Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401335/20/Wg/BRe

Linz, 23.10.2013

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des x, geb. x, wegen Festnahme, Anordnung von Schubhaft und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2013 durch mündliche Verkündung zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Es wird festgestellt, dass die Festnahme, die Anordnung von Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft bis 17.10.2013 um 17.00 Uhr rechtmäßig war. Seither ist die Anhaltung in Schubhaft unverhältnismäßig und damit nicht rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft liegen nicht vor. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, i.d.F. BGBl. I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 69a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Verfahrensgegenstand und Ermittlungsverfahren:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) erließ mit Bescheid vom „12. September 2013“, GZ Sich 40-63520-2013, gemäß § 76 Abs. 2a Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) in Verbindung mit § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG). Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11. Oktober 2013, unmittelbar nach Ausfolgung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10. Oktober 2013 ausgehändigt. Seither befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft. Die belangte Behörde führt im bekämpften Bescheid begründend im wesentlichen aus, aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund seines bisherigen Verhaltens sei zu befürchten, dass sich der Beschwerdeführer -auf freiem Fuß belassen- dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Anonymität abtauchen werde. Darum sei zur Sicherung der Abschiebung in dem Mitgliedstaat x die Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich und verhältnismäßig. Ein gelinderes Mittel komme nicht in Betracht.

1.2. Am 17. Oktober 2013 erhob der Beschwerdeführer beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Schubhaftbeschwerde (eingelangt um 18:18 Uhr). Er stellt darin die Beschwerdeanträge, den Schubhaftbescheid aufzuheben, die Festnahme und die Anhaltung für rechtswidrig zu erklären sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen. An Kosten werden verzeichnet (Beschwerde € 737,60, Gebühr € 13,20). Begründend führte er aus, er sei syrischer Flüchtling im Sinn des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Das Bundesasylamt verkenne die Vulnerabilität und das Krankheitsbild des Bf im Hinblick auf seinen psychischen Gesundheitszustand. Das Bundesasylamt hätte vom Selbsteintrittsrecht des Art. 3 Abs. 2 Dublin II Verordnung Gebrauch machen müssen. Das aggressive Verhalten sei Teil des diagnostizierten Krankheitsbildes. Unter Hinweis auf den bereits erwähnten Arztberichtes des LKH Vöcklabruck führte er aus, eine Anhaltung in Schubhaft stehe zu seinem persönlichen Interesse an seiner Gesundheit und seiner persönlichen Freiheit außer Verhältnis. Am 17. Oktober 2013 sei er von einer Mitarbeiterin der Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH x besucht worden. Die Führung eines Beratungsgespräches sei nicht möglich gewesen, da er nicht orientiert gewesen sei und nicht vermocht habe sich zu artikulieren. Der Beschwerdeführer sei am 17. Oktober 2013 nicht handlungsfähig gewesen. Der Beschwerdeverzicht im Asylverfahren sei als nichtig zu beurteilen. Bei der Unterzeichnung des Beschwerdeverzichts sei er zudem nicht durch die ihm aufgrund des FPG zugewiesene Rechtsvertretung unterstützt worden. Im Hinblick auf die psychische Erkrankung wiege das Interesse des Beschwerdeführers an seiner persönlichen Freiheit und seiner Gesundheit höher als das öffentliche Interesse an der Abschiebung, da die Sicherung jedenfalls durch die Anwendung eines gelinderen Mittels hätte erreicht werden können. Im Sinne der Verordnung (EG) Nr  1560/2003 sei ihm zuerst die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben. Die Schubhaft-Verhängung ohne Einhaltung dieser Abfolge stehe daher sowohl im Widerspruch zu oben genannten Verordnung also zu österreichischen Verfassung.

1.3. Die belangte Behörde erstattete mit Eingabe vom 21.10.2013 eine Gegenschrift, legte den fremdenpolizeilichen Akt vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

1.4. Der UVS hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben. An der mündlichen Verhandlung nahmen der Beschwerdeführer, ein Rechtsberater iSd § 85 FPG und ein Vertreter der belangten Behörde teil. Die Verfahrensakte wurden einvernehmlich verlesen und der Beschwerdeführer als Partei einvernommen. Abschließend verzichteten die Verfahrensparteien auf eine weitere Beweisaufnahme.

 

1.4.1. Der Vertreter der belangten Behörde erstattete folgendes Schlussvorbringen:

„Auf den bekämpften Bescheid und die Gegenschrift wird verwiesen. Die dort gestellten Anträge werden aufrecht erhalten. Es kann die illegale Reisebewegung des Beschwerdeführers Italien, Deutschland, Österreich in dieser Form nicht hingenommen werden. Sein Verhalten ist widersprüchlich. Auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wird insoweit verwiesen. Es kann auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden. Es ist sowohl die Festnahme, als auch die weitere Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig und erforderlich. Aus diesem Grund wird die Abweisung der Beschwerde beantragt.“

 

1.4.2. Der Beschwerdeführer erstattete gemeinsam mit seinem Rechtsberater folgendes Schlussvorbringen: „Im gegenständlichen Fall wurde die Schubhaft quasi als Standardmaßnahme in einem sogenannten Dublin Fall verhängt. Der Beschwerdeführer ist einmal – wenn auch illegal – in das Bundesgebiet eingereist. Bei einer Gesamtschau kann in Verbindung mit den psychischen Problemen des Beschwerdeführers keinesfalls die Schubhaft als gerechtfertigt und verhältnismäßig angesehen werden. Es hätte jedenfalls mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden können. Festzuhalten ist hier insbesondere, dass der Verein für Menschenrechte Österreich im gegenständlichen Fall außerhalb seines gesetzlichen Auftrages Rückkehrberatung durchgeführt hat. Es wäre gemäß den gesetzlichen Vorschriften ausschließlich die ARGE Rechtsberatung bzw. die Diakonie dafür zuständig gewesen. Dies hat dem Beschwerdeführer eindeutig zum Nachteil gereicht. Insbesondere wird auf die vom Beschwerdeführer erwähnten Probleme mit dem Dolmetscher in der Erstaufnahmestelle West hingewiesen. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass es bezüglich der Auswahl der Dolmetscher in der Erstaufnahmestelle West in der Vergangenheit schon zu Problemen gekommen ist. Es bestehen hier aus Sicht der Rechtsberatung massive Bedenken gegen die Auswahl der Dolmetscher. Dies zumindest nach dem jetzigen Stand. Dies wurde bereits in einem entsprechenden wissenschaftlichen Artikel im Migralex behandelt. Es wird die Stattgebung der Beschwerde und Zuspruch von Kosten im Sinn der UVS Aufwandersatzverordnung beantragt.“

 

2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

2.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger von x und wurde am x in x, x geboren. Er ist haft- und verhandlungsfähig (Befund und Gutachten Amtsärztin x vom 22.10.2013). Der Bf ist geschäfts- und prozessfähig.

2.2. Er stellte am 16.12.2011 in Italien einen Asylantrag.  Dort scheint er neben den Personalien „x“ unter der Alias-Identität „x“ auf. Er hielt sich in der Vergangenheit auch in Deutschland auf. Nachdem ihn die deutschen Behörden nach Italien abgeschoben hatten, wurde ihm am 26.8.2013 in Italien ein befristeter Aufenthaltstitel (permessio di soggiorno) auf den Namen „x“ ausgestellt. Eine Kopie des italienischen Aufenthaltstitels befindet sich in den Effekten des Bf. Sein Reisepass befindet sich in Italien. (ital. EURODAC-Treffer, Ausführungen im bekämpften Bescheid Seite 2, Aussage des Bf Tonbandprotokoll Seite 4).

2.3. Am 13. September 2013 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, den Namen x zu führen. Die niederschriftliche Erstbefragung gem AsylG erfolgte am 13. September 2013. Dabei verschwieg er zunächst seinen Aufenthalt in Italien und gab an, er habe sich bis 8. September 2013 in Algier in einem gemieteten Zimmer aufgehalten. Von dort sei er am 8. September 2013 mit einem Schiff in ein ihm unbekanntes Land gekommen. Es sei am 11. September 2013 in diesem unbekannten Land angekommen. Am 12. September 2013 sei er als Beifahrer mit einem PKW bis nach Österreich in die Nähe von Salzburg gefahren worden. Welche Länder er passiert habe, wisse er nicht. Bei der Polizei habe er am 13. September 2013 sofort um Asyl angesucht. Er räumte erst auf Vorhalt des EURODAC-Treffers ein, in Italien einen Asylantrag gestellt zu haben. Auf die Frage, warum er hinsichtlich der Reise durch einen EU-Staat falsche Angaben gemacht habe, antwortete er, dass er Angst gehabt habe, dass er in Österreich inhaftiert werde. Auf die Frage, warum er nicht gleich gesagt habe, dass er in Italien gewesen sei, antwortete er, dass er Angst gehabt hätte, nach Italien zurückgeschoben zu werden. Als er befragt wurde, ob er ein Visum erhalten habe, gab er an, kein Visum erhalten zu haben (Niederschrift über die Erstbefragung).

2.4. Die Landespolizeidirektion Salzburg verhängte daraufhin mit Bescheid vom 13. September 2013 „gem §  76 Abs. 2 Ziffer 1 bzw. 4“ des Fremdenpolizeigesetzes (FPG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 und der Abschiebung (§ 46 FPG).

2.5. Der Bf wurde im Anschluss daran in das x überstellt.  Am 16. September 2013 wurde der Beschwerdeführer nach Feststellung der Haftunfähigkeit durch den Amtsarzt aus der Schubhaft entlassen und in die x verbracht. (Seite 9 des bekämpften Bescheides, Email LPD Salzburg vom 18.9.2013). Anlass für die Aufnahme in die x war massive Aggressivität und der Umstand, dass er zwei Mal geäußert hatte, sich umzubringen. Der Beschwerdeführer war vom 16. September 2013 bis 19. September 2013 in der x in Behandlung. Im Entlassungsbrief vom 19.9.2013 wird eine Belasungsreaktion akut onA diagnostiziert (Beilage Beschwerdeschrifsatz). Er begab sich nach der Entlassung am 19. September 2013 in die Erstaufnahmestelle West in St Georgen, wo er eine bundesbetreuten Unterkunft für die Dauer der Prüfung seines Asylbegehrens  (Zulassungsverfahren) erhielt (Seite 9 des bekämpften Bescheides).

2.6. In der Zeit von 23.9.2013 bis 26.9.2013 war er im Landeskrankenhaus in x in Behandlung.  Dort wurde bei der Entlassung diagnostiziert: Anpassungsstörung mit vorherrschender Störung anderer Gefühle (F43.23), dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung und vordiagnostizierte akute Belastungsreaktion mit aggressivem Verhalten (09/2013 CDK Salzburg). Nach glaubhafter Distanzierung von akuter Suizidalität und fehlenden UbG-Kriterien sowie dem Wunsch nach Hause zu gehen, wurde der Bf wieder in die EAST entlassen (Arztbrief vom 26.9.2013, Beilage Beschwerdeschriftsatz).

2.7. Mit 27. September 2013 wurde gemäß Asylgesetz das Ausweisungsverfahren eingeleitet. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 erklärte sich Italien gemäß Art. 16 Abs. 2 der Dublin Verordnung für das Asylverfahren zuständig (Mitteilung des italienischen Innenministeriums vom 2. Oktober 2013).

2.8. Der Beschwerdeführer wurde am 8. Oktober 2013 vor dem Bundesasylamt befragt. Dabei wurde ihm vorgehalten, dass er in Italien Asylanträge gestellt habe. Auf die Frage, ob er von den italienischen Behörden eine Entscheidung erhalten habe, sagte er aus: „Auch wenn man einen positiven Bescheid in Italien erhält, bleibt man auf der Straße.“ Er räumte ein, sich bereits in Deutschland aufgehalten zu haben. Weiters sagte er aus: “Schicken Sie mich lieber nach Syrien, Italien ist nicht meine Heimat.… Ich möchte lieber in meiner Heimat sterben. Falls Sie mich nach Italien zurückschicken, dann würde ich mich im Flugzeug umbringen.“ (Seite 4 der Niederschrift vom 8. Oktober 2013).

2.9. Am 9. Oktober 2013 kam der Beschwerdeführer zu ORS Angestellten in der Erstaufnahmestelle West, wobei es zu einem Vorfall kam, über den die PI Sankt Georgen im Attergau die Meldung vom 9. Oktober 2013 erstellte. In dieser Meldung vom 9. Oktober 2013 wird folgendes als Sachverhaltsdarstellung festgehalten: „Am 9. Oktober 2013 um 11:30 Uhr kamen die beiden ORS Angestellten (x und x)zur  PI und gaben sinngemäß folgendes an: “Der AW x, AIS 13 13239 kam heute (9.10.2013) gegen 10:00 Uhr zur Kleiderausgabestelle und wollte eine neue Bekleidung  (Jacke)  haben. Dem AW wurde von uns mitgeteilt, dass zuerst die neuen AW  eingekleidet werden müssen. Daraufhin beschimpfte der AW uns und die anwesenden Personen/Mitarbeiter lautstark. Der AW konnte von uns nicht beruhigt werden und stieß die ORS Mitarbeiterin x zur Seite. Anschließend schrieb er noch lautstark umher und verließ danach den Keller bzw. die Kleiderausgabestelle. Weiters möchten wir angeben, dass der AW in vergangener Zeit schon mehrmals wegen seines aggressiven Verhaltens aufgefallen sei. Dies ist auch beim ORS bekannt. Eine Meldung an die Polizei wurde bis dato (bis zum heutigen Vorfall) noch nicht erstattet.“ .... Mit x wurde ein Gespräch (9. Oktober 2013, 12:15 Uhr - auf der PI EAST West) geführt. Der AW wurde entsprechend belehrt und er wurde darauf hingewiesen, dass er sein aggressives Verhalten in Zukunft einstellen muss (Anmerk: AW versteht und spricht gut Deutsch)“

2.10. Das Bundesasylamt wies daraufhin mit Bescheid vom 10. Oktober 2013, Aktenzahl 13 13.239-EAST West, den Antrag auf internationalen Schutz vom 13. September 2013 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz Italien zuständig ist. Im Spruchabschnitt 2. dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Italien gemäß bei der 10 Abs. 4 Asylgesetz zulässig ist.

2.11. Im Anschluss daran erließ die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ( im Folgenden: belangte Behörde) mit Bescheid vom „12. September 2013“, GZ Sich 40-63520-2013, gemäß § 76 Abs. 2a Z 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) in Verbindung mit § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 Asylgesetz) und der Abschiebung (§ 46 FPG). Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11. Oktober 2013, unmittelbar nach Ausfolgung des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10. Oktober 2013 ausgehändigt. Seither befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft.

2.12. Der Bf war am 11.10.2013 haftfähig. Seit dem Tag der Aufnahme in das PAZ x ist der Bf in kontinuierlicher ärztlicher und psychiatrischer Behandlung. Die Untersuchungen finden – wenn nötig – in Beisein eines Dolmetschers statt, der Bf spricht aber auch etwas Deutsch. Er erhält eine dem Zustandsbild adäquate medikamentöse Therapie, deren Einnahme er jedoch zeitweise verweigert (Befund und Gutachten Dr. x vom 22.10.2013). Am 12.10.2013 befand sich der Beschwerdeführer einen Tag im Hungerstreik (Gegenschrift, Anhaltedatei).

2.13. Am 14.10.2013 wandte sich der Bf an den VMÖ und unterfertigte ein Formular, in dem er die Erklärung zur beabsichtigten freiwilligen Rückkehr abgab.

2.13.1. Der Verein Menschenrechte teilte der belangten Behörde dazu mit Email vom 15.10.2013 folgendes mit: „Ich ersuche Sie um Kostenübernahme für genannten syrischen Staatsangehörigen. Er hat sich freiwillig entschieden, aus dem Bundesgebiet nach Italien (Rom) auszureisen. Falls Reisedokumente bei Ihnen im Fremdenakt vorliegen, bitte ich Sie diese an mich im Original zu übermitteln.“

2.13.2. Die belangte Behörde teilte dem VMÖ dazu mit email vom 15. Oktober 2013 Folgendes mit: „Ihrem Ersuchen kann ich leider nicht zustimmen. Eine Flugbuchung oder Kostenzusage ist unsererseits nicht möglich. Dublin-Out ist im vorliegenden Fall aus dem Stande der Schubhaft nicht möglich, nachdem der Fremde keine zur Einreise in Italien befähigenden Dokumente (Reisepass und Permesso) verfügt. NAchdem Herr x aktuell eine Beschwerde gegen die Ausweisungsentscheidung nach Italien eingebracht hat, besteht auch dahingehend ein Hinderungsgrund der Flugbuchung nach Italien. Sofern Herr x seine Ansicht zu Italien geändert hat und ehestmöglich nach Italien rückkehren möchte, kann ich an dieser Stelle nur als Lösungsvorschlage – eine Zurückziehung der Beschwerde im Asylverfahren – anbieten.“

