Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-360241/5/MK/HK

Linz, 10.09.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über der Berufung der L GmbH, G, vertreten durch die K W Rechtsanwälte GmbH, M, S, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 07.05.2015, Pol10-4-2013, wegen einer Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 07.05.2015, Pol10-4-2013, als belangter Behörde, der sowohl dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde die gesamte Schließung des  Lokales im Standort G, D, T „C“ verfügt und begründend im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

 

1.1. Am 22.06.2012 seien im Zuge einer Kontrolle des „C“ durch Organe des Finanzamtes Braunau Ried Schärding insgesamt 11 Glücksspielgeräte in betriebsbereitem Zustand und teilweise von Gästen bespielt vorgefunden worden. Nach etwas mehr als einer viertel Stunde, die zur Identitätsleistung der einschreitenden Organe und der Erörterung des Gegenstandes der Amtshandlung verwendet worden sei, wäre – gerade zu Beginn der Durchführung von Testspielen – die Internetverbindung abgebrochen. Nach Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsanwalt habe der (handelsrechtliche) Geschäftsführer der Bw, Herr D N P, die Unterfertigung der aufgenommenen Niederschrift verweigert und die Kontrolle unter Hinweis auf sein Hausrecht faktisch beendet.

 

Es habe der dringende Verdacht auf Durchführung verbotener Glücksspiele bestanden.

 

1.2. Am 07.08.2012 sei eine neuerliche Kontrolle des Lokals durch Organe des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck durchgeführt worden, bei der insgesamt 8 betriebsbereit vorgefundene Glücksspielgeräte (vorläufig) beschlagnahmt worden wären. In der Anzeige der Finanzpolizei wären als Eigentümerin dieser Geräte die R k.s., K, SK-B, als Veranstalterin der mutmaßlich verbotenen Glücksspiele die R s.r.o., K, SK-B, und als Inhaberin der Geräte die L GmbH, A, G, namhaft gemacht worden.

 

Neben der Einleitung der entsprechenden Strafverfahren sei von der belangten Behörde am 14.01.2013 unter obiger Zahl ein (in Rechtskraft erwachsener) Beschlagnahmebescheid erlassen worden.

 

Mit Schreiben vom 11.04.2013, nachweislich zugestellt am 23.04.2013, habe die belangte Behörde den Geschäftsführer der Bw ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Betriebsschließung nach § 56a GSpG hingewiesen.

 

1.3. Am 25.04.2013 sei dann, wiederum von Organen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, eine weitere Kontrolle des Lokals vorgenommen worden., bei der neuerlich 9 Glücksspielgeräte betriebsbereit und funktionsfähig vorgefunden worden wären. Diese Geräte seien auch nachweislich bespielt worden, da sich während der Kontrolle zwei Gäste ihre Gewinne in der Höhe von 590 bzw. 680 Euro hätten auszahlen lassen. Eine Fotodokumentation sei noch vor der neuerlichen Unterbrechung der Internetverbindung angefertigt worden. Die Durchführung von Testspielen sei aber nicht mehr möglich gewesen.

 

Der Geschäftsführer der Bw habe im Zuge der Kontrolle angegeben, dass die vorgefundenen Geräte seit September 2012 im Lokal stehen würden, dass er keine Schlüssel zu diesen Geräten habe und er im Übrigen auch nicht der Verursacher der Internetunterbrechung sei. Zu einer weiteren Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie zur Unterschriftsleistung unter das Kontrollprotokoll sei er nicht bereit gewesen.

 

Mit Bescheid vom 26.04.2013 habe die belangte Behörde – unter Hinweis auf die drohende Gesamtschließung des Lokals bei Fortführung des mutmaßlich illegalen Glücksspielbetriebes – die Teilschließung jener Räumlichkeiten verfügt, in denen die Glücksspielgeräte aufgestellt gewesen seien.

 

1.4. Am 06.05.2013 habe eine weiter Kontrolle des Lokals durch Organe des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck stattgefunden, bei der in einem weiteren Raum 7 betriebsbereite und voll funktionsfähige Glücksspielgeräte, 4 davon fotografisch dokumentiert mit einem Einsatz von jeweils 0,50 Euro auch bespielt, vorgefunden worden wären. Auch diesmal sei (wie bereits bei allen vorangegangenen Kontrollen) die Internetverbindung unterbrochen worden. Der Geschäftsführer der Bw habe dazu angegeben, damit nichts zu tun zu haben bzw. sich nicht auszukennen, und ohnehin alles seinem Anwalt zu übergeben.

 

Im Hauptraum des Lokals seinen zudem 6 Pokertische im Eigentum der Untermieterin C GmbH vorgefunden worden, an denen reger Spielbetrieb geherrscht habe. Den Spielern seien Jackpots und sonstige Gewinnmöglichkeiten beim Pokerspiel angeboten worden, weshalb diese Tische aufgrund des Verdachtes der Durchführung illegaler Glücksspiele (von der Finanzpolizei) vorläufig beschlagnahmt worden wären.

 

1.5. Nach der Beschlagnahme von Glücksspielgeräten seien ebenso wie nach der Teilschließung des Lokals, offensichtlich (der Geschäftsführer der Bw verweigere dazu alle Angaben) immer wieder neue Geräte angeliefert worden.

 

Bei den auf diesen Geräten angebotenen Spielen wären gegen Einsatzleistung vermögenswerte Leistungen (Gewinne) in Aussicht gestellt worden. Aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung durch Glücksspielgeräte mit Gewinnerzielungsabsicht ergebe sich die Ausübung einer selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen, wobei die Ausspielung durch einen Unternehmer iSd § 2 Abs.2 GSpG erfolge.

 

1.6. Bezüglich der Pokertische sei auszuführen, dass – in Anbetracht der dargestellten Gewinnchancen bis 31.000 Euro – auch hier der Verdacht auf Durchführung illegaler Glücksspiele gerechtfertigt sei. Eine von Mitarbeitern der Eigentümerin dieser Tische übergebenen Erklärung ihrer rechtsfreundlichen Vertreter, in der die Unionsrechtwidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die darauf basierende Unanwendbarkeit des GSpG auseinandergesetzt bzw. die Rechtmäßigkeit dieses Spielbetriebes festgestellt würden, könne deshalb nichts an dieser Einschätzung ändern, da der Behörde auf der Grundlage des geltenden Glücksspielrechts kein diesbezüglicher Ermessensspielraum eingeräumt und es nicht Aufgabe der belangten Behörde sei, allfällige EU-Rechtswidrigkeiten festzustellen.

 

1.7. Eine erforderliche Konzession für die Veranstaltung derartiger (nicht vom Glücksspielmonopol des Bunds ausgenommener) Glücksspiele liege nicht vor, weshalb diese in Form einer verbotenen Ausspielung durchgeführt worden wären.

 

1.8. Die Notwendigkeit einer Betriebsschließung sei auf der Grundlage einer Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen.

 

Dass der Gefahr der Fortsetzung der verbotenen Glücksspiele durch ein gelinderes Mittel aber nicht habe begegnet werden können, zeige der dokumentierte Verfahrensablauf aber mehr als deutlich. Weder Beschlagnahmen, Strafverfahren, Schließungsandrohung und Teilschließung hätten die (eindeutig erkennbare) beabsichtigte Wirkung gezeigt. Die Bw habe nach der Teilschließung die Aufstellung von Glücksspielgeräten auf zusätzliche Räumlichkeiten ausgedehnt und damit begonnene, einen weiteren Raum, der sich ebenfalls für die Aufstellung von Glücksspielapparaten eigne, zu renovieren bzw. zu adaptieren. Gleiches gelte für den Hauptraum, der zwar untervermietet sei, aber auch Platz für die Aufstellung weiterer Glücksspielgeräte bieten würde.

 

Die Bw suche demnach nach wie vor die ertragsorientierte Durchführung illegaler Glücksspiele. Der belangten Behörde sei in letzter Konsequenz nur noch die gesamte Schließung des Lokals verblieben, um die Bw von weiteren Übertretungen des GSpG, sei es in eigenem Namen oder durch Vermietung, abzuhalten.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 23.05.2013. Begründend führt die Bw im Wesentlichen aus wie folgt:

 

2.1. Vorausschickend sei festzuhalten, dass weder der Geschäftsführer der Bw noch sonstige Beteiligte an den angeblich unzulässigen Ausspielungen diesbezüglich verurteilt worden wären.

 

Auch wenn – in analoger Anwendung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Beschlagnahme – der bloße Verdacht verbotener Ausspielungen ausreiche, so habe die belangte Behörde dennoch zu begründen, welche konkreten Spiele angeboten bzw. mit welchen Einsätzen tatsächlich gespielt worden wären. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht geschehen, weshalb schon aus diesem Grund die Betriebsschließung unzulässig sei.

 

2.2. Auch der UVS Oö. gehe in derartigen Fällen zutreffend vom Vorliegen einer nach § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung aus. Liege aber Gerichtszuständigkeit vor, wäre die Bezirksverwaltungsbehörde auch für die Durchführung einer Betriebsschließung unzuständig.

