Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301292/2/SR/JO

Linz, 28.10.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. September 2013, GZ.: Sich96-386-2012, wegen einer Übertretung nach dem Oö. Polizeistrafgesetz 1979, zu Recht erkannt:

 

 

I.    Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.  Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 5, 24, 44a, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. September 2013, GZ.: Sich96-386-2012, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben am Samstag, 02.06.2012 in der Zeit von 19:30 bis 21:15 Uhr und am Sonntag, 24.06.2012 in der Zeit von 18:30 bis 19:00 Uhr auf dem südlich Ihres Anwesens X in X angrenzenden Grundstück mit einem Rasenmäher gemäht bzw. jedenfalls den Motor laufen lassen und dadurch in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt.“

 

Wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz 1979, LGBl. Nr. 36/1979 idgF, verhängte die belangte Behörde gegen den Bw jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden. Weiters wurde er gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet. Somit ergibt sich für den Bw ein zu zahlender Gesamtbetrag von 220 Euro.

 

2. Gegen das dem Rechtsvertreter des Bw am 25. September 2013 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 9. Oktober 2013 zur Post gegebene, rechtzeitige Berufung, in welcher vorerst die Anträge gestellt wurden, die Berufungsbehörde möge:

 

a.    eine mündliche Berufungsverhandlung mit Zeugeneinvernahme anberaumen und durchführen; sowie

b.    das angefochtene Straferkenntnis der Bezirksverwaltungsbehörde Vöcklabruck vom 23.9.2013, AZ. Sich96-386-2012, aufheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung - ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 zur Entscheidung vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Berufung.

 

Gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

3.3. Aus den genannten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jener Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt.

 

4. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

4.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. PolStG lauten wie folgt:

 

§ 3 (1) Wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, begeht, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung.

(2) Unter störendem Lärm sind alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen.

(3)   Störender Lärm ist dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die die Umwelt verlangen kann.

(4)   Soweit dadurch ungebührlicherweise störender Lärm erregt wird, ist als Verwaltungsübertretung im Sinne des Abs. 1 insbesondere anzusehen:

Lauf Verkehrsflächen, die nicht Straßen mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, sind,

a)   das Laufenlassen von Kraftfahrzeugmotoren bei stehendem Fahrzeug,

b)  die Abgabe von Schallzeichen mittels Hupe;

2.    das Befahren von Toreinfahrten, Hausvorplätzen, Höfen von Wohnhäusern, Parkplätzen und sonstigen Grundflächen - soweit es sich hiebei nicht um Straßen mit öffentlichem Verkehr handelt - mit Kraftfahrzeugen bei laufenden Motoren;

3.    die Benützung von Rundfunk- und Fernsehgeräten, Lautsprechern und sonstigen Tonwiedergabegeräten.

 

§ 44a VStG lautet:

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.   die als erwiesen angenommene Tat;

2.   die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.   die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.   den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.   im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

4.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg. 11.466 A/1984 verst. Sen.; 11.894 A/1985 verst. Sen.).

 

Im Spruch sind somit zum einen alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, und zum anderen die Tathandlungen, durch die der Tatbestand verwirklicht wurde, zu beschreiben. Eine nähere Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht, ebenso wie die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes, nicht aus (vgl. VwGH 13.1.1982, 81/03/0203; VwSlg 11.069 A/1983; VwGH 15.2.1983, 81/11/0122; vgl auch Hauer/Leu kauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG §44a Anm. 2).

 

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a. im Spruch des Straferkenntnisse dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] VStG § 44a Anm. 2; VwGH 03.10.1985, 85/02/0053).

 

4.4. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat sich die belangte Behörde nicht auf alle Tatbestandsmerkmale Bezug genommen.

 

4.4.1. Die belangte Behörde hat das Verschulden des Bw nicht hinreichend nachgewiesen hat. Sie hat zwar eine umfassende rechtliche Beurteilung vorgenommen und zu Recht auf das Vorliegen einen Erfolgsdeliktes hingewiesen.

 

Die ungebührlicherweise erfolgte Erregung störenden Lärms ist ein Erfolgsdelikt (vgl. Rangger, Oberösterreichisches Landespolizeirecht - Praxiskommentar [2009] 205 mwN). Dies bedeutet zum objektiven Tatbild gehört auch eine durch das menschliche Verhalten ursächlich (kausal) herbeigeführte Folge (Erfolg). Der Eintritt des Erfolges ist Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen eines vollendeten Deliktes. Dieser Erfolg, nämlich in konkretem die objektive Geeignetheit des Lärms, subjektiv als störend empfunden zu werden und auch objektiv in ungebührlicher Weise erregt worden zu sein, ist Tatbestandsmerkmal.

 

4.4.2. Im Hinblick auf den Spruchmangel und die Unzulässigkeit einer Spruchverbesserung war der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Vor diesem Hintergrund war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den  Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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