2.13.3. Am 16. Oktober 2013 übermittelte der Verein Menschenrechte der belangten Behörde eine vom Beschwerdeführer am 16.10.2013 unterfertigte Verzichtserklärung im Asylverfahren. Darin wird ausgeführt: „ Hiermit verzichte ich auf die Einbringung einer Beschwerde im Asylverfahren Zahl 1313. 239, weil ich freiwillig in Italien zurückkehren will. Der Inhalt wurde mir von einer sprachkundigen Vertrauensperson erklärt. Meine Beraterin vom Verein Menschenrechte war Frau…“ In einem Begleitschreiben führt der VMÖ dazu aus:

“Anbei übermittle ich die Verzichtserklärung „eine Zurückziehung der Beschwerde im Asylverfahren“ für die genannte Person. Ich habe in seinem Akt nur Kopien einiger Dokumente. Originale sind nicht vorhanden.“ Dazu findet sich im Akt der belangten Behörde eine Kopie der eingangs erwähnten „permessio di soggiorno“.

2.14. Am 17. Oktober 2013 koordinierte die belangte Behörde über das „x“ für 24. Oktober 2013 einen Flug von Wien nach Italien zur Abschiebung des Beschwerdeführers. In der Anforderung des Flugtickets wird ausgeführt: “Mit beiliegender Airline-Not. darf ich dich bitten dringend einen Flug für Herrn x nach Rom Fiumicino zu buchen. ... Der Genannte will freiwillig nach Italien, demzufolge bitte unbegleiteter Deportee...“

2.15. Am 17. Oktober 2013 schluckte der Bf mehrere gehortete Medikamente auf einmal. Als ihn eine Beraterin der Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH in der Schubhaft aufsuchte, war die Führung eines Beratungsgespräches nicht möglich, da der Bf nicht orientiert war und sich nicht zu artikulieren vermochte (Vorbringen Beschwerdeschriftsatz, Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung).

2.16. Am 17. Oktober 2013 erhob der Beschwerdeführer beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die verfahrensgegenständliche Schubhaftbeschwerde.

2.17. Es konnte in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2013 nicht festgestellt werden, dass der Bf die Bereitschaft zur Ausreise nach Italien nur vortäuscht und beabsichtigt unterzutauchen.

 

3. Beweiswürdigung:

 

3.1. Ausdrücklich festzuhalten ist, dass es sich ggst. um eine Ausfertigung des am 23.10.2013 mündlich verkündeten Erkenntnisses handelt. Eine nach Verkündung eingetretene Änderung der Sachlage war daher nicht zu berücksichtigen.

 

3.2. Das Vorbringen der Schubhaftbeschwerde und der ergänzenden Stellungnahme vom 21.10.2013 bezieht sich ua auf den Gesundheitszustand des Bf. Der Bf leidet unstrittig unter den in den vorgelegten Befunden dokumentierten psychischen Krankheiten. Am 17.10.2013 schluckte der Bf mehrere gehortete Medikamente, weshalb in der Folge ein Beratungsgespräch nicht möglich war. Das hat aber auf den – zuvor - am 14.10.2013 geäußerten Wunsch des Bf Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen zu wollen und die am 16.10.2013 erfolgte Unterfertigung des Rechtsmittelverzichtes keine Auswirkung. Der Bf war – wie auf Grundlage des eingeholten amtsärztlichen Gutachtens vom 22.10.2013 feststeht – am 11.10.2013 haftfähig und ist nach wie vor haft- und verhandlungsfähig. Es besteht auch kein begründeter Zweifel an der Geschäfts- und Prozessfähigkeit des Bf (s. Pkt 2.1.).

 

3.3. Einzuräumen ist, dass die Verwendung unterschiedlicher Identitäten in Italien und Österreich sowie die Falschangaben bei der Erstbefragung zur Reiseroute und Aufenthalt in Italien indizieren, er werde nicht im  fremdenpolizeilichen Verfahren mitwirken. Zudem war er zunächst nicht bereit nach Italien auszureisen. Dem Grunde nach war daher – wie auch noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ausgeführt wird – die Verhängung der Schubhaft rechtmäßig. Nun änderte der Bw - wie die belangte Behörde in ihrer Ticketanforderung (Pkt 2.14.) selber einräumte – in der Schubhaft seine Meinung und meldete er sich zur freiwilligen Rückkehr nach Italien an (Pkt 2.13.). Die Bereitschaft dorthin zurückzukehren untermauerte er entsprechend dem Vorschlag der belangten Behörde (Pkt 2.13.2.) durch einen Rechtsmittelverzicht im Asylverfahren (Pkt 2.13.3.). In der mündlichen Verhandlung bekräftigte er, im Asylverfahren keine Beschwerde erheben zu wollen, hielt die Schubhaftbeschwerde aber ausdrücklich aufrecht (Tonbandprotokoll Seite 3) In Italien droht ihm kein Ausweisungsverfahren, zumal er dort über einen Aufenthaltstitel verfügt. Auch wenn er zunächst vor den österreichischen Behörden falsche Angaben machte, konnte dem Bf in der mündlichen Verhandlung am 23.10.2013 in Hinblick auf den in Italien bestehenden Aufenthaltstitel in Verbindung mit der Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr nicht mehr unterstellt werden, er wolle untertauchen und nicht ausreisen. Der UVS teilt die in der Gegenschrift und der mV – abweichend von der ursprünglichen Ansicht (Pkt 2.14.) - geäußerten Bedenken des Vertreters der belangten Behörde, man könne auf eine freiwillige Ausreise nicht vertrauen, nicht.

 

3.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im übrigen aus den jeweils angeführten Beweismitteln (s. die in Klammer angegebenen Beweismittel). Das Vorliegen eines italienischen Aufenthaltstitels wurde von der belangten Behörde in der mV außer Streit gestellt (TP Seite 4).

 

4. rechtliche Beurteilung:

 

4.1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden gesetzlichen Bestimmungen:

 

§ 76 Fremdenpolizeigesetz lautet:

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(1a) Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(2a) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z 4 vorletzter Satz AsylG 2005 nicht nachgekommen ist;

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, oder

6. sich der Asylwerber gemäß § 24 Abs. 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat, soweit eine der Voraussetzungen des Abs. 2 Z 1 bis 4 vorliegt, und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegenstehen.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.

 

§ 80 FPG lautet:

(1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf grundsätzlich

1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt.

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monate nicht länger als 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Gleiches gilt, wenn die Abschiebung dadurch gefährdet erscheint, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen hat. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in einem Jahr, aber nicht länger als 10 Monate in 18 Monaten aufrechterhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 oder 2a verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Asylgerichtshof eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt. Die Schubhaftdauer darf in diesen Fällen die Dauer von zehn Monaten innerhalb eines Zeitraumes von 18 Monaten nicht überschreiten.

(6) Die Behörde hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Soll der Fremde länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(8) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

§ 83 FPG lautet:

 (1) Zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z 2 oder 3 ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs. 2 Z 2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.2. Mit Zustellung des asylrechtlichen Bescheides wurde die Ausweisung durchsetzbar (Pkt 2.10. und 2.11.). Die Schubhaft wurde zu Recht auf § 76 Abs 2a Z 1 FPG gestützt, da mit der Verschweigung der tatsächlichen Reiseroute (Pkt 2.3.) die Gefahr bestand, dass der Beschwerdeführer untertauchen würde. Zudem musste die belangte Behörde infolge der asylrechtlichen Einvernahme am 8.10.2013 (Pkt 2.8.) von einer fehlenden Ausreisebereitschaft nach Italien ausgehen. In einer solchen Konstellation kommt die Anwendung eines gelinderen Mittels grundsätzlich nicht in Betracht.

 

4.3. Dies änderte sich während der Anhaltung in Schubhaft. So meldete sich der Bf am 14.10.2013 für die freiwillige Rückkehr an und unterfertigte am 16.10.2013 einen Rechtsmittelverzicht im Asylverfahren, was der belangten Behörde durch den VMÖ bekannt gegeben wurde (Pkt 2.13.). Am 17.10.2013 reservierte sie ein Flugticket für die Abschiebung, ohne zuvor den Bf einzuvernehmen. Die belangte Behörde wies in ihrer Ticketanforderung ausdrücklich darauf hin, dass der Bf freiwillig nach Italien zurückkehren wolle (Pkt 2.14.). Spätestens seit der Mitteilung des VMÖ vom 16.10.2013 (Pkt 2.13.3.) wäre für die belangte Behörde erkennbar gewesen, dass der Bf über einen Aufenthaltstitel in Italien verfügt. Eine vergleichbare Fallkonstellation hatte der UVS Oö. bereits in seiner – im Internet unter www.uvs-ooe.gv.at  veröffentlichten - Entscheidung vom 5.Jänner 2012, GZ VwSen-401119/17/Wg/Jo, zu behandeln. Der VwGH hat die dagegen erhobene Amtsbeschwerde mit Beschluss vom 2. August 2013, Zl 2012/21/0041, abgelehnt. Der VwGH führte darin begründend aus: „Vielmehr handelt es sich ... vorliegend um die einzelfallbezogene Beurteilung, dass die gegenständliche Schubhaft mit der (unbestritten) erklärten Absicht des Mitbeteiligten, freiwillig nach Italien ausreisen zu wollen, unverhältnismäßig geworden sei. Im übrigen hatte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in ihrer Email vom 16. Mai 2011 die vom Mitbeteiligten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverzicht gegenüber dem Bundesasylamt abgegebene Erklärung selbst auch dahin gedeutet, er wolle freiwillig nach Italien ausreisen, und die nunmehr relevierte Ernsthaftigkeit dieser Absicht in der Stellungnahme an die belangte Behörde vom 3. Oktober 2011 noch nicht fallbezogen geltend gemacht, sondern nur generell als Möglichkeit in den Raum gestellt. Ausgehend von der vom belangten unabhängigen Verwaltungssenat angenommenen Unverhältnismäßigkeit der Schubhaft ab 16. Mai 2011 kommt es für die Frage der (Un-)Zulässigkeit der weiteren Anhaltung aber nicht darauf an, in welcher Form die Ausreise des Mitbeteiligten zu erfolgen gehabt hätte (Ausreise über einen Grenzübergang oder behördliche Überstellung) und ob es dazu der vorherigen Ankündigung und der Zustimmung der italienischen Behörden bedurft hätte.“ Dass der Bf tatsächlich  - wie von der belangten Behörde am 17.10.2013 angenommen - nach Italien ausreisen möchte, wurde bereits zu Pkt 3.3. erörtert.

 

4.4. Die weitere Anhaltung in Schubhaft war ab 17. Oktober 2013 um 17.00 Uhr (Ende der Regeldienstzeit) unverhältnismäßig und damit nicht gerechtfertigt.

 

4.5. Soweit in der Beschwerde ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht ins Treffen geführt wird, ist zu erwidern, dass die angewendeten Bestimmungen des österreichischen Fremdenpolizeigesetzes im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union stehen. Die in der Beschwerde erwähnte psychische Erkrankung ist von keiner rechtlichen Relevanz, da der Bf haft- und geschäftsfähig ist (Pkt 2.1.). Eine adäquate Behandlung in der Schubhaft ist sichergestellt (Pkt 2.12.). Die Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH war unstrittig mit der Rechtsberatung im asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren beauftragt. In diesen Verfahren besteht aber kein Vertretungszwang, weshalb es zulässig ist, über eine andere Einrichtung – wie bsw den VMÖ – Rückkehrberatung in Anspruch zu nehmen. Entscheidend ist, dass sich der Bf aus eigenem Antrieb heraus an den VMÖ gewandt hat (Pkt 2.13.). Der von Rechtsberatung zunächst (TP Seite 2) thematisierte Antrag auf Feststellung, dass das Recht auf wirksame Beschwerde im Asylverfahren verletzt wurde, war nicht weiter zu erörtern, zumal der Bf ausdrücklich klarstellte, keine Beschwerde im Asylverfahren erheben zu wollen (TP Seite 3, vgl in diesem Sinne bereits die nicht ausdrücklich im Rahmen der Feststellungen zitierte vom Bf unterfertigte Stellungnahme vom 21.10.2013).

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden. Infolge des teilweisen Obsiegens gebührt keiner Partei ein Kostenersatz im Sinne der UVS-Aufwandersatzverordnung.

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.  Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Es sind Stempelgebühren idH von 18,20 Euro angefallen (14,30 Euro Eingabegebühr, 3,9 Euro Beilage)

 

 

Mag. Wolfgang Weigl