Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168026/4/Sch/CG/AK

Linz, 23.09.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 09. Jänner 2013, Zl. VerkR96-12412-2012, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes (KFG) 1967, zu Recht erkannt:

 

 

 

 

I.            Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt werden.
Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass der letzte Satz des Spruches ("Dies stellt ... dar.") und die Zitierung des § 134 Abs.1b KFG 1967 als Strafbestimmung zu entfallen haben.

 

II.          Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 09. Jänner 2013, Zl. VerkR96-12412-2012, über Herrn x wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 102a Abs.4 iVm § 134 Abs.1 und 1b KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, verhängt, weil er am 19. September 2012 um 13.48 Uhr in Kirchdorf am Inn, auf der B148 bei km 13,100, als Lenker des LKW mit dem amtlichen Kennzeichen x (samt Anhänger x), welcher mit einem digitalen Kontrollgerät im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 ausgerüstet ist, es unterlassen hat, auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der der Straßenaufsicht die Bestätigung des Arbeitgebers über die lenkfreien Arbeitstage auszuhändigen, obwohl Lenker auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht die in der Verordnung (EWG) Nr. 38212/85 vorgesehenen Ausdrucke, die Fahrerkarte und die mitgeführten Schaublätter des laufenden Tages und der vorausgehenden 28 Tage, falls sie in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt haben, das mit einem analogen Kontrollgerät ausgerüstet sind, auszuhändigen haben. Fehlen auf der Fahrerkarte einzelne Arbeitstage und werden dafür auch keine Schaublätter mitgeführt, so sind für diese Tage entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers, die den Mindestanforderungen des von der Kommission gemäß Artikel 11 Abs.3 der Richtlinie 2006/22/EG erstellten Formblattes entsprechen müssen, mitzuführen und bei Kontrollen auszuhändigen. Er habe sich von 03.09.2012 bis 10.09.2012 nicht im Kraftfahrzeug aufgehalten und habe keine Bestätigung des Arbeitgebers über diese lenkfreien Arbeitstage vorlegen können. Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl. Nr. L29 einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.   

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 


3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

Die Erstbehörde hat in der gegenständlichen Angelegenheit bereits einmal ein Straferkenntnis erlassen, nämlich jenes vom 9. Jänner 2013, GZ: VerkR96-12412-2012.

Der dagegen eingebrachten Berufung ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folge gegeben und das Straferkenntnis behoben worden. Im entsprechenden Erkenntnis vom 20. Februar 2013, VwSen-167612/2/Zo/AK, heißt es im Wesentlichen begründend, dass die fehlende Urlaubsbestätigung nicht in Art. 15 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 geregelt ist, weil sich diese nur auf jene handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke beziehe, die in dieser Verordnung selbst bzw. in der Verordnung (EG) 561/2006 vorgeschrieben sind. Die Urlaubsbestätigung ist jedoch in diesen beiden Verordnungen nicht angeführt. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat, gestützt auf Richtlinie 2006/22/EG, ein elektronisches Formblatt erstellt, welches zur Dokumentation des Erholungsurlaubes bestimmt ist. Diese Richtlinie kann die einzelnen LKW-Fahrer jedoch nicht unmittelbar verpflichten. Sie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet und verpflichtet diese zur Umsetzung der Richtlinie. Diese Umsetzung in nationales Recht erfolgte in Österreich durch die 30. KFG-Novelle, BGBl. I. Nr. 94/2009, mit welcher die Verpflichtung zum Mitführen der Urlaubsbestätigungen für analoge Kontrollgeräte in § 102 Abs.1a KFG 1967 sowie für digitale Kontrollgeräte in § 102a Abs.4 leg.cit geregelt wurde.

 

Seitens des Oö. Verwaltungssenates ist die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht verfügt worden, zumal noch nicht Verfolgungsverjährung eingetreten war.

 

4. In der Folge hat die Erstbehörde das nunmehr verfahrensgegenständliche Straferkenntnis – chronologisch ganz offenkundig unrichtigerweise wiederum mit 9. Jänner 2013 datiert – erlassen.

 

Auch gegen dieses Straferkenntnis wurde Berufung erhoben, wobei ausgeführt wurde, dass der Berufungswerber seit 1. September 2008 in Rente sei. Zur Aufbesserung seiner Renteneinkünfte hatte er in der Folgezeit bei urlaubs- und krankheitsbedingten Ausfällen bei seinem früheren Arbeitgeber ausgeholfen. Auch im Sommer 2013 habe er zwei oder drei Touren mit dem LKW übernommen.

 

Weiters wurde im Berufungsverfahren die Bestätigung des Unternehmens, für welches der Berufungswerber zeitweise als Lenker tätig war, übermittelt. Diese ist mit 10. September 2012 datiert und von einem Disponenten des Unternehmens sowie vom Berufungswerber unterfertigt. Unter Punkt 11., 12. und 14. dieser formularmäßigen Bestätigung heißt es, dass der Berufungswerber ab 03.09.2012 bis 10.09.2012 sich im Erholungsurlaub befand, angemerkt wurde noch „Aushilfsfahrer Rentner“.

 

5. Der Ausdruck von der Fahrerkarte des Berufungswerbers weist vom 03.09. bis 09.09.2012 keine Lenk- oder sonstige Tätigkeiten aus. Die nachgereichte oben erwähnte Bescheinigung deckt sich mit diesem Zeitraum. Zumal begründbare Zweifel an der Richtigkeit dieser Bescheinigung nach der Beweislage nicht angebracht sind, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hiebei tatsächlich um freie Tage gehandelt hatte.

Allerdings hätte der Berufungswerber nach der Gesetzeslage des § 102a Abs.4 KFG 1967 diese Bescheinigung bereits bei der Kontrolle dabeihaben und vorzeigen müssen. Dies war nicht der Fall, sodass ihm ohne Zweifel die Übertretung dieser Bestimmung zur Last zu legen ist. Der Berufung konnte damit im Grunde nach kein Erfolg beschieden sein.

 

6. Zur Strafbemessung:

Die hier relevante Bestimmung des § 102a Abs.4 letzter Satz KFG 1967 stellt keine Vorschrift dar, die unter die Strafbestimmung des § 134 Abs.1b leg.cit zu subsumieren wäre, zumal hier ausdrücklich von Verstößen gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 die Rede ist. Die Mitführpflicht für Urlaubsbestätigungen ist also ein Bestandteil (bloß) des KFG 1967, weshalb die Einteilung in die 3 Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) nicht stattfinden kann.

Vielmehr ist hier die Blankettstrafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 ohne Mindeststrafe anzuwenden.

Unter Berücksichtigung der verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers, der Tatsache, dass er die lenkfreie Zeit letztendlich doch belegt hat und des Umstandes, dass er künftighin, geht man von den entsprechenden glaubwürdigen Angaben in der Berufungsschrift aus, ohnehin nicht mehr als Lenker eingesetzt werden wird, konnte mit der Herabsetzung der verhängten Geldstrafe im verfügten Umfang vorgegangen werden. Die Bezahlung dieser Verwaltungsstrafe muss ihm auch dann zugemutet werden, wenn er bloß über ein unterdurchschnittliches Einkommen in Form seiner Rente verfügen kann.

Die Änderungen beim Spruch des Straferkenntnisses sind in den obigen Ausführungen begründet.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n