Linz, 20.09.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung der x gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. Juni 2013, GZ 0014958/2013 ABA Nord und 501/N137044, betreffend eine Umweltbeschwerde iSd Oö. Umwelthaftungsgesetzes (Oö. UHG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. September 2013 (mitbeteiligte Parteien: x, x, x) zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)
Entscheidungsgründe:
1. Aufgrund des vorgelegten Aktes, des Berufungsschriftsatzes und des ergänzenden Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:
1.1. Der x ist Grundeigentümer der Grundstücke Nr x, .x und x, alle KG x. Auf diesen Grundstücken befindet sich eine Streuobstwiese. Die x hat die Immobilienverwaltung für den x übernommen. Die x hat in dieser Funktion die x mit den Erhaltungsarbeiten der gegenständlichen Grundflächen beauftragt. Die Grundflächen wurden prekaristisch an Herrn x, einen Landwirt, zur Nutzung vergeben. (Aussage x Tonbandprotokoll Seiten 2 und 4)
1.2. Am 12. Juni 2010 fiel bei einem Sturm einer der Bäume auf ein abgestelltes Kfz, was ein langwieriges Gerichtsverfahren zur Folge hatte. Aus diesem Grund ließ die x im Jahr 2012 jene Bäume, die bereits im Absterben waren und von denen Gefahr im Verzug ausging, fällen. Die noch intakten Bäume wurden im Jahr 2012 vor Ort belassen. Die x gab anschließend den Auftrag zur Erstellung eines Baumkatasters, der von einem unabhängigen Baumsachverständigen erstellt wurde. In diesem Baumkataster vom 26. März 2013 werden einzelne Bäume als Kategorie D (Hohes Risiko, sofortige Fällung erforderlich) gekennzeichnet. Die x übermittelte diesen Baumkataster am 27. März 2013 Herrn x, dem Bezirksbeauftragten für Naturschutz der belangten Behörde, und kündigte an, ab 2. April 2013 mit den Baumfällungen zu beginnen. Herr x war mit diesen Fällungen einverstanden. (Aussage x und Vertreter der belangten Behörde Tonbandprotokolls Seiten 2 und 3, E-Mail von 27. März 2013). Anfang April 2013 wurden im Einvernehmen mit der belangten Behörde die Bäume aus der Kategorie D dieses Baumkatasters (hohes Risiko, sofortige Fällung erforderlich) gefällt (Vorbringen Vertreter der belangten Behörde TP Seite 3).
1.3. Die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) erhob mit Eingabe vom 4. April 2013 beim Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) Umweltbeschwerde nach § 11 Oö Umwelthaftungsgesetz. Er argumentierte, der Fällungs/Rodungs-Zeitpunkt sei denkbar unsensibel-wie auch schon im Vorjahr-zur Zeit der Brutvorbereitung gewählt und am 2. April 2013 begonnen worden. Unter Hinweis auf die § 5 und 9 Oö Artenschutzverordnung führte er aus, Obstbäume bzw. Streuobstbestände seien zwar nicht konkret in § 9 Oö. Artenschutzverordnung genannt, inhaltlich ziele die Bestimmung jedoch auf Maßnahmen zum Schutz des Nachwuchses und der engeren Lebensräume geschützter Tiere ab. Bekannterweise seien alte Obstbaumbestände auch Habitate geschützter Tierarten. Dazu würden etwa mehrere, in der EU-Vogelschutzrichtlinie genannte und gemäß § 5 Oö Artenschutzverordnung geschützte Vogelarten zählen. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten sei nicht auszuschließen, dass etwa der Juchtenkäfer, eine prioritäre Anhang-1-Art der FFH-Richtlinie, der in den letzten Jahren in vergleichbaren Obst Baumbestände nachgewiesen werden habe können, von den Maßnahmen betroffen sein könnte. Die 2012 und-trotz der öffentlichen Intervention-2013 gewählte Vorgangsweise bei den Fällungen/Rodungen der Obstgehölze entbehre jedoch völlig der Verhältnismäßigkeit und dem gesunden Maß zwischen Nehmen und Geben. Die im Vorjahr in Aussicht gestellten Obstbaum-Neupflanzungen (für die angeblich geplanten Nutzung für den Betrieb einer Mostschenke) als Ersatzpflanzung belaufe sich auf ein Minimum. Ersatzlebensraum für Höhlenbrüter zB in Form von Nistkästen seien nicht geschaffen worden. Aus Sicht der Oö Umweltanwaltschaft seien folgende Maßnahmen zur Minderung der bereits angerichteten Schäden zwingend erforderlich:
• Ersatzpflanzungen für die 2012 und 2013 gefällten bzw. gerodeten Obstbäume (als Hilfestellung wird die Sortenliste“ Sorten für den biologischen Obstbau auf Hochstämmen“ empfohlen)
• Artenschutzmaßnahmen im engeren und weiteren Umfeld des Eingriffs, insbesondere zur Kompensation der Lebensraumverluste für Höhlenbewohner (Vögel, Fledermausarten, spezielle Insektenarten)
• (künftig) sensible Wahl des Eingriffs Zeitpunkt
1.4. Die belangte Behörde führte daraufhin ein Ermittlungsverfahren durch und erließ in weiterer Folge den Bescheid vom 13. Juni 2013. Darin wird zur Umweltbeschwerde der x vom 4. April 2013 betreffend Obstbaumfällung beim x ab 2. April 2013 festgestellt, dass keine Beschwerdeberechtigung im Sinne des Oö.Umwelthaftungsgesetzes vorliegt. Die Behörde argumentierte, unter beruflicher Tätigkeit im Sinn des § 2 Abs. 1 Ziffer 1 Oö Umwelthaftungsgesetz sei nach der Legaldefinition im Sinn des § 4 Z 7 Oö Umwelthaftungsgesetz jede Tätigkeit, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit, einer Geschäftstätigkeit oder eines Unternehmens mit oder ohne Erwerbszweck ausgeübt werde, unabhängig davon, ob diese Tätigkeit privatrechtlichen oder öffentlich rechtlichen Vorschriften unterliegt, zu verstehen. Laut Mitteilung des Vertreters der x liege keine betriebliche bzw. gewerbliche Nutzung der Obstbäume vor. Es liege somit weder eine wirtschaftliche Tätigkeit noch eine Geschäfts-oder Unternehmenstätigkeit im Sinn des § 4 Z 1 Oö. Umwelthaftungsgesetz vor, so dass das Tatbestandsmerkmal “berufliche Tätigkeiten“ im Sinn des § 2 Abs 1 Z 1 Oö. UHG nicht erfüllt sei. Die ggst. Fällung falle daher nicht in den Geltungsbereich des Oö. Umwelthaftungsgesetzes, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
1.5. Dagegen richtete sich die Berufung vom 19. Juni 2013. Die Bw stellt darin den Antrag, die Berufungsbehörde möge gemäß § 66 Abs. 4 AVG den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die in der Umweltbeschwerde der x vom 4. April 2013 geforderten Maßnahmen zur Umsetzung gelangen. Begründend führte die x aus, die Behörde verkenne die Rechtslage bzw das Vorliegen des Tatbestandes, wenn sie versuche hier eine berufliche Tätigkeit aus § 4 Z 7 bzw aus Anhang 1 leg.cit. für den Nachweis einer potenziellen Schädigung schlagend werden zu lassen. Vielmehr komme das Verbot der Schädigungen geschützter Arten und natürlicher Lebensräume durch die Ausübung einer anderen als der in Anhang 1 angeführten beruflichen Tätigkeit zur Anwendung. Eine solche Tätigkeit sei seitens des Betreibers ja ausgeführt worden, nämlich das Fällen von Obstbäumen, auf denen sich unzweifelhaft und für jedermann sichtbar bewohnte Nistkästen befunden hätten. Zudem sei diese Tätigkeit vorsätzlich und fahrlässig durchgeführt wurden, da auch dem Laien bekannt sei, dass Vögel im Frühjahr ihre Gelege in den Nistkästen zum Brüten ablegen. Obstbäume seien sodann samt dem bebrüteten Gelege gefällt worden, wodurch nicht nur die Vorsätzlichkeit, sondern auch die Fahrlässigkeit eindeutig erwiesen sei. Demjenigen, der die Bäume gefällt habe, sei sehr wohl bewusst gewesen, dass er in Kauf nehme, nicht nur einen alten Obstbaumbestand, sondern auch den Nistkasten einschließlich des darin befindlichen Gelege zu zerstören. Die gegenständliche Baumfällung falle daher sehr wohl in den Geltungsbereich des x.
1.6. Die belangte Behörde legte dem UVS als zuständiger Berufungsbehörde den Verfahrensakt zur Entscheidung vor.
1.7. Der UVS führte als zuständige Berufungsbehörde am 13. September 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Zu dieser Verhandlung erschienen der x und ein Vertreter der belangten Behörde. Für die x, den x und die x war Herr x anwesend. In der mündlichen Verhandlung wurde der eingangs festgestellte Sachverhalt eingehend erörtert. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurde Herr x als Beteiligter einvernommen. x legte 11 Lichtbilder vor, die nach den Obstbaumfällungen im Jahr 2012 und 2013 angefertigt worden waren. In der mündlichen Verhandlung lagen weiters ein x Ausdruck sowie Auszüge der Grundstücksdatenbank vor. Im übrigen wurden die Verfahrensakte einvernehmlich verlesen. Der Vertreter der belangten Behörde bestätigte, dass die Fällungen im Einvernehmen mit der belangten Behörde erfolgt waren. Der Bw brachte ergänzend zum Berufungsschriftsatz vor, es handle sich bei den im Baumkataster mit einem hohen Risiko und der Erforderlichkeit der sofortigen Fällung gekennzeichneten Bäume nur zum Teil um solche Bäume, die sich im Nahbereich von Verkehrsflächen befinden.
1.7.1. Der Vertreter der mitbeteiligten Parteien (x, den x und die x GmbH) und der Vertreter der belangten Behörde beantragten abschließend die Abweisung der Berufung. Sie führten dazu aus: „Es besteht in keiner Weise eine rechtliche Grundlage für eine Verpflichtung im Sinn des Oö. Umwelthaftungsgesetzes. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im ggst. Fall § 9 der Oö. Artenschutzverordnung nicht zur Anwendung kommt.“
1.7.2. Der Bw x erstattete folgendes Schlussvorbringen: „In rechtlicher Hinsicht wird die Rechtsansicht der belangten Behörde gerügt, § 9 der Oö. Artenschutzverordnung sei nicht anwendbar. § 9 der Oö. Artenschutzverordnung spricht von Busch- und Gehölzgruppen. Auch Obstbäume sind unter diesem Tatbestand zu subsumieren. Die x beantragt, der Berufung stattzugeben und die beantragten Maßnahmen verpflichtend vorzuschreiben. Es wurde kein naturschutzfachliches Gutachten vorgelegt, auf das die belangte Behörde im bekämpften Bescheid hinweist.“
2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dazu erwogen:
2.1. Der zu Pkt 1. festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den angeführten Beweismitteln. x argumentierte, die gekennzeichneten Bäumen würden sich nur teilweise im Nahbereich von Verkehrsflächen befinden (Pkt 1.7.). Es war aber unstrittig, dass ein Baumkataster vorlag und die Fällungen im Einvernehmen mit der belangten Behörde erfolgten (Pkt 1.2.).
2.2. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden Bestimmungen der Oö. Artenschutzverordnung und des Oö. Umwelthaftungsgesetzes (Oö. UHG):
§ 5 Oö. Artenschutzverordnung lautet:
Geschützt im Sinn des § 28 Abs. 3 Oö. NSchG 2001 sind
1. die in Oberösterreich freilebenden, nicht jagdbaren Tiere der in Anlage 3 genannten Arten,
2. freilebende, nicht jagdbare Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union heimisch sind (Artikel 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl.Nr. L 103 vom 25. April 1979, S. 1 ff, i.d.F. der Richtlinie 97/49/EWG der Kommission vom 29. Juli 1997, ABl.Nr. L 223 vom 13.8.1997, S. 9 ff - in der Folge „Vogelschutz-Richtlinie“) und
3. die im Anhang IV lit. a der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, die in einem anderen Bundesland oder im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union frei leben. (Anm: LGBl. Nr. 85/2003, 74/2007)
§ 9 Oö. Artenschutzverordnung lautet:
Zum Schutz des Nachwuchses und der engeren Lebensräume geschützter Tiere ist in der freien Natur verboten:
1. die Beseitigung von Schilf- und Röhrichtbeständen;
2. in der Zeit vom 1. April bis 30. September das Schlägern, Kahlschneiden (auf Stock setzen) oder Abbrennen von Busch- und Gehölzgruppen sowie von Heckenzügen, das Mähen von Schilf, dasVerbrennen von Reisig und
3. in der Zeit vom 1. März bis 31. Juli das Entleeren stehender Gewässer (wie Teiche, Weiher und Tümpel) außerhalb von Fischzuchtanstalten.
§ 2 Oö. UHG lautet unter der Überschrift „Geltungsbereich“:
§ 4 Z 1, 2, 3, 6 und 7 Oö. UHG lauten unter der Überschrift „Begriffsbestimmungen“:
§ 11 Oö. UHG lautet unter der Überschrift „Umweltbeschwerde“:
2.3. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (Beilage 1951/2009 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages, XXVI. Gesetzgebungsperiode) wird zu § 4 Oö. UHG ausgeführt:
„§ 4 enthält die Begriffsbestimmungen, die von den Definitionen gemäß Art. 2 der Umwelthaftungsrichtlinie übernommen und teilweise unter Verwendung der Formulierungen des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes ergänzt wurden. Die Aufzählung der Begriffsbestimmungen orientiert sich an der Reihung in Art. 2 der Umwelthaftungsrichtlinie und weicht deshalb teilweise von der Systematik des § 4 Bundes-Umwelthaftungsgesetz ab.
Z. 1: Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Schädigung geschützter Arten und natürlicher Lebensräume dann nicht als Umweltschaden im Sinn der Umwelthaftungsrichtlinie gilt, wenn die verursachten nachteiligen Auswirkungen durch entsprechende, Art. 6 Abs. 3 und 4 oder Art. 16 der FFH-Richtlinie oder Art. 9 der Vogelschutz-Richtlinie umsetzende nationale Vorschriften (das sind bestimmte jagd-, fischerei- oder naturschutzrechtliche Bewilligungen bzw. begünstigende Feststellungen) ausdrücklich genehmigt wurden (Art. 2 Z. 1 lit. a zweiter Absatz Umwelthaftungsrichtlinie). Nach gemeinschaftsrechtlich zulässigen nationalen Bestimmungen genehmigte Einwirkungen auf die geschützten Arten und natürlichen Lebensräume sind daher nicht als erhebliche
nachteilige Auswirkungen im Sinne dieses Gesetzentwurfes zu verstehen. Die Schutzwirkungen des vorliegenden Landesgesetzes greifen daher nicht, wenn z.B. im Rahmen der jagdrechtlichen Bewilligung gemäß § 48 Abs. 3 Oö. Jagdgesetz eine Ausnahme vom Jagdverbot unter Berücksichtigung des günstigen Erhaltungszustandes der betroffenen Tierart bewilligt wird. Außerdem kommen Handlungen und Unterlassungen, die in bestimmten Verordnungen ausdrücklich angeführt sind, wie etwa in Landschaftspflegeplänen gemäß § 15 Abs. 2 Oö. NSchG 2001 oder im Rahmen des sog. "Weißbuchs" bei Europaschutzgebieten (§ 24 Abs. 2 Oö. NSchG 2001), nicht als umwelthaftungsauslösende Tätigkeiten in Betracht. Auch wenn eine diesbezügliche rechtliche Garantie nicht abgegeben werden kann, ist wohl davon auszugehen, dass in der Regel auch auf bloß informelle Zusagen in sog. Projektvorbesprechungen betreffend die Errichtung oder Änderung einer Betriebsanlage mit der Behörde vertraut werden kann: Wenn einer solchen Besprechung eine naturschutzfachlich sachverständige Person beigezogen wurde und diese keinen arten- oder lebensraumschutzbezogenen Einwand gegen das Vorhaben vorgebracht hat, wird ein projektgemäßer Normalbetrieb mit großer Wahrscheinlichkeit keinen umwelthaftungsrelevanten Schadensfall herbeiführen können. Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass Tätigkeiten, die im Rahmen des sog. "Vertragsnaturschutzes" gesetzt werden (vgl. § 1 Abs. 7 Oö. NSchG 2001), keine Umwelthaftung auslösen können. Bemerkenswert ist schließlich, dass nicht jede nachteilige Auswirkung auf geschützte Arten und natürliche Lebensräume als Umweltschaden gilt, sondern dass die Erheblichkeit dieser Auswirkungen für die Subsumierung wesentliches Tatbestandsmerkmal ist, wobei die Ermittlung der Erheblichkeit gemäß Anhang I der Umwelthaftungsrichtlinie (= Anhang 2 des vorliegenden Landesgesetzes) durchzuführen ist. Insbesondere das Vorkommen sehr seltener gemeinschaftsrechtlich geschützter Arten, deren Erhaltungszustand bereits durch die Beeinträchtigung einiger weniger Exemplare erheblich nachteilig verändert werden könnte, ist in der Regel mit der Ausweisung entsprechender Europaschutzgebiete sehr gut dokumentiert. Dasselbe gilt für besonders seltene gemeinschaftsrechtlich geschützte Lebensräume. Dadurch ist es sehr unwahrscheinlich, dass wirtschaftliche Routinehandlungen außerhalb von Europaschutzgebieten, die möglicherweise und jedenfalls unbeabsichtigt einzelne geschützte Tiere oder Pflanzen oder kleinräumige Lebensräume beeinträchtigen, diese Erheblichkeitsschwelle überschreiten und insofern einen Umweltschaden im
Sinn des § 4 Z. 1 lit. a herbeiführen. Denkbar ist dies jedoch bei sog. "flüchtigen Arten", etwa Vögeln, die jahresweise in unterschiedlichen Gebieten brüten. Hier kann jedoch in aller Regel darauf vertraut werden, dass die jeweilige naturschutzfachliche Gebietsbetreuerin bzw. der jeweilige naturschutzfachliche Gebietsbetreuer rechtzeitig entsprechende Informationen - insbesondere für die Land- und Forstwirtschaft - erteilt. Andernfalls wird eine Verschuldenshaftung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in Betracht kommen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung im Sinn des § 3 Z. 17 Oö. NSchG 2001 grundsätzlich nicht geeignet ist, erhebliche Umweltschäden herbeizuführen. Vielmehr ist gerade die bisherige Form der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung mitverantwortlich für die bestehende Artenvielfalt. Dem wird auch in Anhang 2 Rechnung getragen. Die Definition der Schädigung des Bodens entspricht jener der Umwelthaftungsrichtlinie bzw. der des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes. Von einer Überschreitung der im vorliegenden Zusammenhang relevanten Erheblichkeitsschwelle kann erst dann ausgegangen werden, wenn zumindest Bodengrenzwerte im Sinn des § 24 Abs. 2 Z. 2 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 (sog. "Prüfwerte") überschritten sind.
Z. 2 gibt Art. 2 Z. 2 der Umwelthaftungsrichtlinie wieder.
Z. 3 übernimmt die Definition der Begriffe "geschützte Arten" und "natürliche Lebensräume" von Art. 2 Z. 3 der Umwelthaftungsrichtlinie, wobei von der in der Richtlinie ausdrücklich angesprochenen Möglichkeit, Lebensräume oder Arten, die nicht in den Anhängen zur FFH- Richtlinie bzw. zur Vogelschutz-Richtlinie aufgelistet sind, die aber nach nationalen Vorschriften ebenfalls besonders geschützt sind (z.B. durch Naturschutzgebiete gemäß dem Oö. NSchG 2001), nicht Gebrauch gemacht wird. Die von Z. 3 erfassten Arten und Lebensräume sind aber grundsätzlich unabhängig davon, ob sie sich in Schutzgebieten befinden oder nicht, in den Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzentwurfs einbezogen (vgl. dazu aber auch die Erläuterungen oben zu Z. 1). Zur Verdeutlichung dienen die folgenden Listen der im vorliegenden Zusammenhang für Oberösterreich relevanten Lebensraumtypen und Tier-und Pflanzenarten....“
2.4. Ob eine Schädigung geschützter Arten iSd § 4 Z 3 lit a Oö. UHG oder natürlicher Lebensräume iSd § 4 Z 3 lit b Oö. UHG eine Umwelthaftung begründet, ist im ggst. Fall ausschließlich anhand der Bestimmungen des Oö. UHG zu beurteilen. Allfällige - über das Oö. UHG – hinausgehende Verpflichtungen auf Grund der Oö. Artenschutzverordnung bleiben gemäß § 2 Abs 3 Oö. UHG unberührt und können nicht mit einer Umweltbeschwerde iSd § 11 Oö. UHG geltend gemacht werden.
2.5. Streuobstbestände bzw Obstbäume werden weder in § 9 Oö. Artenschutzverordnung noch in der FFH–Richtlinie oder der Vogelschutzrichtlinie genannt. Die ggst. Streuobstwiese ist kein geschützter Lebensraum iSd § 4 Z 3 lit b Oö. UHG. Die Umweltbeschwerde führt ins Treffen, alte Obstbaumbestände seien bekanntermaßen Habitat mehrerer in der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützter Vogelarten. Es sei auch nicht auszuschließen, dass der Juchtenkäfer von den Maßnahmen betroffen sein könnte. Es konnte aber weder in der Umweltbeschwerde noch im Verfahren der konkrete Nachweis erheblicher bzw nachhaltiger Auswirkungen iSd Anhanges 2 des Oö. UHG erbracht werden.
2.6. Eine Tätigkeit, die nicht „beruflich“ iSd § 2 Abs 1 iVm § 4 Z 7 Oö. UHG ausgeübt wird, fällt nicht in den Anwendungsbereich des Oö. UHG. Dabei stellen die bloße Liegenschaftsverwaltung und damit verbundene Erhaltungsarbeiten noch keine „berufliche“ Tätigkeit dar. Ordnet man die zu Pkt 1.1. festgestellten Erhaltungsarbeiten dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft zu, würde das OÖ. UHG gemäß § 2 Abs 1 Z 2 Oö. UHG zur Anwendung kommen, sofern die Betreiberin bzw der Betreiber vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf ein Betreiber im Fall der Erteilung einer auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage gegebenen Rechtsauskunft der zuständigen Behörde auf die Richtigkeit dieser Auskunft vertrauen und dürfen im Vertrauen auf eine solche Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden (vgl VwGH vom 15. Februar 2013, GZ 2010/09/0240). Die Fällungen erfolgten im Einvernehmen mit der belangten Behörde, weshalb den mitbeteiligten Parteien – entgegen der Ansicht des Bw – weder vorsätzliches noch fahrlässiges Verhalten angelastet werden kann. Dem Bw kommt mangels Anwendbarkeit des Oö. UHG keine Beschwerdelegitimation zu.
Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Mag. Weigl
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 08.10.2014, Zl.: 2013/10/0241-5