Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590352/2/Gf/Rt

Linz, 06.08.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der K, vertreten durch RA Dr. L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 2. Juli 2013, Zl. SanRB01-2013, betreffend Vorschreibung von Pflegegebühren für einen Krankenhausaufenthalt zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit der belangten Behörde zur Durchführung einer Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen wird.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 2 AVG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 2. Juli 2013, Zl. SanRB01-2013, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 55 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 3 und § 56 Abs. 7 des Oö. Krankenanstaltengesetzes, LGBl.Nr. 132/1997, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl.Nr. 70/2012 (im Folgenden: OöKAG), für anlässlich ihres Aufenthaltes im Krankenhaus B im Zeitraum zwischen dem 26. und dem 27. Februar 2013 entstandene Aufwendungen ein Ersatz von Pflege-(Sonder‑)gebühren in einer Höhe von insgesamt 1.147,58 Euro vorgeschrieben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Rechtsmittelwerberin während dieses Krankenhausaufenthaltes trotz des Umstandes, dass zu diesem Zeitpunkt keine private Zusatzversicherung bestanden habe, auf eigenen Wunsch in die Sonderklasse aufgenommen worden sei.

 

1.2. Gegen diesen ihr am 9. Juli 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 18. Juli 2013 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird unter Hinweis auf ihren Einspruch vom 29. März 2013 eingewendet, dass seitens der Krankenanstalt eine Aufklärung über die finanziellen und rechtlichen Folgen der von ihr unterzeichneten Verpflichtungserklärung unterlassen worden sei, zumal sie bereits 74 Jahre alt sei und damals keine Lesebrille bei sich gehabt habe. Außerdem sei es ihr lediglich darum gegangen, nach Möglichkeit in einem Zweibettzimmer untergebracht zu werden, um andere Patienten durch ihr starkes Schnarchen nicht zu belästigen; Leistungen der Sonderklasse habe sie nie in Anspruch nehmen wollen. Wäre sie entsprechend aufgeklärt worden, hätte sie die Verpflichtungserklärung auch schon deshalb nicht unterzeichnet, weil sie lediglich über eine Mindestpension verfüge.

 

Da sohin insoweit kein rechtswirksamer Vertrag zustande gekommen sei, wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie ein Absehen von der Vorschreibung eines Gebührenersatzes beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Akt der BH Gmunden zu Zl. SanRB01-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.2. Gemäß § 56 Abs. 8 OöKAG kann gegen den Bescheid einer Bezirksverwaltungsbehörde, mit dem einem Verpflichteten nach § 56 Abs. 7 OöKAG Pflege-(sonder‑)gebühren vorgeschrieben werden, eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden; dieser hat hierüber mangels anderslautender spezialgesetzlicher Anordnung im OöKAG gemäß § 67a Abs. 1 AVG durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 45 Abs. 1 OöKAG kann in öffentlichen Krankenanstalten neben der allgemeinen Gebührenklasse auch eine Sonderklasse errichtet werden. In eine solche Sonderklasse sind Personen gemäß § 45 Abs. 3 OöKAG nur über eigenes Verlangen bzw. dann, wenn diese bei ihrer Aufnahme keine verbindlichen Erklärungen abgeben können, über Verlangen ihres gesetzlichen Vertreters oder eines eigenberechtigten Angehörigen aufzunehmen, wobei in diesem Zusammenhang eine entsprechende Aufklärung über die aus der Aufnahme in die Sonderklasse resultierenden Gebührenpflichten zu erfolgen hat.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 OöKAG ist zur Bezahlung der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(sonder-)gebühren in erster Linie der Patient selbst verpflichtet, sofern nicht eine andere Person (wie eine Versicherungsanstalt) z.B. vertraglich hierzu verpflichtet ist oder hierfür Ersatz zu leisten hat.

