Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281316/29/Kl/MG/BU

Linz, 29.08.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. x, Dr. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 07.03.2011, Ge96-170-2010, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.04.2011 im Grunde des VwGH-Erkenntnisses vom 19.03.2013, Zl. 2011/02/0238-6, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit folgenden Maßgaben vollinhaltlich bestätigt:

Im Spruch entfällt die Wortfolge „das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit“.

Spruchpunkt 3 lautet wie folgt: „3) Die Arbeitnehmer x und x verwendeten zur Erreichung der Arbeitsplätze am Dachstuhl zwei Anlegeleitern, die bei der einen ca. 70 cm, bei der anderen lediglich ca. 10 cm über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragten und bei beiden keine andere Anhaltemöglichkeit vorhanden war, obwohl Anlegeleitern um mindestens 1 m über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragen müssen, wenn nicht eine andere Vorrichtung ausreichend Gelegenheit zum Anhalten gewährleistet.“

Die verletzten Rechtsvorschriften haben wie folgt zu lauten:

„Zu 1) 2x § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl II Nr. 221/2010 i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 7 Abs. 2 Z 4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl Nr. 340/1994 i.d.F. BGBl II Nr. 21/2010;

Zu 2) § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG und § 118 Abs. 3 ASchG i.V.m. § 159 Abs. 4 Z 2 BauV und § 85 Abs. 1 BauV;

Zu 3) 2x § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG i.V.m. § 36 Abs. 3 Arbeitsmittel-Verordnung – AM-VO, BGBl Nr. 164/2000 i.d.F. BGBl II Nr. 21/2010.“

Die Ersatzfreiheitsstrafe zu Spruchpunkt 1 hat „Zu 1) 2x 150 Stunden (gesamt: 300 Stunden)“ und die Ersatzfreiheitsstrafe zu Spruchpunkt 3 hat „Zu 3) 2x 50 Stunden (gesamt: 100 Stunden)“ zu lauten.

II. Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafen, das sind 900 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 9, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 07.03.2011, Ge96-170-2010, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) Geldstrafen zu 1) von 2 x 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 300 Stunden), zu 2) von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) und zu 3) von 2 x 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 und § 118 Abs. 3 ASchG bzw. § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm 1) § 7 Abs. 1 und § 7 Abs. 2 Z 4 BauV, 2) §§ 85 Abs. 1 und 159 Abs. 4 Z 2 BauV und 3) § 36 Abs. 3 AM-VO verhängt, weil er als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und somit gemäß § 9 VStG verantwortlicher Beauftragter für den Bereich Holzbau/Hallenbau der „x Gesellschaft mbH" mit Sitz in x strafrechtlich zu verantworten hat, dass bei einer am 15.10.2010 durchgeführten Erhebung auf der Baustelle in x, Bauvorhaben x, durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien, Folgendes festgestellt wurde:

 

1)    Die Arbeitnehmer x, geb. x, und x, geb. x, waren mit Holzbaumontagearbeiten zur Erstellung des Dachstuhles des neu zu errichtenden Hallengebäudes beschäftigt, ohne dass an den Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrwegen Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht gewesen waren, obwohl bei Absturzgefahr an den Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen ab einer Absturzhöhe von mehr als 2,0 m Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht werden müssen. Die Absturzhöhe betrug zwischen ca. 5,0 m und 7,0 m. Die beiden Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt.

2)    Die schriftliche Montageanleitung einer fachkundigen Person lag nicht auf der Baustelle zur Einsichtnahme auf, obwohl die Arbeitnehmer auf der Baustelle länger als fünf Arbeitstage beschäftigt waren und bei der Montage der Bauteile besondere Sicherheitsmaßnahmen - z.B. gegen Absturz -erforderlich waren, obwohl die schriftliche Montageanweisung und Zeichnungen gemäß § 85 Abs. 1 BauV auf der Baustelle zur Einsichtnahme aufliegen müssen, wenn ein Arbeitgeber auf der Baustelle Arbeitnehmer länger als fünf Arbeitstage beschäftigt. Eine schriftliche Montageanweisung ist gemäß § 85 Abs. 1 BauV von einer fachkundigen Person zu erstellen, wenn bei der Montage besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind oder für die Montage die Kenntnis besonderer sicherheitstechnischer Angaben erforderlich ist. Die Dauer der Arbeiten betrug laut Angaben des Vorarbeiters ca. fünf Wochen.

