Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-253329/12/BMa/Th

Linz, 30.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des R R, vertreten durch D M Rechtsanwälte OG, 4600 Wels, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. Oktober 2012, BZ-Pol-76011-2012, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 30. November 2012, zu Recht erkannt:

 

 

    I.    Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

 II.    Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 400 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2013, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013

zu II.: § 64 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

 

"Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Sie haben als Arbeitgeber (Lokal P) am Gewerbestandort W, D zu verantworten, dass seit 01.08.2011 bis zumindest 06.10.2011 (Zeitpunkt der Kontrolle) der ghanesische Asylwerber B J, geb. X, als Pizzazusteller beschäftigt wurde, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder ein Niederlassungsnachweis 1997 ausgestellt wurde:

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl 218/1975 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist,

Freiheitsstrafe von

Gemäß

 

Ersatzfreiheitsstrafe von

 

 

€ 2.000,--

69 Stunden

------------

§ 28 Abs 1 Z 1 lit a AuslBG

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 15,-- angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 2.200,--"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus, die objektive Tatseite sei aufgrund des festgestellten Sachverhalts als erwiesen anzusehen. Die Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei dem Bw nicht gelungen. Strafmildernd sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten, straferschwerend der übermäßig lange Zeitraum der Beschäftigung von zwei Monaten.

 

1.3. Dagegen brachte der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig Berufung ein.

 

1.4. Die Berufung ficht das Straferkenntnis zur Gänze an und führt im Wesentlichen aus, das bekämpfte Straferkenntnis leide an Begründungsmängeln. Es sei kein Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorgelegen. Jeder Zusteller hätte sein eigenes KFZ und würde selbstständig seine Fahrten über die Firma „d a r“ OG abrechnen. Eine direkte Abrechnung zwischen J B und dem Bw habe nie stattgefunden.

Der Bw sei davon ausgegangen, dass J B Gesellschafter der d a r OG gewesen sei und derartige Geschäftsmodelle von der Zentrale "P" als legal und nicht strafbar angesehen worden seien. Der Bw habe Erkundigungen bei der Wirtschaftskammer und beim AMS eingeholt und auch vom Magistrat der Stadt Wels sei mitgeteilt worden, dass das Zustellmodell rechtskonform sei.

Der Bw habe daher gemäß § 5 VStG nicht schuldhaft gehandelt. Die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung habe unbedeutende Folgen nach sich gezogen und dem Bw sei sein Verhalten, so habe er doch Erkundigungen bei sämtlichen Behörden und dem AMS eingeholt, nur gering vorwerfbar.

Abschließend wurden die Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Befragung des Zeugen M T und auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und Einstellung desselben gestellt, in eventu auf Absehen einer Strafe im Sinne des § 21 VStG und Erteilung einer Ermahnung.  

 

2. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 hat der Bürgermeister der Stadt Wels als belangte Behörde die Berufung samt dem bezuhabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der Unabhängige Verwaltungssenat durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Einsicht genommen in den vorgelegten Akt der Verwaltungspolizei der Stadt Wels und am 30. November 2012 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zur Verhandlung sind der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei, des Finanzamts Grieskirchen Wels, gekommen. Als Zeuge wurde M T einvernommen. Ergänzend wurde B J befragt.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

R R war Inhaber des Lokals P am Gewerbestandort  W, D M T, der in der Vergangenheit beim Berufungswerber als Pizzazusteller gearbeitet hat, hat gemeinsam mit 4 weiteren Personen die "d a r OG" gegründet, um als selbstständiger Pizzazusteller tätig sein zu können. Vom Bw wurde angenommen, dass auch der g A B J, geb. X, vom 1. August bis zumindest 6. Oktober 2011 Gesellschafter dieser OG war.

Nach Meinung des T wurde der Gesellschaftsvertrag nur mündlich geschlossen und die Gesellschafter sind an der OG beteiligt, je nachdem wie viel sie arbeiten würden. Zur Höhe der Gründungsgebühren konnte T keine Angaben machen.

