Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231347/2/Gf/Rt

Linz, 04.10.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des P gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. September 2013, Zl. S-35/13-2, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 44a Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. September 2013, Zl. S-35/13-2, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 40 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 18,90 Euro) verhängt, weil er an diesem Tag an einem näher bezeichneten Ort in Linz „eine Wahlveranstaltung der Partei ‚Die Grünen‘ trotz mehrmaliger vorausgegangener Abmahnung mittels Megaphon und ..... durch lautstarkes Schreien“ derartig gestört habe, dass „die Wahlveranstaltung für das Publikum akustisch stark beeinträchtigt“ gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 53/2012 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund seines eigenen Geständnisses als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden (monatliches Nettoeinkommen: 800 Euro; Sorgepflicht für ein minderjähriges Kind).

1.2. Gegen dieses ihm am 4. September 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 17. September 2013 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Berufung.

Darin führt der Beschwerdeführer aus, dass es keine gesetzliche Bestimmung gebe, die regle, in welcher Lautstärke er seine Meinung äußern dürfe; die Annahme einer Ordnungsstörung sei vielmehr vollkommen willkürlich erfolgt. Zudem habe er auch kein Geständnis abgelegt.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Landespolizeidirektion Oberösterreich zu Zl. S-35/13; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 81 Abs. 1 SPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wird auch vom Beschwerdeführer selbst gar nicht in Abrede gestellt, im Zuge einer am 4. September 2013 am im Linzer Stadtzentrum gelegenen X von der politischen Partei „Die Grünen Österreichs“ durchgeführten Wahlveranstaltung seine (von der Veranstalterin) abweichende Meinung mittels Megaphon sowie durch Schreien lautstark kundgetan zu haben. Dies geht nicht zuletzt daraus hervor, dass er in seinem Berufungsschriftsatz explizit ausführt:

 

Ich war Teilnehmer an der von den Grünen (Veranstalter) erwünschten Diskussionsveranstaltung/Bürgergespräche. Es gibt keine Rechtsvorschrift, wie leise, bzw. wie laut (Dezibel) eine Diskussion/Kritik zu sein hat. Mir steht als Bürger das Recht zu, bei einer öffentlichen Veranstaltung (noch dazu neben einer stark befahrenen Straße) meinen Unmut zu äußern, bzw. lautstark zu diskutieren.“

 

3.2.1. Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers ist das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet; vielmehr steht dieses ebenso wie das im vorliegenden Fall konträre Grundrecht der Organisatoren der Wahlveranstaltung auf Versammlungs- sowie Meinungsäußerungsfreiheit jeweils unter einem Gesetzesvorbehalt (vgl. Art. 10 Abs. 2 EMRK und Art. 11 Abs. 2 EMRK). Davon ausgehend legt der einfache Gesetzgeber im Wege einschlägiger Bestimmungen – wie z.B. insbesondere des StGB, des Versammlungsgesetzes, des Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetzes, des Oö. Polizeistrafgesetzes und eben auch des § 81 SPG – die Abgrenzung zwischen den konträren Grundrechtssphären fest, wobei entsprechende Beeinträchtigungen regelmäßig als strafbar erklärt werden. In einem konkreten Anlassfall obliegt es sodann jeweils der zuständigen Behörde, die Einhaltung dieser Grenzziehung im Wege des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu wahren.

 

3.2.2. Vor diesem Hintergrund kann daher keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer jedenfalls dazu berechtigt gewesen wäre, seine Meinung in welcher Form und in welcher Lautstärke auch immer kundzutun; vielmehr stand ihm dies aus rechtlicher Sicht schon a priori nur insoweit zu, als dadurch die Wahlveranstaltung aus objektiver Sicht nicht als gestört anzusehen war.

 

3.2.3. Dass hier eine derartige Störung der – nicht als Veranstaltung i.S.d. § 2 Z. 1 des Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetzes, LGBl.Nr. 78/2007 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 4/2013 (im Folgenden: OöVeranstSichG), sondern als Versammlung i.S.d. Versammlungsgesetzes, BGBl.Nr. 98/1953, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. 50/2012 (im Folgenden: VersG), zu qualifizierenden – „Bürgergespräche“ vorlag, wenn die Vermittlung des Inhalts einer Ansprache der Spitzenkandidatin der wahlwerbenden politischen Partei von ständigen Zwischenrufen mit einem Megaphon begleitet und dieses Verhalten trotz mehrmaliger Abmahnung durch Polizeibeamte nicht eingestellt wird, ist zwar offenkundig.

 

Weiters ist auch zu beachten, dass das Stören einer Versammlung unmittelbar in § 19 VersG (ebenso wie das Stören einer Veranstaltung in § 17 VeranstSichG) nicht unter Strafe gestellt ist und der besondere gerichtliche Versammlungsschutz der §§ 284 und 285 StGB im vorliegenden Fall sachverhaltsbezogen ebenfalls nicht zum Tragen kommt, sodass eine entsprechende Strafbarkeit des Rechtsmittelwerbers – im Ergebnis zutreffend – nur im Hinblick auf die Generaldelikte des § 81 Abs. 1 SPG (Störung der öffentlichen Ordnung) bzw. des § 1 (Wahrung des öffentlichen Anstandes) oder des § 3 (Schutz vor störendem Lärm) des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 4/2013 (im Folgenden: OöPolStG), in Betracht zu ziehen war.

 

Zur wechselseitigen Abgrenzung der Tatbestände der beiden letztgenannten Delikte hat der Oö. Verwaltungssenat aber bereits im Erkenntnis VwSen-231328 vom 13. Mai 2013 festgestellt, dass sich unter dem Blickwinkel der in § 1 Abs. 1 OöPolStG und in § 3 Abs. 1 OöPolStG jeweils normierten Subsidiaritätsklausel für Sachverhalte, die prima vista sowohl das Tatbild der Ordnungsstörung i.S.d. § 81 Abs. 1 SPG als auch jenes der Anstandsverletzung i.S.d. § 1 OöPolStG oder jenes der Lärmerregung i.S.d. § 3 OöPolStG erfüllen könnten, ergibt, dass im Spruch des Straferkenntnisses im Wege einer präzisierenden Qualifikation des Verhaltens des Beschuldigten entsprechend zu konkretisieren ist, welches dieser Delikte ihm tatsächlich angelastet werden soll. Diesen aus § 44a Z. 1 VStG resultierenden Anforderungen genügt es daher beispielsweise nicht, wenn im Spruch des Straferkenntnisses lediglich angeführt wird, dass der Beschuldigte „lautstark herumgeschrien“ habe; vielmehr wäre, wenn die belangte Behörde intendiert, ihm eine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG anzulasten, auch näher zu umschreiben gewesen, inwiefern durch dieses lautstarke Schreien einerseits auch die öffentliche Ordnung gestört wurde (z.B., indem dadurch am Vorfallsort ein außergewöhnliches Aufsehen erregt wurde oder ein Auflauf entstanden war oder der Ort für Unbeteiligte nur mehr erschwert passierbar war o.Ä., sodass eben nicht nur eine Lärmbelästigung oder bloß eine Anstandsverletzung gegeben war) und diese Störung andererseits auch nicht gerechtfertigt war (z.B. deshalb, weil die vom Rechtsmittelwerber behauptete Versammlung de facto gar nicht vorlag).

 

Davon ausgehend ergibt sich, dass auf Grund des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses auch im gegenständlichen Fall objektiv besehen nicht eindeutig ist, ob dem Beschwerdeführer im Grunde eine Übertretung des § 3 Abs. 1 OöPolStG – worauf die Spruchelemente „durch lautstarkes Schreien“ und „akustisch stark beeinträchtigt“ hindeuten – oder eine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG („Wahlveranstaltung für das Publikum ..... beeinträchtigt war“) angelastet werden soll.

 

Unter dem Aspekt der Abgrenzung konträrer, noch dazu demokratiepolitisch sensibler Grundrechtssphären wäre allerdings eine entsprechende Stringenz schon deshalb essentiell gewesen, weil ein strafbares Verhalten des Rechtsmittelwerbers nach § 81 Abs. 1 SPG nur dann vorlag, wenn er durch seine Äußerungen die Veranstalter darin beeinträchtigt hätte, deren Meinung gerade in der von ihnen beabsichtigten und vom Publikum offensichtlich auch so erwarteten Form kundzutun. Hingegen hätte er kein solches, sondern vielmehr ein i.S.d. § 3 Abs. 1 OöPolStG deliktisches Verhalten gesetzt, wenn er bloß an der vom Veranstalter gewünschten Diskussion („Bürgergespräche“) durch entsprechende – wenngleich lautstarke – Äußerungen teilgenommen hätte.      

 

3.3. Aus dem Blickwinkel einer intendierten Bestrafung gemäß § 81 Abs. 1 SPG wird daher der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG deshalb nicht gerecht, weil daraus – was aber im Hinblick auf die Abgrenzung der konträren Grundrechtssphären der Beteiligten erforderlich gewesen wäre – nicht zweifelsfrei hervorgeht, dass der Beschwerdeführer die Wahlveranstaltung dadurch gestört hat, dass er die Vermittlung des Inhalts einer Rede der Spitzenkandidatin durch Zwischenrufe mit einem Megaphon mehrfach unterbrochen hat. 

