Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-720354/3/SR/Ka VwSen-720355/2/SR/Ka

Linz, 18.11.2013

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufungen der x, geboren am 20. Jänner 1969, deutsche Staatsangehörige (Berufungswerberin 1) und des x, geboren am 7. Juni 2001, deutscher Staatsangehöriger, (Berufungswerber 2) vertreten durch die Mutter x, beide wohnhaft in xstraße x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30. September 2013, GZ.: Sich40-442-2012 KG, betreffend die Ausweisungen der beiden Berufungswerber nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

 

Den Berufungen wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 Entscheidungsgründe

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30. September 2013, GZ Sich40-442-2012, wurden die Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde den Bw ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde aus:

 

Gemäß § 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG - können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs.3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden;    oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten.

 

Gemäß § 55 Abs.3 NAG besteht das (unionsrechtliche) Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 (NAG) nicht, wenn eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs.2 oder § 54 Abs.2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht mehr vorliegen.

 

Nachweise des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes gemäß § 53 Abs. 2 NAG sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie im Fall eines Aufenthaltsrechtes nach den Bestimmungen des § 51 NAG folgende Nachweise:

1.     nach § 51 Abs.1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;

2.     nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;

3.     nach § 51 Abs. Abs.1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstiger Nachweise über ausreichende Existenzmittel;

 

Ein weiteres Aufenthaltsrecht besteht unter anderem für Angehörige von EWR-Bürgern, wenn Sie im Sinne des § 52 Abs.1 Ziffer 4 Lebenspartner dieses EWR-Bürgers sind und dabei das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweisen.

Ähnliches gilt für Verwandte des EWR-Bürgers in gerader absteigender Linie bis zum 21. Lebensjahr (§ 52 Abs.1 Ziffer 2 NAG).

 

Soll nun ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, so hat die Behörde gemäß § 66 Abs.2 FPG insbesondere die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

 

Sofern durch die Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, ist sie gemäß § 61 Abs. 1 FPG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 70 Abs.3 FPG ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie und Ihr Sohn Daniel sind deutsche Staatsbürger und demnach EWR-Bürger im Sinne der Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes. Sie meldeten sich zuletzt gemeinsam am 27.8.2012 in x, xstraße x mit Hauptwohnsitz an. Dieser Zeitpunkt wird als Termin der Aufenthaltsnahme im Bundesgebiet geführt.

In der Folge hatten Sie beide nach den Bestimmungen des § 65 Fremdenpolizeigesetzes als EWR-Bürger im Zuge der Visumfreiheit das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten.

Im Anschluss an dieses Aufenthaltsrecht waren Sie verpflichtet spätestens bis zum Ablauf des vierten Monats nach Einreise (in Ihrem Fall bis zum 27.12.2012) diese Aufenthaltsnahme der Behörde anzuzeigen. Dieser Anzeigeverpflichtung kamen Sie zeitgerecht am 5. November 2012 nach und beantragten dabei auch die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung.

Diese Anmeldebescheinigung würde ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht bescheinigen. Deshalb war es nach dieser Antragsteilung Aufgabe von der Behörde, das Bestehen oder Nichtbestehen Ihres Aufenthaltsrechtes zu prüfen.

Zur Klärung dieser Frage verweisen Sie in Ihrem Antrag auf die "Lebenspartnerschaft" (§ 52 Abs.1 Ziffer 4 NAG) mit dem österreichischen Staatsbürger Herrn x.

 

Dazu ist vorweg festzuhalten und wurde auch im angeführten aufenthaltsrechtlichen Prüfungsverfahren so festgestellt, dass ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht auf Grundlage einer "Lebenspartnerschaft'1 nur dann gegeben ist, wenn diese dauerhafte Beziehung mit unionsrechtlich in Österreich aufenthaltsrechtlichen EWR-Bürger besteht. Ihr Lebenspartner ist österreichischer Staatsbürger und es kann somit dieses von Ihnen dargestellte Aufenthaltsrecht als "Lebenspartner" nicht geltend gemacht werden.

 

Aus diesem Grund galt es im weiteren Verfahren festzustellen, ob für Sie ein Aufenthaltsrecht nach den Bestimmungen des § 51 Abs.1 NAG besteht. Dies wäre gegeben, wenn Sie

1.    in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind; oder

2.    für sich und Ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass Sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.    als Hauptzweck Ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

Zur Bestätigung eines solchen Aufenthaltsrechtes' ist es jedoch erforderlich, die bereits einleitend in der Begründung angeführten Nachweise vorzulegen. Es wurde aber von Ihnen weder

Ø  eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit noch

Ø  Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz hoch

Ø  Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstiger Nachweise über ausreichende Existenzmittel

vorgelegt. Sie halten sich somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf.