Nach Meinung des T hat das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter an der OG je nach dem variiert, wie viel sie als Pizzazusteller gearbeitet haben.

Die OG wurde vom Finanzamt nicht anerkannt und hat keine Steuernummer zugeteilt bekommen. Daraufhin wurde sie wieder aufgelöst. M T war Geschäftsführer der d a r OG. Diese hat ausschließlich für die Firma "P" des Berufungswerbers und die Firma "S" an der der Berufungswerber beteiligt ist, Aufträge ausgeführt.

Der Berufungswerber hat mit dem Geschäftsführer der d a r OG, einen mündlichen Vertrag abgeschlossen. Vereinbart wurde die Zustellung von Pizzen zu einem Entgelt von 3 Euro pro Fahrt. Zu diesem Zweck hat der Berufungswerber T telefonisch verständigt, wann eine Pizza auszuliefern ist. Dieser wiederum hat die Pizza selbst zugestellt oder hat den Auftrag an einen der anderen "Gesellschafter" der OG weitergegeben. B hat ebenso wie die anderen Pizzazusteller,  in seinem eigenen KFZ auf eine Zustellfahrt gewartet und er hat die Pizzen in seiner eigenen Wärmetasche an die Kunden ausgeliefert. Bei jeder Lieferung wurden den Pizzazustellern zwei Rechnungen mitgegeben, die eine wurde dem Kunden übergeben und auf der anderen war der Name oder eine der Person des Zustellers zuordenbare Nummer vermerkt. Das Entgelt für die Pizza, das auch einen Teil der Zustellgebühr beinhalten konnte, wurde vom Kunden an den Pizzazusteller geleistet und dieser hat das Entgelt nach der Fahrt wieder im Lokal des Bw abgeliefert, spätestens jedoch am Abend des gleichen Tages.

 

Die Bestellungen für die auszuliefernden Pizzen sind bei der Zentrale "P" eingegangen und wurden an das Lokal des Bw weitergeleitet, wenn sich die Zustelladresse in dessen Rayon befunden hat.

Ein Mal pro Monat hat M T Rechnung an den Bw gelegt, in dem er sämtliche Zustellfahrten der "Gesellschafter" der d a r OG summiert und die entsprechende Gebühr für diese Zustellfahrten beim Bw als Rechnung eingereicht hat.

Der Bw hat das Entgelt auf das Firmenkonto der d a r OG überwiesen. Zugriff auf dieses Geschäftskonto hatte nur M T, der die entsprechenden Beträge an die weiteren "Gesellschafter" weitergegeben hat.

 

Wenn M T telefonisch nicht erreichbar war, hat der Bw die anderen "Gesellschafter" der Firma d a r OG direkt telefonisch kontaktiert zur Verrichtung von Zustellfahrten.

Die Zustellfahrer waren dem Bw persönlich bekannt und ihnen wurde in der Reihenfolge der ersten Zustellfahrt an jedem Tag eine Nummer zugewiesen, die im Computersystem des Bw ersichtlich war. Auf diese Weise hatte der Bw Kontrolle darüber, welcher Pizzazusteller die Pizzen ausgeliefert hat. Wenn ein Pizzazusteller an einem Tag nicht mehr arbeiten wollte, hat er sich sowohl beim Berufungswerber als auch bei M T abgemeldet. War kein Zustellfahrer vorhanden, hat der Bw selbst oder seine in seinem Betrieb angestellte Gattin die Zustellfahrten übernommen.

Der Bw hat Erkundigungen über die Rechtskonstruktion der Beauftragung der "d a r OG" bei der Wirtschaftskammer, dem Steuerberater, der Zentrale der Firma P und beim Magistrat der Stadt Wels eingeholt, nicht jedoch beim AMS und der Oö. GKK.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich die Feststellungen aus den Aussagen des Bw und der Aussage des Zeugen M T in der mündlichen Verhandlung am 30. November 2012 ergeben, die sich im Wesentlichen auch nicht widersprechen.

