Linz, 02.10.2013
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 26. Juli 2013, Zl. VerkR96-3504-2013, nach der am 2.10.2013 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird im Schuld- u. Strafausspruch als unbegründet abgewiesen;
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 30 Euro auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013.
Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 150 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 30 Stunden ausgesprochen, wobei ihm zur Last gelegt wurde, er habe sich am 26.02.2013 um 08:30 Uhr in der Gemeinde Neuhofen im Innkreis, Ortschaftsbereich Gobrechtsham, Oberinnviertler Landesstraße L503, ca. bei km 3,600, Fahrtrichtung Mettmach, als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen x und des Sattelanhängers mit dem amtlichen Kennzeichen x, obwohl es ihm zumutbar war, sich vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt gehabt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hat, da festgestellt wurde, dass er für das Fahrzeug der Klasse N3 keine geeigneten Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitgeführt habe, obwohl er während des Zeitraumes von jeweils 1. November bis 15. April der Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klassen M2, M3, N2 und N3, sowie eines von einem solchen Fahrzeug abgeleiteten Kraftfahrzeuges geeignete Schneeketten für mindestens zwei Antriebsräder mitzuführen gehabt hätte.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. Dem tritt der Berufungswerber mit der durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung in wörtlicher Wiedergabe des Spruches in einem offenkundig standardisierten Schriftsatz mit folgenden Ausführungen entgegen:
2.1. Mit diesen Ausführungen vermag er jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.
3. Die Behörde erster Instanz hat diese Eingabe als Berufung gewertet und den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war antragsgemäß durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).
3.1. der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes, sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers GI x.
Von diesem wurde ein Einsatzbericht über den Streudienst vom 26.2.2013 sowie ein Auszug über die Wetterdaten am 26. 2. 2013 von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik eingeholt und anlässlich der Berufungsverhandlung vorgelegt. Ebenfalls wurden vier vom Meldungsleger ausgenommene Fotos vom damaligen Einsatz und insbesondere unter Darstellung der Straßenverhältnisse im Rahmen der Zeugenaussage vor gewiesen. Diese wurden als Beilage 2-4 zum Akt genommen. Vom Berufungswerbervertreter wurde ein Einkommensnachweis vorgelegt. Diese wurde als Beilage 1 zum Akt genommen.
Der Berufungswerber nahm trotz des Hinweises in der Ladung nicht persönlich an der Berufungsverhandlung teil. Er wurde unter Hinweis auf berufliche Gründe entschuldigt.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
der Zeuge Gruppeninspektor x verweist im Rahmen seiner Zeugenaussage auf den damaligen Einsatzbefehl, der mit dem Hinweis an ihn ergangen sei, dass auf der L503 im Bereich der sogenannten Alm zwei Lastkraftwagen hängen geblieben wären. Als der Zeuge Einsatzort eintraf sei das Fahrzeug des Berufungswerbers am Beginn des dort ansteigenden Straßenzuges gestanden und habe sich der Lenker im Führerhaus befunden. Über Aufforderung das Fenster runter zu drehen, habe der Lenker sofort erklärt hängegeblieben zu sein und keine Schneeketten dabei zu haben. Er wurde darauf hingewiesen, dass die Polizei nun zu dem etwa 200 bis 300 m weiter oben ebenfalls hängen gebliebenen Lastkraftwagen fahren würde um dann wieder zurückzukehren und die Amtshandlung fortzusetzen. Der Lenker des zweiten Fahrzeuges war in dieser Phase bereits dabei die Schneeketten anzulegen.
Als der Meldungsleger wieder zum Lenker des hier angezeigten Fahrzeuges zurückkehrte wurde vom Fahrer und angezeigten abermals darauf hingewiesen, dass er eigentlich nicht nach Österreich fahren hätte sollen aber er diese Fuhre für einen anderen erkrankten Kollegen übernommen habe. Da in Deutschland keine Schneekettenpflicht bestehe habe er auch solche nicht mitgeführt. Es ist zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen, dass er etwa die Schneeketten bloß nicht finden könnte oder nach diesen suchen würde.
Die Angaben des Zeugen waren in jeder Richtung hin überzeugend. Die Amtshandlung wurde offenbar sehr sorgfältig und die Erhebungen umfassend dokumentiert. An den Angaben des Zeugen bestehen keine wie immer gearteten Anhaltspunkte für Zweifel.
Aus den oben genannten Beilagen gehen die winterlichen Fahrbahnverhältnisse hervor. Die Mitteilung der Zentralanstalt (ZAMG) haben zum zu Vorfallszeitpunkt minus Temperaturen und leichter Schneefall geherrscht. Die Bilder zeigen das gesamte Fahrbahn von Schnee bedeckt gewesen ist wobei es offenbar erst kurz vorher zu schneien begonnen haben dürfte, weil sich noch wenig Fahrspuren auf der Schneefahrbahn abgezeichnet hatten.
Wenn der Berufungswerber im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nun einwendet die Schneeketten sehr wohl dabei gehabt, diese jedoch bloß nicht gefunden zu haben, weil diese unter dem Bett der Führerkabine versteckt gewesen wären, ist es mit Blick auf die Darstellung gegenüber dem Polizeibeamten vor Ort, als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren.
Es entspricht damit der Lebensnähe der Realität, dass in diesem Fall ein entsprechender Hinweis gegenüber dem Beamten sofort gemacht worden wäre, andererseits wäre es für die Auswirkungen unbeachtlich, wenn der Fahrer etwa nicht wüsste wo er gegebenenfalls die Schneeketten finden könnte und diese demnach nicht zum Einsatz gelangen können.
5. Rechtlich ist folgendes auszuführen:
In Vermeidung von Wiederholungen kann auf die umfassenden Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Dort wurde die bezogenen Rechtsvorschriften umfangreich dargelegt.
Es mutet geradezu abenteuerlich an, wenn ein Lkw-Fahrer behauptet die Schneeketten im Zuge einer Verkehrskontrolle auf seinem Lkw nicht gefunden zu haben, weil sie „an einem anderen Ort als sonst üblich“ verwahrt gewesen wären. Geradezu so, als würde ein Sattelkraftfahrzeug gleichsam unüberschaubare Verwahrungsmöglichkeiten von Schneeketten geboten haben. Im Übrigen wäre dem gesetzlichen Zweck selbst im Falle eines Mitführens nicht gedient, wenn letztlich der Lenker nicht in der Lage wäre im Bedarfsfall die Schneeketten zu finden. Vor diesem Hintergrund kann diese Darstellung als bloß untauglicher Versuch einer Schutzbehauptung qualifiziert werden. Letztlich war der Berufungswerber auch nicht geneigt diese entweder dem Rechtsvertreter zugeleitete oder von diesem aufgestellte Schutzbehauptung im Rahmen der Berufungsverhandlung zu erklären und dazulegen, wo und wie die Ketten versteckt waren, sodass er sich bei der Kontrolle nicht finden hätte können.
6. Zur Strafzumessung:
Nach § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs.2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der präsumtiv schädlichen Auswirkungen der vom Berufungswerber begangene Übertretung verdeutlicht sich in den Folgewirkungen für andere Verkehrsteilnehmer, wenn ein LKW an einer Steigung hängen bleibt und unter Umständen mit enormen Zeitaufwand sowie mit Hilfe Dritter wieder flott gemacht werden muss. Der durch eine dadurch bedingte Staubildung für andere Verkehrsteilnehmer und den dadurch möglichen Zeitverlust, zieht abstrakt besehen erhebliche Schadensfolgen für Dritte und nicht zuletzt für das Gemeinwesen nach sich.
An einen Berufskraftfahrer muss ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab angelegt werden, der es erwarten lässt, sich im Zuge einer winterlichen Fahrt ins Ausland über die dort herrschenden Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf die Fahrzeugausrüstung bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen und bei Fahrtzielen welche entsprechende Verhältnisse erwarten lassen, hinreichend informiert.
Die scheint im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden zu haben, weil der Berufungswerber offenbar diese Fahrt für einen Kollegen übernommen hat. Dieser Umstand befreite ihn jedoch nicht von dieser Sorgfaltspflicht.
6.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Hier wurde von der Behörde erster Instanz mit 150 Euro sehr milde Strafe ausgesprochen. Dabei wurden offenkundig sämtliche Milderungsgründe und wohl auch der Umstand der subjektiven Rechtsunkenntnis des Berufungswerbers überdurchschnittlich zu seinen Gunsten ins Treffen geführt. Unter Hinweis auf den bis zu 5.000 Euro reichenden Strafrahmen, kann demnach in der Ausschöpfung des Lebens im Umfang von nur 3 % wohl kein Ermessensfehler erblickt werden
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.
Dr. B l e i e r