Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253246/12/Py/Hu

Linz, 12.09.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Andrea Panny, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Juli 2012, GZ: 0053756/2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Juli 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten hat:

"Der Beschuldigte, Herr x, geb. am x, hat als Dienstgeber die nachstehend angeführten Personen als Dienstnehmerinnen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Studio x in x, als Erotikmasseurin beschäftigt:

1.   Frau x, geb. x, vom 7.11.2011 bis 5.12.2011;

2.   Frau x, geb. x, vom 28.11.2011 bis 5.12.2011;

3.   Frau x, geb. x, vom 28.11.2011 bis 5.12.2011;

4.   Frau x, geb. x, vom 3.10.2011 bis 5.12.2011.

 

Obwohl diese Dienstnehmerinnen nicht von der Vollversicherung im Sinn des § 5 ASVG ausgenommen waren, wurde hierüber keine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet und somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen."

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 1.744 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. Juli 2012, Gz. 0053756/2011, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 ASVG vier Geldstrafen in Höhe von je 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 872 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Der Beschuldigte, Herr x, geboren am x, hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, die nachstehend angeführten Personen als Dienstnehmerinnen jeweils in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, im Studio x in x, jeweils als Erotikmasseurin beschäftigt und mit € 70,00 pro Stunde entlohnt.

 

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren dem Beschuldigten organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

a)   x, geb. x, beschäftigt ab 07.11.2011 jeweils Montag 5 Stunden, Mittwoch 4 Stunden, Freitag 6 Stunden;

b)   x, geb. x, beschäftigt ab 28.11.2011, Arbeitsbeginn 15:00 Uhr (28.11.2011 von 15:00 – 21:00 Uhr, 29.11.2011 von 10:00 – 18:00 Uhr, 30.11.2011 von 10:00 – 18:00 Uhr, 01.12.2011 frei, 02.12.2011 von 10:00 – 18:00 Uhr, 03.12.2011 von 12:00 – 18:00 Uhr, 04.12.2011 frei);

c)   x, geb. x, beschäftigt ab 28.11.2011, Montag 4-5 Stunden, Dienstag 4-5 Stunden, Samstag 4-5 Stunden, Sonntag 4-5 Stunden;

d)   x, geb. x, beschäftigt ab 03.10.2011 laufend Arbeitsbeginn: 10:00 Uhr (28.11.2011 von 10:00 – 18:00 Uhr, 29.11.2011 – frei, 30.11.2011 von 10:00 – 20:00 Uhr, 01.12.2011 – frei, 02.12.2011 von 10:00 – 15:00 Uhr, 03.12.2011 – frei, 04.12.2011 – frei).

 

Obwohl diese Dienstnehmerinnen nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hierüber keine, zumindest mit den Mindestangaben  ausgestattete, Meldung, bei der Oö. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, vor Aufnahme der Tätigkeit, erstattet.

 

