Linz, 10.09.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn x, gegen den Zurückweisungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz – Bezirksverwaltungsamt, Hauptstraße 1-5, Neues Rathaus, A-4041 Linz, vom 30.7.2013, GZ: 0024846/2013, betreffend des bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten eingebrachten Delegierungsantrages über sein dort am 7.9.2012 gestellte Ansuchen um Zulassung zur Lehrbefähigungsprüfung als Fahrschullehrer, zu Recht:
Die Berufung wird statt gegeben; der Zurückweisungsbescheid wird behoben.
Rechtsgrundlagen:
§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG, idF BGBl. I Nr. 33/2013, sowie § 116 Abs.2a Kraftfahrgesetz 1967 – KFG, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2013.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber das bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten eingebrachten Ersuchen vom 5.6.2013 um Übertragung zur Weiterführung, des bei dieser Behörde bereits am 7.9.2012 gestellten Ansuchens um Zulassung zur Lehrbefähigungsprüfung als Fahrschullehrer, an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz, als die im Rahmen der Landesvollziehung im übertragenen Wirkungsbereich hierfür zuständige Behörde – Letzterem weitergeleitet am 7.6.2013 - mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.
1.1. Begründend wurde folgendes ausgeführt:
2. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene und wie folgt ausgeführte Berufung:
3. Die Behörde erster Instanz hat vorerst den Verwaltungsakt am 29.8.2013 dem Amt der Oö. Landesregierung – Abteilung Verkehr, ohne eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen, zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Von dieser wurde der Akt unter Hinweis auf § 123 Abs.1a KFG am 6.9.2013 zuständigkeitshalber an den Unabhängigen Verwaltungssenat weitergeleitet.
Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 AVG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verfahrensakt, durch Einholung einer Anfrage an das zentrale Melderegister, sowie durch nieder schriftliche Anhörung des Berufungswerbers im Rahmen des ihm zu gewährenden Parteiengehörs. Darin wurde er zur Darlegung der Umstände dahingehend eingeladen, worin er insbesondere die erhebliche Erleichterung mit der Übertragung erblicken wolle.
Über das Ergebnis wurde der Behörde erster Instanz formlos ebenfalls Parteiengehör gewährt, wobei auf eine Stellungnahme verzichtet wurde (AV v. 10.9.2013 ON 3).
4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt liegt der Berufungsentscheidung zu Grunde:
Der Berufungswerber ist seit 30. Jänner 1992 mit Hauptwohnsitz in St. Valentin an der gegenwärtigen Adresse gemeldet. Weiters findet sich seit 10.10.2011, als Nebenwohnsitz x (Studentenheim) eingetragen. Er ist seit dem Jahr 2009 in der väterlichen Fahrschule tätig, wobei verfahrensgegenständlich der Erwerb der Lehrbefähigung als Fahrschullehrer für die Führerscheinklasse B angestrebt wird.
Am 5.6.2013 stellte er an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten den Antrag das Verfahren an den Ort seiner Ausbildung nach Oberösterreich zu übertragen. Diesem Ansuchen waren offenbar mehrere Bestätigungen und Zertifikate über seine bis dahin abgeschlossene Ausbildung beigefügt, wobei von der über-tragenden Behörde die rechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung als gegeben erachtet wurden.
Im Akt befindet sich ein E-Mail vom 6.6.2013 des Dr. x, als den für das Fahrschulwesen zuständigen Bediensteten des Amtes der Oö. Landesregierung - Abteilung Verkehr, an die Behörde 1. Instanz. Diese hat im Ergebnis zum Inhalt, dass seitens der Oberbehörde die Voraussetzungen der Übertragung der Zuständigkeit negativ zu beurteilen wären, da weder eine Vereinfachung des Verfahrens anzunehmen sei und die Ausbildung in Niederösterreich stattgefunden habe. Diese verkürzte Darstellung erweist sich letztlich als nicht zutreffend.
Mit einem E-Mail vom 5.6.2013 eines Herrn x, als offenbar Verantwortlichen der Ausbildungsstätte in Linz-Ebelsberg bestätige dieser der übertragenden Behörde, dass die Ausbildung zur Gänze in „unserer Ausbildungsstätte in St. Valentin und am Ausbildungsort in Ebersberg“ absolviert worden sei.
In einem Schreiben der belangten Behörde vom 10.6.2013 an den Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft Amstetten, wird in Anlehnung an die Rechtsmeinung der Oberbehörde die Zurückweisung des Antrages mangels Zuständigkeit angekündigt.
Da die Ausbildungsstätten Linz-Ebelsberg erst mit Bescheid vom 2.4.2013 genehmigt wurde, könne die Ausbildung noch nicht zur Gänze oder zum Großteil noch nicht in Ebersberg gemacht worden sein, so die Mitteilung der Behörde erster Instanz an die übertragende Behörde.
Am 30. 7. 2013 wurde schließlich der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.
4.2. Hier liegen offenbar gänzlich unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung einer primär auf die Interessenssphäre eines Antragstellers zielende Rechtsgrundlage vor. Während eine Behörde den Antrag zur Durch- u. Weiterführung des Verfahrens, an jene Behörde „weiterleitet“ in deren Zuständigkeitsbereich zumindest nunmehr die Ausbildungsstätte gelegen ist, wird deren Zuständigkeit mit dem Hinweis auf den Ort der zumindest teilweise bisher erfolgen Ausbildung, durch Zurückweisung des Antrages verneint.
4.2.1. Im Rahmen der Befragung am 10.9.2013 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat legt der Berufungswerber dar, dass er die Ausbildung in der Fahrschule seines Vaters am 7.9.2012 in St. Valentin begonnen habe. Die Ausbildungsbewilligung von Fahrschul- u. Fahrlehrern an zwei Standorten in Oberösterreich, sei vom Landeshauptmann erst mit Bescheid vom 2.4.2013, Verk-270.375/7-2013-Anz erteilt worden.
Als theoretische Ausbildung wurde die Teilnahme an den Lehrgängen Pädagogik 1 und 2 sowie im Berufsrecht ist mit entsprechenden Zertifikaten belegt. Insgesamt erklärt der Berufungswerber 160 Ausbildungseinheiten noch in St. Valentin absolviert zu haben, zumal zu diesem Zeitpunkt der Fahrschulstandort bzw. die Fahrschullehrer-Ausbildungsstätte in Ebelsberg noch nicht bewilligt gewesen sei.
Auf die konkrete Frage worin er denn die wesentlich oder erhebliche Erleichterung für ihn durch die beantragte Delegierung des Verfahrens nach Linz zu erblicken vermeint, erklärte Berufungswerber, dass er sein berufliches Betätigungsfeld ausschließlich im Raum Linz habe. Logischerweise sei damit eben eine Erleichterung auch für die Fortführung und Beendigung, sowie zuletzt für die Ablegung der Prüfung in Linz verbunden. Beispielsweise verweist er auf die in der Nähe des Flughafen Hörsching, bei der Firma x gelegenen Übungsplatzes, wohin er regelmäßig Motorräder, LKWs und Traktoren überstellt. Es würde auch einen Unterschied machen ob im geografisch vertrauten Umfeld, oder in einer völlig fremden Gegend, wo er noch nie gewesen ist (in St. Pölten), die Prüfung ablegen müsse. Dem trage der § 116 Abs.2a KFG Rechnung. Auch sein Betriebswirtschaftsstudium wolle er (dzt. an der Universität Wien) an der Universität Linz fortsetzen. Nicht zuletzt wohne seine Lebensgefährtin in Haid, sodass auch dies einen Grund der wesentlichen Erleichterung zum Abschluss seiner angestrebten Ausbildung ergeben würde.
Dem Vorhalt der Rechtsmeinung der Oberbehörde in der Mitteilung an den Magistrat der Stadt Linz vom 6.6.2013 (E-Mail), trat er mit dem Argument entgegen, dass es völlig unrealistisch wäre die Meinung zu vertreten 100 % einer Ausbildung müssten an einem einzigen Ort absolviert werden. Es wäre durchaus branchenüblich, dass Personen außerhalb ihres Bundeslandeslandes Ausbildungen an ortsfernen Fahrschulen absolvieren und/oder dort beenden.
4.3. Mit diesen Ausführungen verdeutlicht der Berufungswerber durchaus nachvollziehbar die mit seinem Antrag verbundene erhebliche Erleichterung für den Erwerb seiner angestrebten Fahrschullehrerberechtigung. Ebenfalls ergibt sich als nunmehriger Ausbildungsstandort, an dem bereits der größere Teil der Ausbildung absolviert wurde, die Ausbildungsstätte in Linz-Ebelsberg. Davon geht die Behörde erster Instanz in ihrem Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10.6.2013 aus, worin sie sich u. A. auch für die Übersendung des Delegierungsansuchens vom 7.6.2013 bedankt, jedoch mit dem Hinweis, die Ausbildungsstätte liege in Niederösterreich, sodass sie das Delegierungsersuchen zurückweisen werde. Damit legt sie ihrer Entscheidung die Meinung der Oberbehörde zu Grunde, der zur Folge die gesamte Ausbildung in Niederösterreich erfolgt wäre, sodass darin auch keine erhebliche Verfahrensvereinfachung für den Berufungswerber zu erkennen vermeint wurde.
Dies trifft jedoch nachweislich nicht zu, zumal diese laut Darstellung des Berufungswerbers, sowie der im Akt erliegenden Bestätigung der Fahrschule Easydrivers Linz-Ebelsberg, zuletzt in einem erheblichen Umfang auch in Ebelsberg erfolgte. Diese Bestätigung wurde von Gerhard Böhm als Mitarbeiter dieser Fahrschule ausgestellt und der Behörde erster Instanz per E-Mail am 29.7.2013 übermittelt. Bereits tags darauf wurde der Zurückweisungsbescheid erlassen.
Die Behörde erster Instanz hat sich, zumindest nicht nachvollziehbar, mit der Frage der Verfahrenserleichterung und offenbar ebenfalls nicht dem Inhalt nach, mit dem Umstand der durchaus zu einem wesentlichen Teil in Linz-Ebelsberg absolvierten Ausbildung des Antragstellers auseinandergesetzt. Insbesondere auch nicht mit der Tatsache, dass die Ausbildungsstätte für Fahr- u. Fahrschullehrer erst per 2.4.2013 an Standorten im Raum Linz bewilligt worden war. Das für den Berufungswerber daher ein Bewilligungsanspruch durch eine mit der Delegierung verbundene „erhebliche Erleichterung“ und damit einer nachhaltige Unterstützung seiner Interessenslage verbunden ist, liegt demnach auf der Hand.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Der § 116 Abs.2a KFG besagt über die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Fahrschullehrerberechtigung, dass darüber grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz hat, über Antrag die Durch- oder Weiterführung des Verfahrens auf die Bezirksverwaltungsbehörde in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort der Ausbildung des Antragstellers liegt, zu übertragen hat, wenn dadurch eine wesentliche Vereinfachung des Verfahrens oder eine erhebliche Erleichterung für den Antragsteller erzielt wird.
Aus § 3 Z3 AVG resultiert die Zuständigkeit nach dem Hauptwohnsitz des Beteiligten nur für den Fall, dass die Verwaltungsvorschriften darüber nichts bestimmen, ….
Nach § 6 AVG ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit von amtswegen wahrzunehmen.
Die Zuständigkeit begründet sich hier aus § 116 Abs.2a KFG, wobei die darin normierte Übertragung der Zuständigkeit verfahrensrechtlich als „Weiterleitung“ zu qualifizieren sein wird. Vor diesem Hintergrund ging die Behörde erster Instanz in ihrer gegenteiligen Beurteilung der Faktenlage durchaus zutreffend mit einer Zurückweisung (mangels Zuständigkeit) vor.
Das Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde ist ein unverzichtbares Recht, wobei selbst durch die Unterlassung der Geltendmachung der Unzuständigkeit einer Behörde, eine Zuständigkeit nicht begründet werden könnte (Hinweis auf die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 143 unter E 10f wiedergegebene Rsp).
Lediglich für jene Fälle, in denen die Organisations- und Materiengesetze keine Aussage zur sachlichen und/oder örtlichen Zuständigkeit enthalten, treffen §§ 2 und 3 AVG eine subsidiäre, zT verfassungsrechtlich problematische (§ 3 Rz 1) Regelung (Hengstschläger/Leeb, AVG § 1 Rz 11).
Vor diesem Hintergrund erweist sich jedenfalls der Hinweis der Behörde erster Instanz auf § 6 Abs.2 AVG nicht wirklich stichhaltig, weil sich aus § 116 Abs.2a KFG, bei Vorliegen der Voraussetzungen eine von amtswegen wahrzunehmende, und letztlich vom Gesetzgeber weitgehend der Disposition des Antragstellers anheim gestellte Zuständigkeitsverschiebung ergibt.
Die hier verfahrensrechtlich als Weiterleitung iSd AVG zu beurteilende „Verfahrensübertragung“ bewirkt ferner, offenbar nach Auffassung unten zit. Kommentatoren des AVG, dass mit dem Einlangen eines abgetretenen Antrages bei der (vermeintlich) „zuständigen“ Behörde, diese bereits die Entscheidungspflicht nach § 73 Abs.1 AVG trifft (VwGH 28.1.2003, 2000/18/0031; 4.9.2003, 2000/21/0021; in Hengstschläger Rz 69; Winklhofer, Säumnis 60 f). Diese Rechtswirkungen treten unabhängig davon ein, ob die Weiterleitung zu Recht erfolgt ist oder nicht (so ausdrücklich VwSlg 12.896 A/1989; VwGH 24. 4. 2002, 2002/12/0056 mwN).
An anderer Stelle wird jedoch über die gesetzliche Intention zur Zuständigkeit die Auffassung vertreten, wonach das Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde ist ein Unverzichtbares ist; selbst durch eine unterbliebene Geltendmachung der Unzuständigkeit einer Behörde könne eine Zuständigkeit nicht begründet werden (Hinweis auf die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 143 unter E 10f wiedergegebene Rsp).
In diesen Auffassungen liegt ein gewisser Widerspruch, der angesichts der sich hier aus dem Materiegesetz ableitenden Zuständigkeit nicht relevant ist, jedoch zu keiner zum Nachteil des Bürgers führenden Verfahrensverzögerung und jedenfalls nicht zu einem negativen und Kompetenzkonflikt führen sollte.
5.1. Vor dem Hintergrund der positiv zu beurteilenden Beweislage betreffend die Voraussetzungen (erhebliche Erleichterung und Vereinfachung für den Antragsteller) für die Durch- oder Weiterführung des Verfahrens am nunmehrigen Ort der Ausbildung des Antragsstellers, war der durch die Zurückweisung die Zuständigkeit verneinende Bescheid zu beheben.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r
VwSen-510127/4/Br/Ka vom 11. September 2013
KFG 1967 §116 Abs2a
Ob mit einer Übertragung des Verfahrens (über den Antrag auf Erteilung einer Fahrschullehrerbewilligung) eine erhebliche Erleichterung des Verfahrens vorliegt, ist grundsätzlich aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen. Einer solchen Übertragung zum Ort des Ausbildung steht auch nicht entgegen, wenn etwa im Laufe der Ausbildung der Standort der Ausbildung verlegt wurde und ein Teil der Ausbildung noch am früheren Standort (der mit dem Wohnsitz des Antragstellers ident ist) absolviert wurde. Diese Auslegung indiziert der Gesetzestext in der Wortfolge:“...die Behörde hat zu übertragen,...wenn dadurch...eine erhebliche Erleichterung für den Antragsteller erzielt wird“.