Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231349/2/Gf/Rt

Linz, 09.10.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf über die Berufung des G gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. September 2013, Zl. Sich96-2012/Gr, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. September 2013, Zl. Sich96-2012/Gr, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 46 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 10 Euro) verhängt, weil er am 4. Februar 2012 um 2:35 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in N an der Krems eine Flasche gegen einen PKW geworfen und so das Ärgernis des Besitzers und der dort anwesenden Personen erregt und die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 33/2011 (im Folgenden: SPG), begangen, weshalb er nach dieser Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten auf Grund der Anzeige der einschreitenden Polizeibeamten als erwiesen anzusehen und das Werfen der Flasche vom Beschwerdeführer dem Grunde nach auch nicht in Abrede gestellt worden sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die lange Verfahrensdauer als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2.000 Euro; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

1.2. Gegen dieses ihm am 20. September 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. Oktober 2013 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Berufung.

Darin führt der Beschwerdeführer aus, dass der Besitzer des PKW ein guter Bekannter sei und sich dieser daher durch das Werfen der Flasche nicht gestört gefühlt habe. Unmutsäußerungen habe lediglich der Türsteher jener Diskothek, vor deren Eingang sich der Vorfall ereignete, abgegeben; dies jedoch deshalb, weil der Rechtsmittelwerber von diesem wegen eines angeblichen Raufhandels aus dem Lokal verwiesen worden sei.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl. Sich96-2012/Gr; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 82 Abs. 1 SPG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhielt und dadurch eine Amtshandlung behinderte.

 

Gemäß § 82 Abs. 2 SPG schloss eine Bestrafung nach § 82 Abs. 1 SPG eine Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 SPG aus.

 

Nach § 81 Abs. 1 SPG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war dafür mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, der durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

3.2. Wie sich dies schon aus der Strafverfügung vom 20. Februar 2012, Zl. Sich96-142-2012, aber auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt, sollte dem Rechtsmittelwerber im gegenständlichen Fall nicht eine Übertretung des § 82 Abs. 1 SPG (Aggressives Verhalten), sondern vielmehr das Delikt des § 81 Abs. 1 SPG (Ordnungsstörung) angelastet werden; bei der Anführung des § 82 SPG als Strafnorm im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses handelt es sich sohin offensichtlich bloß um einen unwesentlichen Tippfehler.

 

3.3. In der Sache hat sich der Beschwerdeführer von Anfang an damit verantwortet, dass es bei der im Spruch angeführten „Flasche“ um eine Gebinde mit einem Fassungsvermögen von bloß 0,02 Liter gehandelt habe und dieses zudem nicht gefüllt gewesen sei; dieses habe er in jene Richtung geworfen, in der der PKW seines Freundes gestanden sei, wobei das Fläschchen auf dem Kies aufgekommen und in weiterer Folge gegen den rechten Seitenteil des Fahrzeuges geprallt sei, ohne irgendwelche Schäden zu hinterlassen.

 

Diesem Vorbringen wurde in der Folge von keinem der von der belangten Behörde einvernommenen Zeugen widersprochen, sodass dieser Sachverhalt als festgestellt gelten kann.     

 

3.4. Davon ausgehend kann objektiv besehen nicht zweifelhaft sein, dass ein unkontrolliertes Werfen von grobkörperlichen Gegenständen in der Öffentlichkeit allein schon deshalb, weil dadurch potentiell andere Personen oder Sachen beeinträchtigt werden können, grundsätzlich als ein rücksichtsloses Verhalten i.S.d. § 81 Abs. 1 SPG anzusehen ist.

 

Ob sich dadurch andere Personen, insbesondere die Besitzer anderer Sachen, de facto subjektiv betroffen oder gestört fühlen, ist in diesem Zusammenhang – anders als dies offensichtlich der Beschwerdeführer meint – hingegen völlig unerheblich, weil der Schutzzweck des § 81 Abs. 1 SPG allein darin besteht, an öffentlichen Orten einen geordneten zwischenmenschlichen Umgang sicherzustellen.

 

Allerdings fehlt es hier nach den konkreten Umständen des gegenständlichen Falles daran, dass das Verhalten des Rechtsmittelwerbers zusätzlich in qualifizierter Weise (arg. „besonders“ i.S.d. § 81 Abs. 1 SPG) rücksichtslos war. Denn angesichts dessen, dass es sich (was der Spruch des Straferkenntnisses allerdings vermissen lässt) bloß um einen relativ kleinen und leichten Gegenstand handelte, geht weder aus der Anzeige der PI N vom 6. Februar 2012, Zl. A1/24/2012, noch aus den Aussagen der von der belangten Behörde einvernommenen Zeugen geht hervor, dass er den Wurf des Fläschchens intentional gegen Personen oder Sachen gerichtet (und somit das KFZ seines Bekannten nicht bloß zufällig getroffen) oder intendiert gehabt hätte, gerade durch dieses Verhalten besonderes Aufsehen zu erregen und somit auf diese Weise den geordneten Ablauf an einem öffentlichen Ort gezielt zu stören, oder Ähnliches.

 

3.5. Da das Verhalten des Beschwerdeführers in jener Form, wie ihm dies im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet wurde, sohin keine Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG bildet, war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des  Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

Hinweis

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin noch keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner 2014 bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (am 1. Jänner 2014: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich) einzubringen.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin bereits eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde dieser Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab dessen Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

 

Dr.  G r ó f

 

VwSen-231349/2/Gf/Rt vom 9. Oktober 2013

 

StGB §89;

StGB §177 Abs1;

SPG 1991 §81 Abs1;

SPG 1991 §83 Abs1;

SPG 1991 §85

 

 

* Objektiv besehen kann nicht zweifelhaft sein, dass ein unkontrolliertes Werfen von grobkörperlichen Gegenständen in der Öffentlichkeit allein schon deshalb, weil dadurch potentiell andere Personen oder Sachen beeinträchtigt werden können, grundsätzlich als ein rücksichtsloses Verhalten iSd § 81 Abs. 1 SPG anzusehen ist; ob sich dadurch andere Personen, insbesondere die Besitzer anderer Sachen, de facto subjektiv betroffen oder gestört fühlen, ist in diesem Zusammenhang hingegen völlig unerheblich, weil der Schutzzweck des § 81 Abs. 1 SPG allein darin besteht, an öffentlichen Orten einen geordneten zwischenmenschlichen Umgang sicherzustellen.

 

* Allerdings fehlt es daran, dass das Verhalten zusätzlich in qualifizierter Weise (arg. „besonders“ iSd § 81 Abs. 1 SPG) rücksichtslos war, wenn es sich bloß um einen relativ kleinen und leichten Gegenstand handelte und dessen Wurf nicht intentional gegen Personen oder Sachen gerichtet war oder der Beschuldigte nicht intendiert hatte, gerade durch dieses Verhalten besonderes Aufsehen zu erregen und somit auf diese Weise den geordneten Ablauf an einem öffentlichen Ort gezielt zu stören, o.ä.

 

 

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