Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531356/2/Bm/BRe/Ka

Linz, 13.09.2013

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der x GmbH, vertreten durch x GmbH, x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15.5.2013, BZ-BA-3011-2012 Ho, betreffend die Vorschreibung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm §§ 67a Abs. 1 und 58 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) und § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.            Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. 5. 2013, BZ-BA-3011-2012, wurde der x GmbH (in der Folge: Bw), x, hinsichtlich der bestehenden Betriebsanlage im Standort x, folgende Zwangsmaßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 aufgetragen:

 

Zur Einhaltung des Bescheidkonsenses für die Betriebsanlage am Standort x, MA2-GeBA-57-1992 und MA2-GeBA-77-1993 vom 19.9.1994 wird das Betreiben von LKW-Kühlaggregaten im Dieselbetrieb auf den Park- bzw. Abstellflächen der x GmbH, x sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit untersagt.“

2.            Gegen diesen Bescheid hat die Bw durch ihre anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen vorgebracht, die Bw betreibe einen Großhandelsbetrieb mit frischem Obst und Gemüse. Die Zentrale befinde sich am Standort x.

Für die gewerbliche Betriebsanlage würden am Standort der Unternehmenszentrale die Genehmigungsbescheide insbesondere vom 19.9.1994, MA2-GeBA-57-1992 und MA2-GeBA-77-1993, vom 29.11.2007, BZ-BA-0064-2007, sowie vom 30.7.2012, BZ-BA-0072-2011 Ho, vorliegen.

 

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15.11.2012 sei gegenüber der Bw unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 360 Abs. 1 Satz 2 GewO angeordnet worden, „den bescheidkonformen Zustand binnen einer Frist von einer Woche herzustellen und das Betreiben von LKW-Kühlaggregaten im Dieselbetrieb auf den Park- bzw. Abstellflächen der x GmbH, x, sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit zu unterlassen“.

Mit Schriftsatz vom 26.11.2009 (gemeint wohl 2012) habe die Bw dazu ausführlich Stellung genommen und darauf verwiesen, dass keine Einschränkung hinsichtlich des Betriebes der Kühlaggregate bestehe und insbesondere das Laufenlassen von LKW-Kühlaggregaten zur Tagzeit vom Genehmigungskonsens erfasst sei. Unter einem sei von der Bw vorsorglich und unpräjudiziell gemäß § 78 Abs. 2 GewO beantragt worden, von der Verpflichtung zur Herstellung des Zustandes, dass das Betreiben von LKW-Kühlaggregaten im Dieselbetrieb auf den Park- bzw. Abstellflächen im Standort x, sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit unterlassen werde, Abstand zu nehmen. Die Bw habe in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass somit ein Bescheid nach § 360 Abs. 1 GewO nicht ergehen dürfe. Dennoch habe die Erstbehörde den bekämpften Bescheid erlassen.

Begründend stütze sich die Erstbehörde insbesondere darauf, dass am 18.4.2013 bei der Bw eine gewerbebehördliche Überprüfung vorgenommen und hierbei dienstlich bei zwei näher bezeichneten LKW das Parken bzw. Verweilen auf dem Betriebsanlagengelände der Bw mit laufenden dieselbetriebenen Kühlaggregaten wahrgenommen worden sei. Die x GmbH, die für die seinerzeitigen Genehmigungsverfahren die lärmtechnischen Projekte erstellt habe, habe bekanntgegeben, dass in diesen Projekten sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit auf den gegenständlichen LKW Abstellplätzen keine Kühlaggregate im Dauerbetrieb berücksichtigt worden seien.

Im Bescheid des UVS Oö vom 30.10.2008, VwSen-530793/2/Bm/Sta, finde sich die klare Aussage, dass die Kühlaggregate nicht betrieben werden dürften. Es sei daher mit dem gegenständlichen Bescheid vorzugehen gewesen; der Antrag gemäß § 78 Abs. 2 GewO sei zum einem zeitlich nach der Verfahrensanordnung gestellt worden, zum anderen beziehe sich diese Ausnahme gemäß dem Wortlaut von § 360 Abs. 1 GewO lediglich auf § 367 Ziffer 25 GewO, nicht aber auf § 366 Abs. 1 Ziffer 3 GewO.

Unbestritten sei, dass die Bw am Standort x, eine gewerbliche Betriebsanlage betreibe, die gewerbebehördlich genehmigt sei. Gegen den Geschäftsführer der Bw sei von Seiten der Behörde wegen angeblicher Überschreitungen des gewerbebehördlichen Konsenses bereits mehrere Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Diese Verwaltungsstrafverfahren würden in divergierenden Auffassungen betreffend die Frage, ob die Grundlagen einer schalltechnischen Projektergänzung der Firma x vom 2.3.1994 bzw. der Befund eines Amtssachverständigen in einer Verhandlungsschrift als Bestandteil des Genehmigungskonsenses gelten und diesen einzuschränken vermögen, resultieren. Auch dem bekämpften Bescheid liege die Auffassung zu Grunde, dass der Dieselbetrieb von LKW-Kühlaggregaten auf den Park- bzw. Abstellflächen der Bw im Standort x, nicht zulässig sei. Die Bw vertrete dagegen die Ansicht, dass das Laufenlassen von dieselbetriebenen LKW-Kühlaggregaten unbeschränkt, zumindest aber zur Tagzeit vom Genehmigungskonsens erfasst sei und keiner gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfe. Folge man dieser Rechtsauffassung, so wäre das von der Gewerbebehörde am 18.4.2013 wahrgenommene Verhalten vom Genehmigungskonsens gedeckt. Das (vermeintlich) der Verfahrensanordnung vom 15.11.2012 zuwiderlaufende Verhalten am 18.4.2013 solle offenbar aus bloß akustischen Wahrnehmungen von spezifischen Lärmbeeinträchtigungen abgeleitet werden.

Dem werde Folgendes entgegengehalten: Nicht einmal dann, wenn man sich direkt neben einem LKW, dessen Motor laufe, befinde, sei in jedem Fall wahrnehmbar bzw. optisch und akustisch unterscheidbar, ob das Motoraggregat oder ein Kühlaggregat betrieben werde. Dies gelte auch und insbesondere im Lichte des Umstandes, dass viele LKW Seitenspoiler aufweisen würden, die die Lärmwirkung eines – unzweifelhaft konsensgemäßen - Motoraggregats eines LKWs potenzieren könnten. In diesem Lichte sei – zumal intern schon rein aus Vorsichtsgründen die strikte Anweisung bestehe, den Betrieb von Dieselkühlaggregaten auf den Parkplätzen zu unterlassen – am 18.4.2013 in Wahrheit kein Betrieb von LKW-Dieselkühlaggregaten gegeben gewesen und sei der Verfahrensanordnung somit nicht zuwidergehandelt worden. Der bekämpfte Bescheid leide an Rechtswidrigkeit infolge entscheidungswesentlicher Feststellungsmängel.

Der Bescheid vom 19.9.1994 sehe im Spruch keine konkrete Beschränkung des Betriebs von LKW-Kühlaggregaten vor; insbesondere fehle eine entsprechende auflagenmäßige Beschränkung. Der Hinweis der Behörde auf eine Verhandlungsschrift vom 5.4.1994 und ein schalltechnisches Projekt vom 2.3.1994 vermöge diese Bestimmtheits- und Vollstreckbarkeitsmängel nicht zu kompensieren. Nach der Judikatur des VwGH könnten nämlich aus Unterlagen nur dann rechtsverbindliche Verhaltensanordnungen abgeleitet werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt seien:

a)    Im Spruch müsse zumindest ein Verweis auf die Unterlage enthalten sein.

b)    Die Unterlage müsse dem Bescheid angeschlossen sein. 

c)    Der Inhalt der Unterlage müsse eindeutig sein, also konkrete Ge- und Verbote enthalten.

 

Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall nicht erfüllt, weil

a)  im Bescheid aus 1994 kein ausdrücklicher Verweis auf das schalltechnische Projekt enthalten sei,

b)           diesem Bescheid das schalltechnische Projekt nicht angeschlossen sei und

c)  das schalltechnische Projekt nur deskriptive Beschreibungen, aber keine normativen Ge- oder Verbote enthalte.

Das schalltechnische Projekt sei daher kein begrenzender Bestandteil des Betriebsanlagenkonsenses. Dazu sei weiters zu berücksichtigen, dass für einen Betrieb wie jenen der Bw die ununterbrochene Einhaltung der Kühlkette eine unabdingbare Voraussetzung für die vertragsgemäße Lieferung von Frischobst und Frischgemüse an Abnehmer darstelle und die Kühlung auch lebensmittelrechtlich geboten sei. Sämtliche Beschneidungen der Betriebsabläufe, die die Qualität der Frischwaren gefährden, würden für das Unternehmen der Bw eine akute Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen darstellen. Ferner fehle selbst im schalltechnischen Projekt jedwede Angabe, auf welchen Zeitraum und auf welche Bereiche innerbetriebliche Fahrbewegungen in welcher Beurteilungsperiode bezogen seien bzw. verteilt werden könnten und inwiefern Beschränkungen des Betriebs von LKW-Kühlaggregaten insbesondere während des Tages und auch in der Nacht vorzunehmen seien. Einschränkungen hinsichtlich der Verladetätigkeiten oder gar von Tätigkeiten, die nicht am Freigelände der Betriebsanlage vorgenommen werden, seien ebenso nicht enthalten.

Mangels ausreichender Bestimmtheit könnten die Aussagen des schalltechnischen Projekts keine rechtsverbindliche Wirkung entfalten. Die Bw sei der Auffassung, dass die dem Genehmigungsbescheid zugrundeliegende Anlagenbeschreibung den Genehmigungskonsens nicht notwendig begrenze. Unerhebliche Abweichungen und Änderungen könnten vorgenommen werden, ohne dass eine Konsensänderung erwirkt werden müsse. Insofern sei von einer gewissen Elastizität des Genehmigungskonsenses auszugehen. Wie elastisch der Genehmigungskonsens sei, hänge maßgeblich vom Grad der Konkretisierung des Genehmigungsgegenstandes und der Formulierung der belastenden Nebenbestimmungen durch die Behörde ab.

Die gegenständlichen Tätigkeiten seien als gewerbetypisch anzusehen, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Nachweis einer ununterbrochenen Kühlkette für Frischobst und Frischgemüse nicht nur lebensmittelrechtlich geboten, sondern auch aufgrund der branchenüblichen vertraglichen Lieferverpflichtungen zwingend erforderlich sei. Darüber hinaus widerspreche die von der Erstbehörde vertretene Auffassung, dass der Betrieb von LKW-Kühlaggregaten auch zur Tageszeit konsenswidrig sei, ihrer bisherigen auch bescheidmäßig dokumentierten Rechtsansicht.

Im Bescheid der Gewerbebehörde vom 28.3.2008 werde in der Begründung ausdrücklich auf einen schalltechnischen Emissionsvergleich vom 2.10.2007, erstellt, von x GmbH, Bezug genommen und daraus wie folgt zitiert: „...Hinsichtlich der Kühlaggregate ist anzunehmen, dass dieses laut Angaben der x GmbH & CO KG am Parkplatz in den Nachtstunden nicht betrieben werden“ und daraus geschlossen, dass der Genehmigungszustand derart eingeschränkt sei, dass während der Nachtzeit kein Laufenlassen von LKW-Kühlaggregaten genehmigt sei.

Über die Berufung gegen den zitierten Bescheid sei vom UVS Oberösterreich in seinem Erkenntnis vom 30.10.2008 dann auch explizit auf die Frage des Laufenlassens der LKW-Kühlaggregate Bezug genommen und festgestellt worden, dass nach Ansicht des UVS auch für die erstinstanzliche Behörde außer Frage stehe, dass das Laufenlassen von LKW-Kühlaggregaten zur Tagzeit durch die Anführung im schalltechnischen Bericht vom Genehmigungskonsens erfasst sei. Nach Auffassung der Bw bestehe ohnedies keine Einschränkung hinsichtlich des Betriebs der Kühlaggregate, aber selbst nach der bescheidmäßig dokumentierten Rechtsansicht der zuständigen Gewerbebehörde und auch des UVS im Land Oberösterreich sei der Betrieb der Kühlaggregate während der Tageszeit vom Genehmigungskonsens erfasst, weshalb der bekämpfte Bescheid nicht den Voraussetzungen des § 360 Abs. 1 GewO entspreche. Unstrittig sei zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheids bei der Gewerbebehörde ein auf § 78 Abs. 2 GewO gestützter Antrag der Bw, von der Verpflichtung zur Herstellung des Zustandes, dass das Betreiben von LKW-Kühlaggregaten im Dieselbetrieb auf den Park- bzw. Abstellflächen im x, sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit unterlassen werde, Abstand zu nehmen, anhängig. Ebenso unstrittig dürfe im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens nach § 78 Abs. 2 GewO schon eine Verfahrensanordnung nach § 360 Abs. 1 GewO nicht ergehen. Argumentum a minor ad maius gelte dies erst recht zwingend für einen Bescheid nach der genannten Gesetzesstelle, sodass für die Rechtsfolge der Unzulässigkeit eines Bescheides nach § 360 Abs. 1 Satz 2 GewO nicht relevant sei, ob ein Antrag nach § 78 Abs. 2 GewO vor oder nach Ergehen einer Verfahrensanordnung gestellt worden sei. Abgesehen davon spreche § 367 Z 25 GewO lediglich den Fall an, dass vom Betriebsanlageninhaber Gebote oder Verbote nach Verordnungen oder in Bescheiden vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge nicht einhalte. Darauf würden die im § 360 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GewO erwähnten Bestimmungen des § 82 Abs. 3 GewO und § 79c GewO abstellen. Die in § 360 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GewO ebenfalls angeführte Bestimmung des § 78 Abs. 2 GewO habe aber freilich nicht die Abweichung von einer Verordnung oder die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen zum Gegenstand, dienen sie jedoch gerade nicht dazu, eine im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vom Inhaber der Betriebsanlagengenehmigung unbekämpft gebliebene oder erfolglos bekämpfte Auflage nachträglich zu beseitigen oder durch eine andere Vorschreibung zu ersetzen. Bei richtiger Interpretation sei § 360 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GewO somit dahin auszulegen, dass er nicht nur die Fälle des § 367 Z 25 GewO, sondern auch jene des § 366 Abs. 1 Z 2 und 3 GewO erfasse, wäre doch andernfalls unerfindlich, warum auch § 78 Abs. 2 GewO erwähnt sei, zumal dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, Regelungen angeordnet zu haben, die ins Leere laufen.

 

Es werde sohin der Antrag gestellt,

die Berufungsbehörde wolle dieser Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die gegenständliche Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Im Grunde des § 67 a Abs. 1 AVG ist für die Entscheidung über diese Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu BZ-BA-3011-2012.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67 d Abs. 1 AVG entfallen, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und die Durchführung einer solchen vom erkennenden Mitglied im Hinblick auf die eindeutige Sachlage aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht für erforderlich gehalten wurde.

 

5. Der OÖ. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderliche Genehmigung (Z3).

 

5.2. Voraussetzung für eine Maßnahme nach § 360 Abs.1 GewO 1994 ist demnach das Vorliegen eines Verdachtes einer derartigen Übertretung.

Im vorliegenden Fall wird der Bw die konsenslose Änderung der im Standort x bestehenden Betriebsanlage durch Betreiben von LKW-Kühlaggregaten auf dem Betriebsgelände sowohl zur Tag- als auch zur Nachtzeit vorgeworfen.

Zu prüfen ist daher, ob tatsächlich keine Betriebsanlagengenehmigung für das Betreiben dieser LKW-Kühlaggregate zur Tag- und Nachtzeit vorliegt.

 

Hierzu ist auszuführen, dass sich der Oö. Verwaltungssenat bereits im Erkenntnis vom 30.10.2008, VwSen-530793/2/Bm, mit dieser Frage auseinandergesetzt hat.

Um Wiederholungen zu vermeiden wird auf die diesbezüglich Begründung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenat verwiesen und die darin enthaltene Rechtsauffassung aufrecht erhalten.

Im Ergebnis wurde darin festgestellt, dass der Betrieb von LKW-Kühlaggregaten auf den Park- bzw. Abstellflächen der Betriebsanlage der Bw zwar zur Tageszeit vom bestehenden gewerbebehördlichen Konsens erfasst sind, nicht jedoch zur Nachtzeit.

Dieses Erkenntnis wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt.

Von der Erstbehörde wurde im angefochtenen Bescheid auch auf dieses Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates verwiesen und ausgeführt, in diesem Erkenntnis sei folgende Passage aus dem schalltechnischen Bericht vom 2.3.1994, GZ: 93A1302T zitiert: „Hinsichtlich der Kühlaggregate ist anzumerken, dass diese laut Angaben der x GmbH und Co KG am Parkplatz nicht betrieben werden dürfen“. Daraus ableitend ergebe sich, dass der Betrieb der LKW Kühlaggregate von keiner Betriebsanlagengenehmigung erfasst sei.

Hierzu ist jedoch auszuführen,  dass diese Passage im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates falsch zitiert ist. Die im schalltechnischen Projekt vom 2.3.1994, GZ:93A1302T, zitierte Passage lautet vielmehr:

Hinsichtlich der Kühlaggregate ist anzumerken, dass diese lt. Angaben der x GmbH und Co KG am Parkplatz in den Nachtstunden (Hervorhebung nicht im Original) nicht betrieben werden dürfen“

Dass es sich im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates um einen Zitierfehler handelt, ergibt sich eindeutig aus der weiterfolgenden Begründung des Erkenntnisses, die  eindeutig von einem bestehenden Konsens für den Betrieb der LKW-Kühlaggregate zur Tageszeit ausgeht.

Ebenso hätte die Einsichtnahme in das schalltechnische Projekt vom 2.3.1994 durch die Erstbehörde gezeigt, dass es sich um einen reinen Zitierfehler handelt.

Abgesehen davon ist die Erstbehörde selbst bereits im Bescheid vom 28.3.2008, BZ-BA-0020-2008, von einem bestehenden Konsens zur Tagzeit hinsichtlich der LKW-Kühlaggregate ausgegangen.

 

5.3. Nicht vom Konsens erfasst ist hingegen der Betrieb der LKW-Kühlaggregate zur Nachtzeit, da ein Nachtbetrieb im schalltechnischen Projekt, dessen Inhalt  dem Genehmigungsbescheid zu Grunde liegt, nicht angeführt wird. Hierzu wird ebenfalls auf das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 30.10.2008, VwSen-530793/2/Bm, verwiesen.

Der Rechtsansicht der Bw, das schalltechnische Projekt sei nicht Bestandteil des Genehmigungsbescheides, kann nicht gefolgt werden. Diese Annahme würde auch bedeuten, dass das Betreiben von Kühlaggregaten weder zur Tag- noch zur Nachtzeit vom Genehmigungskonsens erfasst ist. Die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung darf nämlich nur auf Grund eines entsprechenden Ansuchens, dem bestimmte Unterlagen anzuschließen sind, erfolgen. Das Ansuchen und die Projektsunterlagen bestimmen auch den Umfang der Entscheidungsbefugnis der Genehmigungsbehörde. Wenn die Bw von „einer gewissen Elastizität des Genehmigungskonsenses“ spricht, verkennt sie den im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren geltenden Grundsatz des Projektverfahrens.   

 

Davon ausgehend, dass für das Betreiben der LKW-Kühlaggregate zur Nachtzeit eine Genehmigung nicht vorliegt, ist grundsätzlich auch ein Vorgehen nach § 360 Abs.1 GewO 1994 möglich, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorliegen.

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der GewO 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.

Eine weitere Voraussetzung für die Verfügung einer einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme stellt zum einen die Erlassung einer Verfahrensanordnung und zum anderen das Nichtbefolgen dieser Verfahrensanordnung dar.

Gegenständlich wurde mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15.11.2012 eine solche Verfahrensanordnung erlassen und darin die Bw aufgefordert, binnen einer Frist von einer Woche den bescheidkonformen Zustand herzustellen und das Betreiben von LKW-Kühlaggregaten im Dieselbetrieb auf den Park- bzw Abstellflächen der x GmbH, x, sowohl zur Tagzeit als auch zur Nachtzeit zu unterlassen.

Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Verfahrensanordnung wurde von der Erstbehörde am 15.4.2013 bei der gegenständlichen Betriebsanlage ein Lokalaugenschein vorgenommen und festgestellt, dass zur Tagzeit (im Zeitraum zwischen 15.30 Uhr und 16.10 Uhr) am Betriebsgelände LKW mit ständig laufenden Dieselkühlaggregaten abgestellt waren.

Dieser Betrieb ist, wie oben ausgeführt, jedoch zur Tagzeit vom Konsens umfasst; über einen Betrieb von LKW-Kühlaggregaten zur Nachtzeit nach Erlassung der Verfahrensanordnung liegen keine Feststellungen vor.

 

Da somit zur Tagzeit ein konsensgemäßer Betrieb der LKW-Kühlaggregate vorliegt, zur Nachtzeit ein solcher Betrieb nicht festgestellt wurde und damit die Nichtbefolgung der Verfahrensanordnung nicht angenommen werden kann, war der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

Obwohl für das gegenständliche Verfahren nicht von Relevanz, ist aus verfahrensökonomischen Gründen auszuführen, dass § 78 Abs.2 GewO 1994 (nunmehr § 79c Abs.2) kein geeignetes Instrumentarium darstellt, um einen Genehmigungskonsens für einen zwar genehmigungspflichtigen, aber bisher nicht genehmigten Betriebsablauf zu erlangen; hierfür ist, sofern die Voraussetzungen vorliegen, nach wie vor § 81 GewO 1994 maßgeblich.    

 

Aus sämtlichen oben dargestellten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Gebühren in der Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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