Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101688/6/Bi/Fb

Linz, 24.03.1994

VwSen-101688/6/Bi/Fb Linz, am 24. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer unter dem Vorsitz Dris. Fragner sowie durch Mag. Bissenberger als Berichterin und Dr. Weiß als Beisitzer über die Berufung des E N, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R L, vom 28. Dezember 1993 gegen Punkt 7) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Dezember 1993, VerkR96/5869/1993-Or/S, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 3.200 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 5 Abs.2 und 19 VStG, §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 StVO 1960.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis in Punkt 7) über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 16.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 384 Stunden verhängt, weil er am 22. Oktober 1993 zwischen 20.30 Uhr und 21.00 Uhr den PKW Audi Quattro, Kennzeichen auf der Hansberg Landesstraße von Linz kommend in Richtung Neulichtenberg gelenkt und sich um 23.35 Uhr vor dem Haus N geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert wurde, da wegen der bei ihm festgestellten Alkoholisierungsmerkmale wie schwankender Gang, Alkoholgeruch der Atemluft, undeutliche Aussprache, vermutet habe werden können, daß er den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Kostenersatz von 1.600 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.

Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, weil in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, der von der Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegte Sachverhalt beruhe ausschließlich auf den Angaben des Zeugen L und diese seien zur Gänze unrichtig. Er sei am 22. Oktober 1993 gegen 20.00 Uhr mit seinem PKW von der Arbeit nach Hause gefahren, und es sei für ihn unerfindlich, warum er um 23.30 Uhr vor seinem Wohnhaus zum Alkotest aufgefordert worden sei. Er habe sich nach seiner Ankunft zu Hause bereits mehrere Stunden bei seinem Bruder aufgehalten und in diesem Zeitraum kein Kraftfahrzeug gelenkt, sodaß die Aufforderung zum Alkotest nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Die von ihm angebotenen Zeugen D und J seien bislang nicht vernommen worden.

Im Schriftsatz vom 14. März 1994 führt der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber aus, bei einer Zeitspanne von rund 3 Stunden zwischen dem Lenken des Fahrzeuges und der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung sei ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben. Aus diesem Grund habe eine Verpflichtung, der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung Folge zu leisten, nicht mehr bestanden.

Von einem geprüften Fahrzeuglenker sei zwar zu verlangen, daß er die maßgeblichen Bestimmungen kenne, sohin auch die des § 5 Abs.2 StVO 1960. Dem Gesetzeswortlaut sei aber nicht uzu entnehmen, daß eine solche Verpflichtung auch drei Stunden nach Beendigung der Lenkertätigkeit bestehen könne, und von ihm könne nicht verlangt werden, Kenntnis von der umfangreichen und weitgehend kasuistischen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben zu müssen. Er habe sich in einem Irrtum über die Auslegung von Normen des Verwaltungsrechts befunden und erfülle daher den Entschuldigungstatbestand des § 5 Abs.2 VStG. Die Weigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, sei nicht als schuldhaftes Verhalten anzulasten, weshalb er beantrage, Punkt 7) des Straferkenntnisses einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird der Berufungsentscheidung zugrundegelegt:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 22. Oktober 1993 gegen 20.30 Uhr den PKW auf der Hansberg Landesstraße von Linz nach Neulichtenberg, wobei er dem hinter ihm fahrenden Zeugen H aufgrund seines Fahrverhaltens (weit ausholende Lenkbewegungen, Abkommen von der Fahrbahn auf das Bankett, Kurvenschneiden, verspätete Reaktion) in einer Weise auffiel, die diesen vermuten ließ, der vor ihm fahrende Lenker könnte alkoholisiert sein. Der Zeuge L brachte den ihm unbekannten Lenker beim Gendarmerieposten G zur Anzeige und schilderte den dort anwesenden Gendarmeriebeamten GI B und GI R seine Wahrnehmungen. Um ca. 23.00 Uhr fuhren die beiden Gendarmeriebeamten nach Ausforschung des Zulassungsbesitzers zum Wohnhaus des Rechtsmittelwerbers. Dieser wies eindeutige Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung wie Alkoholgeruch der Atemluft, einen schwankenden Gang und eine undeutliche Aussprache auf und gab an, er halte sich seit drei Stunden bei seinem Bruder auf und habe mit diesem zwei oder drei Flaschen Wein getrunken.

Der Rechtsmittelwerber wurde von GI R um 23.35 Uhr aufgefordert, sich einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen, verweigerte diese aber mit den Worten, das interessiere ihn nicht.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß die Voraussetzungen für eine Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung deshalb vorgelegen haben, weil der Rechtsmittelwerber unbestritten ein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat und aufgrund seines gesamten Erscheinungsbildes die Vermutung des auffordernden Gendarmeriebeamten, der im übrigen zur Durchführung von Alkomatuntersuchungen speziell geschult und behördlich ermächtigt ist, der Rechtsmittelwerber könnte sich beim Lenken des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben, durchaus nachvollziehbar ist. Diese Vermutung bezog sich nicht nur auf den Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest, nämlich 23.35 Uhr des 22. Oktober 1993, sondern auch auf die Lenkzeit, nämlich 20.30 Uhr desselben Tages, zumal der Zeuge L dem Meldungsleger gegenüber das Fahrverhalten des Rechtsmittelwerbers auf der Hansberg Landesstraße ausführlich geschildert hat und sich daraus ergibt, daß schon der Zeuge L die offensichtlichen Fahrfehler des Rechtsmittelwerbers auf dessen Zustand zurückführte, weil er diesen anläßlich der bei der Anzeigeerstattung aufgenommenen Niederschrift als "vermutlich betrunken" bezeichnete. Die angeführten Fahrfehler ließen durchaus die Vermutung einer vorherigen Konsumation einer größeren Alkoholmenge zu, sodaß nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates drei Stunden nach dem Lenken noch ein durchaus verwertbares Ergebnis der Atemluftuntersuchung zu erwarten gewesen wäre. Auch wenn der Rechtsmittelwerber mittlerweile vor Zeugen Alkohol konsumiert hat, berechtigte ihn dies nicht, die Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung zu verweigern (vgl ua VwGH vom 28.

Oktober 1992, 91/03/0351), zumal die als Nachtrunk konsumierte Alkoholmenge vom Ergebnis der Atemalkoholuntersuchung abgezogen hätte werden können und sich dadurch ein eventueller Alkoholwert zum Zeitpunkt des Lenkens des Fahrzeuges ergeben hätte. Eine Alkoholisierung iSd § 5 Abs.1 StVO 1960 wurde dem Rechtsmittelwerber aber nie zur Last gelegt.

Wenn dieser nunmehr ausführt, er verfüge über keine juristische Ausbildung, sodaß von ihm nicht verlangt werden könne, die umfangreiche und weitgehend auch kasuistische Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Zusammenhang kennen zu müssen, so ist dem entgegenzuhalten, daß vom Inhaber einer Lenkerberechtigung lediglich verlangt wird, die Bestimmungen des §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.2 StVO zu kennen, wonach jeder Kraftfahrzeuglenker, der von einem besonders geschulten und behördlich ermächtigten Gendarmerieorgan (dieses verfügt über einen entsprechenden Ausweis) zur Durchführung der Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt aufgefordert wird, dieser Aufforderung Folge zu leisten und sich der Atemalkoholuntersuchung zu unterziehen hat. Im Fall der Rechtswidrigkeit dieser Amtshandlung ist das Ergebnis der Atemalkoholuntersuchung im Verwaltungsstrafverfahren wegen § 5 Abs.1 StVO 1960 nicht heranziehbar, jedoch ist eine Verweigerung des Alkotests aus "Vorsichtsgründen" keineswegs gerechtfertigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits erstmals in seinem Erkenntnis vom 9. November 1984, 84/02B/0083, 0084, ausgesprochen, daß eine Verweigerung mit dem Hinweis auf einen Nachtrunk und auf eine damit nur mehr bedingte Verwertbarkeit des Ergebnisses des Alkotests in einem Verwaltungsstrafverfahren nach § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 nicht entschuldigt werden kann, und daß es nicht Sache des Aufgeforderten ist, in diesem Stadium den Beweiswert des durchzuführenden Alkotests zu würdigen.

Daß der Rechtsmittelwerber überrascht war, drei Stunden nach seiner Ankunft zu Hause zur Atemalkoholuntersuchung aufgefordert zu werden, ist zwar aus seiner Sicht verständlich, jedoch muß von einem zur Teilnahme am Straßenverkehr Berechtigten verlangt werden können, sich an diese Situation anzupassen.

Der Rechtsmittelwerber hat nie gesundheitliche Mängel, die ihm die Durchführung des Alkotests nicht ermöglicht hätten, geltend gemacht, sodaß er durch sein Verhalten den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und dieses als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, als auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen ist (20.000 S netto monatlich, sorgepflichtig für die Gattin und drei Kinder).

Mildernd war kein Umstand, erschwerend waren eine einschlägige Vormerkung vom September 1993 sowie der rasche Rückfall. Trotzdem liegt die verhängte Strafe noch im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.1 StVO 1960 sieht Geldstrafen von 8.000 S bis 50.000 S, Ersatzfreiheitsstrafen von einer bis sechs Wochen vor).

Der unabhängige Verwaltungssenat kann unter Abwägung dieser Umstände nicht finden, daß die Erstbehörde den ihr zustehenden Ermessensspielraum hinsichtlich der Strafbemessung überschritten hätte. Offensichtlich ist dem Rechtsmittelwerber nur durch die Verhängung drastischer Strafen vor Augen zu führen, daß Alkohol und Straßenverkehr nichts miteinander zu tun haben (sollten).

Eine Herabsetzung der verhängten Strafe war aus general- und vor allem spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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