Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560292/2/BMa/MG

Linz, 21.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der S M S, vertreten durch DSA Mag.a J Ar, V – S, S, R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 25.06.2013, Zl. SO10-504994, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als Frau S M S, geb. am X, Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt ab 01.03.2013 zuerkannt wird:

a)     S S M, geb. am X:
Mindeststandard für Personen, die alleinerziehend sind
(§ 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV)

b)    S S, geb. am X:
Mindeststandard für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV)

Einzusetzende eigene Mittel:

·         S S M, geb. am X:
Einkommen aus fähigkeitsorientierter Arbeit

·         S S, geb. am X:
Kindesunterhalt (UHV bis 31.01.2017)

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, iVm §§ 1, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 27 und 49 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö.BMSG, LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013 iVm § 1 Abs. 1 Z 1 und Z 5 lit. a Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 25.06.2013, Zl. SO10-504994, wurde von Amts wegen der Spruch des Bescheides vom 29.12.2010, Zl. SO20-504994, wie folgt abgeändert:

 

„1. Es wird Ihnen für sich ab 17.08.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen bis 31. Dezember 2012 wie folgt zuerkannt:

 

a) S S M, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinerziehend sind (§ 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV)

 

b) S S, geb. am X

Mindeststandard für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV)

 

2. Es wird Ihnen für sich ab 1. Jänner 2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen wie folgt zuerkannt:

 

a) S S M, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinerziehend sind (§ 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV)

 

b) S S, geb. am X

Mindeststandard für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV)

 

3. Als eigene Mittel sind einzusetzen:

 

a)   S S M, geb. am X

-      Taschengeld für fähigkeitsorientierte Aktivität (p m)

 

b)   S S, geb. am X

-      Kindesunterhalt (UHV bis 31.1.2017)“

 

Es wurde zugrunde gelegt, dass die Berufungswerberin subsidiäres Mindesteinkommen in Höhe von durchschnittlich 787,34 Euro gemäß § 16 Oö. ChG entsprechend dem Bescheid vom 29.10.2010, Zl. SO20-504994, erhalten hat, volljährig ist und mit ihrer minderjährigen Tochter in Lebensgemeinschaft lebt. Als Einkommen wertete die belangte Behörde Taschengeld aus Fähigkeitsorientierter Aktivität (p m) iHv 182,00 Euro und den Kindesunterhalt der Tochter iHv 190,00 Euro.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass gemäß Art. IV Abs. 3 Z 1 der Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG der auf Grundlage des Oö. ChG erlassene Bescheid als Bescheid nach dem Oö. BMSG übergeleitet werde.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung eingebracht. In der Berufung macht die Berufungswerberin im Wesentlichen Folgendes geltend:

 

Der Berufungswerberin sei ab 01.01.2011 ein subsidiäres Mindesteinkommen idH von 787,34 Euro monatlich (inkl. Sonderzahlungen) gewährt worden. Aus der aus dem Bescheid ersichtlichen Berechnung ergebe sich, dass Einkünfte aus fähigkeitsorientierter Aktivität idH von 121,55 Euro lediglich mit einem Betrag von 17,67 Euro berücksichtigt worden seien.

Eine Erhöhung des anzuwendenden Richtsatzes von 692,53 auf 711,22 Euro ab 01.01.2012 sei nicht erfolgt.

Aufgrund der rückwirkenden Anwendung des Oö. BMSG ab 17.08.2012 komme es zu einer massiven Verringerung des Auszahlungsbetrags der Berufungswerberin, was v.a. aus der vollständigen Anrechnung des Taschengeldes aus fähigkeitsorientierter Aktivität resultiere.

 

Bei der Berufungswerberin komme der Richtsatz gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung zur Anwendung. § 4 und § 2 Abs. 3 leg.cit. seien per 24.01.2013 aufgehoben worden.

Art. IV des Landesgesetzes, mit dem das Oö. ChG und das Oö. BMSG geändert werden, bestimme in Abs. 3 Z 1, dass Bescheide nach § 16 Oö. ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG zu gelten hätten. Art. IV Abs. 1 leg.cit. ordne das Inkrafttreten mit dem auf den Tag der Kundmachung im Landesgesetzblatt folgenden Monatsersten an. Eine rückwirkende Geltung werde lediglich im Hinblick auf die Bestimmungen des Art. II Z 5 sowie des Art. II Z 3, 4 und 6 leg.cit. angeordnet. Die rückwirkende Geltung des § 1 Oö. BMSV sei daher mangels rückwirkender Geltung des Oö. BMSG im Hinblick auf „rechtskräftige, vom Oö. ChG in das Oö. BMSG übergeleitete Bescheide“ nicht anzuwenden.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde der Berufungswerberin ein subsidiäres Mindesteinkommen gemäß § 16 Oö. ChG mit einem Richtsatz von 711,22 Euro und ab 01.01.2013 bis (zumindest) 28.02.2013 einen entsprechend wertangepassten Richtsatz unter Anrechnung des Taschengelds aus FA idH von lediglich 17,67 Euro gewähren müssen.

 

Eine rückwirkende und für den Bürger nachteilige Änderung einer gesetzlichen Bestimmung sei unter den Aspekten des Vertrauensschutzes dann verfassungswidrig, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden seien und nicht besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangen würden.

Im gegenständlichen Fall habe die rückwirkende Umstellung eine massive Verschlechterung für die Berufungswerberin bedeutet. Im Gegensatz zum subsidiären Mindesteinkommen finde eine Anrechnung des Taschengeldes für fähigkeitsorientierte Aktivität zu 100% ohne Freibetrag statt.

Aufgrund des ohnehin geringen Einkommens der Berufungswerberin und ihrer krankheitsbedingten Mehrausgaben sei ein Verlust von 102,04 Euro, d.s. 12,96% nicht zumutbar. Das geringe Taschengeld werde zu 100% angerechnet, was dem therapeutischen Zweck einer solchen Maßnahme zuwiderlaufe, insbesondere wenn man berücksichtige, dass bei Beziehern von Pflegegeld sogar ein Kostenbeitrag vorgeschrieben werde.

Die Fähigkeit der Berufungswerberin, Unterhalt (in natura) an ihre minderjährige Tochter zu leisten, werde zusätzlich eingeschränkt, was auch zu Lasten des Kindes gehe.

 

Art. IV des Landesgesetzes, mit dem das Oö. ChG und das Oö. BMSG geändert wurden, sehe ein Verschlechterungsverbot vor. Demnach dürfe es zu keiner Schlechterstellung jener Personen kommen, die bisher Leistungsbezieher nach dem Oö. ChG gewesen seien.

 

§ 9 Oö. BMSG lege die Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens fest und verweise auf die Oö. BMSV. § 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG nehme freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht worden sei, aus. Das sog. therapeutische Taschengeld stelle eine solche Zuwendung dar.

Auch Leistungen nach dem FLAG seien ausgenommen. § 9 Abs. 2 Oö. BMSG normiere, dass durch Verordnung der Landesregierung festzulegen sei, dass beim Einsatz des eigenen Einkommens von Hilfsbedürftigen, die nach längerer Erwerbslosigkeit oder bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielen oder in vergleichbarer Weise zur Milderung der sozialen Notlage beitragen, ein angemessener Freibetrag nicht zu berücksichtigen sei. Die in § 4 Oö. BMSV normierten Ausnahmen und Freibeträge seien nicht abschließend geregelt, sondern es finde lediglich eine demonstrative Aufzählung statt. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck des Oö. BMSG und des Oö. ChG dürfe keine 100% Anrechnung erfolgen, sondern lediglich eine solche wie in der aufgehobenen Bestimmung des § 2 Abs. 3 Z 1 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung. Eine weitere Verschlechterung stelle die Anrechnung der Wohnbeihilfe dar, weil diese in der SMEK nicht berücksichtigt worden sei.

 

Im Hinblick auf die Vermögensfreibeträge erfolge ab 31.10.2019 eine massive Verschlechterung, da ab diesem Zeitpunkt der 5-fache Netto-Ausgleichszulagenrichtsatz zur Anwendung komme. Beeinträchtigen Menschen sei es jedoch auf Dauer meist unmöglich, ein Erwerbseinkommen zu erzielen und/oder ein Vermögen zu schaffen. Mit so geringen finanziellen Ressourcen sei auf längere Dauer ein selbständiges Leben nicht finanzierbar.