3)    Die Arbeitnehmer x und x verwendeten zur Erreichung der Arbeitsplätze am Dachstuhl zwei Anlegeleitern, die beim einen ca. 70 cm, beim anderen lediglich 10 cm über die Ein- oder Ausstiegstelle hinausragten und bei beiden keine anderen Anhaltemöglichkeit vorhanden war, obwohl Anlegeleitern um mindestens 1 m über die Ein- oder Ausstiegstelle hinausragen müssen, wenn nicht andere Vorrichtungen ausreichend Gelegenheit zum Anhalten gewährleisten.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Sachverhalt zu Punkt 1 und 3 außer Streit gestellt werde, hinsichtlich Tatvorwurf 2 werde der Sachverhalt bestritten, weil schriftliche Montageanweisungen tatsächlich auf der Bausteile zur Einsichtnahme aufgelegen wären. Weiters wurde Verfolgungsverjährung eingewendet, weil der genaue Tatzeitraum dem Spruch des Straferkenntnisses fehle und auch der Tatort genau einzugrenzen gewesen wäre. Der Verweis auf eine Baustelle sei nicht hinreichend. Auch gehe der Sitz des Unternehmens als Tatort nicht eindeutig aus dem Spruch hervor. Dem Bw könne kein Verschulden angelastet werden, weil die Monteure x und x regelmäßig an den jährlichen Sicherheitsunterweisungen teilnehmen und diesbezüglich entsprechende Bestätigungen vorliegen. In diesen Sicherheitsunterweisungen erfolgt unter Beiziehung der Sicherheitsfachkraft eine ausführliche Dokumentation und Beurteilung möglicher Gefahrenquellen bei den einzelnen Baustellen und erhalten die Monteure entsprechende Anweisungen, sämtliche vorhandene Sicherheitseinrichtungen und Schutzausrüstungen zu verwenden. Die Monteure bekommen detaillierte Vorgaben und sind diese unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen regelmäßig angehalten, sämtliche Schutzbestimmungen einzuhalten sowie Schutzausrüstungen zu verwenden. Auch finden Kontrollen auf den Baustellen durch das von der x GmbH beauftragte x statt. Die erforderlichen Absturzsicherungen, Übergänge oder sonstige erforderlichen Schutzeinrichtungen werden regelmäßig zur jeweiligen Baustelle mitgeliefert und sind die Monteure angewiesen und verpflichtet, diese auch zu verwenden. Es sind demnach sämtliche Schutzausrüstungen und Sicherheitsdokumente regelmäßig auf den Baustellen vorhanden. Die Monteure hatten auch die ausdrückliche Anweisung, die Leitern entsprechend den Sicherheitsvorschriften mehr als einen Meter über die Ein- und Ausstiegessteile hinausragen zu lassen, und hatten die vorhandenen Leitern auch eine entsprechende Länge. Die Nichteinhaltung dieser Bestimmung ist daher auf eine eigenverantwortliche Fehlleistung der Monteure zurückzuführen. Bei der Strafbemessung hätte strafmildernd berücksichtigt werden müssen, dass sich der Bw seit Jahren besonderes um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen bemüht und ein internes Evaluierungs- und Kontrollsystem eingerichtet hat. Die eigenverantwortliche Übertretung durch Mitarbeiter könne nicht in jedem Fall ausgeschlossen werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4.1. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats zur Entscheidung über die Berufung ergibt sich aus Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 51 Abs. 1 VStG. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier weder eine primäre Freiheitsstrafe, noch eine 2.000 Euro (im Einzelnen) übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.04.2011, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter, die belangte Behörde und das zuständige Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten (bis nach Zeugeneinvernahme vertreten durch das Arbeitsinspektorat Linz) geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Ing, x, x und x geladen und einvernommen.

 

4.3. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

4.3.1. Die Firma x GmbH hat ihren Sitz in x. Mit Urkunde vom 1.7.2007 wurde der Bw zum „verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG für den Unternehmensbereich Holzbau/Hallenbau" bestellt. Gemäß Punkt III der Bestellungsurkunde ist der sachliche Zuständigkeitsbereich wie folgt aufgelistet: „Der verantwortliche Beauftragte ist in seinem Zuständigkeitsbereich gem. Punkt 1 für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften, insbesondere aller Arbeitnehmer(schutz)vorschriften (Kfz-Werkstättenbetrieb) sowie verkehrsrechtlichen Vorschriften (StVO, KFG etc.) österreichweit verwaltungsrechtlich verantwortlich und nimmt zur Kenntnis, dass er bei Verstößen gegen diese Vorschriften von den Verwaltungsbehörden zur Verantwortung gezogen werden kann. Infolge Bestellung zum Abfallbeauftragten gem. § 11 AWG 2002 wird die Verantwortlichkeit gem. § 9 VStG insoweit eingeschränkt, als dies gem. § 11 Abs 4 AWG 2002 erforderlich ist. Den verantwortlichen Beauftragten trifft daher keine Verantwortlichkeit für die Einhaltung von abfallrechtlichen Vorschriften."

Die Bestellung wurde mit Schreiben vom 06.08.2007, beim Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten eingelangt am 07.08.2007, bekannt gegeben. Gleichzeitig wurden sechs weitere Bestellungen zum verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen im Unternehmen beim Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten bekannt gegeben, nämlich für die Unternehmensbereiche „Haus- und Kellerbau", „Behälterbau einschließlich der zugehörigen Baustellen", „Fundamentbau einschließlich der zugehörigen Baustellen", „Maschinen- und Metallbau einschließlich der damit verbundenen Außenmontagen", „Kfz-Werkstättenbetrieb am Firmensitz x sowie Verkehrs- und Betriebssicherheit des gesamten Fuhrparks österreichweit" und „Elektro-Werkstättenbetrieb am Firmensitz x sowie das Elektrogewerk auf Baustellen österreichweit".

 

4.3.2. Am 15.10.2010 wurden auf der Baustelle x, Bauvorhaben x, durch Arbeitnehmer der x GmbH Holzbaumontagearbeiten durchgeführt.

Die Dauer der Arbeiten auf der Baustelle betrug insgesamt ca. fünf Wochen.

An diesem Tag waren insgesamt vier Arbeitnehmer der Fa. x GmbH auf der Baustelle tätig.

 

4.3.3. Die Arbeitnehmer x, geb. x, und x, geb. x, waren am 15.10.2010 mit Holzbaumontagearbeiten auf der o.g. Baustelle zur Erstellung eines Dachstuhles des neu zu errichtenden Hallengebäudes beschäftigt, ohne dass an den Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht gewesen waren, wobei die Absturzhöhe zwischen ca. 5,0 und 7,0 m betrug. Die beiden Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt.

 

Der Vorarbeiter der Baustelle, Herr x, erhielt von der Fa. x GmbH einen Ordner mit Montageanleitungen hinsichtlich der einzelnen x, weiters eine Mappe mit den Listen der Materialien und Einrichtungen, Skizzen und Zeichnungen und Anleitungen hinsichtlich der bautechnischen Vorgehensweise an der konkreten Baustelle, sowie eine Mappe hinsichtlich der Sicherheitssysteme der Fa. x GmbH, in der sämtliche Sicherheitsmaßnahmen dargestellt und erläutert sind.

Im Zuge der Baustellenkontrolle am 15.10.2010 forderte Herr Ing. x, Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien, von den auf der Baustelle tätigen Arbeitern eine schriftliche Montageanleitung an. Dem Kontrollorgan wurde daraufhin in der Bauhütte ein Konvolut an Unterlagen, bestehend aus Lieferlisten, Montageskizzen und Plänen (Fotos 1-5), vorgelegt. Darüber hinaus befanden sich in der Bauhütte die Mappe „Sicherheit am Bau“ der AUVA sowie eine Unterschriftenliste über die Unterweisung der Arbeitnehmer.

Daraufhin ersuchte das Kontrollorgan um Vorlage gesonderter Sicherheitsanweisungen für die Montage. Derartige Unterlagen konnte der Vorarbeiter nicht vorweisen, sondern verwies auf die Disponenten der Abteilung Hallenbau der Fa. x GmbH und gab dem Kontrollorgan eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme. Das Kontrollorgan telefonierte auf der Baustelle mit einem Mitarbeiter der Fa. x GmbH, die bejahte, dass es eine schriftliche Montageanweisung grundsätzlich geben würde. Die schriftliche Montageanweisung wurde dem Kontrollorgan per E-Mail vom 19.10.2010 übermittelt (Anlage zur Niederschrift über die öffentliche mündliche Verhandlung vom 29.04.2011).

Ob sich im Firmenbus ein Ordner mit Montageanleitungen hinsichtlich der einzelnen x („x“) befand, kann nicht festgestellt werden; sie wurde jedenfalls über Verlangen des Kontrollorgans nicht vorgewiesen. Auf die Baustelle konkret bezogene Montage- und Sicherheitsanweisungen wurden nicht vorgewiesen.

 

Die Arbeitnehmer x und x verwendeten auf der o.g. Baustelle zwei Anlegeleitern, von denen eine ca. 70 cm, die andere ca. 10 cm über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragte und bei beiden keine andere Anhaltemöglichkeit vorhanden war.

 

Dies wurde im Zuge einer am 15.10.2010 auf der o.g. Baustelle durchgeführten Inspektion durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten in Wien festgestellt und mit Eingabe vom 23.12.2010, Zl. 041-144/1-51/10 kua1, der belangten Behörde angezeigt.

 

4.3.4. Der Bw war zum Tatzeitpunkt als verantwortlicher Beauftragter der Fa. x GmbH für ca. 500 Baustellen pro Jahr verantwortlich. Er war dabei direkt der Geschäftsleitung unterstellt.

 

Die Baustellen werden teilweise direkt von der Firmenzentrale in x hinsichtlich der Bauleitung betreut, teilweise werden vor Ort Personen für die Bauleitung eingesetzt. Die Zuweisung der Baustellen an die jeweiligen Bauleiter erfolgt in der Abteilung Hallenbau, deren Leiter der Bw ist, durch die Disponenten.

Die Baustelleneinrichtung und -leitung der Baustelle x, Bauvorhaben x, wurde von der Abteilung Hallenbau der Fa. x GmbH von der Firmenzentrale aus organisiert. Ein gesonderter Bauleiter war nicht bestellt. Die Disposition wies die Baustelle dem Vorarbeiter zu. Ein Bauleiter kam daher nicht auf die Baustelle. Der Bw war selbst nicht auf der Baustelle.

 

Die Sicherheitseinrichtungen werden von der Firmenzentrale vorbestimmt und von dort aus mit einer Liste an die jeweilige Baustelle geliefert. Der jeweilige Vorarbeiter hat für die Verwendung und Montage die gelieferten Sicherheitseinrichtungen zu sorgen. Der Vorarbeiter ist in der Montage und Verwendung von Sicherheitseinrichtungen geschult. Eine diesbezügliche Kontrolle durch die Fa. x gibt es nicht.

Die Fa. x GmbH, x, ist von der Fa. x GmbH beauftragt, die gesetzlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheitsfachkraft und Arbeitsmedizin durchzuführen. Fallweise erfolgt eine Baustellenkontrolle auch durch die Geschäftsführung bzw. Mitarbeiter der Fa. x GmbH.

Auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle war Herr x Vorarbeiter.

Die Fa. x war nicht auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle tätig. Es gab auch keinen von der Fa. x GmbH bestellten Baustellenleiter, jedoch einen Baustellenbetreuer. Baustellenbetreuerin der verfahrensgegenständlichen Baustelle war Frau x, eine Technikerin mit HTL-Abschluss. Sie war einmal auf der Baustelle anwesend.

 

Die Fa. x GmbH hält jährlich eine Sicherheitsunterweisung in Zusammenarbeit mit der Fa. x ab. Bei dieser Unterweisung sind alle Arbeitnehmer des Bereiches anwesend.

Darüber hinaus finden – meistens gegen Ende des Jahres – noch anlassbezogene Schulungen und Besprechungen statt (z.B. aufgrund von vorgefallenen Arbeitsunfällen).

Für die verfahrensgegenständliche Baustelle erfolgte keine gesonderte Einschulung. Auch für die Verwendung der Arbeitsbühne gab es keine Unterweisung durch die Fa. x, sondern nur vom Hersteller bzw. Lieferanten. Dies auch nur anfangs, nicht konkret auf der Baustelle.

 

4.4. Der dargestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den Beweismitteln. Der den Spruchpunkten 1 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses zugrundeliegende Sachverhalt wurde überdies vom Bw in der Berufungsschrift ausdrücklich außer Streit gestellt. Insoweit deckt sich der als verfahrenswesentlich festgestellte Sachverhalt auch mit den Angaben des Bw und der Zeugen.

