Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168010/5/Zo/AK/CG

Linz, 08.10.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn x, geb. x, vom 23.07.2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 03.07.2013, Zl. VerkR96-5132-2013, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1  und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG;

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 20.03.2013 um 11.31 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen x (x) in Ort im Innkreis auf der A8 bei Km 62,055 gelenkt und dabei die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 12 km/h überschritten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber zusammengefasst geltend, dass er den Fahrzeuglenker erst nach Begutachtung eines Fotos bekannt geben könne. Er selbst habe den PKW nicht gelenkt, als Beweis dafür könne er eine schriftliche Bestätigung seines Arbeitgebers vorlegen, welcher seine Anwesenheit am Arbeitsplatz bestätigen könne.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis von  hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der UVS des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie in die Arbeitsaufzeichungen des Berufungswerbers. Daraus ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des PKW mit dem Kennzeichen x. Gegen den Lenker dieses PKW wurde Anzeige erstattet, weil er am 20.03.2013 um 11.31 Uhr auf der A8 bei Km 62,055 eine Geschwindigkeit von 142 km/h eingehalten hatte. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis erließ gegen den Berufungswerber wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung in weiterer Folge eine Strafverfügung, gegen welche dieser rechtzeitig Einspruch erhob und bekannt gab, dass er sich zu dieser Zeit an seinem Arbeitsplatz befunden habe. Über den Lenker könne er nur Auskunft geben, wenn ihm ein entsprechendes Bild zugesendet werde.

 

Aufgrund einer Lenkererhebung gab der Berufungswerber bekannt, dass der PKW von mehreren Personen verwendet werde und auf dem Foto der Lenker nicht erkennbar sei. Er könne deshalb Name und Anschrift des Fahrers nicht mitteilen. Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes ist es grundsätzlich zulässig, im Rahmen der Beweiswürdigung davon auszugehen, dass ein bestimmtes Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Zulassungsbesitzer gelenkt wurde. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Zulassungsbesitzer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren nicht nachkommt und keine nachprüfbaren Angaben macht, welche seine Lenkereigenschaft ernsthaft in Zweifel ziehen. Der EGMR hat im Fall Krumpholz gegen Österreich (Urteil vom 18.03.2010, Beschwerdenr.: 13201/05) ausgesprochen, dass es den Gerichten grundsätzlich zusteht, aus dem Schweigen eines Angeklagten im Rahmen der freien Beweiswürdigung Schlüsse auch zum Nachteil des Angeklagten zu ziehen. Im Zusammenhang mit Verkehrsdelikten setze dies eine Beweislage voraus, welche nach dem "common Sense" den Schluss nahelege, der Zulassungsbesitzer sei selbst der Lenker gewesen. Nur wenn ein derartiger "prima facie Beweis" vorliege, könne aus dem Schweigen des Zulassungsbesitzers geschlossen werden, dass er selbst das Fahrzeug gelenkt habe.

 

Im konkreten Fall hat der Berufungswerber während des gesamten Verfahrens behauptet, dass er den PKW zum Vorfallszeitpunkt nicht gelenkt haben konnte, weil er sich zu dieser Zeit an seinem Arbeitsplatz aufgehalten habe. Er konnte dies auch durch die Aufzeichnungen seines Arbeitgebers bestätigen, wonach er sich am 20.03.2013 von 05.41 Uhr bis 15.17 Uhr an seinem Arbeitsplatz befunden hat. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass er den PKW selbst gelenkt hat, weshalb die ihm vorgeworfene Übertretung nicht bewiesen werden kann. Das Verfahren war daher einzustellen.

 

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l