 

3.4. Wegen des Fehlens des negativen (Nichtteilnahme an einer gewünschten Bürgerdiskussion) und dessen In-Beziehung-Setzen zum positiven Tatbestandsmerkmal (störende Meinungskundgebung durch Megaphon bzw. lautstarkes Schreien) lag sohin ein wesentlicher Spruchmangel vor, sodass der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Im Hinblick auf die derzeit noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung nicht zu verfügen; ob bzw. in welchem Umfang das  Verwaltungsstrafverfahren fortgeführt wird, hat die belangte Behörde vielmehr aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

Hinweis

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin noch keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner 2014 bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (am 1. Jänner 2014: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich) einzubringen.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin bereits eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde dieser Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab dessen Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

VwSen-231347/2/Gf/Rt vom 4. Oktober 2013

 

MRK Art10;

MRK Art11;

VersammlungsG 1953 §19;

SPG 1991 §81 Abs1;

StGB §284;

StGB §285;

VeranstSichG §2 Z1;

VeranstSichG §17;

PolStG 1979 §1 Abs1;

PolStG 1979 §3 Abs1;

VStG §44a Z1

 

Mangelhafte Konkretisierung, wenn – was im Hinblick auf die Abgrenzung der konträren Grundrechtssphären in Bezug auf die Meinungsäußerungsfreiheit der Beteiligten jedoch erforderlich gewesen wäre – aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht klar hervorgeht, dass der Beschuldigte die Wahlveranstaltung nicht dadurch, dass er an einer gewünschten Bürgerdiskussion teilgenommen, sondern dadurch gestört hat, dass er die Vermittlung des Inhalts einer Rede des Veranstalters durch Zwischenrufe mit einem Megaphon mehrfach unterbrochen hat:

 

Denn dass hier eine Störung der – nicht als Veranstaltung iSd § 2 Z. 1 VeranstSichG, sondern als Versammlung iSd VersG, zu qualifizierenden – „Bürgergespräche“ vorlag, wenn die Vermittlung des Inhalts einer Ansprache der Spitzenkandidatin von ständigen Zwischenrufen mit einem Megaphon begleitet und dieses Verhalten trotz mehrmaliger Abmahnung durch Polizeibeamte nicht eingestellt wird, ist zwar offenkundig.

 

Weiters ist auch zu beachten, dass das Stören einer Versammlung unmittelbar in § 19 VersammlungsG – ebenso wie das Stören einer Veranstaltung in § 17 VeranstSichG – nicht unter Strafe gestellt ist und der besondere gerichtliche Versammlungsschutz der §§ 284 und 285 StGB im vorliegenden Fall sachverhaltsbezogen ebenfalls nicht zum Tragen kommt, sodass eine entsprechende Strafbarkeit des Rechtsmittelwerbers – im Ergebnis zutreffend – nur im Hinblick auf die Generaldelikte des § 81 Abs. 1 SPG (Störung der öffentlichen Ordnung) und des § 1 PolStG (Wahrung des öffentlichen Anstandes) bzw. des § 3 (Schutz vor störendem Lärm) PolStG in Betracht zu ziehen war.

 

Zur wechselseitigen Abgrenzung der Tatbestände der beiden letztgenannten Delikte hat der Oö. Verwaltungssenat aber bereits im Erkenntnis VwSen-231328 vom 13. Mai 2013 festgestellt, dass im Spruch des Straferkenntnisses im Wege einer präzisierenden Qualifikation des Verhaltens des Beschuldigten entsprechend zu konkretisieren ist, welches dieser Delikte ihm tatsächlich angelastet werden soll, wobei es beispielsweise nicht reicht, wenn lediglich angeführt wird, dass der Beschuldigte „lautstark herumgeschrien“ habe; vielmehr wäre, wenn die belangte Behörde intendiert, ihm eine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG anzulasten, auch näher zu umschreiben gewesen, inwiefern durch dieses lautstarke Schreien einerseits auch die öffentliche Ordnung gestört wurde und diese Störung andererseits auch nicht gerechtfertigt war.

 

Davon ausgehend ergibt sich, dass auch im gegenständlichen Fall objektiv besehen nicht klar ist, ob dem Beschwerdeführer eine Übertretung des § 3 Abs. 1 OÖ PolStG – worauf die Spruchelemente „durch lautstarkes Schreien“ und „akustisch stark beeinträchtigt“ hindeuten – oder eine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG („Wahlveranstaltung für das Publikum..... beeinträchtigt war“) angelastet wird; unter dem Aspekt der Abgrenzung konträrer, noch dazu demokratiepolitisch sensibler Grundrechtssphären wäre eine entsprechende Stringenz jedoch deshalb essentiell gewesen, weil ein strafbares Verhalten des Rechtsmittelwerbers nach § 81 Abs. 1 SPG nur dann vorlag, wenn er durch seine Äußerungen die Veranstalter darin beeinträchtigt hätte, deren Meinung in der von ihnen beabsichtigten und vom Publikum offensichtlich auch erwarteten Form kundzutun. Hingegen hätte er kein solches, sondern vielmehr ein iSd § 3 Abs. 1 OÖ PolStG deliktisches Verhalten gesetzt, wenn er bloß an der von den Veranstaltern gewünschten Diskussion („Bürgergespräche“) durch entsprechende – wenngleich lautstarke – Äußerungen teilgenommen hätte.