Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167660/10/Zo/AK

Linz, 04.09.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, vom 20.02.2013 gegen die Punkte 1, 2, 4 und 5 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 15.02.2013, Zl. VerkR96-7501-2012, wegen Übertretungen des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.08.2013 zu Recht erkannt:

 

 

I.    Der Berufung wird stattgegeben, die Punkte 1, 2, 4 und 5 des Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II.            Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§64 ff VStG;

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.            Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis folgendes vorgeworfen:

 

Sehr geehrter Herr x!

 

1) Sie haben als Lenker das angeführte Kraftrad verwendet, obwohl mit dem als Motorfahrrad zugelassenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 69 km/h erreicht werden konnte. Die Geschwindigkeit wurde mittels Rolltester festgestellt. Gegenständliches Fahrzeug gilt daher nicht mehr als Motorfahrrad und ist daher nicht richtig zum Verkehr zugelassen.

 

Tatort: Gemeinde Mattighofen, L 503, Höhe Objekt Moosstraße x. Tatzeit: 23.10.2012, 20:32 Uhr.

 

 

2) Sie haben als Zulassungsbesitzer des angeführten KFZ nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Es wurde eine unzulässige Änderung an Teilen und Ausrüstungsgegenständen eines geneh­migten Fahrzeuges vorgenommen, wodurch deren Eigenschaften oder Wirkung im Sinne der Verkehrs- oder Betriebssicherheit herabgesetzt wurden. Es war vorne ein 10er Ritzel eingebaut. Das KFZ wurde zum Tatzeitpunkt von Ihnen verwendet.

 

Tatort: Gemeinde Mattighofen, L 503, Höhe Objekt Moosstraße x. Tatzeit: 23.10.2012, 20:32 Uhr.

 

 

3) Sie haben sich als Lenker eines Motorfahrrades und einer höchsten Motorleistung von nicht mehr als 11 kW, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon über­zeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass an diesem Kraftfahrzeug nicht an einer leicht zu­gänglichen Stelle ein dauerhaftes Schild von mindestens 60 mm x 40 mm mit folgenden Angaben angebracht war, wobei die Buchstaben, Ziffern und Symbole mindestens 2,5 mm hoch und leicht lesbar sein müssen: 1. Name oder Fabrikname des Herstellers, 2. Kenn­buchstabe für die Fahrzeugklasse, 3. für Getriebeabtrieb und Radantrieb die Zahl der Zäh­ne (im Fall eines Kettenrads) bzw. den Durchmesser der Riemenscheibe (in mm), 4. Kenn-zahl(en) oder Symbol(e) der gemäß § 54a Abs. 4 KDV gekennzeichneten Teile oder Bau­gruppen.

 

Tatort: Gemeinde Mattighofen, L 503, Höhe Objekt Moosstraße x. Tatzeit: 23.10.2012, 20:32 Uhr.

 

 

4) Sie haben als Lenker das angeführte Kraftrad verwendet, obwohl mit dem als Motorfahrrad zugelassenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 69 km/h erreicht werden konnte. Die Geschwindigkeit wurde mittels Rolltester festgestellt. Gegenständliches Fahrzeug gilt daher nicht mehr als Motorfahrrad, sondern als Kleinmotorrad und bestand daher keine vorge­schriebene Haftpflichtversicherung.

 

Tatort: Gemeinde Mattighofen, L 503, Höhe Objekt Moosstraße x. Tatzeit: 23.10.2012, 20:32 Uhr.

 

 

5) Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für Motorräder waren.

Tatort: Gemeinde Mattighofen, L 503, Höhe Objekt Moosstraße x. Tatzeit: 23.10.2012, 20:32 Uhr.

 

 

Fahrzeug: Kennzeichen x, Kleinkraftrad (Mofa) einspurig, Peugeot XPS Enduro, rot

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.            § 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. a KFG

2.            § 33 Abs. 6 KFG

3.            § 102 Abs. 1 iVm § 54a Abs. 5 KDV

4.            § 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. d KFG

5.            § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 Ziffer 1 FSG

 

Wegen diesen Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt: Geldstrafen von:

1.        90 Euro

2.     120 Euro

3.               60 Euro

4.               90 Euro

5.      250 Euro

 

Falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von:

1.            24 Stunden

2.            36 Stunden

3.            24 Stunden

4.            24 Stunden

5.        4 Tagen

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

1.        9 Euro

2.       12 Euro

3.              6 Euro

4.              9 Euro

5.      25 Euro

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher: 671.00 Euro

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass es sich bei seinem Fahrzeug mit dem Kennzeichen x um ein Mofa und nicht um ein Kleinmotorrad handle. Dies ergebe sich formalrechtlich bereits aus Spruchpunkt 3 des rechtskräftigem Straferkenntnisses. Weiters sei auf den Erlass des BMVIT vom 17.10.2011, BMVIT-179000302/0001-IV/ST4/2011 hinzuweisen. Dessen Punkt 2 sage aus, dass der angezeigte Geschwindigkeitswert beim Rolltester aufgrund des fehlenden Luft- und Rollwiderstandes höher sei als der tatsächlich im realen Fahrbetrieb auf der Straße erreichbare Wert. Der Messfehler nehme mit zunehmender realer Fahrgeschwindigkeit zu. In Punkt 7 dieses Erlasses sei darauf hingewiesen, dass eine auf dem Rollenprüfstand angezeigte Geschwindigkeit von 66 km/h und darüber nur ein Indiz für das Vorliegen eines Tatbestandes gemäß § 1 Abs.3 FSG darstelle.

 

Es sei behördliche Praxis, dass bei einem Ergebnis mit dem Rolltestgerät von 76 km/h und darüber gestraft und das Kennzeichen abgenommen werde. Diese Praxis sei bei Mopedlenkern hinlänglich bekannt und gehe auf den bereits angeführten Erlass zurück. Der Berufungswerber habe sich auf diesen Erlass und die behördliche Praxis verlassen, weshalb ihm kein Verschulden treffe.

 

Punkt 3 des Erlasses führe aus, dass erst bei einer auf dem Rollenprüfstand gemessenen Geschwindigkeit von 76 km/h nicht mehr von einem Mofa auszugehen sei und die Gefahr bestehe, dass der Lenker mit einem nicht auf derartige Geschwindigkeiten ausgelegten Kfz die Verkehrssicherheit gefährde. Auch nach dem Überprüfungsbericht der Landesprüfstelle Oberösterreich vom 04.10.2012 handle es sich bei seinem Fahrzeug um ein Mofa.

 

Richtig sei, dass er ein sogenanntes „10er Ritzel“ eingebaut habe. Dabei handle es sich jedoch um keine verbotene Änderung, weil diese die Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht herabsetze sondern lediglich das Beschleunigungsvermögen des schwach motorisierten Fahrzeuges etwas anhebe. Ein kleineres Antriebsritzel würde dazu führen, dass die maximal erreichbare Geschwindigkeit gesenkt werde, was dadurch ausgeglichen werde, dass trotz der geringen Motorisierung eine etwas höhere Drehzahl erreichbar sei. Dazu wurde die Einholung eines Kfz-technischen Gutachtens beantragt.

 

Das Fahrzeug sei als Motorfahrrad anzusehen und als solches zum Verkehr zugelassen und haftpflichtversichert. Er habe daher die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht begangen und ersuchte um Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.08.2013. An dieser hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teilgenommen, es wurde der Meldungsleger RI x als Zeuge zum Sachverhalt befragt und vom Amtssachverständigen DI x ein Gutachten erstellt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 23.10.2012 um 20.32 Uhr das Kraftrad mit dem Kennzeichen x in Mattighofen auf der L503. Auf Höhe des Hauses Moosstrasse x wurde er zu einer Verkehrskontrolle angehalten, wobei im Zuge der Verkehrskontrolle eine Überprüfung der Bauartgeschwindigkeit mit dem Mopedprüfstand der Marke Scootoroll, Nr. 195/07 durchgeführt wurde. Diese Prüfung ergab eine maximal erreichbare Geschwindigkeit von 69 km/h. Der Berufungswerber hatte als Antriebsritzel ein „10er Ritzel“ anstelle des originalen „12er Ritzel“ eingebaut. Das gegenständliche Kraftfahrzeug war als Motorfahrrad zum Verkehr zugelassen und haftpflichtversichert, der Berufungswerber war nicht im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse A1.

 

Zur Überprüfung der tatsächlich erreichbaren Geschwindigkeit (Bauartgeschwindigkeit) mit diesem Kraftfahrzeug unter Verwendung des Mopedprüfstandes gab der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung an, dass unter Berücksichtigung der Messtoleranzen sowie der Fertigungstoleranzen bei der Typisierung tatsächlich eine (maximale) Geschwindigkeit von 49,6 km/h erreichen dürfen. Entsprechend einem Erlass des BMVIT sei bei einer auf dem Mopedprüfstand gemessenen Geschwindigkeit von 66 km/h davon auszugehen, dass dieses Kraftfahrzeug im tatsächlichen Fahrbetrieb eine Geschwindigkeit von 49,6 km/h überschreiten kann.

 

Unabhängig vom Erlass führte der Sachverständige aus, dass bei einer praktischen Überprüfung mit ca. 120 Motorfahrrädern deren Geschwindigkeit einerseits mit einem Radargerät, andererseits mit 2 Mopedprüfständen überprüft wurde. Dabei wurde bei jenen Motorfahrrädern, bei welchen die Radarmessung eine Geschwindigkeit zwischen 49 und 51 km/h ergab auf den Mopedprüfständen eine Geschwindigkeit von etwa 60 km/h erreicht. Auch bei höheren Geschwindigkeiten waren die Messungungenauigkeiten nur geringfügig größer.

 

Zum konkreten Kraftfahrzeug führte der Sachverständige aus, dass das Antriebsritzel verkleinert wurde, was bewirkt, dass sich das Hinterrad weniger oft dreht. Allerdings wird ein höheres Drehmoment übertragen. Dies führt dazu, dass eine höhere Beschleunigung erreicht wird, eine höhere Endgeschwindigkeit auf der Fahrbahn ergibt sich daraus alleine jedoch nicht. Bei der Messung mit dem Mopedprüfstand ist zu berücksichtigen, dass dabei nur der Hinterreifen und nicht das gesamte Motorfahrrad samt Lenker (Masse ca. 150kg) beschleunigt werden müssen. Es ist daher möglich, dass kurzfristig die Rolle auf dem Mopedprüfstand stärker beschleunigt wird, als dies dem realen Fahrbetrieb entspricht. Der Sachverständige schätzte diese zusätzliche Messungenauigkeit mit maximal 3-4 km/h ein. Dabei handelt es sich zwar nur um eine kurzfristig auf dem Mopedprüfstand erreichbare Maximalgeschwindigkeit, allerdings wird aufgrund der Funktionsweise des Mopedprüfstandes diese maximal erreichte Geschwindigkeit angezeigt, auch wenn diese nur für ganz kurze Zeit erreicht wird.

 

Zum Einbau des 10er-Ritzels führte der Sachverständige weiters aus, dass dadurch eine höhere Beschleunigung, nicht jedoch eine Erhöhung der Endgeschwindigkeit erreicht wird. Das gegenständliche Kraftfahrzeug wird für den europäischen Markt als Leichtmotorrad gebaut, um es in Österreich als Motorfahrrad typisieren zu können, werden laut Angaben des Herstellers insgesamt 3 Drosseln eingebaut. Alle für die Verkehrssicherheit relevanten Teile des Motorfahrrades entsprechen jedoch auch bei dem in Österreich typisierten Motorfahrrad den Teilen, wie sie  bei diesem Leichtmotorrad eingebaut sind. Aus technischer Sicht ist das Kraftfahrzeug für diese schnellere Beschleunigung daher jedenfalls geeignet und es wird dadurch die Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht herabgesetzt. Allerdings ändert sich durch den Austausch des Antriebsritzels sowohl das Abgas- als auch das Lärmverhalten.

 

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 Z14 KFG gilt als Motorfahrrad ein Kraftrad mit einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50ccm (Kleinkraftrad im Sinne der Richtlinie 2002/24/EG).

 

5.2. Für die Frage, ob das gegenständliche Kraftfahrzeug richtig zum Verkehr zugelassen und haftpflichtversichert war und ob der Berufungswerber zum Lenken dieses Kraftfahrzeuges eine Lenkberechtigung der Klasse A1 benötigt hätte, kommt es ausschließlich darauf an, ob mit diesem Kraftfahrzeug eine Bauartgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h erreicht oder nicht. Dabei handelt es sich um jene Geschwindigkeit, hinsichtlich der aufgrund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, dass sie auf gerader waagrechter Fahrbahn bei Windstille nicht überschritten werden kann.

 

5.2.1. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass für die Typisierung als Motorfahrrad eine tatsächlich maximale Geschwindigkeit von 49,6 km/h zugrunde gelegt wird. Entsprechend dem Erlass des BMVIT vom 17.10.2011, Zl. BMVIT-179302/0001-IV/ST4/2011 entspricht eine auf dem Mopedprüfstand angezeigte Geschwindigkeit von 66 km/h einer wirklich gefahrenen Geschwindigkeit von 49,6 km/h. Der Sachverständige hat dazu weiters ausgeführt, dass beim konkreten Motorfahrrad aufgrund der Verkleinerung des Antriebsritzels ein höheres Drehmoment auf das Hinterrad übertragen wird, weshalb es beim Mopedprüfstand zu einer kurzfristigen stärkeren Beschleunigung kommen kann. Eine kurzfristig erreichte Geschwindigkeit von 69 km/h bedeutet daher nicht zwingend, dass auf dem Mopedprüfstand mit diesem Kraftfahrzeug tatsächlich über einen längeren Zeitraum eine Geschwindigkeit von 66 km/h erreicht werden kann. Auch im tatsächlichen Fahrbetrieb kann deshalb nicht zwingend eine Geschwindigkeit von mehr als 49,6 Km/h erreicht werden, weil dabei nicht nur das Hinterrad sondern die Gesamtmasse des Kraftrades samt Lenker bewegt werden muss.

 

5.2.2. Entsprechend der ausnahmsweisen Zulassung des Mopedprüfstandes zur Eichung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen vom 02.10.2003, GZ: 4679/2003 beträgt die Verkehrsfehlergrenze beim Mopedprüfstand bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h +/- 2 km/h (Punkt 7.2). Die Verkehrsfehlergrenze ist aus rechtlicher Sicht bei mit einem Messgerät erzielten Messergebnis zugunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen, weil sich ansonsten mögliche technisch bedingte Ungenauigkeiten des Messergebnisses zu dessen Nachteil auswirken könnten. Dies bedeutet, dass bei der konkreten Messung, welche einen Wert von 69 km/h ergeben hat, nach Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze von einer Geschwindigkeit von 67 km/h auszugehen ist. Berücksichtigt man weiters die vom Sachverständigen erläuterte mögliche geringfügige Ungenauigkeit aufgrund des höheren Drehmoments, so kann nicht mehr Sicherheit davon ausgegangen werden, dass mit dem gegenständlichen Kraftfahrzeug im realen Fahrbetrieb tatsächlich eine Geschwindigkeit von mehr als 49,6 km/h erreicht werden kann.

 

Zum gegenständlichen Erlass ist noch auszuführen, dass dieser von der am Mopedprüfstand angezeigten Geschwindigkeit ausgeht, also offensichtlich die Verkehrsfehlergrenze nicht berücksichtigt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, welche möglichen Messungenauigkeiten (Luftwiderstand, Rollwiderstand usw.) mit welchen Werten (wie wurden diese ermittelt?) diesem Erlass zugrunde liegen.

 

Im Zweifel ist zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug tatsächlich nur eine Bauartgeschwindigkeit von maximal 49,6 km/h aufwies und daher als Motorfahrrad anzusehen war. Das Kraftfahrzeug war daher richtig zum Verkehr zugelassen und haftpflichtversichert und der Berufungswerber benötigte keine Lenkberechtigung der Klasse A1. Er hat damit die ihm in den Punkten 1, 4 und 5 vorgeworfenen Übertretungen nicht begangen.

 

5.2.3. Bezüglich der Änderung des Antriebsritzels hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass es dadurch zwar zu einer geringfügigen Verbesserung des Beschleunigungsvermögens gekommen ist, das Kraftfahrzeug aufgrund seiner Bauart als Leichtmotorrad dafür jedoch in technischer Hinsicht grundsätzlich geeignet war. Die geringfügige Verbesserung des Beschleunigungsvermögens hatte daher keinen Einfluss auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit, weshalb es sich um keine unzulässige Änderung im Sinne des § 33 Abs.6 KFG handelte. Die gegenständliche Änderung hätte zwar gemäß § 33 Abs.2 KFG genehmigt werden müssen, weil sie sowohl Auswirkungen auf das Abgasverhalten als auch das Lärmverhalten hatte, dem Berufungswerber wurde aber diese Übertretung nicht vorgeworfen. Der Berufung war daher auch bezüglich Punkt 2 stattzugeben.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass gegen Punkt 3 des Straferkenntnisses keine Berufung erhoben wurde, weshalb die in diesem Punkt verhängte Geldstrafe bereits rechtskräftig ist.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

VwSen-167660/10/Zo/AK vom 4. September 2013

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

KFG 1967 §2 Abs1 Z14

 

Bei der Messung der Bauartgeschwindigkeit eines Kraftrades mit einem Mopedprüfstand sind zahlreiche Messungenauigkeiten zu berücksichtigen. Entsprechend einem Erlass des BMVIT vom 17.10.2011, Zl. BMVIT-197.302/0001-IV/ST4/2011, entspricht eine auf dem Mopedprüfstand angezeigte Geschwindigkeit von 66 km/h einer wirklich gefahrenen Geschwindigkeit von 49,6 km/h. Unter Berücksichtigung der Mess- und Fertigungstoleranzen, welche bei der Typisierung von Krafträdern zu berücksichtigen sind, ist ab dieser Geschwindigkeit davon auszugehen, dass ein solches Kraftrad nicht mehr als Motorfahrrad gemäß § 2 Abs.1 Z 14 KFG angesehen werden kann.

 

Die Mopedprüfstände wurden vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Schreiben vom 02.10.2003, GZ: 4679/2003, ausnahmsweise zugelassen. Entsprechend Punkt 7.2 dieser Zulassung beträgt die Verkehrsfehlergrenze bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h +/- 2 km/h. Dieser Wert ist im Strafverfahren zugunsten des Beschuldigten vom Messwert abzuziehen. Der angeführte Erlass des BMVIT spricht von einem "angezeigten" Wert von 66 km/h. Daraus ist abzuleiten, dass die Verkehrsfehlergrenze im Erlass vermutlich nicht berücksichtigt wurde. Da sich technische Ungenauigkeiten eines Messgerätes im Strafverfahren aber nicht zum Nachteil des Beschuldigten auswirken dürfen, ist die Verkehrsfehlergrenze jedenfalls zusätzlich zu berücksichtigen. Die Verkehrsfehlergrenze ist daher von dem vom Mopedprüfstand angezeigten Wert abzuziehen und erst ausgehend von diesem reduzierten Wert zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung der sonstigen Ungenauigkeiten dieses Messsystems (Luftwiderstand, Rollwiderstand, Gewicht des Lenkers usw.) davon ausgegangen werden kann, dass mit dem Kraftrad eine Geschwindigkeit von 49,6 km/h überschritten wird oder nicht.

 

 

 

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