Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-111075/3/Kl/TK

Linz, 07.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. August 2013, VerkGe96-66-2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis

    aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 45

Abs.1 Z.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. August 2013, VerkGe96-66-2013, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden)  wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 2 Z. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 Z.2 GütbefG verhängt, weil er als Lenker des angeführten Kfz des Unternehmens X, mit Sitz in X, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden. Er habe zum angeführten Zeitpunkt am angegebenen Ort mit dem angeführten Fahrzeug einen gewerbsmäßigen Gütertransport von X nach den X entgegen den Bestimmungen des § 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 GütbefG durchgeführt, da er die Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973 bei der Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt nicht vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt bzw. ausgehändigt hat. Tatort ist die Gemeinde Krenglbach, Bezirk Wels-Land, Autobahn Freiland Nummer 8 bei Kilometer 18.200. Tatzeit ist der 30. Mai 2013, 20:40 Uhr.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und ausgeführt, dass der Sachverhalt weitgehend unstrittig sei. Bei der gegenständlichen Fahrt handle es sich um eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, nämlich Fahrrädern vom Ladeort X in Ungarn zum Entladeort X in den Niederlanden. Der Lenker habe bei seiner Anhaltung die Güterbeförderungsgenehmigung Nr. X der Firma X vorgelegt, welche zum Güterverkehr zwischen Mazedonien und Österreich bzw. durch Österreich berechtigt. Die Echtheit und Gültigkeit sei nicht in Zweifel gezogen worden, jedoch seien die API Wels sowie die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land unrichtigerweise der Ansicht, dass die Genehmigung für die gegenständliche Transitfahrt nicht gültig sei, da es sich bei der Fahrt um sogenannten “ Drittlandverkehr“ gehandelt habe. Transitverkehr diene, wie der Name schon sagt, dem Transport von Gütern durch ein Land. Das transiierte Land ist dabei weder Lade- noch Entladeort, sondern wird auf der Fahrt lediglich durchfahren. Es habe neben der Genehmigung Nummer X für die gegenständliche Transitfahrt keiner weiteren Genehmigung bedurft. Der Berufungswerber habe die Tat nicht begangen. Es wurde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

 3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil in der Berufung der Sachverhalt nicht bestritten wurde, die Berufung sich hauptsächlich gegen die rechtliche Beurteilung und gegen die Höhe der Geldstrafe richtete, bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Bescheid aufzuheben ist und eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde  und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG entfallen.

 

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber hat am 30. Mai 2013 einen näher bezeichneten LKW mit Sattelanhänger auf näher bezeichneter Fahrt gelenkt und Fahrräder geladen. Die Fahrt führte von X nach X in den Niederlanden. Der Lenker führte keine CEMT-Genehmigung mit.

Der Lenker führte eine Fahrten-Bewilligung für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr Österreich-Mazedonien mit der Nummer X mit. Diese wurde am 30. Mai 2013 in Nickelsdorf entwertet. Sie ist für zwei Fahrten gültig, und zwar für Loco/Drittland-oder Transitfahrten.

Auf der Rückseite befinden sich besondere Bedingungen, Auflagen und Vorschriften. Punkt 1 bestimmt, dass diese Genehmigung nur für den umseitig genannten Inhaber gilt und nicht übertragbar ist. Sie gilt für den Verkehr nach, durch und aus Österreich. Jeder Orts-und Unterwegsverkehr (Binnenverkehr) in Österreich ist nicht gestattet. Punkt 6 führt aus, dass diese Genehmigung auch für die Durchführung eines Transportes im Drittlandverkehr gilt, sofern der Niederlassungsstaat des Genehmigungsinhabers auf verkehrsüblichem Weg

transitiert wird.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich einerseits aus der Anzeige und andererseits aus der Berufung samt den vorgelegten Urkunden. Er kann der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenates:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 2 GütbefG hat der Lenker die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 geführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

Gemäß § 7 Abs. 1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973,

3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß der Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Mazedonischen Regierung über die grenzüberschreitende Beförderung von Gütern, BGBl. III 93/2001, in Kraft getreten mit 1. März 2001, findet diese Vereinbarung Anwendung auf den österreichisch-mazedonischen grenzüberschreitenden Güterverkehr (bilateraler Verkehr und Transitverkehr) (Art. 1 Z.1). Gemäß Art. 1 Z.2 dritter Gedankenstrich bezieht sich die Vereinbarung auf gewerbsmäßigen Verkehr, einschließlich des Verkehrs mit leeren Lastfahrzeugen.

Gemäß Art. 7 bedürfen die im Anwendungsbereich angeführten Verkehrsarten, sofern mit ihnen ein Straßentransport verbunden ist, einer Genehmigung der Vertragspartei, in dem der Straßentransport stattfindet. Die Genehmigungen werden im Rahmen einer Kontingentvereinbarung als Einzelgenehmigungen oder auf Zeit gemäß Art. 12 erteilt, und zwar als

a) Standardgenehmigungen (gültig für Loco-, Transit-und Drittlandfahrten)

b) eingeschränkte Genehmigungen (ZB: örtlich, nach Güterarten, für bestimmte Fahrzeuge oder nach der Art des Transportes).

Gemäß Art. 9 Z. 5 ist die Genehmigung bei jeder Fahrt vollständig ausgefüllt mitzuführen und jederzeit auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen.

Gemäß Art. 12 gilt die Genehmigung für zwei Fahrten, dabei kann es sich um eine Hin-und Rückfahrt, um zwei Fahrten oder um zwei Rückfahrten handeln. Die Genehmigung ist nur innerhalb des Kontingentzeitraumes und dem unmittelbar folgenden Monat gültig, es sei denn, dass im Rahmen der Gemischten Kommission (Artikel 15) eine andere Vorgangsweise gewählt wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23. November 2009, 2008/03/0152, im Hinblick auf die Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Mazedonischen Regierung für die grenzüberschreitende Beförderung von Gütern aus dem Jahr 2001 unter Zugrundelegung der besonderen Bedingungen einer Fahrten-Bewilligung für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr unter Bedachtnahme auf Punkt 1.a) der besonderen Bedingungen, dass die Bewilligung “ für den Verkehr nach, durch und aus Österreich“ gilt, ausgesprochen, dass eine Drittlandfahrt von der Bewilligung gedeckt war, und daher die vorgeworfene Tat im Grund des § 5 Abs. 1 VStG auf der Ebene der subjektiven Tatseite nicht zurechenbar sei.

 

5.2. Die mitgeführte und entwertete Bewilligung gilt nur für den umseitig genannten Inhaber und gilt für „den Verkehr nach, durch und aus Österreich.“

Es steht zweifelsfrei fest, dass in Österreich weder beladen noch entladen wurde, sondern dass Österreich lediglich durchfahren wurde bzw. werden sollte. Es ist daher zweifelsohne eine Transitfahrt gegeben. Im Sinne des Punktes 1 der besonderen Bedingungen, Auflagen und Vorschriften der vorgelegenen und entwerteten Bewilligung Nr. X konnte daher der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass auch eine solche Transitfahrt von der Bewilligung gedeckt war und ist ihm die vorgeworfene Tat im Grund des § 5 Abs. 1 VStG auf der Ebene der subjektiven Tatseite nicht zurechenbar. Auf die entsprechende, auch anwendbare, oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird hingewiesen.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber im Grunde des § 45 Abs.1 Z.1 VStG einzustellen.

 

 6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs. 1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Dr. Ilse Klempt