Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168017/4/MZ/WU

Linz, 18.09.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des x, gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Linz vom 10. Juli 2013, GZ: S-23.071/13-1 betreffend einer Übertretung des Führerscheingesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. §§ 24, 45 Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991.

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Linz vom 10. Juli 2013, GZ: S-23.071/13-1 wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) in Spruchpunkt 1. angelastet, am 25.05.2013 um 15:48 Uhr den PKW, BMW, grau, Kz: x, in 4113 St. Martin im Mühlkreis auf der B 127 im offenen Ortschaftsbereich von Erdmannsdorf, Höhe Strkm. 25.740, gelenkt zu haben, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten, gültigen Lenkberechtigung der Klasse „B“ zu sein, da ihm diese mit Bescheid vom 19.04.2013 [richtig: 19.03.2013] bis 29.05.2013 entzogen worden war.

Der Bw habe dadurch § 1 Abs 3 FSG verletzt, weshalb gemäß § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 4 Z 1 FSG eine Geldstraße in der Höhe von 726,- Euro, ersatzweise 13 Tage Freiheitsstrafe, verhängt wurde.

 

In Spruchpunkt 2. wurde dem Bw angelastet, am 25.05.2013 um 15:48 Uhr den PKW, BMW, grau, Kz: x, in 4113 St. Martin im Mühlkreis auf der B 127 im offenen Ortschaftsbereich von Allersdorf, Höhe Strkm. 25.059, gelenkt und dabei das Vorschriftszeichen „Geschwindigkeitsbegrenzung 70 km/h“ nicht beachtet zu haben, da die Fahrtgeschwindigkeit (nach Abzug der Messtoleranz von 4 km/h der tatsächlich festgestellten Geschwindigkeit von 99 km/h) 95 km/h betrug. Bemerkt werde, dass die ggst. Übertretung mittels geeichtem Lasergerät, Marke TruSpeed, Nr. 2636, festgestellt wurde.

 

Der Bw habe dadurch § 52 lit a Z 10a StVO 1960 verletzt, weshalb gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 eine Geldstraße in der Höhe von 40,00,- Euro, ersatzweise 18 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurde.

 

2. Gegen das am 10. Juli 2013 mündlich verkündete und ausgefertigte Straferkenntnis erhob der Bw mittels Telefax vom 24. Juli 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Inhaltlich bringt der Bw – auf das Wesentliche verkürzt – vor, ihm sei mit Bescheid vom 19.03.2013 die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, entzogen worden. Er habe am 24.05.2013 alle erforderlichen Gutachten beim Verkehrsamt abgegeben und sei daher am 25.05.2013 wieder im Besitz einer Lenkberechtigung gewesen, habe diese allerdings noch nicht mitgeführt.

 

Der Bw beantragt daher die Aufhebung des Strafbescheides, eine mündliche Verhandlung durch die Berufungsbehörde sowie die Einvernahme seiner Mutter als Zeugin, da diese die erwähnten Unterlagen bei der Polizei abgegeben habe.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 19. August 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG abgesehen werden.

 

3.2. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich – unstrittig – aus den Punkten 1. und 2.

Dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist zudem zu entnehmen, dass sich der Bw am 16.05.2013 amtsärztlich hat untersuchen lassen. Das amtsärztliche Gutachten selbst – welches eine befristete gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von KFZ ergibt – ist mit 29.05.2013 datiert, wobei bei der Befunderstellung ein Facharztbefund vom 21.05.2013 sowie je ein Befund des SG-Labors vom 17.05. und vom 24.05.2013 berücksichtigt wurden.

 

Laut Vorbringen des Bw wurde der letzte Befund von seiner Mutter am 24.05.2013 beim Verkehrsamt abgegeben. Im Zuge eines Telefonats mit der belangten Behörde wurde dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich mitgeteilt, dass es nicht möglich ist, diese Behauptung zu widerlegen. Dem Grundsatz „in dubio pro reo“ Rechnung tragend wird daher im weiteren Verfahren von der Richtigkeit der Angabe des Bw ausgegangen.

 

Hinsichtlich Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Linz vom 10. Juli 2013, GZ: S-23.071/13-1 wird festgehalten, dass dieser – nach telefonischer Rücksprache mit der Vertreterin des Bw (siehe Aktenvermerk vom 17. September 2013) – nicht von der Berufung umfasst und daher in Rechtskraft erwachsen ist.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. § 1 Abs 3 erster Satz des Führerscheingesetzes – FSG in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet:

„Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt.“

 

4.2. Es steht im ggst Verfahren außer Streit, dass dem Bw mit Mandatsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19.03.2013, GZ: 6/2013, ua die Lenkberechtigung für die Klasse „B“ bis zur Befolgung der Anordnung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen, entzogen wurde, und er am 25.05.2013 um 15:48 Uhr ein Kraftfahrzeug der Klasse „B“ in 4113 St. Martin im Mühlkreis auf der B 127 im offenen Ortschaftsbereich von Erdmannsdorf, Höhe Strkm. 25.740, gelenkt hat.

 

Es gilt daher lediglich noch zu klären, ob der Bw am 25.05.2013 die ihm mit Mandatsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19.03.2013, GZ: 6/2013, aufgetragenen Verpflichtungen bereits erfüllt hatte.

 

4.3. Dem Bw wurde von Seiten der belangten Behörde die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt entzogen, bis er sich zum einen amtsärztlich untersuchen hat lassen und zum anderen bis er die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beigebracht hat. Die amtsärztliche Untersuchung hat am 16.05.2013 stattgefunden. In Folge brachte der Bw eine fachärztliche Stellungnahme vom 21.05.2013 sowie Befunde des SG-Labors vom 17.05. und vom 24.05.2013 bei, welche – von der belangten Behörde nicht widerlegt – am 24.05.2013 beim Verkehrsamt und damit bei der belangten Behörde abgegeben wurden.

 

Der Entzug der Lenkberechtigung endete in jenem Zeitpunkt, in welchem der Bw der letzten ihm behördlich auferlegten Verpflichtung nachgekommen ist; in concreto also mit der Dokumentsabgabe am 24.05.2013. Der Bw war daher am 25.05.2013 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse „B“, weshalb der Tatbestand des § 1 Abs 3 FSG nicht erfüllt sein kann.

 

Dass der Bw die am 25.05.2013 bestehende aufrechte Lenkberechtigung noch nicht durch Vorlage eines Führerscheines nachweisen konnte, ist in diesem Verfahren nicht weiter von Relevanz.

 

Das angefochtene Straferkenntnis war vor diesem Hintergrund aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

4.4. Bei diesem Ergebnis war gemäß § 65 VStG von einem Beitrag des Bw zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich abzusehen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer