Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390356/2/Gf/Rt

Linz, 23.08.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des T, vertreten durch RA Dr. A, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 24. Juli 2013, Zl. BMVIT-13, wegen einer Übertretung des Telekommunikationsgesetzes zu Recht:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 24. Juli 2013, Zl. BMVIT-13, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 740 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage; Verfahrenskostenbeitrag: 20 Euro) verhängt, weil er es als Außenvertretungsbefugter zu verantworten habe, dass von seinem Unternehmen am 31. Jänner 2013 eine elektronische Post zu Werbezwecken ohne vorangegangene Einwilligung des Empfängers versendet worden sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 107 Abs. 2 Z. 1 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl.Nr. I 70/2003 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 102/2011 (im Folgenden: TKG), begangen, weshalb er nach § 109 Abs. 3 Z. 20 TKG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es auf Grund der Anzeige und des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei, dass im gegenständlichen Fall keine zweifelsfreie Anmeldung und damit auch keine bewusste Einwilligung des Empfängers zum Empfang der gesendeten e‑mail vorgelegen habe. Indem der Rechtsmittelwerber jedoch eine entsprechende Vergewisserung unterlassen habe, habe er zumindest fahrlässig gehandelt.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei eine rechtskräftige Ermahnung als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen als „durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse“ einzuschätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 26. Juli 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 8. August 2013 – und damit rechtzeitig – per e‑mail eingebrachte Berufung.

 

Darin wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer ohnehin das von der belangten Behörde gewünschte „double-opt-in“-System praktiziert habe: Denn nach einer Anmeldung zum Bezug des e-mail-Newsletters des Unternehmens des Rechtsmittelwerbers sei es erforderlich, einen entsprechenden Bestätigungslink zu betätigen; erst dadurch werde die Anmeldung überhaupt aktiviert. Außerdem habe der Empfänger vor seiner Anzeige schon mehrere Monate lang den Newsletter erhalten und einer Übermittlung desselben nicht widersprochen, sodass von einer konkludenten Einwilligung habe ausgegangen werden können.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zu Zl. BMVIT-13; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Weil im angefochtenen Straferkenntnis keine den Betrag von 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 109 Abs. 3 Z. 20 i.V.m. § 107 Abs. 2 Z. 1 TKG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, der eine elektronische Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers zu Zwecken der Direktwerbung zusendet.

 

3.2. Wie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ergibt, wurde bei dieser am 31. Jänner 2013 per e-mail eine Anzeige wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 107 TKG erstattet, der auch die vom Empfänger beanstandete e‑mail angeschlossenen war – allerdings im sog. „SMTP (Simple Mail Transfer Protocol)“-Format und damit, wie der folgende Ausschnitt zeigt, in einer nicht allgemein lesbaren bzw. verständlichen Form:  

 

Delivered-To:   xx Received:  by 10.50.40.194 with S'MTP id z2csp39219igk;

Thu,   31 Jan 2013 10:55:10 -0800   {PST) X-Received:  by 10 .14 . 225'. 133 with SMTP id z5mr30310392eep . 15 .1359658509654 ;

Thu,   31 Jan 2013 10:55:09 -0800   (PST) Return-Path:  <xx> Received:  from xx yy     [94.247.144.80])

bY g.com with ESMTPS id f3si9107188eep.35.2013.Ol.31.10.55.09

(version=TLSvl cipher=RC4-SHA bits=128/128);

Thu,   31 Jan 2013 10:55:09 -0800   (PST)            «.

Received-SPF:  neutral .(g.com:   94.247.144.80 is neither permitted nor denied by best guess record for domain of b.com  client-ip=94.247.144.80; Äuthentication-Results:  g.com;

spf=neutral   (g.com:   94.247.144.80 is neither permitted nor denied by best guess record for domain of)b.com  sratp.mail=b.com Received:   from a.at

([94.247.144.225])

by s.at with esmtps   (TLSvl:DHE-RSA-ÄES256-SHA:256)

(Exim 4.80.1)

(envelope-from <b.com>) id lUOzHv-OOOlao-Lf

for xx;  Thu,   31 Jan 2013 19:55:08 +0100 Received:   (gmail 24686 invoked by uid 10103);  31 Jan 2013 19:55:07 +0100 To:   "xx" <xx> Subject:  Sport im Februar

X-PHP-Originating-Script:   10103:SimpleMaillnvoker.php Message-ID:  <1359658507.510abe0b30513@swift.generated> Date:  Thu,   31 Jan 2013 19:55:07 +0100 From:  B <b.com> Reply-To:  B <b.com> MIME-Version:   1.0

Content-Type:  multipart/alternative;

boundary="_=_swift_v4_1359658507510abe0b30ddl_=_" Organization:  B X-Priority:  3   (Normal)

X-TYP03MID:  MID1365_t3997-a635550185cb9a93482d99e220ea068c

X-Mailer:  TYP03

X-Filter-ID:

XtLePq6GTMn8G68FOEmQvcD9rxsEgDYoOf2uw2MXCIBqDDv30zlzbqiEQ4GEaVvnhüqugzBmoH5Z PfFQoFDXpLVDNTlkbm+FfPkqvxlqyeytYK9NNtu20gW4BT3Ic5RBZBMJBqYl9ndOwroS+BaqtF5u snfvYqeHm/xL7N0w7jGLw4daii8tnyYhMvMoNhhwjJcwpNSgwB02D4YJwu87i93rZPgiLMKxgmGY IPzz8tpfOaYB6EMtdlHA8BH05QPcvCrJPmnnTHzVkpybMK7ZTZaZLvX59oErlc/TV/LQKQHoTvQp Ve3iL/tnBvNhY3gV6471NwN4qOsSZg+fYhVZG/wthDQmFv80bLqBPcdJZddW5UgKQ2cc9gaYElMy  8AyRpqfwX+jLNt8gAve3QÜ03gyyOicBUtE/LCkmQCo/y+RhupdlGDEHGjjllesv/B/dhn58wVw8

