Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167855/2/Zo/Ka

Linz, 17.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x, vom 28.5.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 13.5.2013, Zl. VerkR96-2268-2013, wegen einer Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1  und 45 Abs.1 Z2 VStG;

zu II.: §§  64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 7.3.2013 um 16.05 Uhr in Marchtrenk auf der A 25 bei km. 9,578 den Kombi mit dem deutschen Kurzzeitkennzeichen x in Richtung Passau gelenkt habe, obwohl dieser nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen war. Die Fahrt sei von Ungarn über Österreich nach Deutschland durchgeführt worden und die Verwendung der Kurzzeitkennzeichen sei bei dieser Fahrt von Ungarn aus nicht zulässig gewesen.

Der Bw habe dadurch einen Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 36 lit.a KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1KFG eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Diese Entscheidung wurde zusammengefasst damit begründet, dass die Erteilung eines Kurzzeitkennzeichens nach deutscher Rechtsansicht nur für Fahrzeuge zulässig sei, welche sich zum Zeitpunkt dieser Erteilung in Deutschland befinden. Es handle sich dabei nämlich um einen nationalen Verwaltungsakt. Der Bw habe jedoch ein Kurzzeitkennzeichen für eine Überstellungsfahrt von Ungarn nach Deutschland erwirkt, weshalb diese Kurzzeitkennzeichen nicht gültig sei. Das Fahrzeug sei daher nicht zum Verkehr zugelassen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw aus, dass es innerhalb der EU egal sein müsse, ob er ein Neufahrzeug von Hamburg nach München oder von Veszprem nach Viechtach überführe. Beide Orte befinden sich in der EU und es müsse daher die Verwendung der Kurzzeitkennzeichen zulässig sein. Er habe die Kurzzeitkennzeichen für den Zweck der Überführung der Fahrzeuge von Ungarn nach Viechtach beantragt und von der Behörde seien ihm die Kennzeichen auch zu diesem Zweck zugeteilt worden. Auch der Polizeibeamte sei sich bei der Kontrolle nicht sicher gewesen, er habe gemeint, dass vermutlich ein ungarisches Zollkennzeichen erforderlich sei. Es handle sich um Neufahrzeuge, weshalb er ein Überführungskennzeichen benötige, weil eine Zulassung ja in die Fahrzeugpapiere eingetragen würde. Er kaufe jährlich ca. 100 Fahrzeuge aus dem Ausland und benötige Rechtssicherheit. Alle Fahrzeuge seien ordnungsgemäß mit Kennzeichen versehen, versteuert und versichert gewesen und hätten über eine grüne Versicherungskarte verfügt.  Aus seiner Sicht sei die Verwendung der Überstellungskennzeichen daher zulässig gewesen.

 

3. Der Bezirkshauptmann des Bezirkes Wels-Land  hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits  aus diesem ergibt sich, dass das Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Bw lenkte am 7.3.2013 um 16.05 Uhr einen Kombi, Fiat Ducato, mit dem deutschen Kurzzeitkennzeichen x auf der A 25 bei km.9,578. Es handelte sich dabei um eine Überstellung dieses neuen Kraftfahrzeuges von Ungarn nach Deutschland. Dieses Kurzzeitkennzeichen war vom Landratsamt Regen, Zulassungsstelle Viechtach, am 5.3.2013 ausgegeben worden und war bis 9.3.2013 gültig. Der Bw führte für dieses Fahrzeug auch eine internationale Versicherungskarte für den Kraftverkehr mit.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 36 lit.a KFG dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger außer Anhängern, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs.7 über die Verwendung von Kraftahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern auf Straßen mit öffentlichen Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden.

