Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167658/2/Kei/AK

Linz, 24.09.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des x, vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18. Jänner 2013, Zl. VerkR96-1592-2013, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49 und § 51 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Strafverfügung der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 7. Dezember 2012, Zl. S-18.651/12/S, lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges Kennzeichen x auf schriftliche Anfrage der Landespolizeidirektion Oberösterreich Polizeikommissariat Wels vom 23.11.2012, nicht mit Name und Adresse darüber Auskunft erteilt, wer dieses Fahrzeug am 27.06.2012 um 13.02 Uhr in Wels, Salzburger Straße x (Höhe Fa. x), gelenkt hat.

Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde darüber Auskunft verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.

Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§103 Abs. 2 KFG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von EURO Falls diese uneinbringlich ist, Gemäß §

Ersatzfreiheitsstrafe von

120,00 € 24 Stunden § 134 Abs. 1 KFG

Ferner hat er gemäß § 64 Abs. 3 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: Euro als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Barauslage) beträgt daher € 120,00".

 

Gegen diese Strafverfügung hat der Berufungswerber (Bw) einen Einspruch erhoben.

Der Einspruch lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Herr x ist nicht mehr in der Lage mitzuteilen, wer mit seinem PKW, behördliches Kennzeichen x am 27.06.2012 in Wels gefahren ist und dabei eine Geschwindigkeitsübertretung begangen hat.

Es kommen im Wesentlichen nur die Familienangehörigen in Frage und könnten diese mit dem Fahrzeug gefahren sein. Es ist aber nicht mehr rekonstruierbar, wer an diesem Tag tatsächlich mit diesem Fahrzeug unterwegs war.

Im Normalfall ist es aber so, dass sehr wohl rekonstruiert werden kann, wer mit dem Fahrzeug unterwegs ist und ist Herr x daher nicht verpflichtet Aufzeichnungen darüber zu führen. Grund dafür, dass im gegenständlichen Fall nicht rekonstruiert werden kann, wer mit dem Fahrzeug unterwegs war, ist vor allem auch der Umstand, dass die Strafverfügung erst rund 4,5 Monate nach der Geschwindigkeitsmessung verhängt wurde.

Herrn x trifft daher kein Verschulden, darüber hinaus ist die verhängte Geldstrafe von € 120,-- im gegenständlichen Fall zu hoch bemessen und werden gestellt die

Anträge.

Die Strafverfügung aufzuheben, jedenfalls aber die verhängte Geldstrafe schuld- und tatangemessen, auf den Betrag von € 50,-- zu reduzieren."

 

Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 15. Jänner 2013 Zl. S-18651/12, wurde der gegenständliche Verwaltungsakt gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen abgetreten.

 

Der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18. Jänner 2013, Zl. VerkR96-1592-2013, lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wels vom 07. Dezember 2012, GZ: S-18.651/12/S, wurde über Sie wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 120 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt. Dagegen hat Ihr bevollmächtigter Rechtsanwalt Mag. x mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 fristgerecht Einspruch erhoben. Aufgrund des Telefonates am 18. Jänner 2013 ist dieser Einspruch als Einspruch gegen das Strafausmaß zu werten. Von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung ergeht nachstehender

Spruch:

Der Einspruch gegen die Strafhöhe wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 49 Abs 2 i.V.m § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

12 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds.10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 14 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Strafbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 132 Euro. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d VStG)."

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19. Februar 2013, Zl. VerkR96-1592-2013, Einsicht genommen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 49 Abs.2 VStG lautet (auszugsweise):

Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

Aus der Formulierung des oben wiedergegebenen Einspruchs ergibt sich bei objektiver Betrachtungsweise, dass auch der Schuldspruch bekämpft wurde.

Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 6. Auflage, Linde Verlag, Seite 1600, hingewiesen.

"Ist dem Einspruch nicht zu entnehmen, dass damit ausdrücklich nur die Straffrage (oder die Entscheidung über die Kosten) bekämpft wird, so ist der Erstbehörde versagt, von einer Rechtskraft des Schuldspruchs auszugehen und nur mehr über Strafe und/oder Kosten zu entscheiden. Tut sie es trotzdem, so nimmt sie eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch, die ihr nicht zusteht. Diese Unzuständigkeit ist im Falle einer dagegen erhobenen Berufung vom unabhängigen Verwaltungssenat wahrzunehmen (vgl. sinngemäß die zur alten Fassung ergangenen Entscheidungen VwGH 23.3.1979, 1103/78, 21.9.1988, 88/03/0161 uva); andernfalls belastet die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

 

Für die Beurteilung der Frage, ob im gegen eine Strafverfügung gerichteten Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, kommt es auf den Inhalt dieses Einspruches in seiner Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (siehe die Entscheidung vom 22.4.1999, 99/07/0010) (VwGH 24.10.2002, 99/15/0172)."

 

Dadurch, dass durch den Einspruch auch der Schuldspruch bekämpft wurde, ist die Strafverfügung in Entsprechung des § 49 Abs.2 VStG außer Kraft getreten. Das gegenständliche Verfahren wird durch den Oö. Verwaltungssenat nicht eingestellt und die belangte Behörde ist zur Entscheidung zuständig.

 

Bezugnehmend auf den Aktenvermerk vom 18. Jänner 2013, der im gegenständlichen Einspruch angeführt ist, wird auf die im Folgenden Ausführungen aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 6. Auflage, Linde Verlag, Seite 1600 hingewiesen;

"Durch die rechtzeitige Einbringung eines auch die Schuldfrage bekämpfenden Einspruchs tritt die Strafverfügung außer Kraft. Diese Wirkung kann durch eine spätere Einschränkung des Einspruchs (zB auf Strafe) nicht mehr aus der Welt geschafft werden (VwGH 22.4.1981 Slg 10426 A, 20.11.1986, 86/02/0076, 29.1.1987, 86/02/0172)."

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Michael Keinberger