Der Beschuldigte hat somit jeweils gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass die im Spruch angeführten Ausländerinnen ihre Tätigkeit in den Betriebsräumen des Beschuldigten unter Beistellung seiner eigenen betrieblichen Infrastruktur im Rahmen des von ihm vorgegebenen Preisniveaus erbrachten und somit lediglich ihre persönliche Arbeitskraft ohne jedes ausgabenseitige Unternehmensrisiko beistellten. Bei den in den Anwesenheitslisten eingetragenen Zeiten habe es sich um Arbeitszeitvereinbarungen gehandelt mit dem Zweck, den reibungslosen Betrieb des Massagesalons zu gewährleisten. Der Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses steht im gegenständlichen Fall das Fehlen von konkreten Arbeitsanweisungen nicht entgegen, da es für dieses Dienstleistungsgewerbe geradezu typisch ist, dass die dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen im Rahmen ihrer Tätigkeit den Aufträgen der Kunden entsprechen. Inserate und Internetwerbung für den Betrieb des Massagestudios wurden vom Beschuldigten getätigt, weshalb von einer Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass als erschwerend die vorliegende Eintragung wegen Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz gewertet wurde, strafmildernde Umstände seien nicht vorgelegen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung, in der der Bw vorbringt, dass es sich um keine Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gehandelt habe, die Damen nicht der Firma x organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Dienstzeit maßgeblich unterworfen waren und eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit nicht bestand. Auch auf der Homepage der Firma x könne nachgelesen werden, dass jede Masseurin selbstständig und eigenverantwortlich arbeitet und an keinerlei Vorgaben des Vermieters gebunden ist. Zudem wird auf die schriftlichen Übereinkommen mit den einzelnen Damen verwiesen, in denen ebenfalls festgehalten ist, dass jede der Personen selbstständig als Masseurin tätig ist. Für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten wird eine Kostenpauschale von 40 Euro pro Nutzungstag verlangt und sei dies nicht abhängig von der Anzahl der Kunden. Im Übereinkommen ist auch festgehalten, dass über den Erhalt der Miete je Abrechnungstag wöchentlich eine Quittung durch den Vermieter ausgehändigt wird und ist auch ausdrücklich festgehalten, dass die Mieterin der Räume an keinerlei Weisung (ausgenommen in Angelegenheiten der sorgsamen und pfleglichen Benutzung der Räumlichkeiten) gebunden ist.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 legte die belangte Behörde die Berufung dem zuständigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Juli 2013, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen gemäß § 51e Abs.7 VStG gemeinsam mit der im Verfahren VwSen-253355 wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz anberaumten mündlichen Berufungsverhandlung durchgeführt wurde. An dieser Verhandlung haben der Bw, ein Vertreter des Finanzamtes Linz sowie ein Vertreter der belangten Behörde als Parteien teilgenommen. Als Zeugen wurden Frau x, Frau x und Frau x einvernommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw betreibt das Erotikmassagestudio "x" im ersten Stock eines Gebäudes in der x (in der Folge: Massagestudio). Im Massagestudio befinden sich vier Massageräume sowie Duschen, die nicht in diese Räume integriert sind. Zudem gibt es einen gemeinsamen Aufenthaltsraum für die im Massagestudio tätigen Damen mit einem kleinen Nebenraum, in dem sich absperrbare Tresorschränke befinden, in denen die Damen ihre persönlichen Wertgegenstände deponieren können. Zudem ist ein Büroraum vorhanden, in dem der Bw die Geschäftsunterlagen aufbewahrt.

 

Im Jahr 2011 stellte sich der Geschäftsgang wie folgt dar:

 

Das Massagestudio war Montag bis Samstag in der Zeit von 10.00 Uhr bis 23.00 Uhr, Sonntag von 12.00 Uhr bis 22.00 Uhr geöffnet. Interessierte Damen wurden über Mundpropaganda oder über die Homepage des Unternehmens, auf der „zur Verstärkung unseres Teams“ neue Mädchen gesucht wurden, auf das Massagestudio aufmerksam. Interessierten Bewerberinnen teilte der Bw mit, dass grundsätzliche Voraussetzung der Nachweis über die gesundheitlichen Untersuchungen zur Ausübung der Prostitution sowie die Entrichtung der Steuern durch die Damen ist.

 

Die Leistungen der Damen wurden über Auftrag des Bw vom Massagestudio in Tageszeitungen sowie im Internet unter Anführung einer Telefonnummer mit dem Hinweis, dass ein Besuch auch ohne Terminvereinbarung möglich ist, beworben. Im gemeinsamen Aufenthaltsraum der Damen war daher ein Telefon vorhanden, über das interessierte Kunden mit einer der jeweils anwesenden Damen in Kontakt treten konnten. Zudem warben die Mädchen auch über Privatinserate mit ihren persönlichen Handynummern um Kunden.

 

Die Damen gaben dem Bw im Vorhinein ihre Anwesenheitszeiten für die kommende Woche bekannt. Durchschnittlich waren drei bis sechs Damen anwesend, eigene Schlüssel für das Studio standen ihnen in der Regel nicht zur Verfügung.

 

Für eine halbe Stunde Erotikmassage mussten die Kunden 80 Euro, für eine Stunde 110 Euro zahlen, für Zusatzleistungen wurden Aufpreise verlangt. Die Kunden zahlten direkt bei den Damen. Zum damaligen Zeitpunkt mussten die Damen 40 Euro pro Kunde für die Zimmerbenützung an den Bw abgeben. Sie führten daher Aufzeichnungen über die Dauer und die Anzahl ihrer Kundenkontakte und gaben den daraus errechneten Betrag täglich in einem Kuvert über einen Briefschlitz in einen versperrten Tresor, zu dem lediglich der Bw Zugang hatte.

 

Die Damen benützten mit ihren Kunden eines der gerade freien Massagezimmer. Danach mussten die Damen das Zimmer wieder entsprechend reinigen. Die im Massagestudio vorhandene Infrastruktur (Massagetisch, Handtücher, Duschgelegenheit, Waschmaschine, Trockner etc.) wurde vom Bw zur Verfügung gestellt. Ein Getränkeausschank war nicht vorhanden, für allfällige Getränke sorgten die Damen selbst.

 

Anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz am 5. Dezember 2011 im Studio "x" wurden

1. Frau x, geb. x, tätig seit 7.11.2011,

2. Frau x, geb. x, tätig seit 28.11.2011,

3. Frau x, geb. x, tätig seit 28.11.2011 und

4. Frau x, geb. x, tätig seit 3.10.2011,

als Erotikmasseurinnen in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt angetroffen. Anmeldungen vor Arbeitsaufnahme beim zuständigen Sozialversicherungsträger lagen nicht vor.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 3. Juli 2013. In dieser schilderte der Bw die organisatorischen Abläufe im Erotikmassageinstitut zum Kontrollzeitpunkt, die im Wesentlichen dem festgestellten Sachverhalt zu Grunde gelegt wurden.  Der Bw sagte aus, dass die Damen ein Prostitutionsbuch vorlegen und 40 Euro von den festgelegten Preisen pro Kunde an ihn für die Zurverfügungstellung der Massageräume abgeben mussten. Zudem bestätigte er, dass zum damaligen Zeitpunkt Werbeeinschaltungen vom Studio in Magazinen, Tageszeitungen sowie im Internet bezahlt wurden und die dort angeführte Kontakttelefonnummer zu dem im gemeinsamen Aufenthaltsraum befindlichen Telefon führte. Dies geht auch aus den im Akt einliegenden Unterlagen hervor, die anlässlich der Kontrolle vom Bw den Finanzorganen vorgelegt wurden. Einem Ausdruck aus der Homepage des Unternehmens vom 13.12.2011 ist zu entnehmen, dass Personal gesucht wurde. Darauf befindet sich auch der Hinweis, dass die Leistungen des Studios auch ohne Terminvereinbarungen in Anspruch genommen werden können. Nach Aussage des Bw waren in der Regel drei bis sechs Damen anwesend und wurden An-, bzw. Abwesenheiten im Vorhinein bekannt gegeben. Der Bw gab auch an, dass die Damen nicht automatisch einen Schlüssel für den Zugang zum Studio erhielten und dass die gesamte Infrastruktur für die Tätigkeit der Damen vom Studio zur Verfügung gestellt wurde. Die Aussagen des Bw wurden im Wesentlichen auch von den einvernommenen Zeuginnen x und x bestätigt, wobei besonders die Zeugin x einen glaubwürdigen Eindruck machte. Sie bestätigte auch die Aussagen des Bw, wonach zum damaligen Zeitpunkt ein bestimmter Betrag pro Kundenkontakt von den Damen an den Bw abzugeben war, weshalb von den Damen auch Aufzeichnungen geführt wurden, wie lange wie viele Kunden anwesend waren.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

§ 33 Abs.1a ASVG lautet: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.    vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.    die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

Gemäß § 539a Abs.2 ASVG können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jener persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12.325/A) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind – im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes – als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie  zB. einer längeren Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechts des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. VwGH vom 20. Februar 2008, Zl. 2007/08/0053).

 

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen. Das Vorliegen solcher atypischen Umstände konnte im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht festgestellt werden. Vielmehr lag aufgrund der festgestellten Sachverhaltselemente eine planmäßige Eingliederung der Damen in die Betriebsorganisation des vom Bw betriebenen Erotikmassageinstituts vor, wurden von diesem die Öffnungszeiten festgesetzt, waren einheitliche Preise festgelegt und wurde vom Bw ein Benützungsentgelt für die Zurverfügungstellung der Zimmer abhängig vom Geschäftsgang der Damen eingehoben. Die planmäßige Eingliederung geht auch aus der Führung von An- bzw. Abwesenheitslisten sowie den vom Studio "x" getragenen Werbeaufwand für die Leistungen der Damen hervor. Ebenso wurden die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Betriebsmittel vom Bw beigestellt. Wesentlich für die Beurteilung der Frage, ob eine Tätigkeit in einem Abhängigkeitsverhältnis durchgeführt wird oder als selbstständige Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages zu beurteilen ist, ist nicht der Wortlaut allfälliger (schriftlicher) Vereinbarungen, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt des festgestellten Sachverhaltes (vgl. § 539a Abs.1 ASVG).

 

Am Charakter der Verhältnisse als Beschäftigung ändert auch nichts, wenn das Entgelt – oder wesentliche Teile desselben – faktisch unmittelbar durch Dritte geleistet wird (vgl. dazu auch § 35 Abs.1 ASVG).

 

Aufgrund der zum Tatzeitpunkt vorliegenden wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung ihrer Tätigkeit mit dem Betrieb des Bw liegt eine Beschäftigung der Damen als Dienstnehmerinnen im Sinn des § 4 Abs.2 erster Satz ASVG vor. Da diese nicht vor Arbeitsaufnahme beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet waren, ist der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten.

 

5.2. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses war jedoch hinsichtlich des dem Bw zur Last gelegten Tatzeitraumes insofern einzuschränken, als aufgrund des Wortlautes des Spruchs dem Bw die Beschäftigung bis zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zur Last gelegt wird. Die Beschäftigung ist jedoch lediglich für den nunmehr festgestellten, den Angaben der Damen entnommenen Zeitraum bis zum Kontrollzeitpunkt als erwiesen anzusehen. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses war daher gemäß § 44a VStG auf diesen Tatzeitraum einzuschränken.

 

6. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw ist als Gewerbetreibender gehalten, sich mit den einschlägigen Vorschriften, die bei der Ausübung seines Gewerbes Anwendung finden, ausreichend zu informieren. Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht einsehen konnte. Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Qualifizierung der Tätigkeit von Prostituierten in Bordellen oder ähnlichen Einrichtungen ist es dem Bw jedoch nicht gelungen nachzuweisen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, weshalb ihm die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen sind.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass über den Bw bereits rechtskräftig eine noch nicht getilgte Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorliegt. Gemäß § 111 Abs.2 ASVG liegt daher die Mindeststrafe wegen Übertretung der Bestimmungen über die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht bei 2.180 Euro. Als Milderungsgrund kommt dem Bw lediglich die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zugute, ein Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe kann jedoch nicht festgestellt werden, da es für den Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung, eine Dienstnehmerin nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Versicherungsträger gemeldet zu haben, nicht darauf ankommt, ob das Beschäftigungsverhältnis in der Folge auch längerfristig fortgesetzt wird (vgl. VwGH vom 27.4.2011, Gz. 2010/08/0106). Nach Ansicht der erkennenden Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint die Verhängung der Mindeststrafe über den Bw angemessen und geeignet, ihm die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Da das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht erheblich hinter dem in der gegenständlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb und die Tat auch keine unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, war auch ein Vorgehen nach § 45 Abs.1 Z4 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

 

8. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen  Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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