Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401322/4/MK/HK

Linz, 20.08.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des M O J, geboren am X, somalischer Staatsangehöriger, vertreten durch die D F gem. GmbH, R O, (A Rechtsberatung), K, W, wegen Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

    I.           Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

 

 II.           Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 22/2013)

§§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 1 Z3 und 4 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456/2008).

Entscheidungsgründe:

 

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (in der Folge: belangte Behörde) ordnete mit Bescheid vom 16.07.2013, GZ: Sich40-2871-2013, über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 76 Abs.2 Z2 FPG iVm § 57 Abs.1 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Der Bf wurde am selben Tag um 09:50 Uhr festgenommen und um 13:32 Uhr in das PAZ Salzburg überstellt. Seit 23.07.2013 befindet sich der Bf im PAZ Wien Hernalser Gürtel.

 

1.1.      Begründend wurde dazu ausgeführt, der Bf sei am Nachmittag des 11.07.2013 am Hauptbahnhof I mittellos und ohne Dokumente und Unterlagen aufgegriffen worden. Die Identität beruhe auf eigenen Angaben und sei daher nicht gesichert.

 

Im Zuge der erkennungsdienstlichen Behandlung sei festgestellt worden, dass dies in der Slowakei bereits am 28.04. und am 09.05.2013 im Zuge der Feststellung des illegalen Aufenthaltes und der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz erfolgt sei. Aufgrund der Festnahme und drohenden Zurückschiebung in die Slowakei sei auch in Österreich ein Asylantrag gestellt worden.

 

1.2.      Im Zuge der unter Beiziehung eines Dolmetschers am 12.07.2013 durch die PI Innsbruck durchgeführten Erstbefragung habe der Bf angegeben, in Somalia traditionell verheiratet zu sein und drei Kinder zu haben. Seine Frau sei allerdings verschwunden. Als weitere Bezugsperson im Herkunftsstaat habe er seine Mutter angegeben. Über soziale und/oder wirtschaftliche Kontakte in der EU bzw. in Österreich verfüge er nicht.

 

Im Oktober 2011 sei der Bf mit einem somalischen Reisepass, allerdings ohne Visum und daher illegal, von der nordsomalischen Hafenstadt Berebera mit einem Boot nach Eritrea ausgereist. Von dort sei er mit dem Auto weiter in den Sudan gereist, dort von der Polizei aufgegriffen und sechs Monate inhaftiert worden. Nach der Haftentlassung im Frühjahr 2012 sei er freiwillig nach Somalia zurückgekehrt.

 

Am 24.05.2013 sei der Bf mit dem Flugzeug von Mogadischu aus in die EU (in ein „weißbewohntes“ Land, näheres unbekannt) eingereist. Diese Reise in ein „gutes europäisches Land“ sei für ein Entgelt von 4.800 US-Dollar von einem Schlepper organisiert worden, der nun auch seinen Reisepass habe. Vom Flughafen sei der Bf mit einem Auto in eine unbekannte Wohnung gebracht worden, wo er zwei Nächte verbracht hätte. Im Anschluss daran sei er, wiederum mit dem Auto, nach einer Fahrt von etwa fünf Stunden in eine weiter Wohnung gebracht worden, wo er sich 10 Tage aufgehalten habe. Anfang Juni sei er zu einem somalischen Paar gebracht worden (Ort unbekannt), bei dem er etwa zwei Wochen hätte bleiben können. Nachdem er diese Paar hätte verlassen müssen, habe er noch am selben Tag in einem Einkaufszentrum zwei somalische Männer getroffen, die in zu sich (mutmaßlich in ein Asylheim) mitgenommen hätten. Diese Männer hätten Tirol für das beste Land gehalten, um einen Asylantrag zu stellen, und ihm eine Zugfahrkarte von Kapfenberg nach Innsbruck besorgt. Dort sei er festgenommen worden.

 

Von anderen Asylanträgen wisse der Bf nichts. Über Vorhalt des aktenkundigen Asylverfahrens habe der Bf schließlich zugestanden, zwei Monate in der Slowakei gewesen zu sein. In dieser Zeit war er auch inhaftiert. Er wolle in die Slowakei nicht mehr zurück, da Schubhäftlinge dort schlecht behandelt würden und er wahrscheinlich wieder ins Gefängnis müsse. Einer Rückkehr dorthin würde er sogar die Heimreise nach Somalia vorziehen.