 

 

Es mag sein, dass es in Technikerkreisen keinen übermäßigen Aufwand bedeutet, diese Darstellung in ein Dateiformat zu konvertieren, das den Inhalt der e‑mail ohne gleichzeitige Auflistung von EDV-Befehlen wiedergibt; dies jedoch wohl auch nur dann, wenn die Datei noch elektronisch und nicht nur mehr in einer auf Papier ausgedruckten Form vorhanden ist. Derart, wie sich die beanstandete e‑mail im Akt der belangten Behörde darstellt, nämlich ausschließlich in Form eines sich insgesamt über sechs DIN-A4-Seiten erstreckenden SMTP, kann jedoch deren Inhalt von vornherein nur mit erheblicher Mühe und selbst dann nicht mit restloser Klarheit erschlossen werden.

 

Davon ausgehend kann aber jedenfalls nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich bei dieser e-mail um eine solche handelte, deren Zweck völlig zweifelsfrei in einer Direktwerbung bestand.

 

An diesem Ergebnis vermag weder der Umstand, dass der Begriff der Direktwerbung nach dem Willen des Gesetzgebers in dem Sinn „weit zu interpretieren“ ist, dass dieser „jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert“ erfassen soll (vgl. 128 BlgNR, 22. GP, S. 20), noch der Aspekt etwas zu ändern, dass zumindest dem Beschwerdeführer selbst als verantwortlichem Versender der beanstandeten e-mail deren Inhalt klar war, weil der essentielle Zweck eines rechtsstaatlichen Verfahrens i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EMRK darin liegt, dass dessen Gegenstand nicht bloß für die Verfahrensparteien, sondern auch extern – also insbesondere für die neutrale Öffentlichkeit bzw. für einen an sich unbeteiligten, aber an der Sache interessierten Durchschnittsbürger – transparent und nachvollziehbar bleibt.

 

Davon ausgehend kann daher nicht von der Erwiesenheit der Tatbestandsmäßigkeit des dem Beschwerdeführer angelasteten deliktischen Verhaltens ausgegangen werden.

 

Schließlich ist in diesem Zusammenhang zudem zu beachten, dass auch das Nichtvorliegen einer vorherigen Einwilligung des Empfängers ein essentielles Tatbestandsmerkmal des § 109 Abs. 3 Z. 20 i.V.m. § 107 Abs. 2 Z. 1 TKG darstellt und somit insoweit die Vermutung des § 5 Abs. 1 VStG nicht (sondern erst auf der Ebene des Verschuldens) zum Tragen kommt. Daraus folgt, dass es nicht dem Versender der e-mail, sondern der Strafverfolgungsbehörde obliegt, einen entsprechenden Nachweis dafür zu führen, dass keine vorangehende Einwilligung des Empfängers vorlag.

 

3.3. Der vorliegenden Berufung war daher aus den vorgenannten Gründen gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

VwSen-390356/2/Gf/Rt vom 23. August 2013

 

MRK Art6 Abs1;

TKG 2003 §107 Abs2 Z1;

TKG 2003 §109 Abs3 Z20;

VStG §5 Abs1

 

* Wenn die vom Empfänger beanstandete E-mail bloß in Form eines sog. „SMTP (Simple Mail Transfer Protocol)“-Formats, das sich insgesamt über sechs DIN-A4-Seiten erstreckt, sodass deren Inhalt von vornherein nur mit erheblicher Mühe und selbst dann nicht mit restloser Klarheit erschlossen werden kann, kann folglich auch nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es sich bei dieser E-mail um eine solche handelte, deren Zweck völlig zweifelsfrei in einer Direktwerbung bestand.

 

* Daran vermag weder der Umstand, dass der Begriff der Direktwerbung nach dem Willen des Gesetzgebers in dem Sinn „weit zu interpretieren“ ist, dass dieser „jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert“ erfassen soll (vgl. 128 BlgNR, 22. GP, S. 20), noch der Aspekt etwas zu ändern, dass zumindest dem Beschwerdeführer selbst als verantwortlichem Versender der beanstandeten e-mail deren Inhalt klar war, weil der essentielle Zweck eines rechtsstaatlichen Verfahrens iSd Art 6 Abs. 1 EMRK darin liegt, dass dessen Gegenstand nicht bloß für die Verfahrensparteien, sondern auch extern – also insbesondere für die neutrale Öffentlichkeit bzw. für einen an sich unbeteiligten, aber an der Sache interessierten Durchschnittsbürger – transparent und nachvollziehbar bleibt.

 

* Da das Nichtvorliegen einer vorherigen Einwilligung des Empfängers ein essentielles Tatbestandsmerkmal des § 109 Abs. 3 Z. 20 iVm § 107 Abs. 2 Z. 1 TKG darstellt, kommt insoweit die Vermutung des § 5 Abs. 1 VStG nicht (sondern erst auf der Ebene des Verschuldens) zum Tragen; daraus folgt, dass es nicht dem Versender der E-mail, sondern der Strafverfolgungsbehörde obliegt, einen entsprechenden Nachweis dafür zu führen, dass keine vorangehende Einwilligung des Empfängers vorlag.

 

 

 

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