Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730762/2/BP/WU

Linz, 11.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 26. Juli 2013, Zl. 1006122/FP/13, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines für die Dauer von 7 Jahren befristeten Einreiseverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels) vom 23. September 2010, Zl. 1-1006122/FP/10, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 60 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

1.2. Mit Erkenntnis vom 23. August 2011, VwSen-730294/3/Wg/Gru, gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der Berufung des Bw vom 11. Oktober 2010 teilweise statt und der bekämpfte Bescheid wurde mit der Maßgabe bestätigt, dass das Einreiseverbot mit 7 Jahren festgesetzt wird.

1.3. Mit Erkenntnis vom 29. September 2011, Zl. AW 2011/21/0121-4, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag des Bw, der erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, statt.

 

1.4. Mit Erkenntnis vom 28. August 2012, Zl. 2011/21/0224-12, lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde des Bw ab.

 

1.5. Mit Bescheid vom 26. Juli 2013 wies die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, einen Antrag des Bw auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 2. Mai 2013 zurück.

 

Begründend führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Sie sind Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Zi. 1 FPG, weil Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann die Dauer eines Einreiseverbotes von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag auf die Hälfte herabgesetzt werden, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither ein Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat.

Seitens der Behörde wurden auch sonst keine Gründe gesehen, das Einreiseverbot von Amts wegen aufzuheben.

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid vom 23.09.2010 wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Einer durch Ihre Rechtsvertretung Mag. x, eingebrachte Berufung dagegen wurde mit Erkenntnis des UVS des Landes OÖ. vom 23.08.2011 teilweise stattgegeben und der bekämpfte Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Einreiseverbot mit 7 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Änderung des Aufenthaltsverbotes zu einem Einreiseverbot wurde die rechtliche Hinsicht im Erkenntnis ausreichend erklärt.

Da Sie einer mit dem UVS Erkenntnis übermittelten Ausreiseverpflichtung vom 24.08.2011, übernommen von einer Mitarbeiterin der Kanzlei Mag. x am 26.08.2011, nicht nachgekommen waren, wurden Sie am 16.09.2011 nach Mazedonien abgeschoben. Das Einreiseverbot ist somit gemäß § 53 Abs. 4 FPG bis 16.09.2018 gültig.

Einer dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 29.09.2011 die aufschiebende Wirkung zuerkannt und Sie konnten wieder in das Bundesgebiet einreisen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.08.2012 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und wurde Ihnen am 17.09.2012 eine Ausreiseverpflichtung übermittelt.

Am 24.09.2012 langte eine von Ihrem Bevollmächtigten C, Wien, vom 20.09.2012 verfasste Bekanntgabe der Bevollmächtigung, Mitteilung wegen Erwägung einer Beschwerde und Antrag um Aufhebung der Ausreiseverpflichtung, ein.

Mit Frau Mag. S wurde am 24.09.2013 telefonisch abgeklärt, dass die Vollmacht für die Kanzlei Mag. S weiterhin aufrecht ist. Seitens der Kanzlei S wurden keine Anträge gestellt.

Da Sie der Ausreiseverpflichtung vom 17.09.2012 nicht nachkamen, wurden Sie am 21.11.2012 nach Mazedonien abgeschoben.

Am 13.05.2013 langte der bezughabende Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes ein.

Da gemäß § 60 Abs. 1 FPG die Dauer eines Einreiseverbotes von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag auf die Hälfte herabgesetzt werden kann, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither ein Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat, war Ihr Antrag abzuweisen.

Seitens der Behörde wurden auch sonst keine Gründe gesehen, das Einreiseverbot von Amts wegen aufzuheben.

 

1.6. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seinen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Telefax vom 15. August 2013 und führt wie folgt aus:

 

In umseits rubrizierter Verwaltungsrechtssache wurde der anzufechtende Bescheid - sofern man von einem solchen inhaltlich ausgehen kann - der Erstbehörde und deren Tatorgane, vom 26. 07. 2013. zu dortiger nunmehrigen Zahl: 1006122/FP/ 13, dem Bevollmächtigten des Antragstellers postalisch am 01. August 2013, durch Hinterlegung beim PA Wien» gem. §§ 2 Ziffer 3 und 4; 3 iVm § 22 ZustG zugestellt.

In casu ist somit der dies a quo zur rechtzeitigen Erhebung dieses zulässigen Rechtsmittels der 02. 08. 2013 und der der dies ad quem am 16. 08. 2013. Die Rechtzeitigkeit ist somit, unter Berücksichtigung der §§ 32, 33 Abs 1 bis 4 AVG iVm § 2 Ziffer 7 ZustG und S 1 FRG. jedenfalls gegeben.

Gemäß § 33. (1) gilt, dass der Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert werden.

Nach Abs 2 leg. dt. gilt, daas fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Als Feiertage im Sinne dieses Bundesgesetzes nach § 1 FRG (Feiertagsruhegesetz) gelten folgende Tage: Vorheriges Suchergebnis 1 Nächstes Suchergebnis. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Heilige Drei Konige), Ostermontag, Vorheriges Suchergeb-nislNächstes Suchergebnis. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingst-.montag, Fronleichnam, IS. August (Maria Himmelfahrt!. 26. Oktober (National­feiertag), Vorheriges Suchergebnis 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Maria Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten), 26. Dezember (Stephanstag).

Vorweg wird die schriftliche Mitteilung, über die postalische Änderung der Abgabe­stelle des Bevollmächtigten, vom 02. Mai 2013, wiederholt, da die Ergfoehörde diese bis dato unberücksichtigt ließ und den nunmehrigen anzufechtenden Bescheid an den Hauptwohnsitz des Bevollmächtigten sandte anstatt richtig an den Zweitwohnsitz des Bevollmächtigten; somit die 2. (zweite)

 

Mitteilung

an die Erstbehörde über die Änderung der Abgabestelle des Bevollmächtigten wie folgt ergeht:

 

x

 

Nach herrschender Rechtslehre und auch im Lichte der Judikatur gilt, dass immer jene Zustelladresse gilt welche die betreffende Person bzw. der Betroffene der Behörde bekannt gibt {vgl Zustellgesetz, Hrsg. proLIBRIS Stand 09/2011, S. 35 ff; vgl auch: OGH 22, 02. 1984 zu 1 Ob 1504/84; VwGH 23. 11, 2009, TL 2008/05/ 0272; u.v.a,m,;). Obwohl es sich bei der nunmehr bekanntgegebenen Abgabestelle bloß um den Zweitwohnsitz des Bevollmächtigten handelt (siehe amtliches Melderegister) war dennoch iSd § 8 iVm § 2 Ziffer 4 („...sonstige Unterkunft...") ZustG idgF vorzugehen.

 

Nunmehr wird gegen den betreffenden und eingangs erwähnten Bescheid der Erstbehörde innerhalb offener Rechtsmittelfrist eine

 

Berufungsvorentscheidung

 

beantragt und in eventu

 

B e r u f u n g

erhoben und nachstehendes Vorbringen als Begründung herangezogen wie folgt:

Entsprechend der gesetzlichen Regelung ist eine Antragstellung für eine Berufungsvorentscheidung jedenfalls zulässig und dann notwendig, wenn die Erstbehörde den bisherigen Verfahrensstand und deren Beweiswürdigung unrichtig oder falsch wertete [Walter/'Kolonovits/'Mussak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 534/1, $.313 ff).

Dies ist im gegenständlichen Fall gegeben und darf begründend auf die nach­stehenden Begründungsmängel der Berufung hingewiesen und diese auch als solche herangezogen werden.

 

(...)

Die Erstbehörde nahm ein gerichtliches Urteil gegen den nunmehrigen Antragsteller, nämlich den Urteilsspruch des Landesgericht für Strafsachen Wels vom 10. Feber 2010, zum Anlass ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot zu verhängen. Dieses Aufenthaltsverbotsverfahren wurde bereits währen der über den nunmehrigen Antragsteller verhängten Untersuchungshaft eingeleitet OHNE auf das Ausgehen des Strafverfahrens abzuwarten.

Letztendlich wurde der nunmehrige Antragsteller von der gegen ihn wider erhobenen AnHage (StA Wels zu 5 St 162/08b) Suchtgift in großen Mengen gewerbsmäßig ein- und ausgeführt als auch gewerbsmäßig erworben und verkauft zu haben freigesprochen (verw. § 259 Ziffer 3 StPO) und in erster Instanz zu einer 10-monatigen bedingten Haftstrafe verurteilt. Der Urteilsspruch in seinem Kern blieb von der Anklagebehördc unangefochten, sodass der Antragsteller nach einer 09-monatigen Untersuchungshaft (rückblickend zu Unrecht erlitten) sofort nach Urteilsverkündung enthaftet wurde.

Das Oberlandesgericht Linz erhöhte die über den nunmehrigen Antragsteller ausgesprochene 10-monatige bedingte Freiheitsstrafe auf die Dauer von 15-Monaten unbedingten Haft und sprach aber gleichzeitig gem. § 265 StPO und g 46 Abs 1 StGB iVm § 16 Abs 2 Ziffer 12 StVG den Rest zur verbüßenden Freiheits­strafe als bedingt nachgesehen aus.

Bereits während des anhaltenden (rückblickend betrachtet zu Unrecht) erlitterne Haftübels in Untersuchungshaft erkannte der nunmehrige Antragsteller den Ernst der Lage.

Dies spiegelt sich auch darin, dass eben der Antragsteller bedingt aus der über ihn verhängten unbedingten Freiheitsstrafe bedingt entlassen wurde und gerade diese Zeit der Anhaltung in Gefangenschaft an ihn auch einen Charakterwandel in positiven Sinne verursachte bzw. bewirkte, andernfalls er (gemeint der nunmehrige Antragsteller) nicht bedingt aus der Haft entlassen worden wäre {Drexler, StVG3 Kommentar, Rz 1 ff zu § 152, § 152a StVG; Fabrüy, StGB*0 mwN Rz 2 und 3 zu § 46 StGB}. Der nunmehrige Antragsteller wurde somit am 10. Feber 2010 aus der Untersuchungshaft entlassen und verhielt sich bis zu seiner Inhaftierung zur Abschiebung am 15. November 2012, somit von über 2 % Jahren, redlich gegen­über der österreichischen rechtstreuen Bevölkerung und nahm auch keine Sozial­gelder der Republik Österreich in Anspruch, sondern ging einen mtl. redlichen Erwerb nach.

Bereits beim Ausspruch des nunmehrigen Aufenthalts Verbotes war der Erstbehörde bewusst, dass sich der Antragsteller bereits seit über 10 (zehn) im Hoheitsgebiet der Republik Österreich aufhält und der aufrechten Farnilienbeziehungen.

All dies wurde aber bei der Ermessensentscheidung der Erstbehörde weniger gewichtet, als die strafrechtlichen Verfehlungen, welche keinesfalls zu beschönigen sind, weshalb letztendlich ein (ungerechtes) 7-jähriges Aufenthaltsverbot ausge­sprochen wurde.

Gemäß g ö9 Abs 1 FPG 2005 idgF wird eine Ausweisung gegenstandslos, wenn der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70 FPG) nachgekommen ist. § 73 FPG gilt.

Nach Abs 2 leg. cit. sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erfassung gefuhrt haben., weggefallen sind.

Und gerade diese rechtlichen und auch gesetzlichen Bestimmungen liegen nunmehr eindeutig vor, da der Antragsteller mit ggst. Schriftsatz antragsgemäß vorgegangen ist, zumal eben die Grunde, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, weggefallen sind.

Das antragsgemäße Vorgehen basierend auf 8 60 Abs 5 FPG 2005 idgF und wurde als eventualea Vorgehen beschlossen.

Obwohl dem Antragsteller sehr wohl bewusst ist, dass wenn die Grunde für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes weggefallen sind, sowohl die Belassung des Aufenthaltsverbotes als auch die Verhängung eines kürzeren Aufenthaltsverbotes rechtswidrig sind {VwGM JS. 06. 2009, ZI. 2008/32/ 0G05).

Auch wenn fremdenpolizeiliche Maßnahmen — sohin auch ein Verfahren über den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes — nicht den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK unterliegen {vgl. VivGM 11. OS. 2009, ZI 2009/18/Q1314; u.a.,), so gilt aber auch, dass — auch bei einem Verfahren um Aufhebung des Aufenthalts­verbotes — der Anwendungsbereich des Art 8 EMKR zur Anwendung bzw. Berücksichtigung finden muss (VwGH 09. 11. 2009t ZL 2007/18/0802/ VwGH 22.

12. 2009, ZI. 2009/21/0348; FremdenpolizeiG 2005, Hrsg. Pro-LIBRIS, Startet 07/

2011, S. 162 ff,).

Der Antragsteller lebt nunmehr seit fast einem Jahr Jahren völlig isoliert in seinem Herkunftland Mazedonien und sehnt sich dermaßen nach seiner in Österreich lebenden Familie.

 

Dies, ist aber -insoferne von Bedeutung, als, der Antrag um Herabsetzung des Aufenthaltsverbotes lediglich als osg. Eventualantrag zu verstehen war (ist). Dem zu Folge, wäre die Erstbehörde. um auch den Gesetzeszweck zu erfüllen, ex offe verpflichtet gewesen zunächst über die  Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu entscheiden. Dies geschah aber keinesfalls, weil die Begründung in dem nunmehr angefochtenen Bescheid sich lediglich auf die Herabsetzung stützt aber keinesfalls auf die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes.

Auch übersah die Erstbehörde eine, Vielzahl von gesetzlichen Bestimmungen die dem gestellten Antrag um Aufhebung des Aufenthaltsverbotes entsprochen hätten.

Gemäß § 69 Abs 1 FPG 2005 idgF wird eine Ausweisung gegenstandslos, wenn der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70 FPG) nachgekommen ist. § 73 FPG gilt.

Nach Abs 2 leg. cit. sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Und gerade diese rechtlichen und auch gesetzlichen Bestimmungen liegen nunmehr eindeutig vor, da der Antragsteller mit ggst. Schriftsatz antragsgemäß vorgegangen ist, zumal eben die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, weggefallen sind.

Das antragsgemäße Vorgehen basierend auf § 60 Abs 5 FPG 2005 idgF und wurde als eventuales Vorgehen beschlossen, obwohl dem Antragsteller sehr wohl bewusst ist, dass wenn die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes weggefallen sind, sowohl die Belassung des Aufenthaltsverbotes als auch die Verhängung eines kürzeren Aufenthaltsverbotes rechtswidrig sind {VwGH 18. 06. 2009, ZI. 2008/22/ 0605).

Auch wenn fremdenpolizeiliche Maßnahmen - sohin auch ein Verfahren über den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes - nicht den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK unterliegen {vgl VwGH 11. 05, 2009, ZI 2009/18/01314; u.a.;)t so gilt aber auch, dass - auch bei einem Verfahren um Aufhebung des Aufenthalts­verbotes - der Anwendungsbereich des Art 8 EMKR zur Anwendung bzw. Be­rücksichtigung finden muss {VwGH 09. IL 2009, ZI. 2007/18/0802; VwGH22. 12. 2009, ZI 2009/21/0348; FremdenpolizeiG 2005, Hrsg. Pro-LIBRIS, Stand 07/ 2011, S. 162fr,).

Die Bestimmung des § 64 Abs. 1 Z 2 FPG ist letztlich auf § 38 Abs. 1 Z 4 Fremdengesetz 1997 - FrG (dieses Gesetz ist am 31. Dezember 2005 außer Kraft getreten) zurückzuführen. Danach durfte gegen rechtmäßig niedergelassene Fremde ein Aufenthaltsverbot (in Bezug auf Ausweisungen fand sich eine gleichartige Bestimmung in § 35 Abs. 4 FrG) nicht erlassen werden, wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen war.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum FrG [abgedruckt etwa in Jelinek/Szymanski, Fremdengesetz 1997, Asylgesetz 1997) hielten zur Neuschaffung dieser Vorschrift Folgendes fest:

"Das neue Aufenthaltsverbot - Verbot der Z 4 soll den besonderen Umständen Rechnung tragen, wenn ein Fremder von klein auf im Inland aufgewachsen ist und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist. In diesen Fällen würde ein Aufenthaltsverbot überaus nachhaltig in die Lebensbasis des Fremden eingreifen, wobei solche Fremde - auch in ihrem 'Heimatstaat' - kaum wieder eine Heimat finden werden können.

 

Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass viele Fremde der zweiten Generation entweder bereits in Österreich geboren wurden, oder mit ihren Eltern als Kind nach Österreich gekommen sind.

Im Einzelnen wird festgelegt, dass Fremde, die hier von klein auf langjährig rechtmäßig niedergelassen sind, dann nicht mit einem Aufenthaltsverbot belegt werden dürfen, wenn sie mindestens die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht haben und vor Begehung der Tat, die die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen würde, mindestens seit drei Jahren im Bundesgebiet niedergelassen waren. Zur Erklärung sei ein Beispiel angeführt:

Mit Einfuhrung des FPG {Inkrafttreten am 1. Jänner 2006, BGBl. 1 Nr. 100/2005) wurde diese Anordnung in § 61 Z 4 FPG im Wesentlichen beibehalten. Es wurde lediglich die Einschränkung ergänzt, dass, selbst wenn die Kriterien "von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen" erfüllt waren, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes doch wieder zulässig war, wenn der Fremde wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt oder einer der in § 60 Abs, 2 Z 12 bis 14 FPG beschriebenen Tatbestände verwirklicht wurde.

Die grundsätzliche Beibehaltung, aber gleichzeitige Einschränkung dieses "Aufenthaltsverbot-Verbot'-Grundes wird in den Erläuterungen der RV zur Stammfassung des g 61 FPG {RV 952 BlgNR 22. GP 100) wie folgt begründet:

"Das Aufenthaltsverbotsverbot der Z 4 sollte bereits im Fremdengesetz 1997 den besonderen Umständen Rechnung tragen, wenn ein Fremder von klein auf im Inland aufgewachsen ist und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

In diesen Fällen würde ein Aufenthaltsverbot überaus nachhaltig in die Lebensbasis des Fremden eingreifen, wobei solche Fremde auch in ihrem 'Heimatstaat' nur unter erschwerenden Bedingungen wieder eine Heimat finden werden können. Zur Beurteilung wann ein Fremder langjährig im Bundesgebiet niedergelassen ist, wird auf § 5S Abs. 4 2, Satz verwiesen. Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass viele Fremde der zweiten Generation entweder bereits in Österreich geboren wurden oder mit ihren Eltern als Kind nach Österreich gekommen sind.

Der Entwurf sieht im Gegensatz zum Fremdengesetz 1997 keine absolute Aufenthaltsverfestigung mehr vor.

 

Fremde, die schwere Straftaten begehen - es muss eine Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren oder ein terroristischer Tatbestand vorliegen (§ 60 Abs. 2 Z 12 bis 14) - sollen künftig auch mit einem Aufenthaltsverbot belegt werden können. Im Rahmen der Einzelfallprüfung (ist) das Vorliegen der Kautelen des Art. 8 EMRK zu prüfen und eine Verhältnismäßigkeitsabwägung vorzunehmen."

Mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 (FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38) wurde der hier in Rede stehende "Aufenthaltsverbot-Verbot"- Grund im nunmehrigen § 64 FPG geregelt. Im Wesentlichen - in erster Linie abgesehen von legistischen Anpassungen an die mit dem FrÄG 2011 eingeführte Systematik der aufent­haltsbeendenden Maßnahmen - entspricht die nunmehrige Fassung des § 64 Abs. 1 Z 2 FPG wieder der Rechtslage des § 38 Abs. 1 Z 4 FrG,

Zu § 64 enthalten die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum FrÄG 2011 {RV 1078 BtgNR 24. GP 34) lediglich folgende Ausführungen:

" Mit § 64 wurden die Aufenthaltsverfestigungstatbestände der geltenden Rechtslage in die neue Systematik des 8. Hauptstückes übergeleitet. In sachgerechter Weise wurden die Aufenthaltsverfestigungstatbestände der bisherigen §§ 55 und 56 und die Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 61 der geltenden Rechtslage für diese Personengruppe zusammengeführt und wurde der Inhalt angepasst. Siehe ausführlich die Erläuterungen zu RV 952 XXIV. GP und RV 485 XXIV. GP."

Vor diesem Hintergrund ist zum Ergebnis zu kommen, dass der nunmehrige "Aufenthaltsverbot-Verbot'-Grund des § 64 Abs. 1 Z 2 FPG - so wie die Vorgänger-Regelungen - den besonderen Umständen Rechnung tragen soll, wenn ein Fremder von klein auf im Inland aufgewachsen ist und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

In diesen Fällen würde - so die Wortwahl in den Materialien - ein Aufenthaltsverbot überaus nachhaltig in die Lebensbasis des Fremden eingreifen, wobei solche Fremde - auch in ihrem (bloß nach ihrer Staatsangehörigkeit bestimmten) "Heimatstaat" - kaum wieder eine Heimat finden werden können. Bei der Beurtei­lung, ob dieser "Aufenthaltsverbot-Verbot"-Grund zur Anwendung gelangt, kommt es nunmehr, anders als nach § 61 Z 4 FPG in der bis zum 30, Juni 2011 geltenden Fassung, nicht mehr darauf an, ob der Fremde Verurteilungen in bestimmtem Ausmaß oder näher beschriebene Verhaltensweisen zu verantworten hat.

 

Ausgehend von diesem Ziel, das der Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgt, kann aber nun nicht gesagt werden, im Fall der Beurteilung, ob ein nach dem FPG in der bis 30. Juni 2011 geltenden Fassung erlassenes Aufenthaltsverbot auch nach der nunmehrigen Rechtslage aufrechterhalten werden darf, hätte sich das hier in Rede stehende in § 64 Abs. 1 FPG enthaltene Tatbestandsmerkmal "auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält" auf die Zeit nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu beziehen.

Vielmehr muss, um das Ziel des Gesetzgebers, jene Personen, denen ihr nach ihrer Staatsangehörigkeit bestimmtes Heimatland wegen ihres auf Grund (nahezu) ausschließlichen Aufenthaltes in Österreich tatsächlich keine "Heimat" darstellt, vor einer Aufenthaltsbeendigung zu schützen, nicht zu unterlaufen, davon ausge­gangen werden, dass dieses Tatbestandsmerkmal bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu prüfen ist. Andernfalls könnten diese Fremden an sich nie (wohl nur dann, wenn ihnen entgegen § 11 Abs. 1 Z 1 NAG ein Aufenthaltstitel erteilt worden wäre) in den Genuss dieser Regelung kommen, was aber zur Folge hätte, dass auch solchen Fremden, die der Gesetzgeber nunmehr "absolut" vor einer Aufenthaltsbeendigung aus den oben genannten Gründen schützen wollte, die Außerlandesschaffung in ein Land, das nicht als ihre "Heimat" betrachtet werden kann, drohen würde.

Dieser Sichtweise stehen auch weder die mit dem FrÄG 2011 geschaffenen noch die - allenfalls für die Interpretation der nunmehrigen Bestimmungen zu berücksichtigenden - früheren Übergangsbestimmungen des FrG entgegen.

Gemäß § 125 Abs. 16 FPG bleiben vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 FPG oder Rückkehrverbote gemäß § 62 FPG bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

Dies bezieht sich auch auf nach dem vormaligen § 86 FPG erlassene Aufenthaltsverbote (vgl. zur Frage der Weitergeltung von vor dem Inkrafttreten des FrÄG 2011 erlassenen Aufenthaltsverboten ausführlich das hg. Erkenntnis vom 28, August 2012, ZI. 2012/21/0159).

Dies bedeutet aber für die hier zu klärende Frage lediglich, dass solche Aufenthaltsverbote rechtlich existent bleiben, solange sie nicht in ihrer Gültigkeit abgelaufen sind, nach § 69 Abs. 2 FPG aufgehoben wurden oder nach sonstigen -fallbezogen aber nicht relevanten - gesetzlichen Vorschriften als nicht (mehr) bestehend anzusehen sind.

 

Für die Interpretation der in § 64 Abs. 1 FPG enthaltenen Tatbestandsmerkmale im Rahmen eines Verfahrens nach § 69 Abs, 2 PPG ist somit aus § 125 Abs. 16 FPG nichts zu gewinnen.

Aber auch die Einbeziehung der früher geltenden Bestimmung des § 114 Abs. 3 FrG führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Nach dieser Bestimmung galten Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei Inkrafttreten des FrG noch nicht abgelaufen waren, als nach dem FrG erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer.

 

Solche Aufenthaltsverbote waren auf Antrag oder – wen sich aus andren Gründen ein Anlass für die Behörde ergab, sich mit der Angelegenheit zu befassen – von Amts wegen aufzuheben, wenn sie nach den Bestimmungen des FrG nicht hätten erlassen werden können.  

Allein bezogen auf die bloße Frage, ob ein Aufenthaltsverbot auf Grund der Bestimmungen des PrG nicht weiter aufrecht erhalten werden durfte, hätte es dieser Vorschrift an sich nicht bedurft, weil bereits § 44 FrG vorsah, dass das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben war, wenn die Grunde, die zu seiner Erfassung geführt haben, weggefallen sind (vgl dazu die Hinweise auf schon zum Fremdengesetz 1992 - auch dieses enthielt in § 26 eine § 44 FrG vergleichbare Bestimmung - ergangene Rechtsprechung, in der ebenfalls Änderungen in der Rechtslage als für die Frage der Aufhebung eines Aufenthalts­verbotes maßgeblich angesehen wurde, im bereits angeführten hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2012\, Nicht außer Acht gelassen werden darf aber in diesem Zusammenhang, dass § 114 Abs. 3 FrG einerseits eine weitergehende behördliche Pflicht, sich von Amts wegen mit der Frage der Unzulässigkeit der Aufrecht­erhaltung eines Aufenthaltsverbotes nach den Bestimmungen des FrG auseinandersetzen zu müssen, vorsah (arg.: "wenn sich aus anderen Gründen ein Anlaß für die Behörde ergibt, sich mit der Angelegenheit zu befassen").

Andererseits knüpfte der Gesetzgeber des FrG aber auch an eine (unter anderem auch) nach § 114 Abs. 3 FrG erfolgte Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes eine besondere Rechtsfolge. § 16 Abs. 2 FrG legte nämlich fest, dass ein Aufenthaltstitel von Gesetzes wegen wieder auflebte, sofern innerhalb seiner ursprünglichen Geltungsdauer das Aufenthaltsverbot oder die Ausweisung anders als gemäß § 44 FrG - somit etwa nach § 114 Abs. 3 FrG - behoben wurde.

 

Vor diesem Hintergrund hat auch der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass § 114 Abs. 3 FrG - anders als § 44 FrG nicht auf eine Änderung der maßgeblichen Umstände nach Erlassung des Aufenthaltsverbots, sondern ausschließlich darauf abgestellt hat, ob der von der belangten Behörde zur Begründung des Aufent­haltsverbots herangezogene Sachverhalt auch bei fiktiver Geltung des FrG diese Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Verhängung gerechtfertigt hätte. § 114 Abs. 3 FrG wollte somit sicherstellen, dass ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des FrG (mit 1. Jänner 1998) Aufenthaltsverbote, die nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes hätten erlassen werden können, aufgehoben werden.

Dementsprechend war daher bei der Beurteilung nach § 114 Abs. 3 FrG, anders als bei jener nach § 44 FrG, nicht auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen, gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen [vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 2004, ZI. 2002/28/0306, mivN).

Zumal die rechtlichen und gesetzlichen Voraussetzungen eines unbefristeten Aufenthaltsverbote» dazu führten nach der der derzeitigen Rechtslage in der österreichischen Gesetzgebung keinen Halt mehr finden würde (vgl. 88 61 ff FPG v. 2005 IdF BGBl I 38/20111 und auch nicht mehr greifbar sein sollten.

All dieses Vorbringen ließ die Erstbehörde völlig unbeeindruckt und -kalt" in deren menschlichen und humanen Umgang mit Menschen und Familien. Letztendlich gilt sogar, dass die Behörden gesetzlich angehalten und verpflichtet sind Anträge sorgfältig und im Sinne der §§ 37 r 39 ff AVG zu prüfen und auch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren zu führen. Und sogar diese gesetzliche Verpflichtung wurde durch die Erstbehörde verletzt.

Die Erstbehörde stützt in dem nunmehr angefochtenen Bescheid „lediglich" auf die dem Antragsteller und nunmehrigen Berufungswerber „zur Last" gelegten gerichtlichen Verurteilung durch das LGStr Wels und verwies lapidar auf die bisherigen Verfahrensabläufe (Rechtsgänge).

Völlig unberücksichtigt ließ es aber hingegen die Erstbehörde, dass selbst der EGMR es anerkennt, dass der Lebenswandel des Ausgewiesenen, insbesondere die Begehung der Straftaten, bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit zu Art 8 EMRK zu berücksichtigen ist (Chr. Grabenwarter, EMRK4 Rz44zu§ 22, S. 224).

Da die bereits über den nunmehrigen Antragssteller gerichtlich verhängte Freiheitsstrafe, durch Ausspruch einer bedingten Entlassung nach § 46 StGB» verbüßt ist ist verstärkt auf Artikel 8 EMRK einzugehen.

Dies umso mehr, als der EGMR in der Art eines „beweglichen Systems" in der Abwägung folgender Kriterien (Boultif-Kriterien) berücksichtigt, nämlich;

 

1.)     Die Natur und Schwere der begangenen Straftaten,

2.)     Die seit Begehung der Straftat vergangenen Zeit sowie das Verhalten der betreffenden Person in dieser Zeit,

3.)     Die Aufenthaltsdauer in ausweisenden Staat,

4.)     Die familiäre Situation,

5.)     Ob es gemeinsame Kinder gibt,

6.)   Die Schwierigkeiten, mit denen ein Paar im Herkunftsland konfrontiert sein KÖNNEN;

(hiezu siehe; Urteil des EGMR vom 06. 02. 2003, x gegen Rep. Österreich, Nr. 36757/97, Z. 26 ff;}.

Der nunmehrige Antragsteller bekennt sich zu dem Strafurteil des LGStr Wels und sieht den Unwert der ihm angelasteten Taten - die keinesfalls zu beschönigen sind - als verpönt und verwerflich an. Letztendlich aber der EGMR einerseits, bei einer Verletzung des Art 8 EMRK, die Schwere der Tat berücksichtigt, aber andererseits in seiner Rechtsprechung [Urteil vom 13. 02. 2001, III. Sektion, AZ: 47160/99 - Nr, 34) zB aussprach, das» »zwei Jahre Gefängnis" keine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt"; [Jens Meyer-Ladewig, Hk-EMRK1 Rz 27 zu Art 8, S. 14%.

Somit begründet Art 8 EMRK ein Recht auf Zusammenleben oder auf persönliche Kontakte unter den Familienmitgliedern, insbesondere zwischen Kindern und Eltern. So sind das Ziel des Art. 8 EMRK auch, gegen unberechtigte und/oder willkürliche Eingriffe in das Familienleben Personen zu schützen.

So haben die staatlichen Behörden grundsätzlich die positive Verpflichtung sicherzustellen, dass sich die Beziehung zwischen den Familienmitgliedern normal entwickeln können, dass Eltern und Kinder vereinigt werden und dass ein Familienleben zwischen diesen Familiengliedern möglich ist.

 

Die Behörden ..MÜSSEN grundsätzlich Maßnahmen treffen, die das Zusammen­leben zwischen Familienmitgliedern ermöglichen [Urteil des EGMR vom 30. 10, 2001, Sektion III., ÄZ; 37794/97-Nr. 38; auch NJW2001, 547, Nr 61;).

 

Aus all diesen Gründen beantragt der Bw wie folgt:

 

1.)       die Erstbehörde möge der Berufungsvorentscheidung Folge geben und den angefochtenen Bescheid aufheben und die Aufhebung des Aufenthaltsver­botes bescheidmäßig aussprechen; in eventu

2.)       der Unabhängige Verwaltungssenat Linz möge als Berufungsbehörde der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos aufheben und die Aufhebung des bestehenden Aufenthaltsverbotes bescheidmäßig verfugen und aussprechen, jedenfalls aber

3.)       eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abhalten, als auch

4.)       den Berufungswerber selbst und dessen bevollmächtigten via Ladungsbescheid über die Verhandlung in Kenntnis setzen,

5.)       weiter Anträge vorbehalten:

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit Schreiben vom 20. August 2013, beim UVS eingelangt am 22. August 2013, zur Entscheidungsfindung vor.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 9 Abs. 7 FPG abgesehen werden, zumal der Bw nicht zur Einreise nach Österreich berechtigt ist und der Sachverhalt abschließend feststeht.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.6. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 60 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 114/2013, kann die Behörde ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 und 2 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände auf die Hälfte des festgesetzten Zeitraumes herabsetzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

 

3.1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 3. Dezember 2012, G 74/12, § 60 Abs. 1 FPG, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 38/2011, als verfassungswidrig aufgehoben, legte aber gemäß Art. 140 Abs. 5, dritter und vierter Satz den Termin für die Aufhebung mit 31. Dezember 2013 fest. Nachdem der in Rede stehende Fall nicht als Anlassfall im verfassungsgerichtlichen Verfahren angesehen werden kann, ist sohin bis zum 31. Dezember 2013 im konkreten Fall § 60 Abs. 1 FPG zur Anwendung zu bringen.

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass gegen den Bw mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. August 2011, VwSen-730294/3/Wg/Gru, ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z. 1 FPG auf die Dauer von 7 Jahren erlassen wurde. Dies bedeutet aber schon allein nach dem Wortlaut, dass § 60 Abs. 1 FPG zur Anwendung gebracht werden muss, da diese Bestimmung – im Gegensatz zu der vom Bw intendierten des § 69 Abs. 2 FPG – explizit Handhaben gegen rechtskräftig erlassene Einreiseverbote vorsieht.

 

In seinen „umfassenden“ Darstellungen übersieht der Bw, dass hier nicht das erstinstanzlich verhängte Aufenthaltsverbot, sondern das in Rechtskraft erwachsene Einreiseverbot des UVS-Bescheides gegenständlich ist, und dass in der aktuell anzuwendenden Gesetzesbestimmung die frühzeitige Aufhebung eines Einreiseverbotes nicht vorgesehen ist.

 

3.3.1. Nachdem aber § 60 Abs. 1 FPG als Antragslegitimation voraussetzt, dass ein Drittstaatsangehöriger das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und als kumulative Bedingung seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat, im vorliegenden Fall der Bw zwar ausreiste, aber nicht die Hälfte des verhängten Einreiseverbotes (dies wären 3,5 Jahre) im Ausland verbrachte und angesichts des Verhängungszeitraums auch nicht verbracht haben könnte, fehlt es im Grunde schon an der Zugangsvoraussetzung bzw. der Antragslegitimation.

 

Ein Eingehen auf allfällig geänderte Umstände im Sinne des § 60 Abs. 1 FPG ist daher den Behörden wie auch dem UVS im Rahmen der Berufung verwehrt. Im Übrigen darf auch festgehalten werden, dass der Bw keinerlei entscheidungswesentliche Umstände vorbrachte, die im August 2011 nicht berücksichtigt worden wären. Dies bezieht sich insbesondere auf Umstände des Privat- und Familienlebens im Sinne des § 61 FPG.

 

3.3.2. Die belangte Behörde wies den Antrag des Bw inhaltlich ab. Es wäre im Sinne des Obgesagten angezeigt gewesen, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, da es an der Antragslegitimation fehlt. Im Übrigen sieht das FPG bei Einreiseverboten nicht die Möglichkeit der gänzlichen Aufhebung, sondern lediglich die Verkürzung vor, weshalb ein auf die Aufhebung gerichteter Antrag ebenfalls nicht zulässig ist.

 

Da aber der Bw durch eine "inhaltliche" Abweisung im Verhältnis zur Zurückweisung keinesfalls schlechter gestellt und somit in seinen Rechten nicht verletzt ist, war die in Rede stehende Berufung als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

Bernhard Pree

 

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