Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101753/2/Fra/Km

Linz, 28.04.1994

VwSen-101753/2/Fra/Km Linz, am 28. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des G, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H, S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 31. Dezember 1993, VerkR 96/5245/1993, betreffend die Übertretung des § 90 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG in Verbindung mit §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 31. Dezember 1993, VerkR96/5245/1993, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 90 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S ( Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er seit 25.1.1993 in S, in der S in Höhe des Hauses G Bauschutt auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelagert habe, ohne eine entsprechende Bewilligung der Behörde zu besitzen. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Gegen das oben angeführte Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel ohne Erstattung einer Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Grunde des § 51e VStG nicht anzuberaumen.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.3.1. Der angefochtene Schuldspruch entspricht in zweierlei Hinsicht nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, verstärkter Senat, vom 13.6.1984, Slg. 11466 A wird der Vorschrift des § 44a Z1 VStG dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Vorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Der Spruch des Straferkenntnisses muß die als erwiesen angenommene Tat mit allen Merkmalen des gesetzlichen Tatbestandes enthalten. Die Regelung des § 44a Z1 VStG erfordert somit, die als erwiesen angenommene Tat im Spruch entsprechend zu konkretisieren, wozu es der Anführung aller Tatbestandsmerkmale bedarf, die zur Individualisierung und Konkretisierung des Verhaltens erforderlich ist. Es darf kein Zweifel bestehen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird.

I.3.2. Dem Beschuldigten wird nun zur Last gelegt, auf einer bestimmten Straße Bauschutt gelagert zu haben, ohne eine entsprechende Bewilligung der Behörde zu besitzen. Mit dieser Tätigkeit wurde eine Übertretung des § 90 Abs.1 StVO 1960 als erwiesen angenommen. Nach dieser Bestimmung ist jedoch eine Bewilligung der Behörde nur dann erforderlich, wenn durch Arbeiten auf oder neben der Straße der Straßenverkehr beeinträchtigt wird. Nun liegt es auf der Hand, daß nicht jede Bauschuttablagerung zwingend eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nach sich ziehen muß.

Diesbezügliche Feststellungen fehlen im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses. In Anbetracht des Wortlautes des § 90 Abs.1 StVO 1960 wäre es erforderlich gewesen, weil nicht jede Bauschuttablagerung eine Verkehrsbeeinträchtigung nach sich ziehen muß, festzustellen, auf Grund welcher Umstände eine derartige Verkehrsbeeinträchtigung angenommen wird. Durch die Bescheidbegründung kann jedoch die Tatumschreibung nicht ersetzt oder ergänzt werden (vgl. neben vielen anderen VwGH 13.1.1982, 81/03/0203).

I.3.3. Eine weitere Mangelhaftigkeit des Schuldspruches im Sinne des § 44a VStG ist in folgendem Umstand zu sehen:

Die Bestimmung des § 44a VStG erfordert, daß die als erwiesen angenommene Tat entsprechend zu konkretisieren ist, wozu auch die Feststellung der genauen Tatzeit gehört. Die als erwiesen angenommene Tat ist also in der Regel durch Festsetzung der Zeit der Begehung zu präzisieren. Falls es sich um einen Zeitraum handelt, ist dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (vgl.

unter anderem VwGH vom 16.9.1983, 81/02/0287).

Mit der spruchgemäßen Formulierung, daß der Beschuldigte seit 25.1.1993 - ohne ausdrückliche (kalendermäßige) Anführung des Tatzeitendes - die ihm zur Last gelegte Übertretung begangen hat, wird bei Anlegung eines objektiven Maßstabes zum Ausdruck gebracht, daß die Tatzeit mit dem Zeitpunkt der Schöpfung des Straferkenntnisses endete. Dies widerspricht jedoch nicht nur der Aktenlage (der Zeuge G gab an, daß er zum "Tatzeitpunkt" keine Angaben machen könne, der Zeuge R gab an, daß er am 27. Jänner 1993 gesehen hätte, wie bei Herrn G in der Sportstraße am Parkplatz etwas abgelagert war, die Anzeige des Gendarmeriepostens S ist am 10.2.1993 abgefaßt und in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird vom Tatzeitpunkt "25. Jänner 1993" ausgegangen). Es ergibt sich somit ein zwingender Widerspruch zwischen Begründung und Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, was die Tatzeit anlangt. Auch die erste Verfolgungsverhandlung vom 8.3.1993 grenzt die Tatzeit nicht auf 25.1.1993 ein.

I.4. Da keine rechtzeitige taugliche Verfolgungsverhandlung seitens der Behörde gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb von der weiteren Fortführung des Verfahrens abzusehen und spruchgemäß zu entscheiden war. Nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, den Schuldspruch zu ergänzen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend sei, was die materiellrechtliche Frage betrifft, angeführt, daß der Berufungswerber immer zivilrechtlich argumentiert hat und behauptete, das Recht, auf der verfahrensgegenständlichen Fläche Material ab- bzw zwischenzulagern, ersessen zu haben. Diese Frage erscheint jedoch im gegenständlichen Fall deshalb nicht relevant, weil es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Beantwortung der Frage, ob eine Straße mit öffentlichem Verkehr vorliegt, nicht auf die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 9. Mai 1990, Zl. 89/03/0197) ankommt, sondern ausschließlich auf die Bestimmung für den allgemeinen Gebrauch. Entscheidend sind die äußeren, für den Verkehrsteilnehmer wahrnehmbaren Verhältnisse, nicht aber die für den Verkehrsteilnehmer nicht wahrnehmbaren Rechtsverhältnisse an einer Fläche (VwGH 12.9.1977, 1074/77).

Zu II:

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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