 

Auf eine zeugenschaftliche Einvernahme des J B konnte verzichtet werden, weil sich der Sachverhalt schon aufgrund der Aussage des Berufungswerbers und des Zeugen T ausreichend klären ließ. Soweit J B in der mündlichen Verhandlung in englischer Sprache befragt wurde, wurde die Protokollierung seiner Aussage von den anwesenden Parteien bestätigt.

Die Aussage des J B hat aber keine neuen Aspekte als jene zu Tage gebracht, die sich bereits aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Aussage des Berufungswerbers sowie des Zeugen T ergeben haben.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 1. Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187, vom 1. Juli 2010, Zl. 2008/09/0367).

 

Die Arbeitnehmerähnlichkeit (§ 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) wird dann anzunehmen sein, wenn zwar die für ein "echtes" Arbeitsverhältnis charakteristische persönliche Abhängigkeit fehlt, die Rechtsbeziehung zum Auftraggeber einem solchen aber wegen der wirtschaftlichen Unselbständigkeit ähnlich ist, weil die Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben sind (vgl. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0012). Es kommt nicht darauf an, wie die Beziehung zum Auftraggeber zivilrechtlich zu qualifizieren ist (vgl. VwGH vom 18. Oktober 2000, Zl. 99/09/0011). Auch ein freier Dienstvertrag begründet nicht automatisch eine arbeitnehmerähnliche Stellung (VwGH vom 20. November 2003, Zl. 2000/09/0208). Entscheidende Bedeutung hat der Umstand, dass die betreffende Person in ihrer Entschlussfähigkeit bezüglich ihrer Tätigkeit auf ein Minimum beschränkt ist. Für eine unternehmerische Tätigkeit spricht, dass der Arbeitende das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will, indem er zB losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt.

 

3.3.2. Der Bw ist Inhaber des Lokals P in der D, W, und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich.

 

Wegen der bloß mündlich geschlossenen Vereinbarung zwischen dem Bw und M T als Vertretung der Firma „d a r OG“ zur Pizzazustellung auf Abruf, ohne Begrenzung des Zeitraums der Tätigkeit, wurde ein Dauerschuldverhältnis begründet, die Tätigkeit war auf Regelmäßigkeit und Dauer angelegt. Dementsprechend erfolgte die Entlohnung in Zeitabschnitten (monatlich), wobei die Zustellaufträge von der Firma P erteilt wurden und das Entgelt mit 3 Euro pro Fahrt festgelegt wurde.

Es lag für die Pizzazusteller eine intensive organisatorische Eingliederung in die Betriebsorganisation des Unternehmens vor: Zeit, Ort und Art der Tätigkeit waren vorgegeben. Diese Vorgaben ließen keinen Raum für unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Derart dichte organisatorische Vorgaben einer einfachen Tätigkeit kommen materiell einer Weisungsbindung gleich. Zwar hat B seinen eigenen PKW und seine eigene Warmhaltetasche zur Verfügung gestellt, im Übrigen hat er aber nur Pizzen, die von der Firma des Bw hergestellt wurden, ausgeliefert.

Die Leistungserbringung erfolgte persönlich. B war dem Bw bekannt und er hat diesen auch erforderlichenfalls persönlich über Telefon von dem Bedarf eine Zustellfahrt durchzuführen, verständigt. Daran ändert nichts, dass der Bw selbst, oder auch die bei ihm für diese Zwecke angestellte Gattin, Zustellfahrten unternommen hat. Die Arbeitsleistung kam dem Unternehmen zugute, und zwar auf dieselbe Weise wie bei Abschluss eines "formellen" Dienstverhältnisses. Der Ausländer, der Gesellschafter der Firma d a r OG wurde, war nicht für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer tätig, die Firma d a r OG hat vielmehr nur für den Bw und dessen Geschäftspartner gearbeitet.

