Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-710024/22/Gf/VS/Rt

Linz, 14.11.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des G gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 9. April 2013, Zl. VetR30-2012, mit dem ein auf das Tierschutzgesetz gegründetes Haltungsverbot für landwirtschaftliche Nutztiere ausgesprochen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als es im Spruch des angefochtenen Bescheides anstelle von „landwirtschaftlichen Nutztieren“ nunmehr „Tieren i.S.d. § 1 der 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl.Nr. 485/2004 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 61/2012 – mit Ausnahme von Kaninchen, Hausgeflügel und Nutzfischen –“ zu heißen hat; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 9. April 2013, Zl. VetR30-2012, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004 i.d.g.F. BGBl.Nr. I 114/2012 (im Folgenden: TierSchG), "die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren auf Dauer verboten". Unter einem wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerber am 10. Februar 2011 und am 10. Mai 2012 wegen eines Verstoßes gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen rechtskräftig bestraft worden sei. Zudem sei vom Amtstierarzt am 4. Oktober, am 12. November und am 19. Dezember 2012 jeweils festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer trotz dieser Bestrafungen und weiterer behördlicher Anordnungen keine wesentliche Verbesserung der Haltungsbedingungen für seine Tiere vorgenommen habe. Insbesondere sei bei der Kontrolle am 4. Oktober 2012 festgestellt worden, dass in den letzten Monaten 12 Rinder verendet seien. Bei einem weiteren Lokalaugenschein am 28. Jänner 2013 sei insbesondere hervorgekommen, dass drei Tage zuvor neuerlich eine Kuh verendet sei. Die Tränkeeinrichtung sei zwar geringfügig dadurch verbessert worden, dass zwei mit Wasser gefüllte Mörtelkübel aufgestellt waren, die jedoch nur den Tagesbedarf von drei bis fünf Rindern decken; außerdem sei auch eine Plastikplane als Windschutz angebracht gewesen. Dem gegenüber habe sich im Unterstand nur wenig und zudem bereits durchfeuchtete Einstreu befunden. Weiters sei dort auch kein Futter vorhanden gewesen; lediglich in 300 Meter Entfernung sei ein Siloballen frei in der Wiese gelegen. Insgesamt seien durch diese Haltungsbedingungen viele Rinder einem dauernden Leiden ausgesetzt gewesen. Mit Schreiben vom 4. Februar 2013 sei ihm daher mitgeteilt worden, dass beabsichtigt ist, ein Tierhaltungsverbot auszusprechen, wobei sich auch die Tierschutzombudsstelle in ihrer Äußerung vom 6. März 2013 dieser Vorgangsweise angeschlossen habe.

 

Bei weiteren Kontrollen am 22. Februar 2013 und am 4. März 2013 sei insofern eine neuerliche Verschlechterung der Haltungsbedingungen festgestellt worden, als die als Windschutz gedachten Plastikplanen nicht mehr funktionsfähig und die aufgestellten Wasserkübel vereist gewesen seien. Da der Rechtsmittelwerber mit einer ordnungsgemäßen Tierhaltung offenkundig überfordert und eine positive Zukunftsprognose nach dem fachlichen Urteil des Amtstierarztes ausgeschlossen sei, habe sohin schließlich ein Haltungsverbot ausgesprochen werden müssen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auch darauf hinzuweisen, dass dem Rechtsmittelwerber eine Umstellung seines Betriebes von Viehwirtschaft auf Grünlandwirtschaft durchaus zumutbar sei.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 12. April 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 26. April 2013 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer – soweit es das gegenständliche Verfahren betrifft – auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass er seinen Tieren stets eine ausreichende Menge an Wasser (in Form eines mit einem Schlauch befüllten "Selbsttränkers") und an nährstoffreichem Futter habe zukommen lassen. Dies sei jedoch vom Amtstierarzt konsequent ignoriert worden. Auf den Liegeflächen sei zwei Mal in der Woche ein Strohrundballen ausgebracht und einmal wöchentlich der Mist entfernt worden. Außerdem habe er die defekten Plastikplanen ohnehin rasch wieder instandgesetzt und seinen Tieren zudem einen permanenten Auslauf ins Freie sowie einen Zugang zum Sonnenlicht ermöglicht, eine bequemere Wasserversorgung installiert und die Ein- und Ausgänge aus dem Stall erneuert, ganz abgesehen davon, dass im Lauf der nächsten Wochen und Monate noch weitere Verbesserungen – wie die Befestigung von Liegeflächen, eine Verstärkung des Windschutzes und ein Anschluss der Güllegrube an den Kanal – erfolgen würden.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Zl. VetR30-2012 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2013 und am 5. November 2013, zu der als Parteien jeweils der Beschwerdeführer, Dr. G als Vertreter der belangten Behörde und Mag. D bzw. Dr.in C als Vertreter der Tierschutzombudsstelle des Landes Oberösterreich sowie der sachverständige Zeuge Dr. H (Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau) erschienen sind.