 

Die Berufungswerberin stellt die Anträge,

·         die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid aufheben;

·         die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid so abändern, dass die Berufungswerberin ab Juni 2013 die Bedarfsorientierte Mindestsicherung iHv 867,30 Euro ohne Anrechnung des Taschengeldes aus FA gewährt wird;

·         in eventu: die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid so abändern, dass der Berufungswerberin für den Zeitraum vom 17.08.2012 – 31.12.2012 ein monatlicher Auszahlungsbetrag iHv 843,70 Euro unter Nichtanrechnung des Taschengeldes aus fähigkeitsbezogener Aktivität gewährt wird.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsinstanz, die gemäß § 27 Oö. BMSG iVm § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ SO10-504994.

 

Weil schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Die Berufungswerberin ist am X geboren, volljährig, österreichische Staatsbürgerin, wohnhaft in R, L. Sie ist alleinerziehend und lebt mit ihrer minderjährigen Tochter S S, geb. X, in Haushaltsgemeinschaft.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 29.12.2010, Zl. SO10-504994, wurde der Berufungswerberin ein subsidiäres Mindesteinkommen gemäß § 16 Oö. ChG mit einem durchschnittlichen monatlichen Auszahlungsbetrag iHv 787,34 Euro zuerkannt (inkl. Sonderzahlungen).

 

Die Miete der Wohnung der Berufungswerberin beträgt 584,76 Euro monatlich. Sie erhält Wohnbeihilfe iHv monatlich 257,36 Euro.

 

Die Berufungswerberin erhält ein „Taschengeld“ aus Fähigkeitsbezogener Aktivität (p m) iHv 182,00 Euro monatlich (12x pro Jahr).

Der Kindesunterhalt für Frau S S beträgt 190,00 Euro monatlich (12x pro Jahr; Unterhaltsvorschuss bis 31.01.2017).

 

Die Berufungswerberin bezieht Familienbeihilfe für ihre Tochter, aber nicht für sich selbst.

 

4.2. Die aufgenommenen Beweise haben den festgestellten Sachverhalt in sich widerspruchsfrei und schlüssig dargetan.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013, ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung die Ermöglichung und Sicherung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4 von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

Gemäß § 6 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtlos wäre. Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere der Einsatz der eigenen Mittel, der Einsatz der Arbeitskraft, die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, sowie die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.   des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie

2.   tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

Gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Oö. BMSG haben Hilfsbedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen.

Gemäß § 13 Abs. 1 Oö. BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

Gemäß § 13 Abs. 4 Oö. BMSG ist, sofern bei hilfesuchenden Personen keine Aufwendungen für den Wohnbedarf zu tätigen sind, die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards um 18% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende zu verringern. Sofern die von der hilfesuchenden Person nach Abzug der Wohnbeihilfe nach dem Oö. Wohnbauförderungsgesetz 1993 und sonstiger unterkunftsbezogener Beihilfen zu tragenden Aufwendungen für den Wohnbedarf 18% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende unterschreitet, ist der Mindeststandard gleichfalls um diesen Betrag zu verringern und der tatsächliche Wohnungsaufwand zuzuschlagen.

 

Gemäß Art. I § 1 Abs. 1 Z 1 der Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013, welcher gemäß Art. III Abs. 1 der zitierten Verordnung mit 17.08.2012 in Kraft und mit 31.12.2012 außer Kraft trat, betrugen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 843,70 Euro.

Gemäß Art. II § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV, LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013, welcher gemäß Art. III Abs. 2 der zitierten Verordnung mit 01.01.2013 in Kraft trat, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfes für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 867,30 Euro.

 

5.2. Gemäß Art. I Z 3 iVm Art. IV Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 des Landesgesetzes, mit dem das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö. ChG) und das Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) geändert werden, LGBl Nr. 18/2013, entfällt im 2. Teil, 1. Hauptstück der 2. Abschnitt einschließlich dem § 16 (subsidiäres Mindesteinkommen). Diese Bestimmung trat mit 01.03.2013 in Kraft. Bescheide, welche aufgrund des Oö. ChG, LGBl Nr. 41/2008, idF des Landesgesetzes LGBl Nr. 74/2011, rechtskräftig erlassen wurden, gelten als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG, wobei für leistungsbeziehende Personen nach § 13 Oö. BMSG, die bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes eine Leistung nach § 16 Oö. ChG bezogen haben, die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs. 6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf.

Gemäß Art. IV Abs. 1 erster Satz des Landesgesetzes LGBl Nr. 18/2013 trat dieses Landesgesetz mit dem auf den Tag seiner Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich folgenden Monatsersten, sohin mit dem 01.03.2013, in Kraft.

 

5.3. Wie aus den Gesetzesmaterialien (Beilage 802/2013 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode) zu Art. I Z 4 (§ 16 ChG) zu entnehmen ist, ergibt sich die wesentlichste Änderung für das Oö. ChG nunmehr daraus, „dass das subsidiäre Mindesteinkommen als Geldleistung, zur Ermöglichung einer angemessenen sozialen Teilhabe und eines selbstbestimmten Lebens durch einen ausreichenden Lebensunterhalt zu gewähren, vollständig aufgehoben wird.“ „Die Intention dieser Neuregelung ist, dass aus dem Oö. ChG Geldleistungen herausgelöst werden und diese nunmehr für alle Menschen im Bereich des Oö. BMSG geregelt werden.“ „Da sämtliche Regelungsinhalte das subsidiäre Mindesteinkommen betreffend aus dem Oö. ChG herausgelöst werden, ist dieser Paragraph zu streichen.“ Zu Art. II Z 3 (§ 13) wird ausgeführt, dass, weil einerseits der VfGH mit seiner Entscheidung vom 29.06.2012 „die Regelungen betreffend wiederkehrender Geldleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen im Rahmen des Oö. ChG für gesetzwidrig erklärt hat, andererseits Menschen mit Beeinträchtigungen ebenso auf die Auszahlung derselben angewiesen sind, im Einklang mit der Entscheidung des VfGH dieser in den Bereich des Oö. BMSG verlegt wurden und nunmehr nicht mehr zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und solchen ohne Beeinträchtigungen unterschieden wird.

 

5.4. Laut dem dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen BMS-Berechnungsblatt wurde der Berufungswerberin ein Einkommen „Taschengeld FA (p m)" angerechnet. Ausgehend von einem Mindeststandard von monatlich 867,30 Euro abzüglich dem Einkommen „Taschengeld FA (p m)" iHv 182,00 Euro berechnete die Behörde für laufende Geldleistungen ab 01.05.2013 einen Monatsanspruch der Berufungswerberin für sich selbst (Person 1) von 685,30 Euro.

 

Der Tochter der Berufungswerberin wurde laut BMS-Berechnungsblatt das Einkommen „Kindesunterhalt“ angerechnet. Ausgehend von einem Mindeststandard von monatlich 199,50 Euro abzüglich dem Einkommen „Kindesunterhalt" iHv 190,00 Euro berechnete die Behörde für laufende Geldleistungen ab 01.05.2013 einen Monatsanspruch der Tochter der Berufungswerberin (Person 2) von 9,50 Euro.

 

Insgesamt ergibt sich nach dieser Berechnung ein Monatsanspruch für den gesamten Haushalt von 694,80 Euro (= 685,30 Euro + 9,50 Euro).

 

Mit der Änderung des Bescheides vom 29.10.2010 ist die belangte Behörde nur bezüglich des Zeitraumes ab Außerkrafttreten des § 16 Oö. ChG im Recht, sohin ab 01.03.2013, weshalb Spruchpunkt 1 aufzuheben und Spruchpunkt 2 abzuändern war:

 

Aufgrund der Übergangsbestimmung des Art. IV Abs. 3 Z 1 LGBl Nr. 18/2013 gelten rechtskräftig erlassene Bescheide nach § 16 Oö. ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG.

Im Gegensatz zu den im neu geschaffenen § 13 Abs. 3a Oö. BMSG erfassten Mindeststandards für volljährige Personen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG fallen, trat § 16 Oö. ChG für die Berufungswerberin jedoch nicht rückwirkend mit 17.08.2012 (Art. IV Abs. 1 dritter Satz LGBl Nr. 18/2013), sondern erst mit 01.03.2013 in Kraft (Art. IV Abs. 1 erster Satz LGBl Nr. 18/2013).

Bis zum 01.03.2013 war somit eine amtswegige Änderung des Bescheids über die Gewährung eines subsidiären Mindesteinkommens vom 03.05.2011 mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig und vom Oö. Verwaltungssenat aufzuheben.

 

5.5. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Entgeltes für Fähigkeitsorientierte Arbeit (Taschengeld) ist auf die ab 01.03.2013 heranzuziehende Bestimmung des § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hinzuweisen, wonach die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person (Z 1) zu erfolgen hat.

