Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167760/16/Bi/Ka

Linz, 20.09.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vom 16. April 2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Perg vom 2. April 2013, VerkR96-3439-2012, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 17. September 2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm 38 Abs.1 lit.a und 99 Abs.2c Z6 StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 28. September 2013, 10.05 Uhr, in Linz, Landwiedstraße Kreuzung Stadlerstraße, aus Richtung Gaumberg kommend, mit dem Pkw x das Rotlicht der Verkehrssignalanlage nicht beachtet habe, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten worden sei. Dadurch seien Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs.4 StVO aufgrund grünen Lichts freie Fahrt gegolten habe, zu unvermitteltem Bremsen genötigt worden und sei es dadurch zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit gekommen. 

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. September 2013 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, der Zeugen x (H) und x (W) sowie des kfztechnischen Amtssachverständigen x durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt.   

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei nicht bei Rot in die Kreuzung eingefahren.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berück­sichtigt, die Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen und auf dieser Grundlage ein technischen SV-Gutachten erstellt wurde.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens befand sich der Pkw H auf der Stadlerstraße vor der Kreuzung mit der Landwiedstraße auf der linken Fahrspur zum Linkseinbiegen eingeordnet. Rechts neben ihm stand ein Linienbus der Linz-Linien, der ebenfalls links blinkte. Beide warteten Grünlicht ab und fuhren nach dem Umschalten auf Grünlicht langsam an. Gleichzeitig bog von rechts der vom Bw gelenkte Pkw von der Landwiedstraße nach links in die Stadlerstraße in großem Bogen ein, sodass sowohl der Zeuge H als auch der Linienbus nach kurzer Fahrstrecke zum Stillstand abbremsten. Der Zeuge H legte in der Verhandlung dar, er sei langsam angerollt und habe den Pkw nach 4 bis 5 m, dh entweder vor dem Zebrastreifen oder an dessen Beginn zum Stillstand gebracht. Der Pkw sei in größerer Entfernung vor ihm eingebogen; er habe ihn nicht angehupt.

 

Der Bw führte aus, er sei als erstes Fahrzeug auf der Linkseinbiegespur der Landwiedstraße gefahren und sei noch bei Grünlicht in die Kreuzung mit ca 30 km/h eingefahren. Er habe sich dabei nicht auf ein anderes Fahrzeug einstellen müssen, sondern habe die Geschwindigkeit so gewählt, wie man bei dieser großen Kreuzung einbiege. Er konnte sich nicht erinnern, ob er beim letzten Mal Grünblinken oder – theoretisch – unmittelbar beim Umschalten auf Gelblicht die Haltelinie passiert habe, Rot sei es sicher nicht gewesen; der Zeuge H könne das gar nicht behaupten, weil er von seinem Standort aus nicht dorthin sehe. Er sei dabei keinem Pkw so nahe gekommen, wie der Zeuge H behauptet habe. Er sei dann zum Parkplatz der Fa Lidl gefahren, wo ihm hinter seinem Pkw ein weiterer mit zwei Personen aufgefallen sei, der ihm offenbar nachfuhr, sodass ihm mulmig geworden sei.

 

Der Zeuge H bestätigte, er sei nach dem Einbiegen in die Landwiedstraße gleich wieder links eingebogen und zum Lidlparkplatz gefahren, wo ihm zufällig der Pkw von der Kreuzung begegnet sei. Er habe nur gesehen, dass es ein grauer Skoda gewesen sei, aber seine Beifahrerin, die Zeugin W, habe gesagt, dass der Pkw ein PE-Kennzeichen hatte und der Fahrer jemandem ähnlich sah. Er habe nicht vorgehabt, dem Pkw nachzufahren, die Begegnung sei zufällig gewesen. Er habe die Zeugin W beim Eingang aussteigen lassen und einen Parkplatz gesucht. Als der Zeuge H den Bw sah, der aus dem Pkw ausstieg, sprach er ihn an und warf ihm gleich vor, er sei bei Rot über die Kreuzung gefahren. Das stritt der Bw sofort ab, worauf der Zeuge H, der sich nach eigenen Aussagen eine Entschuldigung erwartete, offenbar emotional reagierte und den Bw aufforderte, er solle da warten, die Polizei komme gleich. Der Bw sagte daraufhin, er werde keinesfalls warten, sondern den Zeugen H anzeigen, weil er ihn verfolge. Der Zeuge H rief daraufhin seiner Begleiterin das Kennzeichen zu und forderte diese auf, das aufzuschreiben und die Polizei anzurufen. Der Bw wartete das Eintreffen der Polizei nicht ab.  

 

Die Zeugin W gab an, sie könne sich erinnern, dass der Zeuge H und der Linienbus bei Grünlicht angerollt seien. Der Zeuge H sei langsam weggerollt und habe dann sofort gebremst, wobei sie nicht sagen konnte, wo er zum Stillstand gekommen war. Sie gab an, sie habe im Bauch Schmerzen von einer voran­gegangenen Operation gehabt und sich bei der Bremsung zusammen­gekrümmt. Ihr sei aufgefallen, dass der Pkw ein silberner Skoda mit PE-Kennzeichen gewesen sei und der Lenker graue Haare gehabt, eine Brille getragen habe und ihrem Schwager geähnelt habe. Vom Gespräch auf dem Parkplatz habe sie nichts mitbekommen, aber sie habe auf Zuruf des Zeugen H das Kennzeichen notiert und die Polizei gerufen.

 

Anhand eines DORIS-Orthofotos von der Kreuzung hat der AmtsSV mit dem Zeugen H den bis zur Bremsung zurückgelegten Weg eruiert, wobei sich heraus­stellte, dass dieser mit geringer Geschwindigkeit anrollte und bereits nach 4 bis 5 m den Pkw wieder zum Stillstand brachte. Nach dessen Aussagen hat der Bw die Kurve nicht geschnitten, sodass sich unter Zugrundelegung eines Zeit-Weg-Diagramms ein Abstand von 8 bis 9 m zwischen den beiden Fahrzeugen in der Kreuzung errechnen lässt. Der SV hielt aufgrund der geringen Geschwindigkeit eine leichte Bremsung für ausgereichend, von einer „Notbremsung“ kann keine Rede sein. Zum anderen hat nur beim unmittelbaren Anrollen der Bus die Sicht des Zeugen H auf den Pkw des Bw (möglicherweise) verdeckt, aber dieser war in der Zeit von 2 bis 3 Sekunden, die der Bw mit 30 km/h weiterfuhr, bereits in einer Position, die dem Zeugen H eine Sicht auf den Bw vor sich ermöglichte. Unter Zugrundelegung eines Zeit-Weg-Vergleichs ist es möglich, dass der Bw tatsächlich beim letzten Mal Grünblinken oder unmittelbar beim Umschalten auf Gelblicht in die Kreuzung einfuhr. Der Bw ist in diesen 2 bis 3 Sekunden nach eigenen Angaben 4 bis 5 m gefahren und noch vor oder am Beginn des Fußgängerübergangs zum Stilstand gekommen. Der SV schloss auf dieser Grundlage nicht aus, dass der Zeuge H beim von ihm geschilderten langsamen Anrollen lediglich nicht weiter beschleunigen hätte müssen, um nicht in einen Konflikt mit der Fahrlinie des Bw zu kommen. Damit sind sowohl die Aussagen des Bw als auch des Zeuge H aus technischer Sicht nachvollziehbar und glaubwürdig.

 

In rechtlicher Hinsicht ist ein Einfahren des Bw bei Rotlicht in die genannte Kreuzung nicht erweisbar. Nachvollziehbar ist aufgrund des Zeit-Weg-Vergleichs  ein Einfahren beim letzten Mal Grünblinken  bzw beim Umschalten auf Gelblicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrens­kosten­beiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger