Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301281/9/Gf/VS/Rt

Linz, 01.10.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des G, vertreten durch RA Dr. J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 13. Mai 2013, Zl. VetR96-72-2012, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe auf 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) herabgesetzt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 30 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 13. Mai 2013, Zl. VetR96-72-2012, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 22 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 100 Euro) verhängt, weil er am 19. Dezember 2012 in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in T insgesamt 25 Rinder (10 Kühe und 6 weibliche sowie 9 männliche Jungrinder) auf einer abgegrasten und wie ein Acker zertretenen Wiese bei 4°C derart gehalten habe, dass sich die Rinder das Futter aus einem Siloballen selbst herausreißen hätten müssen, dass die Futterstelle nicht überdacht und auch nicht befestigt gewesen sei und dass den Tieren weder eine trockene und eingestreute Liegefläche zur Verfügung gestanden habe noch eine Isolationsmöglichkeit für kranke oder verletzte Tiere vorhanden gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs 2 Z 13 TierSchG begangen, weshalb er nach § 38 Abs 1 Z 1 TierSchG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der dem Beschwerdeführer angelastete Sachverhalt vom Amtstierarzt der belangten Behörde im Zuge einer Kontrolle des Betriebes festgestellt sowie auch entsprechend dokumentiert und damit als erwiesen anzusehen sei. Seit dem letzten Lokalaugenschein, welcher am 12. November 2012 stattgefunden habe, habe sich die Gesamtsituation nur insoweit verändert, als an der Westseite des Stadels, in dem sich die Rinder bei schlechter Witterung aufhalten könnten, Plastikplanen als Windschutz angebracht worden seien. Den übrigen Maßnahmen, welche dem Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 12. November 2012 aufgetragen worden seien, wäre er jedoch in keinster Weise nachgekommen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die beiden einschlägigen Vorstrafen aus den Jahren 2011 und 2012 als erschwerend zu werten gewesen, während keine Milderungsgründe hervorgekommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Einkommen: 1.000 Euro; durchschnittliches Vermögen; keine Sorgepflichten).

 

1.2. Gegen dieses ihm am 17. Mai 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Mai 2013 – und damit rechtzeitig – eingebrachte Berufung.

 

Darin wird eingewendet, dass der Beschwerdeführer bereits im Zuge des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens darauf hingewiesen habe, dass am Kontrolltag nicht nur der vom Amtstierarzt wahrgenommene Siloballen, sondern weiteres Futter für mindestens zwei Monate und Getreideschrot für die gesamte Winterperiode sowie ein – teilweise sogar beheizbarer – Unterstand vorhanden gewesen sei. Davon abgesehen könne ein Amtstierarzt der belangten Behörde wegen dessen offenkundiger Befangenheit nicht als ein unabhängiger Sachverständiger angesehen werden; insoweit liege somit ein mangelhaftes Verfahren vor.

 

Daher wird beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben bzw. jedenfalls die Strafhöhe herabzusetzen.

2.1. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 10. Juni 2013 den Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Zl. VetR96-72-2012; antragsgemäß wurde am 2. Juli 2013 eine mündliche Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat durchgeführt, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter, Dr. G als Vertreter der belangten Behörde und Mag. D als Vertreter der Tierschutzombudsstelle des Landes Oberösterreich sowie der Zeuge Dr. H (Amtstierarzt der BH Ried) erschienen sind.

2.2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Zum Kontrollzeitpunkt am 19. Dezember 2012 hatte der Beschwerdeführer in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in T insgesamt 25 Rinder (10 Kühe und 6 weibliche sowie 9 männliche Jungrinder) gehalten. Der Amtstierarzt konnte bei der Kontrolle feststellen, dass die Tränkeeinrichtung nicht winterfest war. Außerdem war an diesem Tag keine trockene und eingestreute Liegefläche vorhanden, sodass die Tiere auf nassem Boden liegen mussten. Im Stadl, wo die Rinder gehalten werden, fehlte auf der Ost- und Westseite die gesamte Bretterwand. Zum Kontrollzeitpunkt konnte dort kein Futter vorgefunden werden. Etwa 200 bis 300 Meter vom Hof entfernt befanden sich (gefrorene) Siloballen mit Futter; diese Stelle war allerdings nicht befestigt. Durch diese Art der Tierhaltung waren die Rinder stark abgemagert. Unterbringungsmöglichkeiten für verletzte und kranke Tiere waren nicht vorhanden.

2.2.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen, schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des in der öffentlichen Verhandlung als Zeuge unter Wahrheitspflicht einvernommen Amtstierarztes sowie der am Kontrolltag anfertigten Fotodokumentationen, welche im erstbehördlichen Akt einliegen.

Zudem ist unstrittig, dass der Rechtsmittelwerber mit den Straferkenntnissen vom 10. Februar 2011, Pol96-105-2010, und vom 10. Mai 2012, VetR96-39-2012, wegen zwei Übertretungen nach § 5 TierSchG bestraft wurde und diese mittlerweile auch in Rechtskraft erwachsen sind. Damit steht auch bindend fest, dass der Beschwerdeführer schuldhaft in zwei Fällen den Verwaltungsstraftatbestand des § 5 TierSchG verwirklicht hat und dafür bestraft wurde.

2.3. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 iVm. § 5 Abs 1 iVm. § 5 Abs 2 Z 13 Tierschutzgesetz (BGBl Nr I 118/2004 in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl Nr I 80/2010; im Folgenden: TierSchG), begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15.000 Euro zu bestrafen, der die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres derart vernachlässigt, dass für dieses damit Leiden verbunden sind.

 

Nach Pkt. 4.3. der Anlage 2 zu der (u.a.) auf § 24 TierSchG basierenden 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl Nr II 485/2004 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl Nr II 61/2012 (im Folgenden: 1. TierHV), muss im Falle der ganzjährigen Haltung von Rindern im Freien für jedes Tier eine überdachte, trockene und eingestreute Liegefläche mit Windschutz in einem solchen Ausmaß zur Verfügung stehen, dass allen Tieren ein gleichzeitiges und ungestörtes Liegen ermöglicht wird. Kann der Futterbedarf nicht ausreichend durch Weide gedeckt werden, muss zusätzliches Futter angeboten werden. Auch bei tiefen Temperaturen muss sichergestellt sein, dass Menge und Energiegehalt des vorhandenen Futters ausreichen, um den Energiebedarf der Tiere zu decken. Zudem muss der Boden im Bereich der ständig benützten Fütterungs- und Tränkebereiche befestigt sein und kranke und verletzte Tiere sind gesondert und geschützt unterzubringen.

 

Nach Pkt. 2.6. der Anlage 2 zur 1. TierHV muss für die Rinder zudem die Wasseraufnahme aus einer freien Wasseroberfläche möglich sein. Bei einer Fütterung von Rindern in Gruppenhaltung ist sicherzustellen, dass jedes einzelne Tier ausreichend Nahrung aufnehmen kann.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde vom Amtstierarzt im Zuge der Durchführung einer Kontrolle wahrgenommen, dass am Vorfallstag im Betrieb des Beschwerdeführers Rinder auf einer abgegrasten und wie ein Acker zertretenen Wiese gehalten wurden. Im Stadel konnten die Rinder vor schlechter Witterung Zuflucht finden, doch stand den Tieren dort keine trockene und eingestreute Liegefläche zur Verfügung, weil der Rechtsmittelwerber – seinen eigenen Angaben zufolge – bloß einmal in der Woche eingestreut hat. Dies ist jedoch offensichtlich viel zu selten. Die Tränkeeinrichtung war zudem nicht winterfest. Der Rechtsmittel räumte außerdem selbst ein, dass der Weg zum Futter – ein Siloballen auf der Weide – am Kontrolltag total morastig war, weil es gerade getaut hatte. Durch diese Haltung waren die Tiere stark abgemagert. Eine Isolationsmöglichkeit für kranke und verletzte Tiere wurde nicht vorgefunden, sodass der Rechtsmittelwerber durch alle diese Handlungen offenkundig die Bestimmungen der 1. TierHV verletzt hat. Diese Missachtung der Mindestanforderungen der Haltungsbedingungen bewirkt einen Verstoß gegen § 5 Abs 2 Z 13 TierSchG, da den Rindern durch ihre Unterbringung und Ernährung effektiv Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt wurden.

 

Da diese Feststellungen ohnehin durch Amtssachverständige erfolgten, brauchte auch dem entsprechenden Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus dem Fachbereich der Tierzucht nicht mehr Rechnung getragen werden; vielmehr wäre es an ihm selbst gelegen, den Feststellungen der Amtssachverständigen durch die Beibringung eines eigenständigen, einen gegenteiligen Sachverhalt belegenden Sachverständigengutachtens entgegenzutreten. Die Durchführung eines Lokalaugenscheines erwies sich schon deshalb als entbehrlich, weil sich die zum Tatzeitpunkt vorgeherrscht habenden Verhältnisse zwischenzeitlich maßgeblich geändert haben.

 

3.3. Im Zuge der Strafbemessung waren jedoch nicht nur zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend zu berücksichtigen, sondern war auch die besonders ungünstige Vermögenssituation des Rechtsmittelwerbers (monatliches Nettoeinkommen von ca. 500 Euro) einzubeziehen.

 

Dies berücksichtigend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die Höhe der verhängten Geldstrafe auf 300 Euro herabzusetzen.

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 6 Stunden herabgesetzt wird; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs 1 und 2 VStG auf 30 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Verfahrenskosten) reduziert sich sohin auf 330 Euro; auf die Möglichkeit der Beantragung einer Ratenzahlung bei der BH Ried im Innkreis gemäß § 54b Abs 3 VStG wird hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

Hinweis

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin noch keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner 2014 bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (am 1. Jänner 2014: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich) einzubringen.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin bereits eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde dieser Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab dessen Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

 

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

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