Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523512/8/MZ/JO

Linz, 17.09.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 20. Juni 2013, GZ: VerkR21-456-2012, betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung nach dem Führerscheingesetz zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die in Spruchpunkt I. festgesetzte Entziehungsdauer auf zehn Monate herabgesetzt wird. An Stelle des „11. Mai 2014“ tritt „11. März 2014“. Der letzte Absatz des Spruchpunkt I. hat wie folgt zu lauten: „Gemäß § 30 Abs 2 Führerscheingesetz 1997 wird Ihnen eine allfällige ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung sowie ein allfälliger ausländischer EWR-Führerschein für die Dauer von zehn Monaten, gerechnet ab 11. Mai 2013, entzogen.“

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs 4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG.

§§ 3 Abs 1 Z 2, 7 Abs 1 Z 1, 7 Abs 3 Z 1, 7 Abs 4, 8, 24 Abs 1 und 3, 26 Abs 2 Z 5, 30 Abs 2 Führerscheingesetz 1997 - FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 20. Juni 2013, GZ: VerkR21-456-2012, wurde dem Berufungswerber (in Folge: Bw) mit Spruchpunkt 1 die von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen am 3. November 2010 unter der Zahl 10430540 ausgestellte Lenkberechtigung für die Klasse B gerechnet ab 11. Mai 2013 für die Dauer von 12 Monaten entzogen. Weiters wurde dem Bw das Recht aberkannt, für die Dauer der unten angeführten Lenkberechtigung von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Mit Spruchpunkt 2 wurde die begleitende Maßnahme einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker auf eigene Kosten angeordnet. Der Umfang der Nachschulung habe mindestens fünf Gruppensitzungen zu insgesamt 18 Kurseinheiten zu betragen. Die Entziehungsdauer ende nicht vor Befolgung dieser Anordnung. Weiters wurde der Bw aufgefordert, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer eine verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Die Entziehungs-/Lenkverbotsdauer ende nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

 

Mit Spruchpunkt 3 wurde schließlich einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung im Interesse der Öffentlichkeit wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

 

Den angefochtenen Bescheid begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Mit unserem Mandatsbescheid vom 22. Mai 2013, zu ZI. VerkR21-456-2012, wurde Ihnen die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen. Gleichzeitig wurde Ihnen aufgetragen, eine Nachschulung zu absolvieren sowie ein amtsärztliches Gutachten und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen, weil Sie am 8. Dezember 2012 gegen 5 Uhr 10 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben.

 

Gegen diesen Mandatsbescheid haben Sie mit Schriftsatz vom 7. Juni 2013 fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben. Begründend führten Sie darin im Wesentlichen aus, dass der Alkotest einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,77 mg/l ergeben habe. Da der genaue Unfallzeitpunkt nicht mehr eruiert werden könne, könne auch die Rückrechnung auf 0.84 mg/l nicht objektiv nachgewiesen werden.

 

Darüber wurde erwogen:

 

Die Behörde hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

 

Sie haben am 8. Dezember 2012 um 5 Uhr 10 in Thalheim bei Wels auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere auf der Lange Gasse das Kraftfahrzeug der Marke VW mit dem Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt.

 

Ein bei Ihnen am Tattag um 6 Uhr 47 durchgeführter Alkotest ergab einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,77 mg/l und ergibt sich nach Rückrechnung, welcher ein Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde zu Grunde gelegt wurde, zum Lenkzeitpunkt ein Alkoholisierungsgrad von wenigstens 0,84 mg/l.

 

Aufgrund dieser Übertretung wurden Sie mit unserem Straferkenntnis vom 17. Dezember 2012 zu VerkR96-13392-2012 nach § 99 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 5 Abs. 1 StVO - infolge Zurückziehung der Berufung (vgl. VwSen-167517 vom 6. Mai 2013) - rechtskräftig bestraft.

 

Beweiswürdigung:

 

Der Sachverhalt steht aufgrund des rechtskräftigen Straferkenntnisses fest, sodass die Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens unterbleiben konnte.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Es folgt die Zitierung einschlägiger Rechtsvorschriften. Im Anschluss setzt die belangte Behörde wie folgt fort:

 

Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. zB. VwGH 96/03/0121) muss die Führerscheinbehörde das rechtskräftige Straferkenntnis ihrem Bescheid zugrunde legen und ist nicht mehr befugt, von einer eigenen Beurteilung der Vorfrage Gebrauch zu machen. Die Führerscheinbehörde hat sich daher mit Fragen, die die Verwirklichung dieses entziehungsrelevanten Deliktes betreffen, nicht mehr auseinanderzusetzen.

 

In diesem Sinne ist es uns daher verwehrt, auf die Frage, ob im Bezug habenden Verwaltungsstrafverfahren der Tatzeitpunkt und damit die darauf basierende Rückrechnung, richtig festgestellt wurden, einzugehen.

 

Es liegt damit eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG vor, welche eine Entziehung der Lenkberechtigung gebietet.

 

Zudem sind eine verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten über Ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und eine Nachschulung anzuordnen.

 

Die erkennende Behörde verweist in Bezug auf die verhängte Entziehungsdauer darauf, dass die vom Gesetzgeber in der Bestimmung des § 26 Abs. 2 Ziffer 5 FSG normierte Mindestentzugsdauer das zusätzliche Verschulden eines Verkehrsunfalls nicht mitberücksichtigt.

 

Es liegen daher Umstände vor, die aufgrund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung, die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer, als der in § 26 Abs. 2 Ziffer 5 FSG genannten Mindestentzugsdauer erforderlich machen (vgl. VwSen-523394/10 vom 7. Juni 2013 U.A.).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Vorstellung abzuweisen.

 

2. Gegen den in Rede stehenden Bescheid erhob der Bw mit Schreiben vom 9. Juli 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Wörtlich führt der Bw im Rechtsmittel wie folgt aus:

 

Richtig ist, dass der Berufungswerber am 08.12.2012 einen Verkehrsunfall hatte. Richtig ist auch, dass ein bei ihm am 08.12.2012 um 6.47 Uhr durchgeführter Alkotest einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,77 mg/l ergab. Der genaue Unfallzeitpunkt war jedoch nicht 5.10 Uhr. Der genaue Unfallzeitpunkt kann nicht mehr eruiert werden. Die Rückrechnung auf 0,84 mg/l kann daher nicht objektiv nachgewiesen werden.

 

Der Berufungswerber ist seit 30.03.2013 als persönlich haftender Gesellschafter der x selbständig tätig und daher sehr auf die Lenkberechtigung angewiesen, da er zu verschiedenen Baustellen fahren muss.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die im angefochtenen Bescheid angeordnete Entzugsdauer von 12 Monaten zu lang bemessen. Dieser Vorfall war für den Berufungswerber eine große Lehre und wird er künftig mit Sicherheit kein Fahrzeug im alkoholisierten Zustand lenken. Zudem ist er nun auch aufgrund seiner beruflichen Situation auf die Lenkberechtigung angewiesen und wird keine erneute Entziehung der Lenkberechtigung riskieren.

 

Der Berufungswerber stellt daher die ANTRÄGE,

 

1. den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Entziehungs-dauer der Lenkberechtigung wesentlich herabgesetzt sowie von der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitlich Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie von der Anordnung einer Nachschulung abgesehen wird, sowie

 

2. eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 12. Juli 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

Auf Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hin reichte die belangte Behörde mit E-Mail vom 25. Juli 2013 Unterlagen betreffend bisherige Alkoholdelikte des Bw im Straßenverkehr nach.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der Sachverhalt für eine Entscheidung ausreichend geklärt ist und der Bw seinen diesbezüglichen Antrag zurückgezogen hat.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem, soweit ersichtlich unstrittigem Sachverhalt aus:

 

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 17. Dezember 2012, VerkR96-13392-2012, wurde der Bw einer Übertretung der §§ 5 Abs 1 iVm 99 Abs 1 lit a StVO 1960 für schuldig erkannt, weil er am 8. Dezember 2012 um 05.10 Uhr das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Gemeinde Thalheim bei Wels, Lange Gasse vor der Einmündung in die P.B. Rodlbergerstraße, gelenkt hat. Der Begründung ist zudem zu entnehmen, dass der Bw einen Verkehrsunfall verursacht hat. Das Straferkenntnis ist – infolge einer Zurückziehung der ursprünglich dagegen eingebrachten Berufung – in Rechtskraft erwachsen.

 

Dem Bw wurde weiters mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 30. Dezember 2009, VerkR21-15444-2009, die Lenkberechtigung für die Dauer von zehn Monaten und zwei Wochen entzogen wurde, weil er am 19. Dezember 2009 ein Kraftfahrzeug mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,65 mg/l gelenkt, einen Verkehrsunfall verursacht und Fahrerflucht begangen hat. Am 14. Juni 2008 verwirklichte der Bw zudem eine Übertretung des § 14 Abs 8 FSG.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 24 Abs 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A1, A2, A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

  1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs 3 achter Satz oder
  2. um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

Bei besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden. Dies ist auch dann möglich, wenn der Betreffende die Lenkberechtigung für die Klasse AM nur im Wege des § 2 Abs Z 7 besitzt.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs 1 Z 2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 FSG gilt eine Person dann als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 hat gemäß § 7 Abs 3 Z 1 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl 1991/566, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 99 Abs 1 lit a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung "wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt“.

 

Gemäß § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs 1 genannten und in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 begangen, ist gemäß § 26 Abs 2 Z 5 FSG die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens zehn Monaten zu entziehen.

 

Gemäß § 30 Abs 2 FSG hat die Behörde einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln.

 

Gemäß § 24 Abs 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a eine Nachschulung anzuordnen:

  1. wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
  2. wegen einer zweiten in § 7 Abs 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder
  3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 oder 1a StVO.

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, bei Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1b StVO innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO jedoch eine Nachschulung anzuordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs 1 StVO ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

4.2.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 17. Dezember 2012, VerkR96-13392-2012, wurde der Bw rechtskräftig einer Übertretung der §§ 5 Abs 1 iVm 99 Abs 1 lit a StVO 1960 für schuldig erkannt, weil er am 8. Dezember 2012 um 05.10 Uhr das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Gemeinde Thalheim bei Wels, Lange Gasse vor der Einmündung in die P.B. Rodlbergerstraße, gelenkt und einen Verkehrsunfall verursacht hat. Die Verwaltungsübertretung stellt eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 FSG dar.

 

Hinsichtlich der in der vorliegenden Berufung vom Bw versuchten Relativierung der von der belangten angenommenen Höhe der diesem Verfahren zugrundeliegenden Alkoholisierung ist festzuhalten: Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, stellt die Frage, ob eine Person eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 FSG verwirklicht hat, eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Eine bereits vorliegende rechtskräftige Entscheidung hat – soweit die Rechtskraft reicht – für die Behörde, für die die Frage, auf die sich die Entscheidung bezieht, eine Vorfrage bildet, entsprechend dem Grundsatz der gegenseitigen Bindung der Behörden an ihre Entscheidungen unter allen Umständen bindende Wirkung. Eine eigene Beurteilung durch die Behörde ist in diesen Fällen nicht mehr zulässig; die Behörde ist vielmehr verpflichtet, die so entschiedene Frage ihrem Bescheid zugrundezulegen (vgl etwa VwGH 25.4.2006, 2004/11/0319 e contrario). Ausgehend von dieser Rechtslage hat(te) die belangte wie nunmehr auch die erkennende Behörde die Verpflichtung, im Hinblick auf die rechtskräftig Bestrafung des Bw wegen einer Übertretung des § 99 Abs 1 lit a StVO 1960 davon auszugehen, dass der Bw diese Verwaltungsübertretung auch begangen hat.

 

4.2.2. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges unter Alkoholeinfluss zählt zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit (VwGH 27.2.2004, 2002/11/0036) und ist als besonders verwerflich und gefährlich zu qualifizieren.

 

Gemäß § 26 Abs 2 Z 5 FSG beträgt die Entziehungsdauer mindestens zehn Monate, wenn beim beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs 1a StVO 1960 begangen wird.

 

Dem Bw wurde mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Grieskirchen vom 30. Dezember 2009, VerkR21-15444-2009, die Lenkberechtigung für die Dauer von zehn Monaten und zwei Wochen entzogen wurde, weil er am 19. Dezember 2009 ein Kraftfahrzeug mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,65 mg/l gelenkt, einen Verkehrsunfall verursacht und Fahrerflucht begangen hat.

 

Da die in § 26 Abs 2 Z 5 FSG enthaltene „Tilgungsfrist“ von fünf Jahren noch nicht abgelaufen ist, ist die zitierte Norm im gegenständlichen Fall einschlägig und die vom Gesetzgeber vorgegebene Mindestentzugsdauer für das vom Bw gesetzte Verhalten beträgt zehn Monate; eine Unterschreitung durch die Behörde wäre unzulässig.

 

In concreto wurde dem Bw die Lenkberechtigung für die Dauer von zwölf Monaten entzogen und damit die Mindestentzugsdauer um zwei Monate überschritten.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich kann der belangten Behörde hinsichtlich der Bemessung der Entzugsdauer vor dem Hintergrund nicht entgegengetreten werden, als der Bw bereits mehrfach zu erkennen gegeben hat, dass er die gesetzlichen Regelungen betreffend Alkohol am Steuer nicht einzuhalten gedenkt. Der Bw hat am 14. Juni 2008 eine Übertretung des § 14 Abs 8 FSG, am 19. Dezember 2009 eine Übertretung des § 99 Abs 1a StVO 1960 und nunmehr eine solche des § 99 Abs 1 lit a leg cit verwirklicht. Anstelle aus seinem ersten Fehlverhalten zu lernen, hat er in weiterer Folge die Alkoholisierung deutlich gesteigert und im Rahmen der Übertretung des § 99 Abs 1a StVO 1960 einen Verkehrsunfall verursacht sowie Fahrerflucht begangen. Selbst die daraus resultierenden Folgen konnten das Unrechtsbewusstsein des Bw nicht ausreichend prägen, da er daraufhin mit einem noch höheren Alkoholisierungsgrad wiederum als Lenker eines Kraftfahrzeuges in Erscheinung trat. Dass er auch im diesem Verfahren zugrundeliegenden Fall einen Verkehrsunfall verursacht hat, indem er mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn abgekommen ist, hat außer Betracht zu bleiben, und könnte allenfalls zu einer noch längeren Entzugsdauer führen.

 

Angemerkt wird, dass es sich bei der Entziehung der Lenkberechtigung um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen handelt (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0108). Persönliche und berufliche Interessen des Bw am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung daher aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben.

 

Prima vista wäre die Berufung daher als unbegründet abzuweisen. Die belangte Behörde übersieht jedoch, dass der Entzug der Lenkberechtigung für die Dauer der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit der alkoholisierten Person gilt, die ab der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts, in concreto ab dem 8. Dezember 2012, zu bemessen ist. Eine Entziehung bis zum 11. Mai 2014 würde bedeuten, von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Bw von mehr als 17 Monaten auszugehen. Eine derart lange Verkehrsunzuverlässigkeit vermag der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch nicht zu erblicken.

 

Es war daher Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides dahingehend abzuändern, als die Entzugsdauer auf die vom Gesetzgeber normierte Mindestdauer von zehn Monaten herabzusetzen war.

 

4.2.3. Nach der letzten FSG-Novelle (14. Novelle zum FSG, BGBl I 2011/61) ist nunmehr – seit 19. Jänner 2013 – nach § 30 Abs 2 FSG einem Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung mit Wohnsitz in Österreich die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Deshalb war der letzte Absatz des Spruchpunktes I. des erstinstanzlichen Bescheides entsprechend zu modifizieren.

 

4.3. Die Anordnung der begleitenden Maßnahmen in Spruchpunkt II. ist bei einer Übertretung des § 99 Abs 1 StVO 1960 durch den Gesetzgeber zwingend vorgesehen, und es besteht für die Behörde keinerlei Wertungsspielraum.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2.    Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Markus Zeinhofer