 

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Der Anlass für die Kontrolle des Betriebes des Rechtsmittelwerbers durch den sachverständigen Zeugen lag darin, dass es schon über mehrere Jahre hinweg Probleme mit der Tierhaltung im Winter gegeben hat; insbesondere sind im Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 2012 und dem 27. September 2012 insgesamt 12 Rinder verendet, und zwar 4 Kälber unmittelbar nach der Geburt, ein weiteres Kalb im Alter von drei Monaten und die restlichen Tiere im Alter zwischen zwei und fünf Jahren.

 

Am 4. Oktober 2012 verfügte der Beschwerdeführer noch über 25 Rinder; allerdings war nicht genügend Futtervorrat für den gesamten Winter, sondern nur noch für die kommenden zwei Monate vorhanden. Außerdem wurde er angewiesen, die Tränkeeinrichtungen winterfest, insbesondere frostsicher zu machen, den Rindern trockene und eingestreute Liegeflächen zur Verfügung zu stellen und für kranke und verletzte Tiere eine Möglichkeit der Unterbringung sowie eine Fixierung für etwaige Untersuchungen, Blutentnahmen oder sonstige Behandlungen vorzusehen.

 

Bei einer nachfolgenden Kontrolle durch den Amtstierarzt am 19. Dezember 2012 wurde festgestellt, dass die Tränkeeinrichtung nicht winterfest war. Außerdem war an diesem Tag keine trockene und eingestreute Liegefläche vorhanden. Im ehemaligen Stall konnten (und können) keine Tiere untergebracht werden, weil dieser mit allerlei Gerümpel verstellt ist; an der Ost- und Westseite des sog. „Stadls“, in dem die Rinder de facto gehalten wurden, fehlte hingegen die gesamte Bretterwand. Darüber hinaus konnte dort kein Futter vorgefunden werden. Nur etwa 200 bis 300 Meter vom Hof entfernt befanden sich Siloballen mit Futter; diese Stelle war allerdings nicht überdacht und befestigt. Unterbringungsmöglichkeiten für verletzte und kranke Tiere waren ebenfalls nicht geschaffen worden; außerdem gab es auch keine Möglichkeit der Fixierung für eine Untersuchung auffälliger Tiere.

 

Auch bei einer weiteren Kontrolle am 29. Jänner 2013 stellte der Amtstierarzt fest, dass sich der bemängelte Zustand nur insofern verändert hatte, als an der bretterfreien Ost- und Westseite des sog. „Stadls“ behelfsmäßig Plastikplanen angebracht worden waren, die jedoch einem stärkerem Wind nicht standhalten hätten können.

 

Das gleiche Bild ergab sich bei den tierärztlichen Kontrollen am 22. Februar 2013 und am 4. März 2013. Damals wurde auch ein Foto angefertigt, auf dem zweifelsfrei zu sehen ist, dass sich in den Wasserkübeln, die als Tränke gedacht waren, nur gefrorenes Eis befunden hat, im ganzen „Stadl“ nicht eingestreut war und die Tiere hochgradig abgemagert waren.

 

Zu keinem dieser Kontrollzeitpunkte wurde im „Stadl“ selbst Futter vorgefunden, sondern es konnten immer nur die in etwa 200 bis 300 Meter Entfernung situierten Siloballen wahrgenommen werden.

 

Mit Schreiben vom 4. Februar 2013 wurde dem Berufungswerber die neuerliche Verhängung eines Tierhalteverbots angedroht, nachdem der UVS Oberösterreich mit Erkenntnis vom 25. Jänner 2013, VwSen-710020/2/Gf/Rt, der Berufung gegen das Tierhalteverbot vom 21. Dezember 2012 stattgegeben hatte und den Bescheid ersatzlos behob.

 

Auch bei weiteren Kontrollen am 27. Juni 2013 und am 10. Oktober 2013 konnte vom Amtstierarzt bzw. von den Vertretern der Tierschutzombudsstelle keine maßgebliche Veränderung des Gesamtzustandes festgestellt werden. An Futterreserven für die kommende Winterperiode konnten nur 60 Rundballen Silage vorgefunden werden, die allerdings nur für zwei Monate ausreichen. Eigenen Angaben des Berufungswerbers zufolge hat er zwar noch 15 weitere Rundballen angekauft; diese würden derzeit aber noch beim Verkäufer lagern.

 

Bei der letzten Kontrolle am 4. November 2013 wurden auf der Weide, wo sich die Tiere zum Kontrollzeitpunkt aufhielten, Reste einer Zufütterung vorgefunden. Der Tränkebereich war nach wie vor nicht befestigt und der Boden im Bereich einer ausgedienten Badewanne, die seit der letzten Kontrolle örtlich versetzt worden war, stand wiederum 5 bis 10 cm unter Wasser. Um weitere Überschwemmungen zu verhindern, beabsichtigt der Beschwerdeführer, künftig einen Schwimmer einzubauen, der ein Überlaufen verhindern soll, sowie einen sog. „Tränker“ aufzustellen. Nach wie vor war kein Unterstand auf der Weide vorhanden. Als Vorbereitung für die kommende Winterperiode wurden vom Berufungswerber in den Durchfahrtsbereichen des „Stadls“ an der Ostseite zwei Holztore angebracht und bis zu zwei Drittel des Bodens im Durchfahrtsbereich betoniert. An der Ost- und Westseite jener Räume, in denen die Rinder untergebracht werden, befanden sich zum Zeitpunkt der Kontrolle weiterhin Plastikplanen, welche mit Holzlatten befestigt waren. Fixierungsmöglichkeiten für Untersuchungen waren nicht vorhanden. Im Zuge der Kontrolle wies der Berufungswerber einen isolierten Viehtränker vor, den er demnächst im „Stadl“ installieren will. Wie sich aus den in der Verhandlung am 5. November 2013 vorgelegten Bildern ergibt, wurde dieser Tränker zwischenzeitlich vom Beschwerdeführer auch tatsächlich montiert.

 

Zudem steht fest, dass dem Rechtsmittelwerber mit Bescheid vom 10. Oktober 2013 vom Bürgermeister von T mit sofortiger Wirkung die Benützung seiner Scheune, des nördlichen und des südlichen Stallgebäudes, der Garage und sämtlicher Holzremisen untersagt wurde. Im Ergebnis ist ihm somit gegenwärtig nur noch die Benützung des Wohnhauses gestattet. Außerdem wurde einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid (die vom Beschwerdeführer zwischenzeitlich auch tatsächlich erhoben wurde) die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Des Weiteren ist unstrittig, dass der Rechtsmittelwerber mit den Straferkenntnissen der belangten Behörde vom 10. Februar 2011, Zl. Pol96-1-2010, vom 10. Mai 2012, Zl. VetR96-3-2012 und mit Berufungserkenntnis des UVS Oberösterreich vom 1. Oktober 2013, Zl. VwSen-301281/9/Gf/VS/Rt, wegen mehrfacher Übertretung des § 5 TierSchG bestraft wurde. Zum Entscheidungszeitpunkt sind jedenfalls die Straferkenntnisse vom 10. Februar 2011 und vom 10. Mai 2012 seitens des Beschwerdeführers unangefochten geblieben und in der Folge in Rechtskraft erwachsen.

 

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Akt zu Zl. VetR30-2012 sowie auf die glaubwürdigen und sowohl in sich als auch wechselseitig widerspruchsfreien Aussagen des einvernommenen sachverständigen Zeugen und der Vertreter der Amtsparteien sowie aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Untersagungsbescheid vom 10. Oktober 2013.