 

2.3. Im gegenständlichen Lokal führe die Bw auch einen Gastronomiebetrieb. Aus dem angefochtenen Bescheid ergebe sich weiters, dass die Fa. C auf einer angemieteten Teilfläche eine von der Bw unabhängige, selbständige gewerbliche Tätigkeit durchführe, die durch die bekämpfte Anordnung ebenfalls unterbunden würde, ohne dass gegen die Untermieterin eine gesonderte Betriebsschließung erfolgt wäre. In dieser Konstellation sei eine Betriebsschließung unzulässig.

 

2.4. Veranstalterin der Ausspielungen mit Glücksspielautomaten sei die slowakische R s.r.o. gewesen, die sich Österreich gegenüber zweifelsfrei auf die Grundfreiheiten aus dem Unionsrecht (Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit) berufen könne. Entsprechend der bisherigen Judikatur des EuGH sei bei der Tätigkeit der Veranstalterin von der Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit auszugehen sein, konkret von der sekundären Niederlassung, da trotz wirtschaftlichen Schwerpunkts in Österreich lediglich eine Zweigniederlassung anzunehmen sei.

 

2.4.1. Die Niederlassungsfreiheit umfasse insbesondere die Entfaltung selbständiger Erwerbstätigkeiten nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen, welche – um angewendet werden zu können – unionrsrechtskonform sein müssten.

 

2.4.2. In Österreich sei der Marktzugang im Glücksspielwesen (und damit die Niederlassungsfreiheit) insbesondere durch das Glücksspielmonopol des Bundes eingeschränkt. Beschränkungen der Grundfreiheiten seien nach stRsp des EuGH aber nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen, sowohl verfahrens- wie materiellrechtlicher Natur, zulässig.

 

2.4.2.1. Als verfahrensrechtliche Vorgaben habe der EuGH aus den Grundfreiheiten ein Diskriminierungsverbot und ein Transparenzgebot entwickelt, weshalb etwa die vormals gegebene Verpflichtung, der Konzessionsinhaber müsse seinen Sitz im Inland haben, als unvereinbar mit Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) qualifiziert worden wäre.

 

Insbesondere aber stelle die ohne einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit durchgeführte Vergabe eine Ungleichbehandlung zum Nachteil von in anderen Mitgliedsstaaten niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmern dar, die keine reale Möglichkeit hätten, ihre Interessen an der fraglichen Konzession zu bekunden.

 

Mit der GSpG-Novelle 2011 wären die diesbezüglichen Unionsrechtswidrigkeiten noch immer nicht beseitigt worden. Zwar sei das Sitzerfordernis weggefallen, dafür müsse der Konzessionswerber über eine vergleichbare Konzession in seinem Niederlassungsstaat verfügen, was er gegebenenfalls selbst (!) nachzuweisen habe. Diese Voraussetzung würden Konzessionswerber aus anderen Mitgliedsstaaten nach wie vor diskriminieren, da für einen österreichischen Interessenten das Erfordernis des Sitzes ausreiche, andere aber zusätzlich Hürden zu absolvieren hätten.

 

Aus dieser Unionsrechtswidrigkeit resultiere im Ergebnis, dass eine Bestrafung wegen Nichterfüllung einer Verwaltungsformalität nicht erfolgen dürfe, wenn die Erfüllung dieser Formalität durch eine unionsrechtwidrige Vorschrift abgelehnt oder vereitelt würde.

 

2.4.2.2. An materiellrechtlichen Voraussetzungen verlange der EuGH die strenge Prüfung der nachstehenden drei (kumulativ zu bejahenden) Fragen:

·                         Nachweis darüber, dass in Österreich kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel tatsächlich ein Problem dargestellt hätten (erheblicher Umfang der rechtswidrigen Tätigkeiten);

·                         Nachweis darüber, dass der Geschäftsbetrieb des Konzessionärs maßvoll und begrenzt sei (keine verführerische Aussicht auf bedeutende Gewinne);

·                         Nachweis darüber, dass das Gesamtsystem den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner Kohärenz entspreche.

 

Im Zusammenhang mit dem ersten Erfordernis habe nach Auffassung des EuGH das vorlegende Gericht zu prüfen, ob im entscheidungserheblichen Zeitraum die kriminellen und  betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und der Spielsucht in Österreich ein Problem gewesen wären und ob eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können.

 

Zur zweiten Voraussetzung sei zusammenfassend festzuhalten, dass die zahlreichen und intensiven Werbekampagnen der Österreichischen Lotterien GmbH und der Casinos Austria AG den eindeutigen Vorgaben des EuGH in keiner Weise entsprechen, sondern den darin geforderten Schutz der Verbraucher von einem Anreiz zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen (Verbraucherschutz) geradezu konterkariere.

 

Aufforderungen zur aktiven Teilnahme an Glücksspielen seinen in der Konstellation eine Anbietermonopols strikt untersagt. In eben diesem strategischen Marketingsegment wären die Ausgaben des Konzessionärs (nach veröffentlichen Angaben von Focus Media Research 2010) in der Höhe von 35,5 Millionen Euro in Österreich bei den Werbeausgaben an 7. Stelle gelegen.

 

Die Werbeaktivitäten seien medientechnisch breit gestreut (wobei insbesondere durch die Kooperation mit dem ORF eine enorme Reichweite erzielt werde), reißerisch (Gratistipps) und stylisch-modern aufgemacht, verliehen dem Spielen an sich ein positives Image, requirierten neue Zielgruppen (Frauen, „Generation Facebook“) und würden aberwitzige Gewinnsummen in Aussicht stellen. Dieses Marktverhalten sei in allen Punkten exakt so, wie es nach den Kriterien des EuGH gerade nicht sein dürfe.

 

Das faktische Verhalten der Konzessionsinhaber widerspreche den klaren supranationalen Vorgaben eindeutig und offenkundig und sei demzufolge ebenfalls unionsrechtswidrig.

 

Zur dritten Voraussetzung der Kohärenz  der gesamten staatlichen Glücksspielpolitik („Ordnungspolitik und Verbraucherschutz in einer kohärenten und systematischen Weise“) sei schließlich auszuführen, dass es dem österreichischen Legalrahmen an dieser Kohärenz fehle, weil nach der Judikatur des EuGH ein Monopol dann nicht geeignet sei, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels zu gewährleisten, wenn (daneben) andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern betrieben werden dürften, die nicht dem Monopol unterliegen würden, die zudem ein höheres Suchtpotential als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen würden und damit eine expansive, angebotserweiternde und damit gewinnoptimierende Strategie verfolgt würde.

 

Die Inkohärenz sei durch die GSpG-Novellen 2008, 2010 und 2011 im Gegenteil noch verstärkt worden, da mit ihnen die Konzessionsvergabe an einen „Pokersalon“ an einen Privaten durch das Finanzministerium sowie die Vergabe von Bewilligungen für „Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten“ eingeführt worden wären.

 

2.5. Die Unionsrechtsrechtswidrigkeit der österreichischen Monopolregelung und –praxis habe zur Folge, dass diese nicht weiter angewendet werden, es somit weder eine gerichtliche noch eine verwaltungsrechtliche Strafbarkeit geben könne, Einziehungen und Beschlagnahmen unzulässig wären und jede Vereitelung der Niederlassungsfreiheit die Haftung des Staates nach sich ziehen würde.

 

Die vom EuGH gerade in der jüngsten Rechtsprechung nachdrücklich geforderte Pflicht der erkennenden Behörden und Gerichte, die für die Rechtfertigung eines Monopols im Glücksspielwesen geforderten Voraussetzungen und damit die Rechtfertigung der Konzessionsvergabe an nur einen Konzessionär materiell zu prüfen, sei bislang weder von den Unabhängigen Verwaltungssenaten der Länder noch vom Verwaltungsgerichtshof erfolgt. Die Beweispflicht liege diesbezüglich bei der Republik Österreich und beim Monopolisten.

 

2.6. Mit diesem Schriftsatz stellt die Bw nachfolgende Anträge, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Berufung Folge zu geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

3. Mit Schreiben vom 11.06.2013 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung den bezughabenden Verwaltungsakt. Im Vorlageschreiben wurde die Chronologie der Ereignisse (Kontrollen und schrittweise Maßnahmen) nochmals dokumentiert und ausgeführt, dass die Schließung des gesamten Betriebes aufgrund der völligen Unbelehrbarkeit des Geschäftsführers der Bw als letztes Mittel der Wahl anzusehen gewesen sei und die Argumentation der Bw vor dem Hintergrund des VwGH völlig ins Leere ginge.

 

Zudem wurde angeregt, die Frage der Rechtzeitigkeit der Berufungseinbringung im Zusammenhang mit dem Zustellversuch und der Hinterlegung der Erledigung durch die PI Gmunden am 07.05.2013 zu prüfen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat geht sohin von dem unter Pkt. 1. und 2. dargestellten, in den entscheidungswesentlichen Passagen unbestrittenen Sachverhalt aus. Zusammengefasst ist festzuhalten:

 

4.1. Am 22.06.2012, 07.08.2012 wurden Kontrollen der Finanzpolizei im Lokal „C“, D, T, G, durchgeführt. Dabei wurden 11 bzw. 8 Glücksspielgeräte betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden, aber jeweils kurz nach Beginn der Kontrolle vom Netz genommen.

 

Die am 07.08.2012 vorgefundenen Geräte wurden rechtskräftig beschlagnahmt.

 

4.2. Mit Schreiben vom 11.04.2013, zugestellt am 23.04.2013, wurde die Bw nachweislich von der Möglichkeit einer Betriebsschließung in Kenntnis gesetzt, sofern hinkünftig neuerlich der Verdacht auf Verstöße nach dem GSpG gegeben sein sollte.

 

Am 25.04.2013 wurden bei einer weiteren Kontrolle neuerlich 9 Glücksspielgeräte betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden. Es wurden unter Zeugen Spieler beobachtet, die sich ihre Gewinne auszahlen ließen. Die Durchführung von Glücksspielen ist daher nicht nur aufgrund der (per se schon erdrückenden) Verdachtslage anzunehmen, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Die Geräte wurden während der Kontrolle wieder vom Netz genommen, im Anschluss aber vorläufig beschlagnahmt. Der Beschlagnahmebescheid ist zwischenzeitlich zugestellt.

 

Mit Bescheid vom 26.04.2013, zugestellt am 30.04.2013, verfügte die belangte Behörde die Schließung jener Teile des Lokals, in denen die Glücksspielgeräte aufgestellt waren. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

4.3. Bei einer neuerlichen Kontrolle am 06.05.2013 wurden abermals 7 Glücksspielgeräte in einem weiteren, von der Teilschließung nicht umfassten Raum betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden, bzw. teilweise auch bespielt. Dies wurde fotografisch dokumentiert.  Die Geräte wurden nach kurzer Zeit wieder von Netz genommen. Ein weiterer Raum des Lokals wurde für die Aufstellung weiterer Glücksspielgeräte gerade adaptiert.

 

Aufgrund der festgestellten „Expansion“ nach erfolgter Teilschließung musste – da die räumlichen und technischen Möglichkeiten gegeben waren –angenommen werden, dass auch der Hauptraum – in dem sich Pokertische der C GmbH (als Untermieterin) der Bw befanden – für die Aufstellung von Glücksspielgeräten verwendet werden wird.

 

Seitens der belangten Behörde wurde die gesamte Schließung des Lokals angeordnet. Von der Finanzpolizei wurden die Pokertische nach Anfertigung einer Fotodokumentation vorläufig beschlagnahmt.

 

4.4. Die Zustellung des die gesamte Schließung verfügenden Bescheides erfolgte durch Hinterlegung. Nach einem jeweils erfolglosen Zustellversuch an der Lokal- bzw. der Wohnadresse von Herrn P  am 07.05.2013 in der Zeit zwischen 20.00 h und 21.00 h wurde von den (als Zusteller fungierenden) Beamten der PI Gmunden jeweils eine schriftliche Benachrichtigung von der Hinterlegung eines behördlichen Dokumentes mit dem handschriftlichen Vermerk „sofort“ zurückgelassen.

 

Der Inhalt dieses Benachrichtigungsformulars entspricht grundsätzlich den Anforderungen des Zustellgesetzes.

 

Der Schließungsbescheid wurde am 09.05. vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bw bei der PI Gmunden behoben.

 

4.5. Die Verfahrenschronologie sowie der glücksspielrechtlich relevante Sachverhalt im Zusammenhang mit der konzessionslosen Durchführung von Ausspielungen blieben in der Berufung unbestritten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zur Zulässigkeit der Berufung ist auszuführen, dass die L GmbH, vertreten durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer D P, beide A, G, im Standort D, T, G, das Lokal „C“ als Hauptmieterin betreibt. Es ist zudem unstrittig, dass die nach der Verdachtslage gegen die Bestimmungen des GSpG verstoßenden Glücksspiele im Rahmen dieser betrieblichen Tätigkeit veranstaltet bzw. durchgeführt werden. Die L GmbH ist daher Adressatin der Bestimmung des § 56a GSpG, die eingebrachte Berufung somit zulässig.

 

5.2. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung ist Folgendes festzuhalten:

 

Gemäß § 17 Abs.1 ZustG ist das Dokument, wenn es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Fall der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Nach den wesentlichen Passagen des Abs.3 dieser Bestimmung ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

 

Im konkreten Fall wurden am 07.05.2013 sowohl im  Betriebs- als auch beim Firmenstandort jeweils erfolglos gebliebene Zustellversuche durch Organe der PI Gmunden vorgenommen. Am 09.05.2013 wurde das Dokument vom Empfänger (noch) bei der PI Gmunden behoben.

 

Vor dem Hintergrund der oben zitierten Legalanordnung ist – zumal es sich  bei der Polizei um keinen Zustelldienst iSd ZustG handelt, sondern die Exekutivorgane der Behörde zuzurechnen sind – zum Hinterlegungsvorgang festzuhalten, dass die Abholfrist vor dem 09.05.2013 noch nicht begonnen haben kann, da eine Abholung bei einer Polizeiinspektion (iSe „zuständigen Geschäftsstelle“, wie etwa einer Postfiliale) nicht vorgesehen ist und die in allen übrigen Fällen erforderliche (fristauslösende) Bereithaltungsmöglichkeit zur Abholung bei der Gemeinde oder bei der Behörde noch nicht bestanden hat bzw. haben kann, wenn der Geschäftsführer der Bw das Dokument am 09.05.2013 noch bei der PI Gmunden beheben konnte. Es kann daher vor diesem Zeitpunkt die Zustellfiktion des § 17 ZustG (respektive der Beginn des Fristenlaufes für die Einbringung der Berufung) nicht angenommen werden.

 

Die Einbringung der Berufung erfolgte auf elektronischen Weg am 23.05.2013 (dem letzten Tag der Frist) zwar außerhalb der Amtsstunden, das Einlangen („Sent:“) ist auf dem Weiterleitungsprotokoll der belangten Behörde aber mit 23.05.2013, 17:02 h, vermerkt. Die Berufung ist daher gemäß § 63 Abs.5 Satz 3 AVG rechtzeitig eingebracht worden.

 

5.3. Vorweg ist festzuhalten, dass die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Bescheiderlassung nach § 56a Abs. 1 GSpG in der zum Zeitpunkt der Betriebsschließung geltenden Fassung und auf der Grundlage der stRsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegeben war, zumal die zu beurteilende Anordnung vor dem – und auch nur im Anlassfall bindend wirkenden – Erkenntnis des VfGH vom 13.06.2013, B 422/2013, erfolgte, auf dessen Grundlage sich gegebenenfalls eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit hätte ergeben können.

 

Somit liegt auch die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zweifelsfrei vor.

 

5.4. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

5.4.1. Gemäß § 56a Abs.1 GSpG kann die Behörde, wenn der begründete Verdacht besteht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden (Qualifikation als Glücksspiel iSd § 1 Abs.1 GSpG und Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 3 leg.cit.), und mit Grund anzunehmen ist, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilwiese Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stillegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstigen Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

 

Abs.2 dieser Bestimmung ordnet an, dass bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs.1 bestehende Recht soweit zu schonen sind, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs.1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

 

Nach Abs.3 leg.cit ist über eine Verfügung nach Abs.1 binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

 

Gemäß Abs.5 der angeführten Norm kommt ordentlichen Rechtmittels gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs.1 keine aufschiebende Wirkung zu.

 

5.4.2. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097; ebenso nunmehr auch VfGH 14.06.2012, G 4/12-10 ua) ist von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Betriebsschließung auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Hintanhaltung des fortgesetzten Verstoßes gegen die Bestimmungen des GSpG und damit die Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftatbestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte. Da nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine verwaltungsbehördliche Betriebsschließung auch dann zulässig ist, "wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist", stellt sich auch nicht die Frage, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen". Das Berufungsvorbringen im Zusammenhang mit der (materiellen) Unzuständigkeit der belangten Behörde ist daher nicht zutreffend.

 

5.4.3. Die vorliegende Betriebsschließung erfolgte aufgrund eines Verdachtes, dass im Rahmen betrieblicher Tätigkeiten gegen die Bestimmungen des GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 56a GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch) ausreichend substantiiert sein (VwGH 26.1.2009, 2005/17/0223 und 2008/17/0009; 10.5.2010, 2009/17/0202; vgl. jüngst auch VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097).

 

Abweichend zur Fassung der Voraussetzungen für die Beschlagnahme nach § 53 Abs.1 Z1 lit.a GSpG ist im § 56a GSpG die (begründete) Verdachtslage zwar ausführlicher formuliert („…dass Glücksspiele entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht….“), hat aber im Wesentlichen denselben Sicherungshintergrund.

 

Aus den vorliegenden Dokumentationen der Kontrollen ist zweifelsfrei zu schließen, dass es sich bei den vorgefundenen Geräten um betriebsbereite Glücksspielapparate handelte, die nach eigenen Wahrnehmungen der Kontrollorgane auch tatsächlich bespielt wurden. Eben dieser Sachverhalt wurde auch im Beschlagnahmebescheid vom 14.01.2013 dargelegt, welcher rechtskräftig wurde. Berücksichtigt man zudem das deklarierte Geschäftsfeld der Bw bzw. der darüber hinaus involvierten Beteiligten sowie das äußere Erscheinungsbild des Geschäftslokals, seine Ausstattung und strukturelle Konzeption, ergibt sich schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung die „substantiierte Verdachtslage“ der Durchführung von Glücksspielen. Auf den angefertigten Lichtbildern sind eindeutig Masken von virtuellen Walzenspielen dargestellt und Einsätze von 0,40 bis 0,50 Euro ersichtlich. Es ist kein plausibler Grund ersichtlich anzunehmen, dass gerade in diesem konkreten Anlassfall ein fundamental anders gelagerter Sachverhalt vorliege. Im Gegenteil verdeutlicht das wiederholte Kappen der Internetverbindung den Versuch der Bw, die offenkundigen Gegebenheiten dennoch, wenn auch unzulänglich, systematisch zu verschleiern.

 

Vor dem Hintergrund dieser Beurteilung scheint es auch schlüssig, dass im Berufungsvorbringen die Verdachtslage an sich überhaupt nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich argumentiert wird, dass es die belangte Behörde unterlassen habe festzustellen, welche konkreten Spiele mit welchen Einsätzen gespielt worden wären. Derart detaillierte Voraussetzungen sind aber weder dem Wortlaut des § 56a GSpG noch seiner Regelungsintention zu entnehmen. Die Argumentation geht daher ins Leere.

 

Hinsichtlich des Charakters der an den beschlagnahmten Gegenständen verfügbaren virtuellen Walzenspiele ergibt schon sich aufgrund des stereotypen notorischen Spielablaufes dieser Spiele der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind. Dieser Spielablauf wurde von den sachkundigen Kontrollorganen – auch wenn aufgrund der Unterbrechung der Internetverbindung keine Testspiele durchgeführt werden konnten – vor Ort durch die Beobachtung aktiver Spieler festgestellt und auch dem o.a. Beschlagnahmebescheid zu Grunde gelegt. Eine nähere Auseinandersetzung mit den angebotenen Spielarten ist daher, um eine konkrete Verdachtslage zu begründen, nicht notwendig.

 

5.4.4. Auf einigen der angefertigten Lichtbilder sind aber Spielguthaben bzw. –beträge von knapp 600 Euro bzw. darüber ersichtlich. Beträge, die im Zusammenhang mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der idealtypischen, durchschnittlichen Maßfigur grundsätzlich nicht als geringfügig bezeichnet werden können.

 

Im Verfahrensakt der belangten Behörde  befindet sich zudem die Aussage einer unter der Spielsucht ihres Ehegatten leidenden Frau, die beklagt, dass ihr Mann u.a. auch im gegenständlichen Lokal spielt und an manchen Tagen schon mehr als 1.000 Euro verspielt hat. Durch seine Spielsucht bestünden bereits mehr als 30.000 Schulden.

 

Es handelt sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der eingesetzten Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Betriebsschließungsverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs. 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs. 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw. Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gem. § 2 Abs. 4 leg.cit. vor.

 

5.4.5. Im Lichte dieser Ausführungen ist nicht nur die Anwendung des oben angeführten Ausnahmetatbestandes ausgeschlossen, sondern zusammenfassend eindeutig die im Tatbestand des § 56a GSpG geforderte, ausreichend substantiierte Verdachtslage anzunehmen. Hinsichtlich des kumulativen Tatbestandselementes der Fortsetzungsgefahr erübrigt sich schon mit Hinweis auf den Verfahrensablauf und das beharrliche Ignorieren der mit den Anordnungen der belangten Behörde verbundenen Signale durch den Bw jede detailliertere Auseinandersetzung.

 

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Bw in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, 2009/17/0202). So ist unter analoger Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs.1 Z1 iVm § 53 Abs.1 Z1 lit.a GSpG zur (im Regelungskontext vergleichbaren) Beschlagnahme nicht ausschlaggebend, ob der Bw selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist bzw. ob diese Spiele auf seine Rechnung betrieben wurden. "Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, unerheblich ist es hingegen, ob (auch) der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat."

 

5.5. Die belangte Behörde hat der Bw mehrmals unmissverständlich bzw. ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass die Durchführung der ausgeübten Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Automatenbetrieb einzustellen ist. Dies ergibt sich sowohl aus dem Beschlagnahmeverfahren, insbesondere aber aus der schriftlichen Mitteilung bzw. Ankündigung der Gesamtschließung im Beharrungsfall vom 23.04.2013.

 

Zur Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde den gebotenen Erfolg der Hintanhaltung der weiteren Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols auch durch die Anwendung gelinderer Mittel hätte erreichen können, ist wieder auf den Verfahrensablauf und das daraus ersichtliche schritt- bzw. stufenweise Vorgehen zu verweisen.

 

Die Bw ignoriert die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten und bring neue Geräte in das Lokal. Die daraufhin erforderliche Teilschließung (es ist nicht ersichtlich, warum nach einer weiteren Beschlagnahme nicht wiederum andere Geräte herbeigeschafft werden sollten) wird durch die „Erschließung“ neuer Räumlichkeiten konterkariert. Eine weitere schonendere Vorgangsweise, die geeignet ist, diese Tendenz zu unterbinden ist, da im Hauptraum des Lokals ebenfalls die Möglichkeit der Aufstellung von Spielapparaten gegeben ist, für des erkennende Mitglied nicht (mehr) ersichtlich. Konsequenter Weise treten daher auch die Interessen des Subbestandnehmers hinter jene des primär zu erreichenden Zwecks zurück, wäre andernfalls durch die „vorsorgliche Hereinnahme“ eines unbeteiligten Untermieters die Möglichkeit der Anwendung des § 56a GSpG de facto leicht zu verhindern.

 

5.6. Die in der Berufung vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz greifen nicht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insbesondere Urteil v 8.09.2010, Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010, Rs C‑64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessionsvergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffentlich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011, Rs C 347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

 

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz iSv Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Erl der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspielgesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs.2 und nach § 21 Abs.2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass "das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht" (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs.1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein "verantwortungsvoller Maßstab" zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats hat die Berufung keine hinreichend schlüssige Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Deshalb sind beim erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenats auch keine Bedenken wegen der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit aufgekommen. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann – insbesondere auch im Lichte der dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur (vgl u.a. VwGH 21.12.2012, 2010/17/0221) – überhaupt keine Rede sein.

 

6. Abschließend sei für das weitere Verfahren Folgendes angemerkt:

 

Wenn auch die Beurteilung des Vorliegens eines begründeten Verdachts iSd § 53 Abs. 1 GSpG noch keine abschließende rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts als Verwaltungsübertretung iSd GSpG erfordert, wird dies – insbesondere auch im Hinblick auf eine endgültige und gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB (der im Lichte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Doppelbestrafungsverbotes [vgl. jüngst VfGH 13.6.2013, B 422/2013] und der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber dem Gerichtsdelikt besondere Bedeutung zukommt) – im Rahmen eines allfällig folgenden Strafverfahrens sehr wohl Gegenstand sein.

 

Da es bei den oa. Geräten mit den darauf verfügbaren Spielen schon im Beschlagnahmeverfahren nicht ausgeschlossen erscheint, dass das dem Verdacht iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nach § 52 GSpG nicht von den Verwaltungsbehörden zu ahnden wäre, wird die belangte Behörde zu beurteilen haben, ob eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt; gegebenenfalls wird – unter Zugrundelegung der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233; 22.3.1999, 98/17/0134) – gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten sein.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 13.6.2013, B 422/2013, sowie die diesbezügliche Folgejudikatur [u.a. VfGH 26.6.2013, B 63/2013]) hinzuweisen, in der sich das Höchstgericht ausdrücklich gegen die neuere Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes ausspricht. In dieser Entscheidung konstatiert der Verfassungsgerichtshof, dass sich aus der verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde ergibt, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele iSd OGH-Judikatur veranlasst werden können.

 

Die Erstbehörde wird daher in einem allfälligen Verwaltungsstrafverfahren zu ermitteln haben, wie hoch die möglichen Höchsteinsätze an den in Rede stehenden Geräten sind bzw. ob an den Geräten die Möglichkeit besteht, dass Serienspiele iSd OGH-Judikatur veranlasst werden können. Nicht relevant sind demgegenüber – in Abkehr zu der vom Verfassungsgerichtshof als verfehlt qualifizierten neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – die tatsächlich geleisteten Spieleinsätze.

 

Sollten die erstbehördlichen Ermittlungsergebnisse ergeben, dass Spieleinsätze je Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind bzw. dass Serienspiele iSd der OGH-Judikatur veranlasst werden können, liegt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit vor.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Markus Kitzberger

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VfGH vom 11. Dezember 2013, Zl.: B 1137/2013-4

Beachte:

Beschwerdeverfahren wurde eingestellt.

VwGH vom 25.03.2014, Zl.: Ro 2014/17/0005-5