 

Nach § 56 Abs. 1 OöKAG sind die Pflege-(sonder‑)gebühren – wie sich aus dem Gesamtzusammenhalt des § 56 OöKAG ergibt: vom Rechtsträger der öffentlichen Krankenanstalt – mit dem Entlassungstag abzurechnen und mittels Pflege-(Sonder-)gebührenrechnung ohne Verzug zur Zahlung vorzuschreiben. Gegen diese Vorschreibung steht demjenigen, gegen den sie sich richtet, gemäß § 56 Abs. 7 OöKAG das Rechtsmittel des Einspruches zu; falls dem Einspruch vom Rechtsträger der Krankenanstalt nicht voll Rechnung getragen wird, ist dieser der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen, die die Pflege-(Sonder-)gebühren dem Verpflichteten mit Bescheid vorzuschreiben hat.

 

Nach § 56 Abs. 5 OöKAG ist auf Grund von Rückstandsausweisen der Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten, die sich auf Pflege-(Sonder-)gebühren beziehen, die Vollstreckung im Verwaltungsweg zulässig, wenn die Vollstreckbarkeit von der Bezirksverwaltungsbehörde bestätigt wurde; eine Rechnung über Pflege-(Sonder‑)gebühren, auf der im Fall des § 56 Abs. 4 Z 3 OöKAG vom Rechtsträger der Krankenanstalt der aushaftende Betrag zu verzeichnen ist, gilt als Rückstandsausweis.

 

3.2. Aus den §§ 55 und 56 OöKAG ergibt sich daher insgesamt, dass die Höhe der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(Sonder-)gebühren zunächst vom Rechtsträger der Krankenanstalt einseitig in Form einer (im Verwaltungsweg vollstreckbaren) „Rechnung“ und schließlich von der Bezirksverwaltungsbehörde durch Bescheid festzusetzen ist, wobei der Krankenanstaltenträger zunächst als beliehenes Organ und sodann im Verfahren vor der Bezirksverwaltungsbehörde als Formalpartei agiert. Hierbei handelt es sich schon von vornherein nicht um eine Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern um einen hoheitlichen Akt, auf den somit nicht die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, JGS 946/1811 i.d.g.F. BGBl. Nr. I 145/2013 (im Folgenden: ABGB), und der Zivilprozessordnung, RGBl.Nr. 113/1895 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 118/2013 (im Folgenden: ZPO), sondern jene des AVG und des VVG anzuwenden sind.

 

Anderes gilt hingegen in Bezug auf den zwischen dem Patienten und dem Rechtsträger der Krankenanstalt geschlossenen Behandlungsvertrag: Dieser, insbesondere die Frage, ob eine Aufnahme in die Sonderklasse verlangt wurde, ist nach zivilrechtlichen Vorschriften zu beurteilen (und verkörpert aus der Sicht der beliehenen Krankenanstalt einen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung).

 

3.3. Davon ausgehend ist zunächst im Sinne einer Vorfrage zu klären, ob die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall tatsächlich i.S.d. § 45 Abs. 3 OöKAG  begehrt hat, in die Sonderklasse aufgenommen zu werden.

 

3.3.1. Hierfür scheint zunächst die im Akt der belangten Behörde erliegende „Verpflichtungserklärung für die Aufnahme in die Sonderklasse – Zustimmungserklärung zur Direktverrechnung“ zu sprechen, die sich wie folgt darstellt:

 

Krankenhaus B

Eins Gesundheitseinrichtung der gespag

 

Patient: Frau K                                                                                                                                                                 Fall: 72 S

 

VERPFLICHTUNGSERKLÄRUNG FÜR DIE AUFNAHME IN DIE SONDERKLASSE ZUSTIMMUNGSERKLÄRUNG ZUR DIREKTVERRECHNUNG

 

X                 Ich, Frau K, wünsche die Aufnahme in die stationäre Behandlung auf der Sonderklasse Mehrbettzimmer, ab

                   26.02.2013.

X                Ich bin derzeit bei keiner privaten Krankenversicherung {Zusatzversicherung) versichert.

 

Ich bin derzeit bei keiner privaten Krankenversicherung versichert und verpflichte mich, die Kosten meines Aufenthalts zur Gänze selbst zu tragen.

 

Für den Aufenthalt sind vom Patienten bzw. von dem für ihn zahlungspflichtigen Angehörigen oder der privaten Krankenversicherung (Zusatzversicherung) zu bezahlen:

 

Die Anstaltsgebühr in Höhe von täglich EUR 113,90 und das Arzthonorar {abhängig von den

jeweiligen Behandlungsmaßnahmen und den geltenden Tarifen}.