Hinsichtlich der Montageanweisungen steht nach übereinstimmenden Zeuganaussagen jedenfalls fest, dass diese im Zuge der Kontrolle nicht vorgewiesen werden konnten. Wären diese Montageanweisungen auf der Baustelle, genauer im Firmenbus, wie vom Zeugen Herrn x behauptet, vorhanden gewesen, so erscheint es jedenfalls gegen die Lebenserfahrung, wenn Herr x diese nicht wenigstens nach dem geführten Telefonat vorgewiesen hatte. Allerdings wäre selbst bei dieser Art der Aufbewahrung nicht ausreichend sichergestellt gewesen, dass die auf der Baustelle tätigen Arbeitnehmer jederzeit Einsicht in die Montageanweisung nehmen konnten (vgl. dazu unten in den rechtlichen Ausführungen Punkt 5.2.). Es kann somit im Ergebnis jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Montageanweisung auf der Baustelle zur (allgemeinen) Einsicht auflag.

Die tatsächliche Länge der verwendeten Leitern kann mangels Relevanz dahingestellt bleiben; selbst wenn es sich um dreiteilige Leitern von ausreichender Länge gehandelt haben mag, handelt sich dabei um kein verfahrensrelevantes Faktum, weil sie erwiesenermaßen entgegen den Bestimmungen der AM-VO (also nicht in der erforderlichen Länge) verwendet wurden.

Es kann daher der festgestellte Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

4.5. Im Grunde des bisherigen Verfahrensganges und des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 10.05.2011, VwSen-281316/13/Kl/Pe, der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Der dagegen eingebrachten Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit eingangs zitiertem Erkenntnis vom 19.03.2013, Zl. 2011/02/0238-6, Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Nach ausführlicher Darstellung der Sach- und Rechtslage führte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Begründung aus, dass im vorliegenden Fall hinsichtlich der Bestellung des Bw als verantwortlichen Beauftragten für den Bereich der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften für den Unternehmensbereich „Holzbau/Hallenbau“ eine klar abgrenzbare Bestellungsurkunde vorliegt. Dies ergibt sich schon aus der schon in Punkt I der Urkunde erfolgten Umschreibung des sachlichen Verantwortungsbereichs des Bw mit „Holzbau/Hallenbau“. Auf diese Umschreibung wird auch in Punkt III verwiesen. Daran vermögen auch allfällige Zweifel im Hinblick auf die Möglichkeit einer überschneidenden Mehrfachbestellung von verantwortlichen Beauftragten für den Bereich „Kfz-Werkstättenbetrieb“ bzw. hinsichtlich der Einhaltung von verkehrsrechtlichen Vorschriften nichts zu ändern, zumal eine klare Abgrenzung des räumlichen oder sachlichen Bereiches, für den ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, nur für „ein und denselben“ Verantwortungsbereich gegeben sein muss. Nach dem Wortlaut der Urkunde ist klar, dass der Bw gemäß § 9 Abs. 2 VStG zum verantwortlichen Beauftragten für diesen sachlich und örtlich („österreichweit“) abgegrenzten Unternehmensbereich hinsichtlich der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften bestellt wurde.

Es ist daher im vorliegenden Fall die Bestellung des Bw zum verantwortlichen Beauftragten für den Unternehmensbereich „Holzbau/Hallenbau“ hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften eine wirksame Bestellung erfolgt.

Durch die Aufhebung des genannten Bescheides vom 10.05.2011 trat gemäß § 42 Abs. 3 VwGG die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden hat, sodass in Folge der ex-tunc-Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses im Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden angefochtenen Bescheides kein (rechtskräftiges) Straferkenntnis vorlag.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 5 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl Nr. 450/1994 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290,00 Euro bis 14.530,00 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in

1.   den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt, oder

2.   die nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden bescheidmäßigen Vorschreibungen nicht einhält.

 

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl. Nr. 340/1994, (nach Maßgabe der Z 4 leg.cit.) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BauV, BGBl Nr. 340/1994 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8 leg.cit.), Abgrenzungen (§ 9 leg.cit.) oder Schutzeinrichtungen (§ 10 leg.cit.) anzubringen.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 BauV liegt Absturzgefahr an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe vor.

 

Gemäß § 159 Abs. 4 Z 2 BauV müssen auf der Baustelle zur Einsichtnahme Anweisungen und Zeichnungen gemäß §§ 65 Abs. 7, 82 Abs. 8, 85 Abs. 1, 110 Abs. 4, 120 Abs. 2 und 130 Abs. 3 aufliegen, sofern ein Arbeitgeber auf einer Baustelle Arbeitnehmer länger als fünf Arbeitstage beschäftigt.

Insbesondere sind gemäß § 85 Abs. 1 zweiter Satz BauV dann, wenn bei der Montage besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind oder für die Montage die Kenntnis besonderer sicherheitstechnischer Angaben erforderlich ist, von einer fachkundigen Person schriftliche Montageanweisungen und Zeichnungen zu erstellen.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Gemäß des auf Grundlage des ASchG erlassenen § 36 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO), BGBl II Nr. 164/2000 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl II Nr. 21/2010, müssen Anlegeleitern um mindestens 1 m über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragen, wenn nicht eine andere Vorrichtung ausreichend Gelegenheit zum Anhalten bietet.

 

5.2. Aufgrund des ermittelten Sachverhalts steht die objektive Verwirklichung der den Tatvorwürfen zu den Spruchpunkten 1 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen zweifelsfrei fest, was vom Bw in der Berufungsschrift überdies ausdrücklich außer Streit gestellt wurde. Auf die diesbezüglichen Erwägungen der Erstbehörde wird verwiesen.

 

Hinsichtlich des dem Spruchpunkt 2 des des angefochtenen Straferkenntnisses zugrunde liegenden und insofern strittigen Sachverhalts wird nach den vorliegenden Beweisergebnissen davon ausgegangen, dass die Montageanweisungen mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Kontrolle am 15.10.2010 nicht auf der Baustelle vorhanden waren. Selbst wenn sich diese jedoch im Firmenbus befunden hätten, war diese Form der Aufbewahrung jedenfalls objektiv ungeeignet, um die dem Gesetz inhärente Notwendigkeit der jederzeitigen Einsichtnahme in die Montageanweisung durch die an der Baustelle befindlichen Arbeitnehmer sicherzustellen.

Die Arbeitnehmer waren ca. fünf Wochen, somit jedenfalls länger als fünf Tage, auf der Baustelle beschäftigt, und zum Zeitpunkt der Kontrolle lagen entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 159 Abs. 4 Z 2 BauV keine schriftlichen Montageanweisungen i.S.d. § 85 Abs. 1 BauV auf der Baustelle zur Einsichtnahme auf.

 

Es wurde daher der objektive Tatbestand sämtlicher vorgeworfener Verwaltungsübertretungen im Ergebnis erfüllt.

Dem Einwand der mangelhaften Tatkonkretisierung kann im Licht der jüngsten VwGH Judikatur nicht gefolgt werden. Danach ist die Bezeichnung der Baustelle ausreichend (VwGH vom 12. Juli 2012, 2011/02/0029-6). Auch die Tatzeit 15.10.2010 ergibt sich eindeutig aus dem Bescheidspruch.

 

5.3. Gemäß § 9 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Die wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gem. § 9 Abs. 2 VStG bewirkt für nach der Bestellung gesetzte Delikte einen Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. VwGH 25.10.1994, 94/07/0027).

Im Grunde des bereits ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes war im vorliegenden Fall von einer wirksamen Bestellung des Bw als verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG für den Bereich der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften für den Unternehmensbereich „Holzbau/Hallenbau“ auszugehen, da eine klar abgrenzbare Bestellungsurkunde vorliegt. Die vorgeworfenen Taten sind dem Bw daher zuzurechnen.

 

5.4. Der Bw hat die Taten aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen Ungehorsamsdelikte dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Bw nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.05.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien.

Vielmehr hätte der Bw für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems aufzuzeigen gehabt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263). Auch eine solche Darstellung ist dem Bw nicht gelungen.

Das Beweisverfahren hat gezeigt, dass eine lediglich gelegentliche, fallweise Überwachung der Baustelle durch Dritte, regelmäßig jedoch nicht durch den verantwortlichen Beauftragten erfolgt. Die konkrete Baustelle wurde vom Bw nie, von der Betreuerin nur einmal besucht. Eine lückenlose Kontrolle hat daher nicht stattgefunden. Gerade, dass ein Arbeitnehmer eigenmächtig Arbeitnehmerschutzvorschriften verletzt, zeigt, dass ein nur ungenügendes Kontrollsystem vorhanden ist. Es hätte der Berufungswerber neben Schulungen und Unterweisungen auch ein lückenloses Kontrollnetz einrichten müssen. Es war daher den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde zu folgen und vom Verschulden des Bw, nämlich zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

5.5. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

5.5.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG in der seit 01.07.2013 gültigen Fassung BGBl I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.5.2. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Verletzung der den Arbeitnehmern dienenden Schutzvorschriften des ASchG mit einem besonderen Unrechtsgehalt behaftet ist und auch ein beträchtliches öffentliches Interesse an deren Einhaltung im Sinne eines allgemeinen Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer/innen besteht. Den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde wird insofern gefolgt und auf diese verwiesen.

 

5.5.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis

·         hinsichtlich Spruchpunkt I zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.500,00 Euro bei einem zum Tatzeitpunkt gültigen Strafrahmen von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro gemäß § 130 Abs. 5 ASchG (bei erstmaliger Begehung),

·         hinsichtlich Spruchpunkt II eine Geldstrafe in Höhe von 500,00 Euro bei einem zum Tatzeitpunkt gültigen Strafrahmen von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro gemäß § 130 Abs. 5 ASchG (bei erstmaliger Begehung) und

·         hinsichtlich Spruchpunkt III zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 500,00 Euro bei einem zum Tatzeitpunkt gültigen Strafrahmen von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro gemäß § 130 Abs. 1 ASchG (bei erstmaliger Begehung),

verhängt.

Der allgemeine Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam dem Bw nicht mehr zugute, was bereits von der belangten Behörde berücksichtigt wurde. Andere Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Bei der Strafbemessung war insbesondere auch zu berücksichtigen, dass gerade Dacharbeiten besonders gefahrenträchtig sind. Es wäre daher diesen Gefahren besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dass eine Kontrolle der Maßnahmen (Sicherungsmaßnahmen, Anlegen der Leitern) zur Hintanhaltung der Gefahren nicht stattgefunden hat, bedeutet eine besondere Sorglosigkeit und hat bei der Strafbemessung berücksichtigt zu werden.

 

Die persönlichen Verhältnisse wurden von der belangten Behörde mangels Angaben durch den Bw in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31.01.2011 mit einem monatlichen Einkommen von 2.500,00 Euro, dem Eigentum eines Einfamilienhauses und keinen Sorgepflichten geschätzt. Trotz Aufforderung machte der Bw weder im erstinstanzlichen Verfahren, noch in der Berufungsschrift oder der mündlichen Berufungsverhandlung Angaben über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, weshalb diesbezüglich weiterhin von den Schätzungen der Erstbehörde auszugehen war.

Bei der Einschätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat es sich der Bw seiner unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben, sollten bei dieser Einschätzung zu seinem Nachteil Umstände unberücksichtigt geblieben sein, welche ohne seine Mitwirkung dem Oö. Verwaltungssenat nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 14.1.1981, Zl. 3033/80).

 

Die vom Bw vorgebrachte allgemeine Unbescholtenheit liegt nachweislich nicht vor. Auch andere Milderungsgründe waren nicht ersichtlich.

Da der Bw bereits einschlägig vorbestraft war, war bei der Strafbemessung von den jeweils höheren Strafsätzen des § 130 Abs. 1 und 5 ASchG auszugehen.

 

Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe ist somit in Anbetracht der persönlichen Verhältnisse nicht überhöht. Sie ist vielmehr tat- und schuldangemessen und auch erforderlich den Bw, der regelmäßig die Aufsicht über Baustellen führt, von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie ist gerade aus spezialpräventiven Gründen auch gerechtfertigt, um zu bewirken, dass die Unternehmensorganisation hinkünftig so ausgerichtet wird, dass Arbeitnehmerschutzvorschriften beachtet und eingehalten werden.

Die verhängten Strafen sind tat- und schuldangemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe war nicht festzustellen und daher eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht in Betracht zu ziehen.

 

6. Gemäß § 64 VStG war dem Bw ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafen, das sind 900 Euro, vorzuschreiben.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 09.10.214, Zl.: 2013/02/0233-5