 

In den erläuternden Bemerkungen zu § 8 Oö. BMSG (AB 434/2011) wird ausgeführt: „Abs 1 Z 1 entspricht der bisherigen Regelung (§ 9 Abs 1 Oö. Sozialhilfegesetz). Anders als bisher (vgl § 4 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998) wird der Einkommensbegriff jedoch nicht mehr positiv definiert. Vielmehr soll – ähnlich wie bisher beim Vermögen – die Weite des Einkommensbegriffes künftig dadurch zum Ausdruck kommen, dass all jene Einkommensbestandteile, die nicht gemäß § 9 (oder einer Verordnung gemäß § 9) ausgenommen sind, anzurechnen sind.“

Die p m handelt nicht freiwillig oder ohne rechtliche Verpflichtung iSd § 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG, sondern auf Grundlage der einschlägigen Rahmenrichtlinien und eines rechtskräftigen Bescheides, mit dem die fähigkeitsorientierte Tätigkeit gewährt wurde. Der Umstand, dass das Taschengeld keine existenzsichernde Funktion hat und (lediglich) als Anerkennung ausbezahlt wird, ändert daran nichts. Die Ausnahmebestimmung iSd § 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG ist nicht anwendbar. Gemäß der Rahmenrichtlinie soll darauf geachtet werden, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidiärer Unterstützung anfällt. Dessen ungeachtet ist das Taschengeld als Einkommen bzw tatsächlich zur Verfügung stehende Leistung gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen  Anordnung des § 8 Abs. 1 Oö. BMSG anzurechnen. Es wurde keine Verordnung iSd § 9 Abs. 2 bzw Abs. 3 Oö. BMSG erlassen, die im gegebenen Zusammenhang eine Ausnahme anordnen würde (vgl. dazu bereits VwSen-560256/9/Wg/Hu vom 27.06.2013; VwSen-560277/2/Kl/MG/TK vom 20.09.2013; VwSen-560286/3/Kl/MG/TK vom 20.09.2013).

 

5.6. Zum Vorbringen der Berufungswerberin hinsichtlich eines Verschlechterungsverbots wird auf die Bestimmung des Art. IV Abs. 4 Z 1 LGBl Nr. 18/2013 verwiesen, demgemäß die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs. 6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf.

Im gegenständlichen Fall betrug die Höhe des Richtsatzes gemäß § 16 Oö. ChG iVm § 4 Abs. 1 Z 3 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung, LGBl Nr. 78/2008 idF LGBl Nr. 114/2011, für Menschen mit Beeinträchtigungen, die in einer Wohnmöglichkeit gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG leben, wenn kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, 711,22 Euro.

Der nunmehr gemäß § 13 Abs. 3 Oö. BMSG iVm § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV für Alleinerziehende geltende Richtsatz beträgt 867,30 Euro. Eine Unterschreitung der Höhe der der Berufungswerberin zuletzt zuerkannten Richtsätze ist somit nicht gegeben. Eine allfällige – ab 01.03.2013 zu erfolgende - Einberechnung von Einkommen der Berufungswerberin, die zu einer faktischen Reduktion des Monatsanspruchs führt, ist aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (insb. der Normierung des Einsatzes der eigenen Mittel gemäß § 8 Oö. BMSG und der fehlenden Anordnung eines absolut wirkenden Verschlechterungsverbotes) nicht zu berücksichtigen.

 

5.7. Bezüglich der Ausführungen der Berufungswerberin zur vermeintlich rechtswidrigen Höhe des subsidiären Mindesteinkommens ist auszuführen, dass einerseits keine dementsprechenden Anträge gestellt wurden, andererseits der Oö. Verwaltungssenat diesbezüglich als Berufungsinstanz auch sachlich unzuständig wäre (vgl. § 49 Oö. ChG, demzufolge die Oö. Landesregierung zuständig war und ist).

Entgegen den Ausführungen der Berufungswerberin fand eine Anrechnung der Wohnbeihilfe nicht statt, insbesondere führte sie, wie sowohl dem Spruch als auch dem BMS-Berechnungsblatt zu entnehmen ist, zu keiner Reduktion des Auszahlungsbetrages. Richtig ist allerdings, dass die Leistungen nach dem Oö. BMSG nunmehr Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs darstellen, weshalb insbesondere der bereits oben zitierte § 13 Abs. 4 Oö. BMSG zu beachten ist.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

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