 

Dies wurde Ihnen von der Behörde am 27. November 2012 auch nachweislich mitgeteilt. In diesem Schreiben wurde auch angekündigt, dass aufgrund des festgestellten unrechtmäßigen Aufenthalts das Ausweisungsverfahren eingeleitet wird. Eine Frist zur Stellungnahme wurde Ihnen gewährt. Im Jänner 2013 erschienen Sie dann gemeinsam mit Ihrem Partner bei der Behörde zur persönlichen Vorsprache. In dieser führten Sie im Wesentlichen und sinngemäß aus, dass Sie um Arbeit bemüht seien. Sie gaben verschiedenste Firmen an, bei denen Sie vorstellig gewesen worden seien. Sie erbaten eine weitere Frist von 14 Tagen, um ein Beschäftigungsverhältnis vorweisen zu können.

Auch diese Frist verstrich ungenützt und Sie meldeten sich erst wieder im April 2013 bei der Behörde. In dieser Eingabe rechtfertigten Sie den fruchtlosen Ablauf der Frist mit dem Eintritt eines längeren Krankenstandes. Gleichzeitig gaben Sie aber auch bekannt, sich nun bei drei weiteren Firmen beworben zu haben (x, x GmbH in x und x GmbH). Sie legten auch eine Bestätigung des AMS vor worin bescheinigt wird, dass-Sie laufend als Arbeit suchen vorgemerkt seien.

 

Die Behörde nahm dies zum Anlass und ersuchte am 9; April 2013 den Arbeitsmarktservice in x um Stellungnahme, wie weit in Ihrem Fall tatsächlich begründete Aussicht besteht, dass Sie eingestellt werden.

 

In der Antwort vom 17. April 2013 teilte der Service für Arbeitsuchende jedoch mit, es derzeit nicht beurteilen zu können, ob für Sie eine begründete Aussicht auf eine Arbeitsaufnahme besteht.

 

Nachdem aber gerade in der Beurteilung, der Möglichkeit einer Ausweisung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts von EWR-Bürgern im Bundesgebiet die Klärung der Frage der begründeten Aussicht auf Arbeitsaufnahme ein wesentlicher Bestandteil ist, wurde Ihnen neuerlich eine Frist gewährt, um doch noch eine Arbeitnehmereigenschaft nachweisen zu können.

 

In einer abschließenden Vernehmungen vom 10. September 2013 ersuchten Sie nochmals um eine Frist von zwei Wochen um entweder ein Arbeitsverhältnis nachweisen oder jemand namhaft machen zu können, der sich bereit erklärt für den Lebensunterhalt von Ihnen und Ihrem Sohn aufzukommen, in letzterem Fall sollte auch gleichzeitig aktuell das Bestehen eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes nachgewiesen werden.

 

Es ist jedoch auch diese beantragte Frist fruchtlos abgelaufen, sodass nunmehr eindeutig erkannt werden muss, dass Sie keines der drei möglichen Aufenthaltsfechte besitzen und offensichtlich leider auch keine Aussicht auf Arbeitsaufnahme haben.

 

Der geschilderte Sachverhalt stellt nun eine so schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar, sodass Ihre Ausweisung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten ist. Das in § 66 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen ist daher im Sinne des Bescheidspruches zu handhaben.

Bei der Feststellung dieses Erfordernisses wurde ihre mittlerweile 13-monatige Aufenthaltszeit berücksichtigt. Weder Ihr Alter noch ihr Gesundheitszustand stehen dieser Maßnahme entgegen. Eine soziale, kulturelle oder wirtschaftliche Integration fand nicht statt. Es besteht zwar Ihren Angaben zufolge eine Bindung zum österr. StA Herrn x, wobei diese jedoch keinesfalls so schwer wiegt, um die Erfassung der erforderlichen Ausweisung infolge des komplett fehlenden gesicherten Lebensunterhaltes und Krankenvorsorgeschutzes verhindern zu können. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen diesen am 3. Oktober 2013 zugestellten Bescheid erhoben die Bw innerhalb offener Frist (persönlich bei der belangten Behörde eingebracht am 14. Oktober 2013) rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Im Schriftsatz erhoben die Bw „Einspruch“ und führten aus, dass beide Bw über Herrn Helmut Kristof mitversichert seien und die Bw 1 intensiv auf Arbeitssuche sei. Darüber hinaus sollte dem Bw 2 die Möglichkeit zum Abschluss der Schule bzw des Schuljahres gewährt werden.

