Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-253520/2/Lg/TO/Ba

Linz, 04.09.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung der K D B-A, S, E, vom 12. August 2013, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Juli 2013 , GZ: SV96-196-2011/Gr, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro herabgesetzt wird.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz vermindert sich auf 36,50 Euro. Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:                § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.:                §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 500  Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil ihr Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als Außenvertretungsbefugte des Unternehmens „H“ der U GmbH mit Sitz in  P, P, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Dienstgeber Herrn L H, geb. X, als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (457,00 Euro pro Monat brutto) als Lehrling im Ausmaß von mehreren Stunden zumindest seit 8.11.2011 beschäftigt hat, ohne vor Arbeitsantritt (8.11.2011, 9:30 Uhr) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 8.11.2011 um 10:03 Uhr in Ihrem Unternehmen in P, P, indem die oa. Person bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit hinter dem Tresen betreten wurde, festgestellt.

Der oa. Dienstnehmer war nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen. Sie haben somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen, zumal die verpflichtende Meldung verspätet erst am 8.11.2011 um 11:20 nach der Kontrolle erstattet wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 9 VStG i.V.m. § 33 und § 111 Abs.1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) i.d.g.F.

 

Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

„Im Zuge einer Kontrolle am 8.11.2011 um 10:03 Uhr in P, P, wurde von den Organen des Finanzamtes Linz festgestellt, dass die U GMBH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin Sie sind, im Unternehmen „H“ den im Spruch angeführten Arbeitnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt hat, ohne ihn vor Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden.

 

Auf Grund des Strafantrages des Finanzamtes Linz wurde Ihnen die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung mit Schreiben vom 6.11.2011 zur Last gelegt.

 

In Ihrem Schreiben vom 17.12.2011 gaben Sie zu, Herrn H am Kontrolltag beschäftigt zu haben. Zu Ihrer Rechtfertigung brachten Sie im Wesentlichen vor, dass Herr H um 9:30 Uhr gerade mit Ihrem Steuerberater wegen der Anmeldung von Herrn H telefoniert hätte, als die Kontrollbeamten in den Shop kamen. Als Zeugen dafür könnten 3 Mitarbeiter einvernommen werden.

 

Da Sie die Beschäftigung von Herrn H nicht bestritten haben, konnte von weiteren Ermittlungen abgesehen werden.

 

Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs. 1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.            vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Ver-sicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.            die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 33 Abs.2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz gilt Abs.1 nur für die in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder falsch erteilt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wird Ihnen auf Grund des Strafantrages des Finanzamtes Linz vom 28.11.2011 zur Last gelegt.

 

Zu Ihrer Rechtfertigung bringen Sie vor, dass Ihr Shopleiter gerade mit Ihrem Steuerberater wegen der Anmeldung von Herrn H telefoniert hätte, als die Finanzbeamten in den Shop kamen. Selbst wenn diese Aussage der Wahrheit entspricht, ändert dies nichts an der Verwirklichung des ggst. Tatbestandes. laut den Angaben von Herrn H hat dieser am 8.11.2011 um 9:30 zu arbeiten begonnen. Die Anmeldung hätte somit vor diesem Zeitpunkt erfolgen müssen. Entgegen Ihren Angaben war die Kontrolle nicht um 9:30 Uhr, sondern um 10:03 Uhr. Selbst wenn Ihre obige Aussage den Tatsachen entspricht, wurde Herr H nicht vor Dienstbeginn zur Sozialversicherung angemeldet, weshalb eine Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorliegt.

Ergänzend wird festgehalten, dass die Anmeldung erst um 11:20 Uhr, also eine Stunde nach Kontrollbeginn, erfolgte.

 

Der objektive Tatbestand ist somit als erwiesen anzusehen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat ein Beschuldigter initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Die ggst. Übertretung wird Ihnen als verantwortliche Vertreterin der U GMBH zur Last gelegt.

 

Durch die illegale Beschäftigung des genannten Arbeiters war ein entsprechender Mangel an Sorgfalt anzunehmen. Sie hätten sich als verantwortliche Vertreterin der Arbeitgeberin über die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen, bzw. bei  

Unklarheiten bei den entsprechenden Behörden informieren und dafür Sorge tragen müssen, dass die im Spruch genannte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden wäre.

 

Durch Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt haben Sie verkannt, dass Sie durch Ihr Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichten und musste die Behörde bezüglich des Grades Ihres Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit annehmen.

 

Die subjektive Tatseite somit ebenfalls als erfüllt anzusehen.

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs.1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung haben Sie den Schutzzweck des ASVG verletzt.

 

Laut den oa. gesetzlichen Bestimmungen wäre für die erstmalige Übertretung des ASVG eine Mindeststrafe von 730,-- € pro Arbeitnehmer zu verhängen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Strafmildernd wurde die lange Verfahrensdauer gewertet, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe unterschritten wurde.

 

Straferschwerende Gründe konnten nicht gefunden werden.

 

Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten konnten mangels geeigneter Angaben nicht berücksichtigt werden und daher wie angekündigt geschätzt.

 

Die verhängte Geldstrafe ist als dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen zu betrachten. Die Verhängung einer Geldstrafe war weiters vor allem aus spezialpräventiven Gründen notwendig, um Sie von weiteren Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes abzuhalten und Sie dazu zu bewegen, der Einhaltung der Gesetzesvorschriften in Hinkunft mehr Augenmerk zu schenken.

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

„Es ist richtig, dass ich zu dem besagten Zeitpunkt Geschäftsführer der U GmbH war. Die Filiale H P hatte als Shopleiter Herr H A über. Er hatte strikte Anweisung von mir Herrn L H als Lehrling am besagten Tag anzumelden. Herr H sagte zu mir, dass ihm dies leider nicht möglich war, da gleich zu Geschäftsbeginn die KIAB und die Kripo reinstürmte und Herrn H wegen einer Nichtigkeit verhaftete. Herr H wurde kurz danach wieder freigelassen, da es sich hier um einen Irrtum handelte. Gleich um 10 Uhr fuhr ich zur Filiale und beantwortete die Fragen der KIAB. Ich meldete sofort den Herrn L H bei der GKK an, da es Herrn H leider nicht möglich war.

Da ich nun seit längerer Zeit nicht mehr Geschäftsführer der U GmbH bin und nur über ein Einkommen von 450 € verfüge, kann ich Ihnen die geforderte und meiner Meinung nach grundlose Strafe nicht begleichen. Ich hoffe, dass Sie in meinem Fall von einer Strafe absehen, zumal dies ein Einzelfall war und ich sicherlich nicht mehr in die  Versuchung komme, da ich von dem Abenteuer Selbständigkeit genug habe.“

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 31.7.2013 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z 2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet.

 

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

In Würdigung sämtlicher Umstandes des Falles gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat  zum Schluss, dass die Voraussetzungen für die Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe vorliegen. Es liegt erstmaliges ordnungswidriges Handeln der Bw vor, die geständig und unbescholten ist. In der anlässlich der Kontrolle aufgenommenen Niederschrift ist festgehalten, dass der Dienstnehmer an diesem Tag nur zur Probe gearbeitet hat. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Bw kann bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ein Ansuchen auf Gewährung einer Ratenzahlung stellen, falls die sofortige Zahlung der Strafe aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht möglich ist.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum