Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101718/13/Sch/Rd

Linz, 07.06.1994

VwSen-101718/13/Sch/Rd Linz, am 7. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau I vom 18. Jänner 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 11. Jänner 1994, VerkR96/1105/1993-Ur/Mu, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 18. Mai 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 11. Jänner 1994, VerkR96/1105/1993-Ur/Mu, über Frau I, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.6 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil sie am 6. Februar 1993 gegen 15.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet Gramastetten vom Parkplatz der Hansberg-Landesstraße bei Straßenkilometer 6,1 rückwärts Richtung Höllerweg gelenkt und dabei als Wartepflichtige durch Einfahren auf die Hansberg-Landesstraße den auf dieser in Richtung Neulichtenberg fahrenden vorrangberechtigten Lenker des PKW mit dem Kennzeichen zum unvermittelten Bremsen und Ablenken des Fahrzeuges genötigt habe.

Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 100 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Mangels eines gegenteiligen Ergebnisses des Beweisverfahrens war dem Vorbringen der Berufungswerberin zu folgen, sie habe vor Beginn des Rückwärtsfahrmanövers in beide Fahrtrichtungen der Hansberg-Landesstraße geblickt und sei erst dann in diese vom Parkplatz aus eingefahren. Die durchgeführte Berufungsverhandlung hat ergeben, daß die Sichtweite für die Berufungswerberin in Blickrichtung Linz mindestens 70 Meter betragen hat.

Der anläßlich der Berufungsverhandlung einvernommene Zeuge M hat angegeben, vor dem Bremsmanöver eine Fahrgeschwindigkeit von ca. 80 km/h eingehalten zu haben.

Das Fahrzeug der Berufungswerberin sei ihm im Tatortbereich insofern aufgefallen, als dieses rückwärtsfahrend vom Parkstreifen nächst dem ehemaligen Gasthaus "Elendsimmerl" in die Hansberg-Landesstraße eingefahren sei. Er habe vorerst kein Bremsmanöver durchgeführt, da er damit rechnete, daß ihn die Berufungswerberin rechtzeitig sehen würde. Eine Reaktion wurde von ihm erst dann gesetzt, als er merkte, daß ihn die Berufungswerberin offensichtlich nicht rechtzeitig bemerkt habe.

Im Rahmen der Beweisaufnahme ließ sich nicht abschließend klären, an welcher Stelle der Zeuge mit seinem Brems- bzw.

Ablenkmanöver begonnen hat.

Für die Beurteilung der Frage, ob der Berufungswerberin eine Vorrangverletzung vorgeworfen werden kann, ist es von entscheidender Bedeutung, ob es der Wartepflichtigen auch bei gehöriger Vorsicht und Aufmerksamkeit nicht möglich war, das andere Fahrzeug wahrzunehmen. Geht man davon aus, daß die Berufungswerberin vor Beginn ihrer Rückwärtsfahrt und auch während derselben in ihre Fahrtrichtung geblickt hat, so kann ihrem Vorbringen, sie habe sich im Hinblick auf das Vorhandensein eines vorrangberechtigten Fahrzeuges hinreichend überzeugt, nicht entgegengetreten werden. Entscheidend für die Verpflichtung, sich zu überzeugen, kann nur der Beginn eines Fahrmanövers sein, also jener Zeitraum, welcher einen Abbruch des Fahrvorganges noch zuläßt, ohne daß ein bevorrangter Fahrzeuglenker zum unvermittelten Abbremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt wird.

Mangels gegenteiliger Beweisergebnisse war davon auszugehen, daß sich die Notwendigkeit zum unvermittelten Abbremsen und zum Ablenken des Fahrzeuges des Zeugen deshalb ergab, da dieser nicht gleich bei Ansichtigwerden des Fahrzeuges der Berufungswerberin eine entsprechende Reaktion gesetzt hat, wobei es nicht als unschlüssig anzusehen ist, daß dann ein einfaches "Gaswegnehmen" unter Beibehaltung der bisherigen Fahrlinie ausreichend gewesen wäre. An diesen Erwägungen vermag auch eine Berufung des Zeugen auf § 3 StVO 1960 nichts zu ändern, da für die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der Berufungswerberin die Frage von Bedeutung ist, ob sie durch ihr Verhalten den Zeugen zum Brems- bzw. Lenkmanöver genötigt hat. Im vorliegenden Fall kann jedenfalls nicht völlig zweifelsfrei davon ausgegangen werden, daß die Fahrmanöver des Zeugen auch dann erforderlich gewesen wären, wenn er bei Ansichtigwerden des Fahrzeuges der Berufungswerberin Gas weggenommen hätte.

In Anbetracht dieser Ausführungen kann schließlich dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall § 14 Abs.1 StVO 1960 als lex specialis anzuwenden gewesen wäre.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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