Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590364/3/Gf/Rt

Linz, 14.10.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender: Mag. Stierschneider; Berichter: Dr. Gróf; Beisitzer: Dr. Brandstetter) über die Berufungen 1.) des H, 2.) des J, 3.) des Jo, 4.) des Dipl.-Ing. B und der C, 5.) der I, 6.) der H, 7.) des HG und der H, und 8.) des G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. September 2013, Zl. Ges-11/4-2013-Hu, wegen eines Auftrages zur Durchführung einer Trinkwasseruntersuchung und zur Vorlage entsprechender Befunde zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird stattgegeben; der angefochtene Bescheid wird aus Anlass der Berufungen aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. September 2013, Zl. Ges-11/4-2013-Hu, wurde den Rechtsmittelwerbern als Beziehern von Trinkwasser aus einer näher bezeichneten Quelle gemäß § 39 Abs. 1 Z. 12 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 296/2013 (im Folgenden: LMSVG), i.V.m. § 5 „Abs. 2 und 4“ (richtig: Z. 2 und 4) der Trinkwasserverordnung, BGBl.Nr. II 304/2001 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 359/2012 (im Folgenden: TrinkWV), aufgetragen, Untersuchungen des Wassers von einer hierzu befugten Stelle durchführen zu lassen und die entsprechenden Befunde und Gutachten unverzüglich dem Amt der Oö. Landesregierung vorzulegen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer als Bezieher von Quellwasser – da es sich im vorliegenden Fall um eine Gemeinschaftsversorgung i.S.d. § 3 Z. 9 LMSVG handle – seitens des Amtes der Oö. Landesregierung bereits wiederholt dazu aufgefordert worden seien, der Untersuchungspflicht des § 5 Z. 2 TrinkWV nachzukommen.

 

1.2. Gegen diesen ihnen am 17. bzw. 18. September 2013 zugestellten Bescheid richten sich die vorliegenden, am 25. September 2013 – und damit jeweils rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen.

 

Darin wird von den Rechtsmittelwerbern jeweils übereinstimmend vorgebracht, dass sie keine Unternehmer seien und kein Lebensmittel in Verkehr bringen würden. Wenngleich die Versorgungsanlage faktisch untereinander geteilt werde, bezögen die einzelnen Beschwerdeführer das Quellwasser doch jeweils ausschließlich auf Grund eines individuellen Einforstungsrechts und zudem nur zum privaten persönlichen Gebrauch. Außerdem begründe die faktische gemeinsame Benützung der Anlage weder eine Wassergemeinschaft noch liege ein Inverkehrbringen, sondern vielmehr eine vom Gesetz ausgenommene Primärproduktion vor. Schließlich ergebe sich aus dem Bescheid auch nicht, welche konkrete Person die bescheidmäßige Verpflichtung treffen soll.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.  

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Ges-11-2013; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 1 Abs. 1 erster Satz LMSVG regelt dieses Gesetz u.a. die Anforderungen an Wasser für den menschlichen Gebrauch (worunter gemäß § 3 Z. 2 LMSVG Wasser vom Wasserspender bis zum Abnehmer zum Zweck der Verwendung als Lebensmittel zu verstehen ist).

 

Indem in § 1 Abs. 1 zweiter Satz LMSVG festgelegt ist, dass das LMSVG einerseits für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen, andererseits nach § 1 Abs. 2 LMSVG jedoch nicht für die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch oder für die häusliche Verarbeitung, Handhabung oder Lagerung von Lebensmitteln, Gebrauchsgegenständen und kosmetischen Mitteln zum häuslichen privaten Verbrauch gilt, geht daraus insgesamt hervor, dass der in § 1 Abs. 1 erster Satz LMSVG enthaltene Verweis auf „die damit verbundene Verantwortung der Unternehmer“ so zu verstehen ist, dass das LMSVG grundsätzlich nur dann Anwendung findet, wenn am Rechtsverhältnis zumindest eine Person beteiligt ist, der die Eigenschaft eines Unternehmers zukommt.

 

Als Unternehmer gilt gemäß § 3 Z. 11 dritter Satz LMSVG allerdings nicht nur jeder Lebensmittelunternehmer i.S.d. Art. 3 Z. 3 der Verordnung (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: VO 178/2002), sondern darüber hinaus auch jeder sonstige Inverkehrbringer von Waren.

 

Unter einem Inverkehrbringen ist nach § 3 Z. 9 erster Satz LMSVG i.V.m. Art. 3 Z. der VO 178/2002 grundsätzlich das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder eine andere Forme der Weitergabe selbst zu verstehen; in Bezug auf Wasser für den menschlichen Gebrauch gilt gemäß § 3 Z. 9 zweiter Satz LMSVG weiters auch die Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung als Inverkehrbringen, sofern diese nicht bloß im Rahmen des familiären Verbandes erfolgt.

 

Insgesamt ergibt sich aus dieser Verweisungskette mit Blick auf den vorliegenden Fall sohin, dass die Frage der Verbindlichkeit der insbesondere aus § 5 Z. 2 und 4 TrinkWV resultierenden Verpflichtungen davon abhängt, ob die Rechtsmittelwerber einerseits entweder als „Lebensmittelunternehmer“ oder andererseits zumindest als „sonstige Inverkehrbringer“ – und zwar im Besonderen als Abgeber zum Zweck einer nicht bloß auf den familiären Verband beschränkten Gemeinschaftsversorgung – im Sinne der zuvor angeführten Begriffsbestimmungen anzusehen sind.      

 

3.2. Darauf, dass einer der Rechtsmittelwerber das aus der Quelle bezogene Wasser anders als bloß zum privaten Eigengebrauch nützen würde, ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt kein Hinweis; zudem wird dies auch von der Erstbehörde gar nicht in Abrede gestellt.

 

Davon ausgehend ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführer hinsichtlich ihres Wasserbezuges aus der verfahrensgegenständlichen Quelle nicht als Unternehmer im Sinne des LMSVG i.V.m. der VO 178/2002 anzusehen sind.

 

3.3. Wie die belangte Behörde bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführt hat, gehen die Gesetzesmaterialien (vgl. die E zur RV, 43 BlgNR 23.GP, S. 39) zwar davon aus, dass der Begriff des Inverkehrbringens in § 3 Z. 9 LMSVG auch dann erfüllt ist, wenn „die Versorgung einer Gemeinschaft von mehreren Personen vorliegt“. Allerdings muss in diesem Zusammenhang aber zusätzlich auch noch – wie aus § 3 Z. 9 zweiter Satz LMSVG klar hervorgeht – eine „Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung“ gegeben sein. Dies bedingt wiederum das Bestehen eines Rechtsverhältnisses derart, dass an diesem zumindest eine Person in abgebender und zumindest eine andere Person in abnehmender Funktion beteiligt ist.

 

Eine derartige Konstellation ist jedoch im gegenständlichen Fall deshalb nicht gegeben, weil die Rechtsmittelwerber nicht untereinander in einer synallagmatischen Beziehung stehen, sondern ihr Wasser jeweils eigenständig auf Grund eines persönlichen Rechtsanspruches beziehen und in der Folge ausschließlich selbst zum privaten Gebrauch nützen. Unter derartigen faktischen Umständen liegt sohin aber auch kein sonstiges Inverkehrbringen i.S.d. § 3 Z. 9 LMSVG vor.

 

3.4. Handeln die Beschwerdeführer damit aber – wie gezeigt – weder als „Unternehmer“ noch als „Inverkehrbringer“, dann ist das LMSVG nicht anwendbar.

 

Dies hat wiederum zur Folge, dass sowohl die in § 6 Abs. 3 LMSVG vorgesehene Befugnis des Bundesminister für Gesundheit, u.a. die Anforderungen an die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch mit Verordnung näher zu regeln, als auch die darauf basierenden Festlegungen des 5 TrinkWV, wonach der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage insbesondere Untersuchungen des Wassers gemäß dem Untersuchungsumfang und den Untersuchungshäufigkeiten nach Anhang II zur TrinkWV entweder von der Agentur gemäß § 65 LMSVG, den Untersuchungsanstalten der Länder gemäß § 72 LMSVG oder von einer gemäß § 73 LMSVG hierzu berechtigten Person durchführen zu lassen (§ 5 Z. 2 TrinkWV) und die Befunde und Gutachten über diese Untersuchungen unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten sowie grundsätzlich fünf Jahre, die Befunde und Gutachten der Vollanalyse hingegen zehn Jahre lang zur Kontrolle aufzubewahren (§ 5 Z. 4 TrinkWV) hat, im gegenständlichen Fall schon von Vornherein nicht zum Tragen kommen.

 

3.5. Abgesehen davon, dass dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. September 2013, Zl. Ges-11/4-2013-Hau, aus dem Blickwinkel der Verwaltungsvollstreckung schon deshalb keine normative Wirkung zukäme, weil es im Spruch an einer Fristsetzung für die Erfüllung der aufgetragenen Verpflichtungen fehlt, war den gegenständlichen Berufungen daher aus den zuvor dargestellten Gründen sohin gemäß § 66 Abs. 4 stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

 

Hinweise

 

1.) Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin noch keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner 2014 bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (am 1. Jänner 2014: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich) einzubringen.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin bereits eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde dieser Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab dessen Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

2.) Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

M a g.  S t i e r s c h n e i d e r

 


 

 

VwSen-590364/3/Gf/Rt vom 14. Oktober 2013

 

32002R0178 Lebensmittelsicherheit Art3 Z3;

32002R0178 Lebensmittelsicherheit Art3 Z9;

LMSVG 2006 §1 Abs1;

LMSVG 2006 §1 Abs2;

LMSVG 2006 §3 Z9;

LMSVG 2006 §3 Z11;

LMSVG 2006 §6;

LMSVG 2006 §39;

TWV §5

 

 

* Aus der Verweisungskette des § 1 Abs 1 LMSVG 2006, des § 1 Abs 2 LMSVG 2006, des § 3 Z 11 LMSVG 2006, des Art 3 Z 3 der Verordnung (EG) 178/2002 und des § 3 Z 9 erster und zweiter Satz LMSVG 2006 iVm Art 3 Z 3 der Verordnung (EG) 178/2002 ergibt sich insgesamt, dass die Frage der Verbindlichkeit der insbesondere aus § 5 Z 2 und 4 TWV resultierenden Verpflichtungen davon abhängt, ob der Bf einerseits entweder als „Lebensmittelunternehmer“ oder andererseits zumindest als „sonstiger Inverkehrbringer“ – und zwar im Besonderen als Abgeber zum Zweck einer nicht bloß auf den familiären Verband beschränkten Gemeinschaftsversorgung – im Sinne dieser Begriffsbestimmungen anzusehen ist.

 

* Die Gesetzesmaterialien (EB zur RV 43 BlgNR 23. GP 39) gehen zwar davon aus, dass der Begriff des Inverkehrbringens in § 3 Z 9 LMSVG 2006 auch dann erfüllt ist, wenn „die Versorgung einer Gemeinschaft von mehreren Personen vorliegt“; allerdings muss in diesem Zusammenhang aber zusätzlich auch noch – wie aus § 3 Z 9 zweiter Satz LMSVG 2006 klar hervorgeht – eine „Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung“ gegeben sein; dies bedingt wiederum das Bestehen eines Rechtsverhältnisses derart, dass an diesem eine Person in abgebender und eine andere Person in abnehmender Funktion beteiligt ist.

 

 

 

 

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