 

Wägt man diese Umstände nach der Methode des beweglichen Systems (vgl. zB. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs v. 16.09.2009, Zl. 2009/09/0150) ab, so ist von wirtschaftlicher Unselbstständigkeit, mithin von Arbeitnehmerähnlichkeit und somit von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen.

Hingewiesen sei darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "formale" Umstände wie die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Gestaltung der Annahme der Beschäftigung nicht entgegen stehen (vgl. zB. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs v. 10.12.2009, Zl. 2008/09/0048). Die Tätigkeit von Pizzazustellern wird in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als arbeitnehmerähnlich qualifiziert (vgl. VwGH v. 14.01.2010, 2008/09/0339 und v. 26.01.2010, 2009/08/0269). Die vom Ausländer verrichtete Tätigkeit ist eine einfache Tätigkeit, die keine besondere Qualifikationen – mit Ausnahme einer Lenkerberechtigung für den PKW – erfordert und üblicherweise in einem Beschäftigungsverhältnis geleistet wird. Die Arbeitszeiten orientieren sich an den Öffnungszeiten des Lokals und der Ausländer hat im Regelfall vor dem Lokal auf die Zustellaufträge gewartet. Seine Entlohnung hat sich nach der Anzahl der Zustellfahrten gerichtet. Damit aber hat der Ausländer einfache Hilfsarbeiten verrichtet, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf im Zusammenwirken mit anderen Arbeitern standen.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Als Verschuldensform ist Fahrlässigkeit anzunehmen. Der Sorgfaltsmangel ist als erheblich einzustufen, weil es sich um eine über einen langen Zeitraum gepflogene systematische Vorgangsweise handelt.

Insoweit sich der Bw auf fehlendes Verschulden beruft, weil er bei der Wirtschaftskammer, beim Magistrat der Stadt Wels und beim Steuerberater der Zentrale "P" Erkundigungen eingeholt hat, ist ihm folgendes entgegenzuhalten:

Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann hätte der Bw als (möglicher) Arbeitgeber einer ausländischen Arbeitskraft die Verpflichtung gehabt, vor Abschluss der gegenständlichen Vereinbarungen hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; hat er dies unterlassen, so vermag die Unkenntnis dieser Vorschrift ihn nicht von seiner Schuld zu befreien, die sich der Beschwerdeführer als Verantwortlicher für die Beschäftigung des Ausländers zurechnen lassen muss. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zu ähnlich gelagerten Fällen entschieden hat, darf sich der (mögliche) Arbeitgeber auf die Auskunft von Rechtsanwälten oder Wirtschaftstreuhändern allein nicht verlassen, sondern er hätte eine Anfrage an die zuständige Behörde, nämlich an die zuständige Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, richten müssen (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 23.11.2005, Zl. 2004/09/0168, mWn).

Dass er eine solche Anfrage an die zuständige Behörde gerichtet hat, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass der erste Strafsatz des § 28 Abs.1 AuslBG zur Anwendung kommt (1.000 Euro bis 10.000 Euro). Im angefochtenen Straferkenntnis wurde unter Hinweis auf die Unbescholtenheit, die Dauer der Beschäftigung und die geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw die Strafe mit lediglich 1/5 des möglichen Strafrahmens festgesetzt.

Diese Abwägungen werden auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat der Entscheidung zugrunde gelegt.

Insbesondere ist der Schuldgehalt der Tat nicht als geringfügig einzustufen, ist doch, selbst wenn man von Fahrlässigkeit im Hinblick auf eine rechtliche Unsicherheit des Bw ausgeht, der Sorgfaltsmangel (Nichteinholung der Rechtsauskunft bei der zuständigen Behörde) in Folge der zur Tatzeit schon über lange Zeit gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gravierend. Damit aber wurde zu Recht nicht bloß die Mindeststrafe verhängt.

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.  Bei diesem Ergebnis war zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann