Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167865/5/Sch/AK

Linz, 23.09.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 16. Mai 2013, Zl. VerkR96-39663-2012, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes (KFG) 1967, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat den Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 60 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 16. Mai 2013, Zl. VerkR96-39663-2012, über Herrn x, geb. x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen x der Bezirkshauptmannschaft Gmunden auf ihr schriftliches Verlangen vom 31. Oktober 2012 nicht binnen zwei Wochen darüber Auskunft erteilt habe, wer das Kraftfahrzeug mit dem angeführten Kennzeichen am 23. September 2012 um 07.16 Uhr gelenkt habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Laut entsprechender Polizeianzeige ist mit dem auf den Berufungswerber zugelassenen Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x am 23. September 2012 an einer in der Anzeige näher umschriebenen Örtlichkeit eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden, die Feststellung derselben war mit einem stationären Radargerät erfolgt.

Mit Schreiben der Erstbehörde vom 31. Oktober 2012 ist der Berufungswerber aufgefordert worden, der Behörde binnen zwei Wochen ab Zustellung mitzuteilen, wer das Kraftfahrzeug am 23. September 2012 um 07.16 Uhr unter Anführung eines Autobahnkilometers im Zuge der A1 "gelenkt/verwendet bzw. vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann".

Weiters heißt es in der Aufforderung:

"Folgende Verwaltungsübertretung wird dem Lenker zur Last gelegt:

Sie haben im angeführten Bereich, welcher außerhalb des Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 54 km/h überschritten".

 

Beantwortet wurde diese Aufforderung vom in der Zwischenzeit rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerber mit der Mitteilung, es könne nicht bekannt gegeben werden, wer das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen "x" geführt habe, da dies nicht bekannt sei. In einer späteren Eingabe wurde im Hinblick auf das Kennzeichen seitens des Berufungswerbers eine Richtigstellung vorgenommen, zumal es auf x berichtigt wurde, beantwortet wurde die Anfrage auch weiterhin nicht.

Im Ergebnis steht also außer Zweifel, dass der Berufungswerber die von der Behörde gewünschte Auskunft nicht erteilt hat.

 

Aus diesem Grund ist in der Folge eine Strafverfügung ergangen, die rechtzeitig beeinsprucht wurde. Im Verfahren wurde vom Berufungswerber begehrt, dass ihm die kompletten amtlichen Ermittlungsakte, insbesondere die Lichtbilder, der Eichschein des im Einsatz gewesenen Messgerätes, die Schulungsnachweise des Beamten, der das Messgerät aufgestellt hatte, das Messprotokoll, die Lebensakte des Messgerätes, sämtliche Prüfungsbefunde betreffend das Gerät und weitere im Akt befindliche Dokumente binnen einer von der Rechtsvertretung des Berufungswerbers gesetzten Frist übermittelt werden mögen.

Hierauf wurde ihm von der Erstbehörde mitgeteilt, dass dies im Falle eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 nicht vorgesehen sei.

In der Folge erging das nunmehr verfahrensgegenständliche Straferkenntnis.

Von der – inzwischen gewechselten – Rechtsvertretung wurde namens des Berufungswerbers dagegen Berufung erhoben, wobei besonders darauf hingewiesen wurde, dass im Verfahren nicht hervorgekommen sei, ob dem Auskunftsverlangen ein rechtliches Interesse zugrunde lag. Der Berufungswerber hält eine falsche Beschilderung der Beschränkung (in einer Baustelle) für möglich, weiters verweist er auf die Grundrechtscharta der Europäischen Union, wonach ihm ein Entschlagungsrecht sowie das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, zukomme. Es läge Anwendungsvorrang auch vor der Verfassungsbestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 vor.

Wiederholt werden die Anträge auf Übermittlung der schon oben angeführten Unterlagen, im Übrigen werden die üblichen Berufungsanträge gestellt.

Diese Berufungsschrift ist mit einem späteren Schriftsatz ergänzt worden, wo die Deutlichkeit der Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 in Zweifel gezogen wird. Hier verweist der Berufungswerber auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, die seine Rechtsmeinung untermauern sollen.

 

4. Vorweg muss der Erstbehörde in ihrer Rechtsansicht zugestimmt werden, dass es in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 keinesfalls darauf ankommen kann, mit welcher Gewissheit das Grunddelikt, aufgrund dessen angefragt wurde, nach der Beweislage schon als gegeben anzusehen ist. Im anderen Fall müsste ja jede Verwaltungsstrafbehörde vor Abfertigung einer solchen Lenkeranfrage ein Verwaltungsstrafverfahren, noch dazu ohne namentlich bekannten möglichen Täter, abführen, im Rahmen dessen sozusagen als Vorfrage zu klären wäre, wie sicher von der Tatbegehung denn ausgegangen werden könne. Erst wenn diese Ermittlungen abgeschlossen wären, bei Geschwindigkeitsmessungen etwa durch Beischaffung des Eichscheines, Befragung des Beamten, der das Gerät aufgestellt hatte, Überprüfung allfälliger Messprotokolle usw., dürfte dann die Behörde eine Lenkeranfrage abfertigen.

Die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 verlangt aber ein solches Vorverfahren keinesfalls. In diesem Zusammenhang kann auf umfangreiche höchstgerichtliche Judikatur verwiesen werden, etwa auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Juni 1973, B71/73, wonach die Auskunftspflicht nicht davon abhängig ist, dass rechtmäßiger Weise eine Bestrafung des Lenkers wegen einer Verwaltungsübertretung erfolgen darf.

Auch ist die Kenntnis einer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung für die Verpflichtung des Zulassungsbesitzers, dem Auskunftsverlangen der Behörde nachzukommen, nicht erforderlich (VwGH 20.4.1988, 88/02/0013).

§ 103 Abs.2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (VwGH 22.3.2000, 99/03/0434).

Die Verpflichtung zur Lenkerauskunft ist durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 gedeckt (VfGH 29.9.1988, G72/88 ua.). Diese Bestimmung verstößt auch nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (VwGH 26.5.2000, 2000/02/115 mit Hinweis auf Entscheidungen der Europäischen Kommission für Menschenrechte). Zusammenfassend kann also ausgesagt werden, dass die Nichtbeantwortung einer Lenkeranfrage eine Verwaltungsübertretung per se darstellt und der der Anfrage zugrundeliegende Verdacht einer Verwaltungsübertretung im Straßenverkehr also von der Behörde nicht so weit überprüft zu werden braucht, ob er letztlich für die Erlassung eines Strafbescheides reicht oder nicht.

 

5. In der schon oben erwähnten Berufungsergänzung verweist der Berufungswerber auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach aufgrund des klaren Wortlautes des § 103 Abs.2 erster Satz KFG 1967 eine alternative Anfrage, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen nach bestimmtes Fahrzeug gelenkt oder (zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort) abgestellt hat, unzulässig sei. Insoweit ist dem Berufungswerber zwar beizupflichten, allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Jänner 2001, GZ: 2000/03/0235, welchem ebenfalls eine Anfrage mit den obzitierten alternativen Verwendungsarten des Fahrzeuges zugrunde lag, die Behörde aber in einem Klammerausdruck bei der Anfrage die Information an den Zulassungsbesitzer gegeben hatte, dass mit dem Fahrzeug eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden sei, auch nachstehendes ausgeführt:

"Der Klammerausdruck, in dem die Verwaltungsübertretung konkret angeführt wird, stellt nur eine – zulässige – Information über den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens, in deren Rahmen die Anfrage erfolgte, da (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29.9.2000, Zl. 2000/02/0204). Ergänzend sei bemerkt, dass durch diese Information auch eindeutig klargestellt wird, dass sich die Anfrage auf das Lenken eines Fahrzeuges bezieht".

 

Auch in der hier relevanten Anfrage vom 31. Oktober 2012 findet sich der Hinweis, dass dem Lenker zur Last gelegt wird, eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben.

Wenn der Berufungswerber demgegenüber im Schriftsatz behauptet, dass sich kein entsprechender ergänzender oder der Klarstellung dienender Hinweis in der Anfrage befunden habe, muss dies sohin als aktenwidrige Behauptung abgetan werden.

Es wird von der Berufungsbehörde auch keine Veranlassung gesehen, der Anregung des Berufungswerbers "allenfalls nach Anrufung des Europäischen Gerichtshofes das angefochtene Straferkenntnis zu beheben", zu entsprechen. Es ist nicht erfindlich, zu welchem Zweck, insbesondere zu welcher rechtlichen Klarstellung eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofes (gemeint wohl für Menschenrechte) erfolgen sollte.

 

6. Der Berufung kommt auch hinsichtlich der Strafbemessung keine Berechtigung zu, wobei anzuführen ist, dass sich beide Schriftsätze auf diese Frage ohnehin nicht einlassen.

Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis zu 5000 Euro, sodass die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro sich im absolut untersten Bereich des Strafrahmens bewegt.

 

Dazu kommt noch, dass der Zweck des § 103 Abs.2 KFG 1967 darin liegt, Personen, die im Verdacht stehen, Übertretungen im Straßenverkehr begangen zu haben, zu ermitteln. Dies gilt ganz besonders bei massiven Geschwindigkeitsüberschreitung, die bekanntermaßen dem Rechtsgut Verkehrssicherheit sehr abträglich sind und daher entsprechend geahndet werden müssen.

Auch wenn man dem Berufungswerber dem Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, der laut Aktenlage gegeben ist, zugutehält, rechtfertigt dieser aus den obigen Erwägungen heraus keine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

Zu den persönlichen Verhältnissen hat sich der Berufungswerber im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren trotz entsprechender Aufforderung nicht geäußert, sodass von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1400 Euro auszugehen war, wie von der Erstbehörde in der erwähnten Aufforderung zur Rechtfertigung angekündigt. Dieses Einkommen wird es dem Berufungswerber ermöglichen, die verhängte Geldstrafe ohne zumutbare Einschränkung seiner Lebensführung zu begleichen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n