Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523576/2/Sch/Bb/AK

Linz, 28.10.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des X, geb. X, X, X, vom 6. Oktober 2013, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26. September 2013, GZ VerkR21-589-2013/LL, betreffend Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung und Beibringung der zur Erstattung des Gutachtens erforderlichen Befunde gemäß    § 24 Abs.4 FSG, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 24 Abs.4  Führerscheingesetz 1997 – FSG und § 11 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung 1997 – FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. September 2013, GZ VerkR21-589-2013/LL, X (den Berufungswerber) gemäß §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG aufgefordert, sich innerhalb eines Monats ab Rechtskraft des Bescheides hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 amtsärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beizubringen.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 30. September 2013 nachweislich zugestellt wurde, richtet sich seine rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2013 – eingebrachte Berufung, mit der im Wesentlichen beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Berufungswerber im Wesentlichen aus, dass die im angefochtenen Bescheid dargebrachten Bedenken hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen weder stichhaltig noch verifizierbar seien.

 

Er sei anlässlich der konkreten Fahrt seiner Verantwortung und Verpflichtung, das Lenken eines Fahrzeuges nur unter ausreichend stabilen Stoffwechselbedingungen durchzuführen, gerecht geworden. Er habe bei Gewahr werden der immer noch vorhandenen bzw. erneut entstandenen Beeinträchtigung augenblicklich das Beenden der Fahrt beschlossen und herbeigeführt. Das hypoglykämische Zustandsbild nach Beendigung der Fahrt als auffällig zu bezeichnen, sei sicherlich zutreffend, allerdings irrelevant in Bezug auf die für das Lenken eines Fahrzeuges erforderliche Verkehrstüchtigkeit. Er fahre seit fast 35 Jahren 30.000 bis 50.000 km pro Jahr, nicht nur in Europa, sondern auch in Nord- und Südamerika, Australien, Asien und Afrika, und habe dabei, abgesehen von kleineren Blechschäden, niemals schwere Unfälle oder Unfälle mit Personenschäden versursacht. Sein oberstes Gebot beim Lenken von Kraftfahrzeugen – eventuelle Beeinträchtigungen seiner Fahrtauglichkeit prioritär gegenüber allen anderen Verpflichtungen zu behandeln – habe er in der konkreten Situation zweifelsfrei befolgt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 7. Oktober 2013, GZ VerkR21-589-2013/LL, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten erstinstanzlichen Verfahrensakt.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß       § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG mangels gesonderten Antrages des Berufungswerbers und der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt, unterbleiben.

 

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender für die Entscheidung maßgeblicher Sachverhalt:

 

Der am x geborene Berufungswerber ist im Besitz einer Lenkberechtigung der Klassen AM, A und B, erteilt von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 8. Jänner 2009 unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen. Grund für die damalige Auflage war sein seit Jahren bestehender Diabetes Mellitus.

 

Laut einer Mitteilung vom 27. August 2013 der Landespolizeidirektion Oberösterreich lenkte der Berufungswerber am 27. August 2013 um 13.00 Uhr  den Pkw, Opel Corsa, mit dem Kennzeichen X in Linz, wobei er anlässlich dieser Fahrt in die Gartenanlage des Wohnhauses X fuhr. Beim Eintreffen der angeforderten Exekutivorgane stand der vom Berufungswerber gelenkte Pkw mit der linken vorderen Seite (Kotflügelbereich) in der Hecke des obgenannten Anwesens. Der Berufungswerber war zwar ansprechbar und konnte seinen Namen nennen, ansonsten jedoch keine Angaben machen. Weitere Sprechversuche blieben erfolglos, da der Berufungswerber immer wieder einschlief. Schließlich konnte auf Grund eines vorgefundenen Ausweises festgestellt werden, dass der Berufungswerber Diabetiker ist, weshalb ihm von den Beamten ein Müsliriegel verabreicht und die Rettung des ÖRK verständigt wurde. Eine Zuckermessung durch Sanitäter des ÖRK ergab letztlich eine starke Unterzuckerung des Berufungswerbers.

 

Die Erstinstanz nahm diesen Umstand zum Anlass, um die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 zu überprüfen und erließ den nunmehr angefochtenen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 24 Abs.4 FSG lautet:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen“.

 

Gemäß § 11 Abs.1 FSG-GV darf Zuckerkranken eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden, aus der insbesondere auch hervorgeht, dass der Zuckerkranke die mit Hypoglykämie verbundenen Risiken versteht und seinen Zustand angemessen beherrscht.

 

Gemäß § 11 Abs.2 FSG-GV darf Zuckerkranken, die mit Insulin oder bestimmten Tabletten behandelt werden müssen, eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 nur für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen erteilt oder belassen werden.

 

5.2. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in diese Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (z. B. VwGH 21. September 2010, 2010/11/0126; 22. Juni 2010, 2010/11/0076 uvm.).

 

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber seit Jahren an Diabetes Mellitus leidet, weshalb ihm auch seine Lenkberechtigung eingeschränkt unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen erteilt wurde. Trotz dieser Einschränkung ist es am 27. August 2013 anlässlich des Lenkens seines Pkws zu einer starken Unterzuckerung (Hypoglykämie) gekommen.

 

Auf Grund dieses Vorfalles bestehen Zweifel im Hinblick auf die Fahrtauglichkeit und ist durchaus der Verdacht begründet, dass die Zuckerkrankheit beim Berufungswerber möglicherweise nicht optimal eingestellt ist. Gerade im Hinblick auf die Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges kann wohl nicht ausgeschlossen werden, dass eine Hyperglykämie beim Berufungswerber wiederholt auftritt, sodass eine Überprüfung seines Gesundheitszustandes jedenfalls notwendig erscheint.

 

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert grundsätzlich ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung. Es ist allgemein bekannt, dass Unterzuckerungen auch schlagartig und unvorhersehbar auftreten und die Symptome im schlimmsten Fall zu Atem- und Kreislaufstörungen, Bewusstseinsstörungen und Krämpfen bis hin zur Bewusstlosigkeit udgl. führen können.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet daher, dass im konkreten Fall ausreichende Anhaltspunkte und akute begründete Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1 bestehen, weshalb nicht zuletzt im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit die Überprüfung seines Gesundheitszustandes im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 8 FSG dringend geboten erscheint.

 

Gerade durch die amtsärztliche Begutachtung soll die in Zweifel gezogene gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers überprüft und festgestellt werden, ob er gesundheitlich geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 eigenverantwortlich zu lenken.

 

Es war daher die Berufung abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.  

 

Hingewiesen wird, dass die im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzte und als angemessen anzusehende Frist (ein Monat ab Rechtskraft) zur amtsärztlichen Untersuchung mit Zustellung der Berufungsentscheidung an den Berufungswerber zu laufen beginnt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Anlagen

 

 

S c h ö n