 

Dem Berufungsschreiben wurden Kopien von Schreiben der GKK vom 13. Oktober 2013 beigelegt, aus denen hervorgeht, dass Lebensgefährte der Bw 1 für seine Lebensgefährtin die Leistungen der Krankenversicherung beanspruchen könne und der Bw 2 mitversichert sei.

 

Erschließbar wird die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

3. Die belangte Behörde hat den bezughaben Verwaltungsakt samt Berufung vorgelegt.

 

Mit E-Mail vom 18. November 2013 übermittelte die belangte Behörde die Kopie eines Dienstvertrages betreffend die Bw 1 und teilte wie folgt mit:

 

Am Freitag den 15.11.2013 erschien der "Lebensgefährte" von Frau x bei der Bezirkshauptmannschaft Perg und legte den angeschlossenen Dienstvertrag seiner Partnerin abgeschlossen mit dem Institut für statistische Analysen x GmbH vor. Frau x sei den Angaben des Herr x zufolge in diesem Institut nun als Telefonistin beschäftigt, wobei Frau x dort diese Woche nochmals vorstellig werden möchte, um das derzeitige Beschäftigungsausmaß von 20 auf 25 Stunden erhöhen zu können.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1., 2. und 3.1. festgestellten Sachverhalt aus.

 

3.3. Der vorliegende Sachverhalt ist unstrittig. Die Bw 1 ist nunmehr ein Dienstverhältnis eingegangen und seit dem 11. November 2013 beim Institut für statistische Analysen x GmbH als Arbeitnehmerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde auf unbefristete Zeit abgeschlossen. 

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 66 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 144/2013, können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs.3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten.

 

§ 51 Abs. 1 NAG lautet:

Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.    in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind; oder

2.    für sich und Ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass Sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.    als Hauptzweck Ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

 

Zum Nachweis des „unionsrechtlichen“ Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:

  • nach § 51 Abs. 1 Z. 1 eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit
  • nach § 51 Abs. 1 Z. 2 Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz
  • nach § 51 Abs. 1 Z. 3 Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel
  • nach § 52 Abs. 1 Z 1 ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft
  • nach § 52 Abs. 1 Z. 4 ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger

 

§ 52 NAG regelt das Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern.

Demnach sind auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie EWR-Bürger, die Angehörigen von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

  • Ehegatte oder eingetragener Partner sind (Z. 1)
  • Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird (Z. 2)
  • Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist (Z. 4)

 

Nach § 57 NAG gelten die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 sinngemäß für Angehörige von Österreichern, sofern der Österreicher sein unionsrechtliches oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommen EG-Schweiz zukommendes Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz in Anspruch genommen hat  und im Anschluss an diesen Aufenthalt nach Österreich nicht bloß vorübergehend zurückkehrt.

 

Für jene Fälle, in denen § 57 NAG nicht zur Anwendung gelangt, ist das Aufenthaltsrecht für Angehörige von Österreichern nach § 47 NAG zu beurteilen.

 

4.2.1. Die Bw haben keinen Aufenthaltstitel gemäß § 47 NAG beantragt. Unbestritten liegen auch die entsprechenden Erteilungsvoraussetzungen nicht vor.

 

4.2.2. § 57 NAG findet auf die Bw keine Anwendung, da der Lebensgefährte der Bw 1 sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen Mitgliedstaat nicht Anspruch genommen hat. Im vorliegenden Verfahren ist somit nicht sinngemäß auf die §§ 52 bis 56 abzustellen. Die Bw sind daher keine Angehörigen im Sinne des § 52.

 

4.2.3. Zu Recht hat die belangte Behörde auf § 51 NAG abgestellt.

 

Wie dem zu beurteilenden Sachverhalt, der nach der Berufungseinbringung eine wesentliche Änderung erfahren hat, zu entnehmen ist, ist die Bw 1 nunmehr Arbeitnehmerin in Österreich. Eine entsprechende Bestätigung des Arbeitgebers wurde am 15. November 2013 der belangten Behörde vorgelegt.

 

Aus den Gründen des § 51 ff NAG kommt den Bw daher das unionrechtliche Aufenthaltsrecht zu.

 

4.3. Da § 55 Abs. 3 NAG nicht mehr einschlägig ist, die Bw über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügen, ist eine Ausweisung nach § 66 Abs. 1 FPG zum derzeitigen Zeitpunkt unzulässig.

 

Die Ausweisungsbescheide waren spruchgemäß aufzuheben.

 

4.4. Auf eine Übersetzung des Spruchs bzw. der Rechtsmittelbelehrung konnte in Hinblick auf § 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG verzichtet werden, da die Bw der deutschen Sprache mächtig sind.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 26,00  Euro (Eingabe- und Beilagengebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider