Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167957/2/Zo/Ka

Linz, 17.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x vom 16.7.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 10.7.2013, Zl. VerkR96-4125-2013, wegen einer Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1  und 45 Abs.1 VStG;

zu II.: §§  64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 20.5.2013 um 17.17 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kz.: x in Krenglbach auf der Schmidinger Straße Nr. x während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11.5.1999, BGBl.Nr. II/152/1999, telefoniert habe. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden und er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert.

Der Bw habe dadurch einen Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.3 5. Satz KFG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (EFS 20 Stunden) gemäß § 134 Abs.3c KFG verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Bw zusammengefasst geltend, dass er zum damaligen Zeitpunkt kein Mobiltelefon mitgeführt habe, weshalb er dieses auch nicht habe zum Ohr halten können. Er habe nach dem Verlassen des Parkplatzes aufgrund des Sonnenscheines seine Sonnenbrille aufgesetzt und den Polizisten im Gespräch auch darauf hingewiesen. Der  zweite Polizeibeamte sei auf der anderen Seite des Wagens gestanden und sei gar nicht in die Amtshandlung einbezogen worden. Auch seine Gattin habe die Polizisten darauf hingewiesen, dass er gar kein Telefon mitgehabt habe.

 

3. Der Bezirkshauptmann des Bezirkes Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits  aus diesem ergibt sich, dass der Berufung stattzugeben war, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Bw lenkte zur Vorfallszeit den angeführten PKW in Krenglbach auf der Schmidinger Straßen in Richtung Westen. Auf Höhe des Objektes Nr.x kam ihn eine Polizeistreife (GI x und VB/S x) entgegen. Die Polizeibeamten waren der Meinung, dass der Bw mit der rechten Hand telefoniert habe, er habe die Hand mit dem Handy schnell herunter genommen, als er die Polizei gesehen habe. Die Polizeibeamten wendeten ihr Fahrzeug und nahmen die Nachfahrt auf, wobei sie den Bw letztlich auf der L 519 im Bereich der Bushaltestelle x anhalten konnten. Zu diesem Zeitpunkt telefonierte der Bw nicht mehr. Zu den örtlichen Verhältnissen ist anzuführen, dass die Polizeibeamten ihr Fahrzeug auf der relativ engen Schmidinger Straße wenden mussten und bis zur Anhaltung des Bw eine Fahrtstrecke von ca. 500 m zurückgelegt wurde. Aufgrund des notwendigen Wendemanövers und der Abbiegevorgänge ist davon auszugehen, dass die Polizeibeamten den Bw in dieser Zeit zumindest teilweise aus den Augen verloren haben.

 

 

 

 

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 102 Abs.3 5. Satz KFG ist dem Lenker während des Fahrens das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten.

 

Gemäß § 134 Abs.3c KFG begeht, wenn dies bei  einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 50 Euro zu ahnden ist, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die im § 102 Abs.3 5. Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.

 

5.2. Aus § 134 Abs.3c KFG ergibt sich, dass eine Verwaltungsübertretung nur dann vorliegt, wenn das Telefonieren des Fahrzeuglenkers bei einer Anhaltung festgestellt wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der wörtlich gleichlautenden Bestimmung betreffend die Gurtanlegepflicht festgehalten, dass es sich bei der Wortfolge „Bei einer Anhaltung“ nicht um ein Tatbestandselement handelt. Es handelt sich dabei lediglich um eine verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Ahndung des verbotenen Telefonierens. Der Begriff „bei einer Anhaltung“ umfasste jedenfalls auch all jene Feststellungen, die Organe der Straßenaufsicht im  Zuge der der Anhaltung unmittelbar vorausgehenden Amtshandlung machen, solange diese in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Anhaltung stehen (VwGH vom 30.3.2004, Zl. 2003/02/0293).

 

In dem vom Grundtner/Pürstl herausgegebenen Kommentar zum Kraftfahrgesetz ist zu dieser Bestimmung angeführt, dass der Grund für das zwingende Vorsehen der Anhaltung offensichtlich darin liegt, Beweisschwierigkeiten im Verwaltungsstrafverfahren zu vermeiden. Unter diesem Blickwinkel sei die Bestimmung vermutlich unsachlich und im Sinne des Art.7B-VG bedenklich (9. Aufl. Anm. 24d zu § 134 KFG).

 

Unabhängig davon, ob die gesetzliche Bestimmung allenfalls verfassungsrechtlich bedenklich ist, kommt eine Bestrafung jedenfalls nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann in Betracht, wenn die Feststellung des Telefonierens in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer Anhaltung erfolgte. Ein derartiger enger Zusammenhang liegt nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates dann vor, wenn das Organ der Straßenaufsicht den Fahrzeuglenke zwischen der Wahrnehmung des Telefonierens und der Anhaltung nicht aus den Augen verloren hat. In diesem Fall ist auch der offenkundige Zweck der Regelung  - nämlich das weitgehende Vermeiden von Beweisschwierigkeiten – erfüllt.  Im konkreten Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Polizeibeamten ihr Fahrzeug auf der relativ engen Schmidinger Straße wenden mussten, weshalb davon ausgegangen werden muss, dass sie den Bw zumindest kurzzeitig aus den Augen verloren haben. Auch im Hinblick auf die bis zur Bushaltestelle x erforderlichen Abbiegemanöver ist davon auszugehen, dass sie das Fahrzeug des Bw nicht ständig beobachten konnten.

 

Die vom Gesetzgeber aufgestellte Bedingung der Strafbarkeit, nämlich dass das Telefonieren bei einer Anhaltung festgestellt wurde, liegt daher im konkreten Fall nicht vor, weshalb der Berufung stattzugeben war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l