vergrößerungsfeld“ gut erkennbar. Auch die Tatzeit ist am Radarfoto festgehalten. Dass der Tatort in der Anzeige korrekt bezeichnet ist, steht für den Unabhängigen Verwaltungssenat ebenso außer Zweifel, wie die Richtigkeit des Messergebnisses und mangels Verweigerung jeglicher inhaltlicher Mitwirkung, die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers.

Nach § 96 Abs.8 StVO ist eine mittels Radargerät festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nach der jeweils in Betracht kommenden Gesetzesstelle (§ 20 Abs. 2, § 52 lit. a Z10a StVO usw.) zu bestrafen (vgl. die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, so z.B. VwGH 3.10.1984, Zl. 84/03/0020, u.v.a.). Die sich bis zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung bloß Formaleinwände beschränkende Verantwortung des Berufungswerbers im Wege seines Rechtsvertreters geht ins Leere (unter vielen VwGH 27.11.1992, 91/03/0111).   Selbst die erstmals im Zuge der Berufungseinbringung als angebliche Lenkerin an der fraglichen Örtlichkeit namhaft gemachte Ehefrau wurde trotz entsprechenden Hinweises in der Ladung zur Verhandlung nicht gestellt. Das beidseitige Erscheinen wäre im Rahmen der Mitwirkungspflicht dem Berufungswerber wohl zuzumuten gewesen. 

Das nunmehr erst ein halbes Jahr nach dem Tatvorwurf von der Ehefrau abgegebene „Bekenntnis“ zur damaligen Fahrzeugführereigenschaft ist insbesondere deshalb unglaubwürdig, weil diese nicht bereits bei der sich erst bietenden Gelegenheit – etwa bei Erhebung des Einspruches gegen die Strafverfügung – vorgebracht wurde, sondern  erst nach Verstreichen der bis dahin noch geltenden sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, wobei sich der Berufungswerber wie er selbst im ersten Schriftsatz erklärte an die damalige Fahrt sich nur mehr rudimentär erinnern zu können glaubte. Diese unbeglaubigte Erklärung der Ehefrau, aus der auch kein Hinweis über den Besitz eines Führerscheins hervorgeht, wurde abermals anlässlich der Berufungsverhandlung vorgelegt. Sie war per FAX am 9.9.2013 dem substituierenden Anwalt zugeleitet worden.

Es gibt keinen sachlichen Grund den Berufungswerber nicht als Lenker des von ihm gehaltenen Fahrzeuges überführt zu sehen.

 

 

5. Rechtlich stellt der Unabhängige Verwaltungssenat fest:

In Vermeidung von Wiederholungen kann auf die umfassenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Dort wurde die bezogenen Rechtsvorschriften, sowie die für Radarmessungen einschlägige Judikatur umfangreich dargelegt. Auch die Berufungsbehörde vermag sich diesen Ausführungen vollumfänglich anzuschließen.

Laut Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vom 22.9.2011, B1369/10, stellt es   keine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker dar,  wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung  nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schuss zieht,  er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen. Die zitierte Judikatur stützt sich auf den EGMR.

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das bloß globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen auch VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Diesbezüglich ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Auch mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von (verkehrsfehlerkorrigiert) 33 km/h ist der Unwertgehalt nicht unbedeutend.

Die nachteiligen Folgen einer Geschwindigkeitsüberschreitung in diesem Umfang finden sich empirisch darin begründet, dass bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h der Anhalteweg mit ~ 57 m anzunehmen ist, während er bei der hier zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit bei über 109,19 m liegt. Dieser Schlussfolgerung wird eine realistische Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und eine Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Die Stelle an der das Fahrzeug aus 80 km/h zum Stillstand gelangen würde, wird bei der vom Berufungswerber eingehaltenen Geschwindigkeit noch mit mehr als 100 km/h durchfahren (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5).

Da jeder Verkehrsteilnehmer auf die Einhaltung der Vorschriften anderer Verkehrsteilnehmer vertrauen darf (Vertrauensgrundsatz) wird die mit Geschwindigkeitsüberschreitungen  im Konfliktfall zu Buche schlagende Gefahrenpotenzierung evident. 

Daher vermag an der hier ausgesprochenen Geldstrafe trotz des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.

 

 

II. Die Verfahrenskosten gründen zwingend  in der unter II. zitierten Gesetzesstelle.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

 

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