 

Gemäß § 82 Abs.1 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger mit ausländischem Kennzeichen (§ 79 Abs.1) von einem Mitgliedsstaat des Pariser Übereinkommens über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen, BGBl.Nr.304/1930, des Genfer Abkommens übern den Straßenverkehr, BGBl.Nr. 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl.Nr. 289/1982, zugelassen sein. Anhänger, die nach heimatlichem Recht nicht gesondert zugelassen werden, sondern das Kennzeichen des Zugfahrzeuges führen müssen, gelten als zugelassen; dies gilt auch für Fahrzeuge mit Zoll-, Überstellungs- oder Probefahrtkennzeichen für die Dauer der Gültigkeit dieser Kennzeichen. Fahrzeuge ohne dauernden Standort im Bundesgebiet dürfen nur verwendet werden, wenn sie das ihnen zugewiesene Kennzeichen führen.

 

5.2. Zur Frage, ob deutsche Kurzzeitkennzeichen für die Überstellung eines Fahrzeuges von Ungarn nach Deutschland verwendet werden dürfen, hat das BMVIT vom 17.7.2009, 179653/4-II/ST4/09 zusammengefasst folgende Rechtsauskunft erteilt:

 

Aus der Sicht des deutschen Verkehrsministeriums handelt es sich bei der Zuteilung von Kennzeichen um einen hoheitlichen Akt einer deutschen Behörde, welcher daher nur für Fahrzeuge zulässig ist, die in Deutschland in Verkehr gebracht werden. Inwieweit ein anderer Mitgliegsstaat es zulässt, das deutsche Kurzzeitkennzeichen an Fahrzeug verwendet werden, die in seinem Zuständigkeitsbereich in Verkehr gebracht werden, obliegt aus deutscher Sicht dessen Entscheidung.

 

Aus der Sicht des BMVIT dürfen Fahrzeuge mit ausländischen Überstellungskennzeichen nur innerhalb des Geltungsbereiches der heimatlichen Vorschriften in Österreich verwendet werden.

 

Es gibt jedoch keine konkreten deutschen Vorschriften, nach denen deutsche Kurzzeitkennzeichen nur an Fahrzeugen verwendet werden dürfen, die in Deutschland in Verkehr gebracht werden.

 

Es gelten daher die allgemein gültigen Bestimmungen für die Verwendung von Fahrzeugen mit ausländischen Kennzeichen. Diese müssen aufrecht zugelassen sein und die entsprechenden Kennzeichentafeln führen. Grundsätzlich gelten gemäß § 82 Abs.1 KFG auch Fahrzeuge mit ausländischem Überstellungskennzeichen als zugelassen.

 

Da es keine konkrete gegenteilige deutsche Vorschrift gibt, dürfen Fahrzeug mit deutschen Kurzzeitkennzeichen aus der Sicht des BMVIT auch dann in Österreich verwendet werden, wenn die Fahrzeuge in Österreich in Verkehr gebracht werden.

 

Das BMVIT geht entsprechend dieser Rechtsauskunft offenkundig davon aus, dass deutsche Kurzzeitkennzeichen in Österreich auch dann verwendet werden dürfen, wenn die Fahrzeuge nicht in Deutschland sondern in Österreich in Verkehr gebracht werden. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb Fahrzeuge, die nicht in Österreich sondern in einem anderen EU-Staat in Verkehr gebracht werden, diesbezüglich anders behandelt werden sollen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Verwendung der deutschen Kurzzeitkennzeichen durch den Bw im konkreten Fall auch dann zulässig war, wenn sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Ausstellung der Kennzeichen in Ungarn befunden hat. Selbst wenn die deutsche Zulassungsstelle bei der Zuweisung der Kurzzeitkennzeichen ihre örtliche Zuständigkeit überschritten haben sollte, so konnte sich der Bw dennoch auf die Gültigkeit der Kurzzeitkennzeichen sowie bezüglich deren Verwendung in Österreich auf die Rechtsauskunft des Verkehrsministeriums verlassen. Die Verwendung des deutschen Kurzzeitkennzeichens war nach der Rechtsauskunft des BMVIT zulässig und stellte daher wohl keine Verwaltungsübertretung dar, jedenfalls würde den Bw an einer solchen aber kein Verschulden treffen, weil er sich auf die Ausgabe der Kurzzeitkennzeichen durch die deutsche Zulassungsstelle sowie die Rechtsauskunft des BMVIT verlassen durfte.

 

Seiner Berufung war daher stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l