 

Der Bf habe Somalia verlassen, weil er Mitglied eines unterdrückten Familienclans sei. Sein Vater und sein Bruder seien von Mitgliedern größerer Clans, die ihre beiden Farmen hätten enteignen wollen, umgebracht worden. Auch seine Frau habe fast die ganze Familie verloren. Sie sei vergewaltigt worden und dann aus Scham geflohen. Er habe sie lange gesucht aber nicht gefunden. Seine Kinder habe er bei seiner Mutter zurückgelassen.

 

Bei einer Rückkehr in seine Heimat würde der Bf befürchten, ebenfalls umgebracht zu werden.

 

1.3. Am 15.07.2013 habe das Bundesasylamt, EAST West, Konsultationen mit der Slowakei, und dadurch das Ausweisungsverfahren in die Slowakei eingeleitet. Die belangte Behörde sei davon in Kenntnis gesetzt worden.

 

Aufgrund der Aktenlage sei erwiesen, dass für den Bf weder eine Rückkehr in die Slowakei noch (obwohl argumentativ präferiert) nach Somalia in Frage komme. Zudem sei ihm nunmehr bewusst, dass das BAA nur ein Ausweisungsverfahren in die Slowakei führe. Die Slowakei sei, ebenso wie Österreich, nie Zielland des Bf gewesen. Bei Aufgriff durch Behördenorgane würden Asylanträge ausschließlich aus strategischen Gründen gestellt, um – zumindest kurzfristig – einer Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens innerhalb der EU zuständigen Staat (Slowakei) zu entgehen und die illegale Weiterreise in das wirkliche Zielland fortsetzen zu können. Insbesondere sei dokumentiert, dass der Bf nicht gewillt sei, den Ausgang des Asylverfahrens vor Ort abzuwarten, da er sich relativ rasch aus der Slowakei abgesetzt habe. Reise- und Verfahrensdokumente seien (offenkundig vorsätzlich) vernichtet worden.

 

Das Abtauchen in die Anonymität sei demnach ein bereits dokumentiertes Verhaltensmuster. Weitere illegale Grenzübertritte und neuerliche, tatsachenverschleiernde Anträge müssten mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Zudem habe der Bf durch sein Vorgehen unter Beweis gestellt, dass er nicht beabsichtige, die Rechtsordnung der Republik Österreich bzw. der Mitgliedsstaaten der EU im Bereich des Fremdenwesens zu respektieren, zumindest so lange nicht, bis er sein Zielland erreicht habe. Dieses Zielland habe der Bf bislang nicht bekannt gegeben, es handle sich dabei aber auch nicht um Österreich, da es geradezu sinnwidrig wäre, sein Zielland vor Antragstellung beinahe vollständig zu durchreisen. Hinzu komme, dass der Bf in Österreich über keinerlei sozialen und wirtschaftlichen Kontakte verfüge. In Summe habe der Bf durch dieses Verhalten das Wesen eines Antrages auf internationalen Schutz zweckentfremdet und seine fremdenrechtlich unlauteren Intentionen durch bewusst falsche Angaben untermauert. Es sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Bf nach Erhalt der obzitierten Mitteilung des BAA wieder in die Anonymität abtauchen werde.

 

Bei einem derartigen Vorgehen handle es sich um einen klassischen Fall des Asyltourismus, dem im Hinblick auf die Grundsätze der Genfer Flüchtlingskonvention und die Grundsätze eines geordneten Fremdenwesens in der EU entschieden entgegenzutreten sei.

 

Zur Sicherung der asylrechtlichen Verfahren bzw. der fremdenrechtlichen Maßnahmen sei die Verhängung der Schubhaft daher zwingend erforderlich. Der Bf verfüge über ein hohes Maß an Selbstorganisation hinsichtlich seiner Reisebewegungen, sei an keine Örtlichkeit gebunden und strebe beharrlich ein bislang unbekanntes Reiseziel an, das jedenfalls außerhalb Österreichs und der Slowakei liege. Aus der Gesamtbeurteilung des bisherigen Geschehens sei der prognostizierende Schluss zu ziehen, dass ohne entsprechende Sicherungsmaßnahme die illegale Reisetätigkeit unverzüglich fortgesetzt werde, zumal die Art und Weise der Darstellung, nicht in die nach dem Dublin-Abkommen zuständige Slowakei zurückkehren zu wollen, weit über eine bloße Ausreiseunwilligkeit hinausgehen würde. Demzufolge sei auch die Anwendung eines gelinderen Mittels (Anordnung der Unterkunftnahme samt regelmäßiger Meldeverpflichtung) keine tragfähige Sicherungsoption, bewirkte diese doch keinerlei Einschränkung der räumlichen Bewegungsmöglichkeiten. Und gerade diesbezüglich sei das Vertrauen in das ordnungsgemäße Verhalten des Bf nachhaltig erschüttert.

 

Durch das zu befürchtende Abtauchen in die Anonymität sei es – neben weiteren finanziellen Auswirkungen auf das österreichische Gemeinwesen im Zusammenhang mit der Organisation des illegalen Aufenthaltes vor dem Hintergrund der völligen Mittellosigkeit des Bf – durchaus nicht unwahrscheinlich, dass Österreich entsprechend den einschlägigen Regelungen schlussendlich zur inhaltlichen Führung des Asylverfahrens zuständig würde, was aber auf der Grundlage der zitierten internationalen Bestimmungen gerade vermieden werden solle.

 

Die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft sei daher auch verhältnismäßig, denn dem subjektiv-privaten Interesse des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das (dieses überwiegende) öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber, welchem durch die bevorrangte Anordnung eines gelinderen Mittel nicht entsprochen werden könne.

 

2.           Dagegen richtet sich die Schubhaftbeschwerde des ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreters des Bf vom 12.08.2013, eingelangt am 14.08.2013. Zu deren Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:

 

2.1. Ungeachtet der Voraussetzungen des § 76 Abs.2 FPG müssten für die Verhängung der Schubhaft in einem derart frühen Verfahrensstadium besondere Gründe vorliegen, die sich entsprechend der stRsp des VwGH vor allem aus dem bisherigen Verhalten des Fremden ableiten müssten. Um die Gefahr des Untertauchens annehmen zu können, müsste auf sämtliche Umstände des konkreten Einzelfalles – also auch auf den Grund für die Weiterreise nach Österreich nach Stellung eines Asylantrages in einem anderen Staat – Bedacht genommen werden.

 

2.2. Vor dem Hintergrund des Anspruches auf Grundversorgung könne alleine aus der fehlenden sozialen Integration eines (noch nicht lange in Österreich aufhältigen) Fremden kein Sicherungsbedarf abgeleitet werden. Dem Bf sei geraten worden, in Innsbruck um Asyl anzusuchen. In Ermangelung detaillierter rechtlicher Kenntnisse habe er nicht gewusst, dass das nicht möglich sei.

 

2.3. Dem Bf sei es erst in Österreich gelungen mit seiner Frau Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, dass sie sich als Asylwerberin in Belgien aufhalte. Er habe die Behörden auch unverzüglich von diesem neuen Umstand in Kenntnis gesetzt und mitgeteilt, dass er eine Familienzusammenführung anstrebe. Da er daher hoffe, auf legalem Weg zu seiner Frau reisen zu können, habe er keinerlei Interesse daran unterzutauchen. Es bestünde keine über das Ausmaß der „üblichen“ Dublinfälle hinausgehende Gefahr. Vor diesem Hintergrund sei auch die Ausweisungsabsicht nicht geeignet die Verhältnismäßigkeit der bloß als Sicherungsmittel konzipierten Schubhaft zu rechtfertigen. Die Schubhaftverhängung und die weitere Anhaltung in Schubhaft seien daher rechtswidrig.

 

2.4. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe die Schubhaft verhängende Behörde die Anwendung des gelinderen Mittels zu prüfen. Dies sei nicht erfolgt. Die belangte Behörde habe darauf verwiesen, dass sie bei Vorliegen der Tatbestandselemente des § 76 Abs.2a FPG keinen Ermessensspielraum für die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 leg.cit. habe. Diese Ansicht sei durch die Fremdenrechtsnovelle 2011 überholt. Auf der Grundlage der aktuellen Regelung habe ein gelinderes Mittel an die Stelle der Schubhaft zu treten, wenn die Voraussetzungen des § 76 vorliegen würden. Die belangte Behörde hätte daher zu prüfen gehabt, ob der Zweck der Schubhaft auch durch ein gelinderes Mittel hätte erreicht werden können.

 

Neben dem (verfehlten) Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit der einschlägigen Norm habe die belangte Behörde lediglich ausgeführt, dass ein gelinderes Mittel den Bf nicht abhalten könnte, in die Anonymität abzutauchen, zumal er bereits mehrfach unter Beweis gestellt habe, keinen Wert auf die Einhaltung der Rechts- und Werteordnung Österreichs zu legen.

 

Diese von der belangten Behörde vertretene Auffassung hätte zur Folge, dass bei Vorliegen eines objektiven Sicherungsbedarfes ein solcher nie anders als durch Verhängung der Schubhaft abgedeckt werden könnte, was dem Gesetz aber nicht entspreche. Auch nach der Judikatur des UVS OÖ. würde die (gänzliche) Missachtung des Prüfgebotes der Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft (iSe „ultima ratio“-Anordnung) rechtswidrig machen.

 

2.5. Die Schubhaftverhängung widerspreche auch Art.7 der VO (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 02.09.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist. Aus dieser Bestimmung ergebe sich eine Rangordnung der Überstellungsmodalitäten, wobei der Anordnung der freiwilligen Ausreise der Vorrang zu geben sei. Auch wenn (im Rahmen der österreichischen Rechtsordnung) Gesetze durchaus mit Zwangsgewalt durchgesetzt werden könnten, wäre doch primär davon auszugehen, dass hoheitliche Anordnungen respektiert und eingehalten würden. Erst nach faktischer Falsifizierung dieser Annahme dürfe unmittelbarer Zwang angewendet werden.

 

Der derzeit praktizierte Automatismus der Inhaftierung finde keine Deckung in der Verfassung. Nach Abschluss des Verfahrens über die (Un-)Zuständigkeit Österreichs müsse der Asylwerber zunächst zur freiwilligen Ausreise aufgefordert werden. Erst wenn sich herausstelle, dass der Asylwerber diesem Auftrag nicht nachkommen werde, sei die Verhängung der Schubhaft zulässig. Die Nichteinhaltung dieser Abfolge mache die Haftverhängung rechtswidrig.

 

Der VwGH habe wiederholt festgestellt, dass die Schubhaft nicht zur Standardmaßnahme in „Dublin-Fällen“ werden dürfe. Es müssten spezifische Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen Konstellation vorliegen, was dem angefochtenen Bescheid aber nicht zu entnehmen sei.

 

Es würde daher beantragt, der UVS OÖ. möge die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären und den Kostenersatz zuerkennen.

 

3. In einer anlässlich der Aktenvorlage mitgereichten kurzen Gegenschrift verwies die bescheiderlassende Behörde vollinhaltlich auf die Ausführungen im angefochtenen Schubhaftbescheid und brachte ergänzend Folgendes vor:

 

3.1. Dem Beschwerdevorbringen, es bestehe aufgrund der begehrten Familienzusammenführung  nach bzw. in Belgien keine Fluchtgefahr mehr, müsse entschieden entgegengetreten werden. Die Klärung der Frage, ob es zu einem „Familienverfahren“ in Belgien komme, obliege nicht Österreich, sondern ausschließlich den für die beiden Asylverfahren zuständigen Staaten, nämlich der Slowakei und Belgien.

 

Eine grundsätzliche Zustimmung der Wiederaufnahme durch die Slowakei liege bereits vor. Eine Mitteilung der geänderten Sachlage betreffend die Frau des Bf war aber nachzureichen. Diesbezüglich liege (noch) keine Entscheidung vor. Einer Verbringung des Bf nach Belgien könne aber nur dann ins Auge gefasst werden, wenn Belgien seinerseits die Zustimmung dafür ausdrücklich erklärt hätte. Widrigenfalls bestünde die Gefahr eines Selbsteintrittes, wenn etwa die Slowakei auf der Grundlage der neuen Sachlage die Durchführung des Verfahrens betreffend den Bf verweigern und in der Folge auch Belgien die Abhandlung ablehnen würde.

 

Seitens des BAA sei explizit zum Ausdruck gebracht worden, dass an einer Rückführung in die Slowakei festgehalten werde. Es sei nicht ersichtlich, warum der Bf freiwillig in die Slowakei ausreisen und die Entscheidung über das Familienverfahren dort abwarten sollte, wenn er (zwar illegal, aber doch) direkt zu seiner Frau nach Belgien reisen könnte. Es wäre zudem zu bezweifeln, dass der Bf überhaupt die Erlangung der formalen Überstellungsvoraussetzungen nach Belgien abwarten würde.

 

Im Übrigen würde das Beschwerdevorbringen im Umkehrschluss bedeuten, dass vor Bekanntwerden des Aufenthaltes der Frau des Bf tatsächlich Sicherungsbedarf iSe Haftgrundes bestanden hätte. Nach Ansicht der belangten Behörde habe sich durch diesen Umstand die Sachlage aber nicht signifikant geändert.

 

Um das – wenn auch gegen den Willen des Bf geführte – Ausweisungsverfahren in die Slowakei weiterhin zu sichern und den illegalen Aufenthalt durch die zu erwartende Zurückführung in die Slowakei beenden zu können, würde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ. hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 22/2013, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs.1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs.1 Z2 oder Z 3 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat.

 

Gemäß § 83 Abs.4 leg.cit. hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Gemäß § 6 Abs.4a FPG richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft oder zur Anordnung gelinderer Mittel nach dem Aufenthalt.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16.07.2013, Sich40-2871-2013, seit diesem Tag bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, ist gemäß § 83 Abs.4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

Gemäß § 80 Abs.5 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I 100, zuletzt geändert durch BGBl. I 50/2012, kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs.2 oder 2a verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs.4 Z1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

 

Gemäß § 76 Abs.1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs.2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist;

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs.2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs.1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs.3 Z4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs.2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs.1 Z4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs.1 Z23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs.2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs.4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs.2 Z1 bis 4 vorliegt,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs.3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 76 Abs.6 FPG kann die Schubhaft aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs.2 FPG oder Abs.2a FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle verhängt.

 

Gemäß § 77 Abs.1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs.2 Z1.

 

Gemäß § 80 Abs.1 bzw. 2 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert; sie darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Gemäß § 80 Abs.2 FPG darf die Schubhaftdauer nunmehr grundsätzlich

1.    zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.     vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs.3 und 4 vorliegt.

 

4.3.      Die belangte Behörde legte nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates dem angefochtenen Schubhaftbescheid vom 16.07.2013 zu Recht den oben zitierten § 76 Abs.2 Z2 FPG zugrunde, da zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung (16.07.2013) aufgrund der Einleitung von Konsultationen durch das BAA EAST West am 15.07.2013 gem. § 29 Abs.3 Z4 AsylG ein Ausweisungsverfahren bereits eingeleitet war, und somit der Schubhaftgrund des § 76 Abs.2 Z2 FPG zu diesem Zeitpunkt jedenfalls vorlag.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs.2 FPG abgesehen werden konnte. Insbesondere war aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich, welche objektiven Tatbestandselemente im Zuge einer persönlichen Befragung des Bf hätten herkommen können, die eine in wesentlichen Punkten des Sachverhalts anderen Beurteilung ergeben hätten.

 

6. Aus der "Kann-Bestimmung" sowohl des § 76 Abs.1 als auch des Abs.2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine prognostizierende Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich der Bf dem Verfahren bzw. der Abschiebung iSd § 76 Abs. 1 und Abs. 2 FPG entziehen werde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Vornahme einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Vorweg ist anzumerken, dass die belangte Behörde eine hinreichend fundierte einzelfallbezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes des Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist. Insbesondere wird von folgenden wesentlichen Sachverhaltselementen ausgegangen:

 

6.1. Der Bf hat – nach einem erfolglosen Fluchtversuch im Jahr 2011 – im Frühjahr 2013 im Zuge einer schlepperunterstützten Flucht seinen Herkunftsstaat Somalia mit einem gültigen, allerdings nicht mehr in seinem Besitz befindlichen Reisedokument verlassen und ist, von Mogadischu kommend, auf dem Luftweg illegal in das Gebiet der Europäischen Union eingereist. Wo bzw. in welches Land die Einreise erfolgte war bzw. ist dem Bf nicht bekannt. Das vom Bf angegebene Ausreisedatum 24.05.2013 ist aufgrund der EURODAC-Daten unrichtig.

 

In der Folge ist der Aufenthalt, was die Örtlichkeit und die genaue Dauer betrifft, nicht bekannt. Der Bf verbrachte etwa vier Wochen in privaten Unterkünften. Fest steht lediglich, dass er am 28.04.2013 in der Slowakei infolge seines illegalen Aufenthaltes erkennungsdienstlich behandelt und am 09.05.2013 ein Asylantrag gestellt wurde. Der Ausgang dieses Verfahrens wurde aber nicht in der Slowakei abgewartet, sondern es folgte zumindest ein weiterer illegaler Grenzübertritt, bis der Bf am 11.07.2013 am Hauptbahnhof I aufgegriffen wurde. Im Zuge dieser Anhaltung wurde ein weiterer Asylantrag gestellt. Bei der Erstbefragung wurden vom Bf hinsichtlich des anhängigen Asylverfahrens in der Slowakei bis zum unwiderleglichen Vorhalt des Gegenteils wissentlich falsche Angaben gemacht. Der Bf wurde in der Erstaufnahmestelle West, St. Georgen i.A., untergebracht.

 

Durch dieses Verhalten ist dokumentiert, dass der Bf an einer ordnungsgemäßen Verfahrensabwicklung grundsätzlich nicht interessiert bzw. nicht gewillt ist, den Ausgang von Verfahren unter Beachtung der von ihm einzuhaltenden nationalen fremdenrechtlichen Vorgaben abzuwarten. Er hat alleine dadurch die innere Verbundenheit mit den Werten der Rechtsstaatlichkeit und gesetzmäßigen Verfahrenabwicklung – und dazu zählt gerade auch die Mitwirkungspflicht der Parteien – fundamental vermissen lassen.

 

6.2. Am 15.07.2013 wurden vom Bundesasylamt Konsultationen mit der Slowakei betreffend der Zuständigkeit für die Durchführung des anhängigen Asylverfahrens eingeleitet. Auf der Grundlage des zu diesem Zeitpunkt bekannten Sachverhaltes wurde von der Slowakei die Zustimmung erteilt. Dieser Verfahrensvorgang wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht, weshalb gemäß § 27 AsylG 2005 das Ausweisungsverfahren ex lege ab diesem Zeitpunkt als eingeleitet gilt.

 

6.3. Bereits in der Erstbefragung hat der Bf die feste Absicht geäußert, aufgrund seiner dortigen Inhaftierung und der schlechten Behandlung nicht mehr in die Slowakei zurückzukehren. Der Hinweis, gegebenenfalls würde er lieber nach Somalia zurückkehren (wo er nach eigenen Angaben mit dem Umbringen zu rechnen hat), lässt nicht an Deutlichkeit vermissen.

 

6.4. Das gesamte Vorgehen des Bf seit seiner illegalen Einreise in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union basierte bis zu diesem Zeitpunkt nachvollziehbar auf einer konkreten Strategie bzw. folgte einem klar erkennbaren Plan, der darin bestand, immer wieder temporäre Aufenthaltsmöglichkeiten zu erlangen und dabei möglichst lange zu verhindern, dass eines der dazu angestrengten Verfahren tatsächlich zu einem durchsetzbaren, ev. unerwünschtem Ergebnis führt.  Ein wesentlicher Teil dieses Plans war es auch, immer dann, wenn es notwendig wurde, den Aufenthalt unnachvollziehbar zu wechseln, mit anderen Worten unterzutauchen. Es handelte sich dabei um die geradezu klassische Form des Asyltourismus.

 

Mit Bekanntwerden des Aufenthaltes der Frau des Bf in Belgien erfährt diese Strategie dahingehend eine Änderung, dass der Bf ein definiertes (und auch artikuliertes) Ziel verfolgt, nämlich nach Belgien zu gelangen. Dieses Ziel auf legalem Weg zu erreichen, hängt jedoch wesentlich von den Entscheidungen der betroffenen Staaten darüber ab, wer letztendlich die bzw. das Asylverfahren durchführt. Diese schwebende Unsicherheit ist im konkreten Fall aber von entscheidender Bedeutung. Da das BAA auf der Grundlage des aktuellen Verfahrensstandes an dieser Vorgangsweise (nachvollziehbar) festhält, ändert auch das Bekanntwerden des Aufenthaltes der Frau des Bf in Belgien nichts am konkreten Sicherungsbedarf, auch wenn die Aufrechterhaltung der Zusage der Slowakei durch die neuen Sachverhaltselemente durchaus fraglich ist.

 

Der Bf jedenfalls strebt einen möglichst umgehenden Aufenthalt in Belgien an und will unter keinen Umständen in die Slowakei zurückkehren. Aus dem bisherigen Verhalten ist abzuleiten, dass der Bf auch eine illegale Reisebewegung nach Belgien in Kauf nähme, kann er dort dann auch den „Trumpf“ des Aufenthaltes seiner Frau ausspielen.

 

Der Bf knüpft, was aus seinen eigenen Schilderungen eindeutig abzuleiten ist, relativ leicht Kontakte mit offensichtlich einschlägig kundigen Landsleuten. Teilweise wurden diese Kontakte auch von kriminellen Kreisen (Schlepper) hergestellt. Es stellt für den Bf daher mit Sicherheit keine besondere Schwierigkeit dar, tatsächlich unterzutauchen und seine illegalen Reisebewegungen fortzusetzen. Zudem zeigt sich aus den protokollierten Aussagen des Bf durchgängig, dass es für ihn keine Bedeutung hat, wo - in welchem Land und damit verbunden in welchem Zuständigkeitsregime – er sich aufhält. Oberste Triebfeder des Handelns war (und ist wohl noch immer) die Erreichung der eigenen Zielsetzung. Und diese liegt jetzt mehr als klar auf der Hand.

 

Es ist daher iSd § 76 Abs.1 FPG sehr wohl anzunehmen bzw. in erhöhten Grade zu befürchten, dass der Bf – auf freiem Fuß belassen – unverzüglich untertauchen wird. Es sind insbesondere keinerlei sozialen oder wirtschaftlichen Anhaltspunkte oder Gründe dafür ersichtlich, dass der Bf in Österreich bis zu einer Entscheidung ausharren sollte, im Gegenteil. Offensichtlich ist ja auch die den Bf beratende Stelle bis zum Bekanntwerden des Aufenthaltsortes der Frau des Bf davon ausgegangen, dass ein die Schubhaft rechtfertigender Sicherungsbedarf vorliege, da erst nach dieser vermeintlich bedeutsamen Änderung des Sachverhaltes Beschwerde erhoben wurde.

 

Die lapidare Feststellung, er wolle hier bleiben da Belgien der Familienzusammenführung ohnehin zustimmen wird, ist nicht geeignet, das aufgrund des festgestellten bisherigen Vorgehens fundamental erschütterte Vertrauen in ein hinkünftig gesetzestreues Verhalten (welches im gegenständlichen gesetzlichen Kontext für die Beurteilung eines allfälligen Sicherungsbedarfes zudem von besonderer Bedeutung ist) auch nur annähernd wieder herzustellen.

 

Im Lichte dieser Überlegungen ist es dem Bf nicht gelungen, für die Untermauerung seines Vorbringens tragfähige Argumente zu liefern, die über Bekanntgabe des nun offenkundigen Ziellandes hinausgehen würden. Damit hat sich aber die Sachlage (noch) nicht so wesentlich geändert, dass ein erheblicher Sicherungsbedarf nicht mehr angenommen werden müsste, ist doch die Zurückschiebung in die (so verhasste) Slowakei nach wie vor mögliches Mittel der Wahl.

 

Auf der Grundlage der gebotenen Gesamtbetrachtung sämtlicher Besonderheiten des konkreten Einzelfalles war und ist daher nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates im gegenwärtigen Verfahrensstadium ein erheblicher Sicherungsbedarf seit Verhängung der Schubhaft am 16.07.2013 bis dato jedenfalls (nach wie vor) zu bejahen.

 

Im Sinne der Judikatur der Gerichthöfe des öffentlichen Rechts sind daher – wie dies in der Beschwerdeschrift unzutreffend behauptet wird – im Ergebnis nicht allein die Tatsachen, dass das es sich um eine Dublin-Fall handelt bzw. dass der Bf bereits in einem anderen Land Asyl beantragt hat, ausschlaggebend für die Annahme eines dringenden Sicherungsbedarfes.

 

Es muss an dieser Stelle aber auch festgehalten werden, dass eine formale Zustimmung Belgiens zu einer Familienzusammenführung die Sachlage fundamental ändern würde. In diesem Fall fiele wohl tatsächlich jeglicher Sicherungsbedarf weg und es bestünden auch keine Zweifel, dass der Bf einer freiwilligen Ausreise nach Belgien umgehend nachkommen würde.

 

6.5. Damit scheidet aber im hier zu beurteilenden Zeitraum auch die Anwendung gelinderer Mittel gegenüber dem Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise grundsätzlich aus. Eine allfällig angeordnete Wohnsitznahme samt Meldepflicht würde aufgrund des ungewissen Schwebezustandes und der eindeutigen Intention des Bf das (seit der Verhängung unveränderte) Ziel der Schubhaft nicht gewährleisten können. Daran vermag auch die in der Beschwerdeschrift geäußerte Bereitschaft, sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren nicht (mehr) zu entziehen, nichts zu ändern, da diese Absicht für den Fall der Nichtzustimmung Belgiens nicht nur den Angaben in der Erstbefragung explizit widerspricht, sondern auch in diametralem Gegensatz zur bisher geübten und dokumentierten Vorgangsweise des Bf steht, aus der sich zeigt, dass er den Abschluss eines Asylverfahrens in einer anderen als der von ihm gewünschten Form nicht nur nicht anstrebt, sondern im Gegenteil konterkariert.

 

6.6. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos weiterhin verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war – wie oben bereits detailliert ausgeführt – der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Diesbezüglich geht aus dem vorliegenden Verwaltungsakt auch eindeutig hervor, dass die belangte Behörde regelmäßig bemüht war, das fremdenrechtliche Verfahren entsprechend zügig voranzutreiben und den Sachverhalt möglichst rasch ins Reine zu bringen.

 

6.7. § 80 Abs.1 und Abs.2 FPG normieren, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für die Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier nun seit 1. Juli 2011 (vgl. FrÄG 2011) eine viermonatige Höchstgrenze festgelegt. Der Bf wird gegenwärtig seit 12.02.2013 in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte viermonatige Frist noch nicht ausgeschöpft ist.

 

Auch ist das Ziel der Schubhaft zum Entscheidungszeitpunkt gegebenenfalls durchaus zeitnah erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Überstellung des Bf in die Slowakei sprechen würden.

 

7. Abschließend ist zu dem in der Beschwerde behaupteten EU-Rechtswidrigkeit auszuführen, dass den in Art. 7 der VO (EG) Nr. 1560/2003 angeführten Überstellungsmodalitäten keine automatisierte bzw. zwangsläufige Anwendungsreihenfolge in jedem Einzelfall zukommt. Vielmehr ist – was von der belangten Behörde aber auch umgesetzt wurde – zu prüfen, ob mit möglichst schonenden (durch die VO für zulässig erklärten) Varianten das Auslangen gefunden werden kann. Auf der Grundlage dieser Prüfung ist aber (auch primär) das taugliche Mittel, also u.U. auch die Schubhaft, anzuwenden.

 

8. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach  ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.            Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

2.            Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 18,20 Euro (Eingabe- und Beilagengebühren) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Markus Kitzberger