 

Die Höhe der Arzthonorare ist in der Honorarvereinbarung zwischen der Oö. Ärztekammer und dem Verband der Versicherungsunternehmen geregelt. Diese Honorarvereinbarung kann in der Verwaltung des Krankenhauses eingesehen werden.

 

Nur für Patienten dar BVA und VAEB:

Für den Fall, dass meine Sozialversicherung Kostenanteile für meine Behandlung in der Sonderklasse übernimmt, bin Ich damit einverstanden, dass die Sozialversicherung den mir für die Behandlung zustehenden Vergütungsbetrag direkt an meine private Krankenversicherung anweist.

 

Ich bestätige schließlich, über die Verpflichtungen aus der Aufnahme in die Sonderklasse aufgeklärt worden zu sein und eine Gleichschrift der Verpflichtungserklärung erhalten zu haben.

 

         X X X (Stempel)                                                                                                Frau K.

Datum und Unterschrift SachbearbeiterIn                                 Datum und Unterschrift des Patienten/gesetzlichen

Aufnahme oder Aufnahmearzt/ärztin                                                 Vertreters

 

Name des Angehörigen in Blockschrift                                                Datum und Unterschrift des Angehörigen des Patienten

 

 

Falls der Angehörige anstatt des Patienten diese Verpflichtungserklärung unterschreibt, übernimmt er die Verpflichtung zur Kostentragung anstelle des Patienten im vollen Ausmaß. Der Angehörige ist verpflichtet, das beiliegende Informationsblatt dem Patienten ehestmöglich auszuhändigen.
Wenn der Inhalt dieser Urkunde sowohl die Erklärung als auch den tatsächlichen Willen der Rechtsmittelwerberin wiedergibt, dann war aus dieser zweifelsfrei ihr Verlangen abzuleiten, dass sie im Sinne des § 45 Abs. 3 OöKAG eine Aufnahme in die Sonderklasse des Krankenhauses begehrt hat.

 

3.3.2. Einer derartigen Sichtweise ist die Beschwerdeführerin allerdings schon in ihrem auf § 56 Abs. 7 erster Satz OöKAG gestützten Einspruch vom 29. März 2013 gegen die (Pflege-[Sonder‑]Gebühren-)Rechnung des Krankenhauses X vom 22. März 2013, Nr. 9004324926, entgegen getreten, indem sie dort vorgebracht hat, lediglich deshalb eine Unterbringung in einem Zweibettzimmer dieses Krankenhauses begehrt zu haben, um andere Patienten durch ihr Schnarchen nicht zu belästigen.

 

Diesem Vorbringen wurde wiederum vom Rechtsträger des Krankenhauses B (nämlich: der Oö. Gesundheits- und Spitals-AG), in dessen – rechtlich als nicht vollinhaltliche Stattgabe des Einspruches i.S.d. § 56 Abs. 7 vierter Satz OöKAG zu wertenden – Schreiben vom 4. April 2013 entgegen gehalten, dass die Beschwerdeführerin einerseits bereits im Zuge einer ambulanten Behandlung am 6. Februar 2013 angegeben habe, dass sie für ihre für den 26. Februar 2013 vereinbarte stationäre Aufnahme eine Unterbringung in der Sonderklasse wünsche und andererseits am 26. Februar 2013 begehrt habe, in ein Zweibettzimmer aufgenommen werden und die fällige Aufzahlung selbst bezahlen zu wollen, wobei sie auch eine entsprechende Anzahlung von 500 Euro entrichtet habe.

 

In ihrer Stellungnahme vom 18. April 2013 hat die Rechtsmittelwerberin dagegen neuerlich darauf hingewiesen, dass sie nur eine Unterbringung in einem Zweibettzimmer verlangt hätte und ihr von einer Krankenhausmitarbeiterin erklärt worden sei, dass dies möglich wäre, wenn sie eine Sicherheitsleistung von 500 Euro erbringt. Es treffe zwar zu, dass ihr anlässlich ihrer stationären Aufnahme ein Schriftstück zur  Unterfertigung übergeben worden sei; dieses habe sie jedoch ungelesen unterschrieben, weil sie ihre Lesebrille nicht bei sich gehabt habe und wegen der bevorstehenden belastenden Untersuchung entsprechend aufgeregt gewesen sei. Allerdings habe diese Mitarbeiterin nicht erwähnt, dass mit einer Unterbringung in einem Zweibettzimmer die Verpflichtung verbunden sei, auch für sämtliche medizinischen Leistungen der Sonderklasse aus eigenem aufkommen zu müssen. Angesichts ihres Alters (74 Jahre) hätte sie hierüber jedenfalls entsprechend aufgeklärt werden müssen bzw. hätte sie als Mindestpensionsbezieherin einer Aufnahme in die Sonderklasse nie zugestimmt, wenn sie über die damit verbundenen finanziellen Folgen unterrichtet worden wäre.

 

Erst mit weiterem Schreiben vom 24. April 2013 hat der Rechtsträger der verfahrensgegenständlichen Krankenanstalt der belangten Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin i.S.d. § 56 Abs. 7 vierter Satz OöKAG vorgelegt. Darin wird neuerlich entgegnend darauf hingewiesen, dass im Ambulanzbefund vom 6. Februar 2013 dokumentiert worden sei, dass „eine stationäre Aufnahme auf der A3 Sonderklasse vereinbart“ wurde, sodass die Rechtsmittelwerberin schon damals „angegeben haben muss, dass sie eine Aufnahme auf die Sonderklasse wünscht“; auch „am Tag der stationären Aufnahme“ sei „wieder die Aufnahme in die Sonderklasse gewünscht“ worden, wobei die entsprechende Verpflichtungserklärung „von der Patientin direkt bei der Aufnahme unterschrieben“ worden sei, und zwar „ohne Hinweis darauf, dass sie sie nicht lesen könne, weil sie keine Brille dabei hat“. Die Anzahlung (in Höhe von 500 Euro) sei vom Lebensgefährten getätigt worden.

 

3.3.3. Im Ergebnis liegen sohin bezüglich des wahren Inhalts des Behandlungsvertrages einander diametral widersprechende Behauptungen der beiden Verfahrensparteien vor, indem die Beschwerdeführerin auf der einen Seite vorbringt, keinesfalls eine Aufnahme in die Sonderklasse verlangt zu haben, während der Rechtsträger der Krankenanstalt im Gegenteil darauf beharrt, dass seitens der Rechtsmittelwerberin eine solche dezidiert begehrt worden sei.

 

Da somit insoweit jedenfalls kein ausdrückliches Zugeständnis, sondern vielmehr ein Bestreiten der Beschwerdeführerin vorliegt, obliegt es daher aus prozessualer Sicht (vgl. zu den allgemeinen Beweislastregeln der §§ 266 ff ZPO z.B. statt vieler OGH vom 24. November 1998, 1 Ob 183/98p) grundsätzlich dem Rechtsträger der Krankenanstalt, den Nachweis dahin zu führen, dass die Rechtsmittelwerberin eine Aufnahme in die Sonderklasse gemäß § 45 Abs. 3 OöKAG begehrt hat.

 

In diesem Zusammenhang vermag jedoch ein von der Beschwerdeführerin bloß unterfertigtes, im Übrigen jedoch vom Rechtsträger bzw. von der Krankenanstalt selbst erstelltes Formular – wie das zuvor unter 3.3.1. dargestellte, in dem die entscheidenden Aussagen („Ich, Frau K, wünsche die Aufnahme in die stationäre Behandlung auf der Sonderklasse Mehrbettzimmer, ab 26.02.2013bzw.Ich bin derzeit bei keiner Krankenversicherung (Zusatzversicherung) versichert ..... und verpflichte mich, die Kosten meines Aufenthaltes zur Gänze selbst zu tragen“) zudem bloß angekreuzt wurden – nur dann einen entsprechend stichhaltigen Nachweis zu bilden, wenn auch die Begleitumstände keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass die darin objektiv zum Ausdruck kommenden Erklärungen tatsächlich den subjektiven Willen des Patienten wiedergeben.

 

Die im gegenständlichen Fall von der Beschwerdeführerin konkret ins Treffen geführten Begleitumstände – wie ihr hohes Alter; ihre Sehschwäche; ihre psychische Verfassung im Zeitpunkt der stationären Aufnahme; eine offenkundig divergierende Auffassung über den Inhalt des Begriffes einer Unterbringung in einem Zweibettzimmer (indem die Rechtsmittelwerberin meinte, prinzipiell in der Allgemeinen Gebührenklasse i.S.d. § 44 OöKAG aufgenommen zu werden und lediglich für ihre Unterbringung in einem solchen Zimmer eine Zusatzzahlung leisten zu müssen, während die Mitarbeiterin der Krankenanstalt davon ausging, dass eine Unterbringung in einem Zweibettzimmer zwangläufig eine vorangehende Aufnahme in die Sonderklasse i.S.d. § 45 OöKAG bedingt); ihr Status als Bezieherin einer Mindestpension; und das Nichtbestehen einer Zusatzversicherung  – lassen daran jedoch objektiv besehen zumindest nicht unerhebliche Zweifel aufkommen.

 

Diese werden insbesondere auch dadurch verstärkt, dass in diesem Formular die voraussichtlich anfallenden Kosten nur hinsichtlich der – den relativ geringwertigsten Anteil am Gesamtbetrag von 1.647,58 Euro bildenden – Anstaltsgebühr explizit festgelegt sind (113,90 Euro), während hinsichtlich des Arzthonorars bloß undifferenziert auf eine Vereinbarung zwischen der Oö. Ärztekammer und dem Verband der Versicherungsunternehmen verwiesen wird: Denn abgesehen davon, dass die durchzuführenden Behandlungsmaßnahmen infolge einer entsprechenden Überweisung der Hausärztin und einer vorangehenden ambulanten Untersuchung zumindest dem Grunde nach absehbar waren und davon ausgehend jedenfalls eine grobe Kostenschätzung hätte erfolgen können, kann nicht ausgeschlossen werden, dass gerade durch die dementsprechende Unterlassung bei einem durchschnittlichen Patienten die Erwartungshaltung erzeugt wird, dass diese Honorare nicht allzu hoch ausfallen, jedenfalls aber nicht den vierzehnfachen Betrag der Anstaltsgebühr ausmachen werden. Insgesamt besehen kann daher im gegenständlichen Fall von einer den Ansprüchen des § 45 Abs. 3 OöKAG (arg. „ in geeigneter Weise“) und erst recht jenen des – auch im gegenständlichen Fall eines Aktes der Privatwirtschaftsverwaltung maßgeblichen – Konsumentenschutzgesetzes, BGBl.Nr. 140/1979 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 50/2013 (im Folgenden: KSchG), genügenden Aufklärung (vgl. zu den §§ 870 ff ABGB i.V.m. § 1 KSchG beispielsweise OGH vom 21. April 1982, 1 Ob 778/81) nicht die Rede sein.  

 

3.3.4. Vor einem derartigen Hintergrund hätte daher die belangte Behörde nicht allein auf Grund des Vorliegens einer formularmäßigen Verpflichtungserklärung davon ausgehen dürfen, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich ihre Aufnahme in die Sonderklasse i.S.d. § 45 Abs. 3 OöKAG begehrt hat. Vielmehr wären, um den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren zu entsprechen, zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zusätzliche Erhebungen, vor allem die zeugenschaftliche Einvernahme jener Mitarbeiterin des Krankenhauses X, die das von der Beschwerdeführerin unterzeichnete Formular (offenbar mittels PC) erstellt hat, und des bei dieser Unterfertigung persönlich anwesenden Lebensgefährten der Rechtsmittelwerberin, sowie die kontradiktorische Stellungnahme der Verfahrensparteien zu den Ergebnissen dieser Ermittlungen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen.

 

3.4. Der gegenständlichen Berufung war daher insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufzuheben und die Angelegenheit der belangten Behörde zur Durchführung einer Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten ist.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

VwSen-590352/2/Gf/Rt vom 6. August 2013

 

KAG 1997 §45;

KAG 1997 §55;

KAG 1997 §56;

ABGB §870;

KSchG 1979 §1;

ZPO §266

 

 

* Aus den §§ 55 und 56 KAG ergibt sich insgesamt, dass die Höhe der in einer Krankenanstalt aufgelaufenen Pflege-(Sonder-)gebühren zunächst vom Rechtsträger der Krankenanstalt einseitig in Form einer (im Verwaltungsweg vollstreckbaren) „Rechnung“ und schließlich von der Bezirksverwaltungsbehörde durch Bescheid festzusetzen ist, wobei der Krankenanstaltenträger zunächst als beliehenes Organ und sodann im Verfahren vor der Bezirksverwaltungsbehörde als Formalpartei agiert. Hierbei handelt es sich schon von vornherein nicht um eine Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern um einen hoheitlichen Akt, auf den somit nicht die Bestimmungen des ABGB (und der ZPO), sondern jene des AVG und des VVG anzuwenden sind; Anderes gilt hingegen in Bezug auf den zwischen dem Patienten und dem Rechtsträger der Krankenanstalt geschlossenen Behandlungsvertrag: Dieser, insbesondere die Frage, ob eine Aufnahme in die Sonderklasse verlangt wurde, ist nach zivilrechtlichen Vorschriften zu beurteilen (und verkörpert aus der Sicht der beliehenen Krankenanstalt einen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung).

 

* Liegt hinsichtlich der Frage, ob eine Aufnahme in die Sonderklasse gemäß § 45 Abs. 3 OÖ KAG begehrt wurde, kein ausdrückliches Zugeständnis, sondern vielmehr ein Bestreiten der Patientin vor, obliegt es gemäß §§ 266 ff ZPO aus prozessualer Sicht dem Rechtsträger der Krankenanstalt, einen entsprechenden Nachweis zu führen. Ein von der Beschwerdeführerin bloß unterfertigtes, im Übrigen jedoch vom Rechtsträger bzw. von der Krankenanstalt selbst erstelltes Formular – in dem die entscheidenden Aussagen zudem bloß angekreuzt wurden – vermag jedoch nur dann einen entsprechend stichhaltigen Nachweis zu bilden, wenn auch die Begleitumstände keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass die darin objektiv zum Ausdruck kommenden Erklärungen tatsächlich den subjektiven Willen des Patienten wiedergeben.;

 

* Im gegenständlichen Fall ließen schon die von der Beschwerdeführerin konkret ins Treffen geführten Begleitumstände (hohes Alter, Sehschwäche, psychische Verfassung im Zeitpunkt der stationären Aufnahme, offenkundig divergierende Auffassungen über den Inhalt des Begriffes einer Unterbringung in einem Zweibettzimmer, Bezieherin einer Mindestpension, Nichtbestehen einer Zusatzversicherung) objektiv besehen zumindest nicht unerhebliche Zweifel aufkommen. Diese werden insbesondere auch dadurch verstärkt, dass im unterzeichneten Formular die voraussichtlich anfallenden Kosten nur hinsichtlich der – den relativ geringwertigsten Anteil am Gesamtbetrag von 1.647,58 Euro bildenden – Anstaltsgebühr explizit festgelegt sind (113,90 Euro), während in Bezug auf das Arzthonorar bloß undifferenziert auf eine Vereinbarung zwischen der Ärztekammer und dem Verband der Versicherungsunternehmen verwiesen wird: Abgesehen davon, dass die durchzuführenden Behandlungsmaßnahmen infolge einer entsprechenden Überweisung der Hausärztin und einer vorangehenden ambulanten Untersuchung zumindest dem Grunde nach absehbar waren und davon ausgehend jedenfalls eine grobe Kostenschätzung hätte erfolgen können, kann nicht ausgeschlossen werden, dass gerade durch die dementsprechende Unterlassung bei einem durchschnittlichen Patienten die Erwartungshaltung erzeugt wird, dass diese Honorare nicht allzu hoch ausfallen, jedenfalls aber nicht den vierzehnfachen Betrag der Anstaltsgebühr ausmachen werden. Insgesamt besehen kann daher von einer den Ansprüchen des § 45 Abs. 3 OÖ KAG (arg. „ in geeigneter Weise“) und erst recht jenen des – auch im gegenständlichen Fall maßgeblichen – Konsumentenschutzgesetzes nicht die Rede sein.