 

Soweit der Beschwerdeführer den Sachverhaltsfeststellungen überhaupt – nämlich bezüglich der Frage der Prognose einer ausreichenden Futtermenge und eines ausreichenden Windschutzes – entgegen getreten ist, war ihm insbesondere deshalb nicht zu folgen, weil es diesen kontradiktorischen, durch keine hinreichenden Belege untermauerten Behauptungen schon von vornherein an einem seriösen Realitätsbezug mangelte. So beharrte er auf der Tatsache, dass die Fixierung von Plastikplanen mit Holzlatten einen ausreichenden Windschutz darstellen und versuchte die Tatsache, dass er mit den 60 Rundballen Silage – welche nach den Angaben des sachverständigen Zeugen bei einem Rinderbestand von 25 Tieren für maximal 2 Monate reichen – zu wenig Futterreserven für den kommenden Winter angelegt hat, dadurch zu widerlegen, dass er bereits weitere 15 Rundballen zugekauft habe. Selbst wenn diese Behauptung zutrifft, ist damit lediglich nur für insgesamt 21/2 Monate ausreichend Futter vorhanden. Auch das Heu, welches seinen eigenen Angaben zufolge für 6-8 Wochen reiche, genügt nicht, um die auf seinem Hof vorhandenen Tiere über den in aller Regel mindestens 5 Monate dauernden Winter hinreichend mit Futter zu versorgen.

 

2.1.3. Ergänzend werden auch die h. Verhandlungsprotokolle zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieses Bescheides erklärt.

 

2.2. Nach § 33 Abs. 2 TierSchG kann gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden; diese haben darüber gemäß § 67a AVG durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 39 Abs. 1 TierSchG kann die Behörde u.a. einer Person, die von einer Verwaltungsbehörde mehr als einmal rechtskräftig bestraft wurde, die Haltung von Tieren aller oder bestimmter Arten für einen bestimmten Zeitraum oder auf Dauer verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit eine Tierquälerei oder ein Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TierSchG in Zukunft voraussichtlich verhindert wird.

 

Nach § 39 Abs. 2 TierSchG kann die Behörde ein solches Verbot auch bloß androhen, wenn dies voraussichtlich ausreicht, um die betreffende Person in Zukunft von einer behördlich strafbaren Tierquälerei oder von einem Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TierSchG abzuhalten.

 

Selbst wenn dies gesetzlich nicht ausdrücklich angeordnet ist, folgt aus dem aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 2 StGG, Art. 7 B-VG) abzuleitenden, ein behördliches Eingriffshandeln allgemein determinierenden Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu auch Art. 52 Abs. 1 EGRC sowie allgemein J. Hengstschläger – D. Leeb, Grundrechte, 2. Auflage, Wien 2013, RN 1/54 und 1/64), dass die Behörde stets nur das gelindeste, gerade noch zum Ziel führende Mittel zum Einsatz bringen darf.

 

Davon ausgehend ergibt sich aus dem Zusammenhalt zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des § 38 TierSchG aber ohnehin, dass der Gesetzgeber für den vorliegenden Zusammenhang von einer klar erkennbaren, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtenden Rangordnung der behördlichen Eingriffsbefugnisse ausgeht: Diese hat zunächst das nach den konkreten Umständen gelindeste, noch zum Ziel führende Mittel – nämlich die bloße Androhung eines Haltungsverbotes i.S.d. § 39 Abs. 2 TierSchG –, sodann ein auf bestimmte Tierarten und/oder auf einen bestimmten Zeitraum beschränktes Haltungsverbot und erst zuletzt ein unbeschränktes und/oder zeitlich unbegrenztes Haltungsverbot (samt eventuellem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung) zu verfügen.

 

Im gegenständlichen Fall wurde trotz der wegen Übertretungen nach § 5 TierSchG ergangenen Straferkenntnisse der belangten Behörde vom 10. Februar 2011, Zl. Pol96-1-2010, und vom 10. Mai 2012, Zl. VetR96-3-2012, in der Folge bei mehreren, über einen Zeitraum von dreizehn Monaten verteilten Kontrollzeitpunkten festgestellt, dass der Beschwerdeführer die beanstandeten Mängel nicht oder nur in unzureichendem Ausmaß behoben hat. Auch die vom UVS Oberösterreich am 1. Oktober 2013 erlassene Berufungsentscheidung, mit der ein weiteres Straferkenntnis der belangten Behörde vom 13. Mai 2013 dem Grunde nach bestätigt wurde, führte nach den entsprechenden Feststellungen der Sachverständigen in der Folge nur zu unzulänglichen Verbesserungen seitens des Rechtsmittelwerbers: Wenngleich der Beschwerdeführer an der Außenwand seines Hofes bei den beiden Durchfahrtsbereichen je ein Holztor angebracht hat und der Durchfahrtbereich teilweise betoniert wurde, ist zum einen festzuhalten, dass diese Maßnahmen nicht primär der Verbesserung der Haltungsbedingungen der Tiere dienten. Zum anderen sind diese Handlungen auch in keiner Weise geeignet, die Gebäudesicherheit wiederherzustellen, um davon ausgehend eine Behebung des baubehördlichen Untersagungsbescheides vom 10. Oktober 2013, mit dem die Benützung sämtlicher Wirtschaftsgebäude am Hof des Beschwerdeführers angeordnet wurde, erwirken zu können. Aufgrund dieses Nutzungsverbotes ist der Rechtsmittelwerber aber jedenfalls zur ganzjährigen Haltung seiner Rinder im Freien genötigt; dies wurde jedoch auch von ihm selbst ausdrücklich abgelehnt, ganz abgesehen davon, dass ihm hierfür auch eine – nach Pkt 4.3. der Anlage 2 zu der (ua.) auf § 24 TierSchG basierenden 1. Tierhalteverordnung, BGBl Nr II 485/2004 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl II 61/2012 (im Folgenden: 1. TierHV) – überdachte Liegefläche für seine Rinder fehlt, weil sich auf der Weide allseits unbestritten kein geeigneter Unterstand für die Tiere befindet.

 

3.2. Vor diesem Hintergrund  konnte daher mit einer neuerlichen bloßen Androhung des Verbots der Tierhaltung i.S.d. § 39 Abs. 2 TierSchG nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Vielmehr war es – auch mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers – im öffentlichen Interesse an einer Verhinderung weiterer künftiger Verletzungen des § 5 TierSchG unumgänglich, zum Schutz seiner Tiere unmittelbar ein Haltungsverbot auszusprechen. 

 

3.3. Hinsichtlich des Umstandes, dass dieses Verbot von der belangten Behörde „auf Dauer“ verhängt wurde, bleibt jedoch zunächst zu prüfen, ob unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit eine zeitliche Befristung des Haltungsverbotes in gleicher Weise zur Zweckerreichung dienlich gewesen wäre.

 

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus rechtlicher Sicht auch einem dauernden Haltungsverbot ungeachtet seiner allenfalls missverständlichen Bezeichnung nicht die Wirkung zukommt, dass dieses künftig überhaupt nicht mehr beseitigt werden könnte. Vielmehr entfällt dessen Bindungswirkung stets dann, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für dessen materielle Rechtskraft nicht mehr vorliegen, bzw. anders gewendet: Im Falle einer entscheidungserheblichen Änderung der Sach- oder Rechtslage könnte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Haltungsverbotsbescheides stellen, dem seitens der belangten Behörde auch entsprochen werden müsste.

 

Gleiches gilt zunächst auch für ein länger dauerndes, zeitlich befristetes Haltungsverbot. Dazu kommt allerdings, dass dessen Bindungswirkung aber auch mit dem Ablauf seiner zeitlichen Geltungsdauer wegfällt.

 

Angesichts dieses Unterschiedes kommt daher ein zeitlich befristetes anstelle eines Haltungsverbotes von unbestimmter Dauer nur dann in Betracht, wenn mit gutem Grund erwartet werden kann, dass dessen Adressat nach Zeitablauf wieder die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Tierhaltung erfüllt.

 

Hier trifft Derartiges jedoch schon deshalb nicht zu, weil der Rechtsmittelwerber zum einen in absehbarer Zeit über keinen geeigneten Unterstand für die Rinder verfügt und zum anderen auch davon auszugehen ist, dass er die Ernährung der von ihm gehaltenen Tiere weiterhin derart vernachlässigt, dass diesen Schmerzen, Leiden oder Schäden im Sinne des § 5 Abs. 2 Z. 13 TierSchG zugefügt werden. Dies zeigt sich schon daran, dass der Beschwerdeführer in uneinsichtiger Weise und entgegen der fachlich begründeten Meinung des sachverständigen Zeugen weiterhin die Ansicht vertritt, dass die von ihm angelegten Futtervorräte ausreichen würden, um die Wintermonate überbrücken zu können.

 

Daher erweist sich die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Verhängung eines unbefristeten Haltungsverbotes auf Grund der im gegenständlichen Fall konkret gegebenen Umstände nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in die subjektive Rechtsposition des Beschwerdeführers.

 

3.4. Dem gegenüber erscheint es im Ergebnis als überschießend, dass dem Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Bescheid pauschal die Haltung von „landwirtschaftlichen Nutztieren“ verboten wurde.

 

Denn unter landwirtschaftlichen Nutztieren sind gemäß Art. 2 Z. 1 der Richtlinie 98/58/EG i.V.m. § 4 Z. 6 TierSchG alle Haus- oder Wildtiere, die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse (z. B. Nahrungsmittel, Wolle, Häute, Felle, Leder) oder zu anderen land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten werden, zu verstehen. Von diesem Begriff sind daher sämtliche in § 1 der 1. TierHV genannten Tierarten erfasst.

 

Im gegenständlichen Fall wurden jedoch nur in Bezug auf die vom Rechtsmittelwerber praktizierte Haltung von Rindern systematische Verstöße gegen die in der Anlage 2 zur 1. TierHV normierten Mindestbedingungen festgestellt.

 

Aus der Sicht der mit dem Haltungsverbot verfolgten Zwecksetzung erscheint es daher (jedenfalls zunächst) als ausreichend, die Untersagung auf Rinder und vergleichbare (Groß‑)Tierarten zu beschränken.

 

3.5. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es in dessen Spruch anstelle von „landwirtschaftlichen Nutztieren“ nunmehr „Tieren i.S.d. § 1 der 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl.Nr. 485/2004 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 61/2012 – mit Ausnahme von Kaninchen, Hausgeflügel und Nutzfischen –“ zu heißen hat.

 

Im Übrigen wird der Beschwerdeführer auch auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bereits angesprochene Möglichkeit eines Umstieges von Rinderzucht auf Grünlandwirtschaft hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

Hinweis

 

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin noch keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner 2014 bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin bereits eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde dieser Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab dessen Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 14,30 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

  

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

VwSen-710024/22/Gf/VS/Rt vom 14. November 2013

 

Art.52 EGRC;

Art.2 StGG;

Art.2 Z1 RL 98/58/EG;

§ 4 Z6 TierSchG;

§ 38 TierSchG;

§ 39 TierSchG;

§ 1 1.TierHV

 

Erkenntnis

 

Selbst wenn dies gesetzlich nicht ausdrücklich angeordnet ist, folgt aus dem aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitenden, ein behördliches Eingriffshandeln allgemein determinierenden Verfassungsprinzip der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu auch Art. 52 Abs. 1 EGRC sowie allgemein J. Hengstschläger – D. Leeb, Grundrechte, 2. Auflage, Wien 2013, RN 1/54 und 1/64, dass die Behörde stets nur das gelindeste, gerade noch zum Ziel führende Mittel zum Einsatz bringen darf. Davon ausgehend ergibt sich aus dem Zusammenhalt zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des § 38 TierSchG aber ohnehin, dass der Gesetzgeber für den vorliegenden Zusammenhang von einer klar erkennbaren, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtenden Rangordnung der behördlichen Eingriffsbefugnisse ausgeht: Diese hat zunächst das nach den konkreten Umständen gelindeste, noch zum Ziel führende Mittel – nämlich die bloße Androhung eines Haltungsverbotes i.S.d. § 39 Abs. 2 TierSchG –, sodann ein auf bestimmte Tierarten und/oder auf einen bestimmten Zeitraum beschränktes Haltungsverbot und erst zuletzt ein unbeschränktes und/oder zeitlich unbegrenztes Haltungsverbot (samt eventuellem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung) zu verfügen.

Ein pauschales bescheidmäßiges Verbot zur Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren – worunter gemäß Art. 2 Z. 1 der Richtlinie 98/58/EG i.V.m. § 4 Z. 6 TierSchG alle Haus- oder Wildtiere, die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse (z.B. Nahrungsmittel, Wolle, Häute, Felle, Leder) oder zu anderen land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten werden, zu verstehen, also sämtliche in § 1 der 1. TierHV genannten Tierarten erfasst sind – ist überschießend, wenn die Behörde nur in Bezug auf die vom Rechtsmittelwerber praktizierte Haltung von Rindern systematische Verstöße gegen die in der Anlage 2 zur 1. TierHV normierten Mindestbedingungen festgestellt hat; aus der Sicht der mit dem Haltungsverbot verfolgten Zwecksetzung erscheint es daher (jedenfalls zunächst) als ausreichend, die Untersagung auf Rinder und vergleichbare (Groß‑)Tierarten zu beschränken.

 

 

Beschlagwortung:

 

Haltungsverbot; Beschränkung; Verhältnismäßigkeit

 

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 31. Jänner 2014, Zl.: 2013/02/0294-3

 

 

 

 

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