Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360105/2/AL/VS

Linz, 30.10.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Astrid Lukas über die Berufung des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, Handel-Mazzetti-Promenade 14, 4400 Steyr, gegen den Einstellungsbescheid des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4020 Linz, zu AZ: S-20574/12-2, nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Polizeidirektors der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 25.02.2013, AZ: S‑20574/12-2, wurde das gegen Herrn J S zur Zahl: AZ: S-20574/12-2 geführte Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz (in der Folge GSpG) eingestellt.

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde wie folgt:

"Aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei vom 14.5.2012 wurden Ihnen mit ha. Schreiben vom 30.7.2012 folgende Verwaltungsübertretung vorgeworfen:

Sie haben, wie am 25.04.2012, um 11.10 Uhr in L, R, im Lokal ’S S’ von Organen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als Einzelunternehmer und Lokalbetreiber verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht, da Sie neun Glücksspielgeräte mit den Gerätebezeichnungen 1) ’Multigame’, Seriennummer x894307, 2) ’Multigame’, Seriennummer x894308, 3) ’Multigame’, Seriennummer x894307, 4) ’Multigame’, Seriennummer x894307, 5) ’Multigame’, Seriennummer x894307, 6) ’Multigame’, Seriennummer x894307, 7) ’Multigame’, Seriennummer x894307, 8) ’Multigame’, Seriennummer x894307, und 9) ’Fruity Bar’, keine Seriennummer, eingeschaltet und betriebsbereit gehalten haben, bei welchen seit 15.11.2011 wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze von € 0,25 bis € 5,-- und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

Sämtliche Geräte waren mit einer Automatik-Taste ausgestaltet. Außerdem sahen die Geräte äußerst günstige Gewinn-Verlust-Relationen vor.

Da bei der LPD im vorliegenden Fall der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gem. § 168 Abs. 1 StGB [entstand], war nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233) die Behörde verpflichtet, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung zu erstatten. Mit Schreiben vom 3.9.2012 wurde diese Anzeige an die Staatsanwaltschaft Linz erstattet.

Am 15.1.2013 teilte die Staatsanwaltschaft Linz schriftlich mit, dass das gegen Sie geführte Verfahren gem. § 190 Z. 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

Aus dieser verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens ergibt sich, dass auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat 'nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist' [vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 12.]

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Strafbestimmungen, nach der eine Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung) kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (UVS v. 18.10.2012, VwSen-301207/10/WEI/ER/Ba ua.).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 12. März 2013. Der Berufungswerber begründet diese wie folgt:

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung namhaft gemacht.

Die Landespolizeidirektion Linz hat das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt, da sich aus der Einstellung des Verfahrens gem. § 168 StGB bei der Staatsanwaltschaft Linz ergibt, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22.8.2012, Zl. 2012/17/0156, folgendes ausgesprochen:

'Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Verwaltungsbehörde ein anhängiges Verwaltungsstrafverfahren im Fall der Subsidiarität eines Verwaltungsstraftatbestandes gegenüber einem gerichtlichen Straftatbestand; soweit ein gerichtliches Strafverfahren bereits anhängig ist, gemäß § 30 Abs. 2 VStG zu unterbrechen bzw., wenn wegen der verfolgten Tat noch kein gerichtliches Strafverfahren anhängig ist, im Falle von Zweifeln, ob der Tatbestand der gerichtlich strafbaren Handlung verwirklicht worden ist, gemäß § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten und das Verwaltungsstrafverfahren bis zum Abschluss des gerichtlichen Strafverfahrens auszusetzen (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2011, ZI. 2011/17/0233).

Weitere geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach einer derartigen Aussetzung des Verfahrens im Falle einer Verfahrenseinstellung oder eines freisprechenden Urteiles die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbständig zu beurteilen habe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, sowie die weiteren Nachweise der Rechtsprechung bei Stöger in Raschauer/Wessely, VStG, § 30 VStG, Rn. 8).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 19. Juni 1998, ZI. G 275/96, Slg. 15.199) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134) standen (schon) die Tatbestände des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 54/2010 (Betreiben von Glücksspielapparaten oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, ohne Konzession) und des § 168 Abs. 1 StGB unter den in dieser Rechtsprechung näher genannten Voraussetzungen (Nichtvorliegen der in § 168 Abs. 1 StGB normierten Ausnahmen von der Strafbarkeit nach StGB) auf Grund einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPMRK berücksichtigenden Interpretation zueinander im Verhältnis der Idealkonkurrenz. Der Verwaltungsgerichtshof ging daher insbesondere davon aus, dass aus der 'unechten Idealkonkurrenz in der Erscheinungsform der stillschweigenden Subsidiarität des § 52 Abs. 1 Z 5 [GSpG] gegenüber § 168 Abs. 1 StGB' folge, 'dass eine Bestrafung nach der erstgenannten Norm dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach der zweitgenannten Bestimmung strafbar gemacht hat'.

 

Mit BGBl. I Nr. 54/2010 hat der Bundesgesetzgeber in § 52 Abs. 2 GSpG eine Vorschrift eingefügt, derzufolge dann, wenn 'in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet' werden, es sich 'nicht mehr um geringe Beträge' handle und 'insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 54/2010, 658 BlgNR, 24, GP, 8, wird zu dieser Neufassung des § 52 Abs. 2 GSpG ausgeführt:

'Strafzuständigkeit der Verwaltungsbehörden ist ausschließlich bei Einsätzen pro Spiel bis zu 10 Euro nach diesem Bundesgesetz gegeben. Mit Abs. 2 wird auch der unbestimmte Gesetzesbegriff der geringen Beträge im Sinne des § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB legal definiert. Nur bei Vorliegen solcher geringen Beträge ist eine Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz ausgeschlossen, gleichgültig ob bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Ab Übersteigen dieses Betrages ist die Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln und besteht Gerichtszuständigkeit.'

 

Der Gesetzgeber hat damit nunmehr ausdrücklich die bis zum Inkrafttreten der genannten Novelle BGBl. I Nr. 54/2010 nur im Wege verfassungskonformer Auslegung zu ermittelnde Subsidiarität 'eine(r) allfällige(n) Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz' gegenüber einer 'allfälligen Strafbarkeit' nach § 168 StGB festgelegt.

Da § 52 Abs. 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als EUR 10,-- in einem einzelnen Spiel abstellt, hat die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen.

Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen

Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10,-- überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden.'

 

II) Vorhandensein einer Automatik-Starttaste

Der Argumentation einer StGB-Zuständigkeit schon bei Geräteausstattung mit einer Automatik-Starttaste ist auch dann nicht zu folgen, wenn man die aktuelle Judikatur zugrunde legt.

 

OGH 3.10.2002, 120s49/02:

'Mag auch die Frage, oh ein Spiel um geringe Betrage vorliegt, im Allgemeinen nach der Höhe des jeweiligen einzelnen Einsatzes zu beurteilen sein (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 12 und 13), kommt eine derartige Sicht dann nicht in Betracht, wenn - wie hier - vom Spielveranstalter Rahmenbedingungen geschaffen wurden, etwa dadurch, dass am Spielautomaten für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist (ON 15, S 17 f des Aktes AZ 1 U 81/00t des Bezirksgerichtes Güssing), die insgesamt ein Serienspiel sowohl auf Veranstalter- als auch auf Spielerseite als objektiv sicher und auch so gewollt erscheinen lässt.'

 

Diese Entscheidung macht klar, dass grundsätzlich eine Einzeleinsatzbetrachtung anzustellen ist. Lediglich eine technische Vorrichtung, die Vorlagebeträge unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze (gemeint waren aber wohl Einsatzleistungen) von € 10 pro Spiel gar nicht zu lässt, wäre nach dieser Entscheidung als Zwang zum Serienspiel zu interpretieren, wenngleich der im 'Kredit'-Feld dargestellte Vorlagebetrag gleichzeitig auch jenen Betrag darstellt, der bei Beendigung der Spieltätigkeit in Bargeld ausgezahlt wird. Die Höhe des Vorlagebetrages lässt- nun einmal nicht eine Schlussfolgerung auf die Höhe des möglichen oder tatsächlich geleisteten Einsatzes pro Spiel zu. Die bloße Möglichkeit (!), sich einer Automatik-Starttaste zu bedienen, wird hingegen auch diesen strengen Kriterien nicht gerecht, zumal die Generalnorm allemal die Einzelspielbetrachtung zu bleiben hat.

 

Dieser engen Auslegung entspricht wohl auch die langjährige Judikaturlinie des OGH, z.B. OGH 15.3.1983, 10Os25/83:

'Die Beantwortung der Frage, ob um 'geringe Beträge' gespielt wird, ist nämlich am Einzelspiel zu orientieren (9 Os 137, 138/82; ebenso Kummer, ÖJZ1980, 347; a M Leukauf-Steininger, StGB2, RN 7 zu § 168, und Höpfel, ÖJZ 1978, 422). Würde doch sonst durch längeres Spielen allein jedes an sich (zum Zeitvertreib und mit geringem einzelnen Einsatz veranstaltete, sohin) straflose Glücksspiel infolge der Addition der sich wiederholenden Einzeleinsätze mit dem Ergebnis einer nicht mehr bloß geringfügigen Summe zwangsläufig irgendwann einmal zu einem verbotenen. Das kann aber, zumal unter Bedacht auf das regelmäßige Auf und Ab von Gewinn und Verlust während einer ganzen Spielveranstaltung, nicht der Sinn des Gesetzes sein: die Annahme, daß jemand, der 100 Mal 10 S gesetzt und abwechselnd jeweils einmal gewonnen und einmal verloren hat, deshalb nicht mehr um 'geringe Beträge' gespielt habe, weil die Summe der Einsätze 1.000 S betrug, obwohl er in concreto niemals mehr als den Verlust von höchstens 20 S riskiert hat, läuft der ratio des im § 168 StGB normierten Glücksspielverbotes augenscheinlich zuwider; ob das Spiel mangels 'geringer Beträge' strafbar war oder nicht, kann aber doch auch nicht in rückblickender Betrachtung ausschließlich davon abhängig sein, ob sich Gewinn und Verlust im konkreten Fall ausgeglichen haben oder ob der Spieler jedes Mal oder doch immerhin insgesamt gerade soviel verloren hat, daß der letztlich verbleibende Gesamtverlust die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen hat Diese Auffassung entspricht auch vollauf dem Gesetzeswortlaut, weil der Plural '… um geringe Beträge gespielt...' zwingend eine Mehrzahl von Spieleinsätzen voraussetzt, von denen sohin nur jeder einzelne geringfügig zu sein braucht, ohne daß sich aus diesem negativen Tatbildmerkmal (vergl Bericht des Justiz-Ausschusses, Beil 959 der XIII. Legislaturperiode')…

 

Eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze iS § 168 Abs 1 StGB liegt nach Ansicht der Abgabenbehörde jedenfalls dann noch nicht vor, wenn die bloße Möglichkeit zur Durchführung von Spielen mithilfe einer Automatik-Starttaste vorliegt. Die Tatsache, dass der Spieler für das Starten eines weiteren Spieles keine Taste drücken muss, kann jedenfalls nicht als Unterscheidungskriterium eines Deliktes gern § 168 StGB bzw § 52 GSpG herangezogen werden. Die bloße Existenz einer (funktionstüchtigen) Automatik-Starttaste kann ferner auch schon deshalb nicht als Unterscheidungsmerkmal herangezogen werden, weil eine Auslösung einzelner Spiele ebenso rasch hintereinander durch Bedienung der herkömmlichen Starttaste erfolgen kann wie durch automatisierte Auslösung. Letztlich wäre auch durch diesen äquivalenten Spielstart die Unterscheidung von gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Strafbarkeit praktisch unmöglich.

 

Bloß eine automatisierte Auslösung einer Reihe van Einzelspielen erfüllt nach Ansicht der Abgabenbehörde nicht den Begriff 'Serienspiel'.

Der Gesetzgeber hatte bei der Schaffung des § 168 StGB klar das 'Grand Jeux', also das Spiel mit großen Einsätzen (idR im Lebendspiel in Spielbanken) vor Augen. Keineswegs sollte damit das - ursprünglich wegen seiner Harmlosigkeit aus dem Anwendungsbereich des Glücksspielgesetzes sogar ausgenommene 'kleine' - Automatenspiel bloß wegen des Vorliegens eines technischen Hilfsmittels (z.B. in Form einer Stattknopfarretierung) unter die Sanktionsmechanismen des Strafrechtes gestellt werden. Die Gerätetechnik war zum Zeitpunkt der Formulierung der Bestimmungen des § 168 StGB im Übrigen auch noch gar nicht in der Lage, 'Serienspiele' mittels einer Automatik-Starttaste auszulösen. Da praktisch sämtliche heute am Markt befindlichen elektronischen Glücksspielgeräte über eine Automatik-Starttaste verfügen, wären aber nach der von der Strafbehörde vertretenen Ansicht alle Geräte automatisch dem Anwendungsbereich des GSpG entzogen.

 

Der im Gesetz gar nicht definierte Begriff 'Serienspiele' kann daher nicht auf die Art der Auslösung des Einzelspiels Bezug nehmen. Er hat bloß deshalb in die Judikatur Eingang gefunden, weil andernfalls eine Betrachtung der insgesamt geleisteten Einsätze überhaupt nicht möglich gewesen wäre, über welche im Zusammenhang mit Glücksspielgeraten oft erst eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze iSd StGB abgeleitet werden konnte. Im Zusammenhang mit 'Serienspielen' war also nicht bloß die Gelegenheit dazu festzustellen erforderlich gewesen, sondern auch der Zeitraum, in welchem ein 'Serienspiel' durchgeführt wurde. Würde dieser Zeitraum nicht Berücksichtigung finden, würde die Entscheidung, ob die Geringfügigkeitsgrenze, etwa mit Einzeleinsätzen in der Höhe von 10 Cent, überschritten wurde oder nicht, nämlich tatsächlich bloß willkürlich getroffen, weil die automatisierte Spielauslösung jederzeit durch eine weitere Betätigung der Automatik-Starttaste widerrufen werden kann. Somit würde de facto ein 'Serienspiel' also auch bereits dann vorliegen, wenn die Automatik-Starttaste etwa nach vier durchgeführten Glücksspielen mit einem Einsatz von jeweils 50 Cent erneut betätigt, die automatisierte Spielauslösung somit abgebrochen wird. Dar Gesamteinsatz läge dann – trotz durchgeführten 'Serienspiels' – lediglich bei € 2.

 

Geringe Beträge gern § 168 Abs 1 StGB können also sinnvoll nur am Einsatz pro Spiel, nicht aber an der Summe einer nicht einmal definierten Anzahl von Spielen gemessen werden. Die Abgabenbehörde geht daher bei der Auslegung des Begriffs 'Serienspiel' unbeachtlich deren Startweise von einer zwischen Veranstalter und Spieler fixierten Anzahl von aufeinander folgenden Einzelspielen aus, über die vorweg vom Spieler die summierten Einsätze der Einzelspiele zu leisten sind (zB Mehrrundenschein bei Lotto). Eine solche Vereinbarung liegt bei Glücksspielgeräten üblicherweise nicht vor, da über die Auslösung und Beendigung (einer Reihe) von Spielteilnahmen ausschließlich der Spieler entscheidet und vorweg keine gesamthafte Leistung aller Einsätze der Einzelspiele erfolgt.

 

Aus den o.a. Gründen ergibt sich für die Strafbehörden die zusätzliche Aufgabe, jene Spiele zu ermitteln, bei denen die Wertgrenze des § 52 Abs 2 GSpG nicht überschritten wurde.

 

3.1. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 14. März 2013 die Berufung samt ihrem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde. Gemäß § 51e Abs 3 Z 1 VStG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den Pkt. 1 und 2 und lässt sich zusammenfassend wie folgt festhalten:

 

Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 25. April 2012 um 11.10 Uhr im Lokal "S S" in L, R, durchgeführten Kontrolle wurde die oa. Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Der daraufhin erlassene Beschlagnahmebescheid der Erstbehörde wurde mit Entscheidung des Oö. UVS vom 13. November 2012 VwSen-740108/3/Wei, 740187/3/Wei bestätigt.

 

Mit den oa. Geräten wurden jedenfalls zwischen dem 15. November 2011 bis zur vorläufigen Beschlagnahme wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vgl dazu die Ausführungen in der Fotodokumentation des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele, die Niederschriften mit den während der Kontrolle angetroffenen Spielern sowie die Anzeige vom 14. Mai 2012, an deren Richtigkeit kein Grund zu zweifeln besteht).

 

An den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 9 wurde von den Kontrollorganen in ausführlich dokumentierten Ermittlungen eine günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn festgestellt: Bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 8 wurde konkret für einen Mindesteinsatz von 0,30 Euro ein Höchstgewinn von 20 Euro + 25 Supergames gegenübergestellt, für einen Einsatz von 5 Euro ein Höchstgewinn von 20 Euro + 448 Supergames; beim Gerät mit der FA-Nr. 9 wurde bei einem Mindesteinsatz von 0,25 Euro ein Höchstgewinn von 20 Euro + 48 Supergames in Aussicht gestellt, bei einem Einsatz von 2 Euro ein Höchstgewinn von 20 Euro + 398 Supergames.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter Bezugnahme auf die umfangreiche Fotodokumentation, die Anzeige vom 14. Mai 2012 und die durchgeführten Probespiele an den oa. Geräten wie folgt dar:

 

Für einen Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Die virtuellen Walzenspiele konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei diesen virtuellen Walzenspielen hatte der Kunde keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Der Ausgang aller dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit bei sämtlichen der genannten Geräte jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab. An sämtlichen Geräten wurden für einen bestimmten Einsatzbetrag Gewinne in Aussicht gestellt.

 

Dabei ist nochmals zusammenfassend festzuhalten, dass bei dem an den Geräten Nrn. 1 bis 8 vorgenommenen finanzpolizeilichen Probespielen ein Spieleinsatz von 0,20 Euro bzw. 0,50 Euro geleistet wurde, dem ein höchstmöglicher Gewinn von 20 Euro + 25 bzw. 448 Supergames gegenüber gestanden ist. Bei Gerät Nr. 9 betrug der Einsatz ebenfalls 0,25 Euro bzw. 2 Euro, dem ein höchstmöglicher Gewinn von 20 Euro + 48 bzw. 398 Supergames gegenübergestanden ist.

 

Insbesondere vor dem Hintergrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergames" (vgl. dazu OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i) verleiten diese Gewinn-Verlust-Relationen nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unzweifelhaft zu Serienspielen iSd der OGH-Judikatur.

 

Durch die im Verfahrensakt einliegenden Formulare GSpG 26 sowie den Erläuterungen zur Fotodokumentation der mit den gegenständlichen Geräten vorgenommenen Probespiele ist eindeutig belegt, dass alle gegenständlichen Geräte mit einer funktionsfähigen "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind. Wenngleich auf dem das Gerät mit der FA-Nr. 9 betreffende Formular "GSpG 26" das Nichtvorhandensein einer funktionsfähigen Auto-Start-Taste angekreuzt wurde (vgl S 114 des erstbehördlichen Aktes), ist anhand der Fotodokumentation (vgl va S 127 des erstbehördlichen Aktes) ersichtlich, dass das Gerät mit der FA-Nr. 9 über eine Automatik-Start-Taste verfügt. Bestätigt wird diese Annahme durch die Anzeige des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 14. Mai 2012, in welcher bei der generalisierenden Beschreibung des Spielablaufes auf die Möglichkeit einer Spielauslösung im Wege der Automatik-Start-Taste hingewiesen wurde. Zudem wurde auch in der Berufung nicht der erstinstanzlichen Feststellung entgegengetreten, dass sämtliche Geräte mit einer Automatik-Start-Taste ausgestattet waren.

Deren Funktionsweise ist derart zu beschreiben, dass bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe "sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird" (vgl. die Ausführungen in der finanzpolizeilichen Anzeige).

 

Auch in der Entscheidung des OGH vom 20. März 2013, 6 Ob 118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – betreffend den gegenständlichen Geräten vergleichbare Gerätschaften – wie folgt beschrieben: "Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

 

3.3. Gemäß § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 08.09.2009, 2009/17/0181; VwGH 22.03.1999, 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.03.1999, 98/17/0134).

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.03.1999, 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den Oö. Verwaltungssenat.

 

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Im (überholten) Erkenntnis vom 22.08.2012, 2012/17/0156, hatte der Verwaltungsgerichtshof dazu noch festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.03.1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 03.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 02.07.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.08.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

 

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

 

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13.06.2013, B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22.08.2012, 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

"Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

… Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

… Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungs-regelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schließt sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.07.2013, 2012/17/0249 sowie jüngst etwa VwGH 26.09.2013, 2012/17/0502).

 

4.4. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

 

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

 

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

 

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

 

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

 

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl. so ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

 

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

 

4.5. Zusammenfassend ist der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu entnehmen, dass – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – nicht die tatsächlich geleisteten Einsätze für ein Spiel für die Beurteilung der behördlichen oder der gerichtlichen Zuständigkeit herangezogen werden dürfen. Vielmehr ist darauf abzustellen, welcher Einsatz möglich gewesen wäre bzw. ob ein Serienspiel durchgeführt hätte werden können.

 

4.6. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen (vgl ua VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS Oberösterreich.

 

4.6.1. Durch die im Verfahrensakt einliegenden Formulare GSpG 26 und die Erläuterungen zur Fotodokumentation der mit den gegenständlichen Geräten vorgenommenen Probespiele ist eindeutig belegt, dass gegenständliche Geräte mit einer funktionsfähigen "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind und darüberhinaus auch zu Serienspielen verleitende, günstige Gewinn-Verlust-Relationen bestehen (vgl. die Ausführungen unter Punkt 3.2.). Dies indiziert die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der – in Zusammenschau der Serienspieljudikatur des OGH mit der aktuellen Entscheidung des VfGH zweifelsfrei erkennbaren – Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch die Ausführungen in der im Akt einliegenden finanzbehördlichen Anzeige betreffend die Funktionsweise der „Automatic-Start-Taste“ bestärkt, wonach bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander“ ablaufen zu lassen. „Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.“

 

4.6.2. Aufgrund der eindeutig belegten Ausgestaltung sämtlicher Geräte mit einer "Automatic-Start-Taste" und der beschriebenen Funktionsweise dieser Taste werden – unter Berücksichtigung der zu Serienspielen verleitenden, günstigen Gewinn-Verlust-Relationen – nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist – auch iSd oa Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes sowie dem folgend auch der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes – somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des OGH weiterhin einschlägig. Bestätigt wird dies auch durch die unter Punkt 3.2. dargelegten Ausführungen in einer einschlägigen Revisionsentscheidung des OGH vom 20. März 2013, 6 Ob 118/12i. Dieser geht dabei davon aus: "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund.".

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens oder Zugänglichmachens derartiger Geräte stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgerätes, bei dem Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Eine  der jüngeren Rechtsprechung des VwGH entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber  zufolge der Entscheidung des VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, der sich der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in seiner jüngsten Judikatur – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht (vgl VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249) – ausdrücklich angeschlossen hat, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Auch zeigt die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

4.6.3. Weiters liegt bei den Geräten – insbesondere unter Berücksichtigung der für den Spieler besonders attraktiven "Supergame"-Optionen (vgl. zu dieser die Entscheidung des OGH vom 20.3.2013, 6 Ob 118/12i) – eine besonders zu Serienspielen verleitende, günstige Gewinn-Verlust-Relation iSd OGH-Judikatur vor. Dabei ist zu betonen, dass sogar ohne Betätigung der Autostart-Taste bei den vorliegenden Geräten von einem ermöglichten Serienspiel auszugehen ist (vgl. OGH vom 20.4.1983, 11 Os 39/83). Im Hinblick auf die in der Regel nur sehr kurze Einzelspieldauer können zahlreiche Glücksspiele – auch ohne Betätigung der Automatik-Start-Taste – innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen, wobei bei jedem Einzelspiel ein Gewinn in günstiger Relation zum geleisteten Einsatz (0,25 bzw. 030:20 Euro) in Aussicht gestellt wird. Diese in Aussicht gestellten Höchstgewinne sind offenkundig darauf gerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Die Gewinnerzielungsabsicht tritt somit in den Vordergrund und das Kriterium des bloßen Zeitvertreibes muss verneint werden. Dies wird freilich durch die Aktivierungsmöglichkeit der Automatik-Start-Taste zusätzlich noch verstärkt. Auch dadurch liegt der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da auch das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft darstellt.

 

4.7. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung dem Tatbestand des § 168 Abs 1 StGB zu unterstellen und nach dem § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

 

4.8. Bestätigt wird dies zudem dadurch, dass die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 25. Jänner 2013 zur Zahl 47 BAZ 745/12z-6 mitteilte, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wegen § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. Aus dieser verfügten Einstellung des gerichtlichen Verfahrens ergibt sich, dass auf Basis der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher war als ein Freispruch (vgl. Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 14). Das bedeutet aber, dass der angelastete Sachverhalt jedenfalls unter § 168 StGB zu subsumieren und somit eine diesbezügliche Zuständigkeit der Gerichte gegeben ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des § 190 Z 1 1. Fall StPO, der ausdrücklich die Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung für den Fall vorsieht, dass die Tat "nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist" [vgl. Nordmeyer, WK‑StPO § 190 Rz 12).]!

Gemäß § 57 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlung wurde im konkreten Fall bis maximal 25. April 2012 gesetzt und ist somit iSd § 57 Abs 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist.

Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung vor der materiellen Sicht des Art 4 7. ZPzEMRK auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art 4 7. ZPzEMRK zu.

4.8.1. Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Zolotukhin nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art 4 7. ZPzEMRK dar (vgl EGMR v. 10.02.2009, Bsw.Nr. 14939/03, Rn 107 f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, zumal in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante bereits Verjährung gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß dem § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl zB VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Der Oö. Verwaltungssenat hatte gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob der Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das sie bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll (s dazu auch jüngst VfGH vom 13.06.2013, B 422/2013-9). Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen (vgl oben Punkt 4.5.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 25.09.2012, Zl. 2012/17/0040) hinzuweisen, der zufolge hinsichtlich der "verbotenen Ausspielungen" iSd § 52 Abs 1 Z 1 GSpG auf die einzelnen "im Lokal aufgestellten Geräte" abzustellen sei (vgl dazu nunmehr auch eindeutig VfGH vom 13.06.2013, B 422/2013-9 Rz 29); wenn aber für eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auf die einzelnen Geräte und nicht auf die einzelnen auf den Geräten jeweils verfügbaren Spiele abzustellen ist, so scheint eine Abgrenzbarkeit des maßgeblichen Sachverhaltes in Bezug auf die jeweiligen Einzelspiele von vornherein unzulässig und im Übrigen auch faktisch kaum möglich. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch noch zu berücksichtigen, dass in der Regel allein aufgrund des Schaffens einer Spielgelegenheit auf einem Glücksspielgerät mit einer sog. "Automatik-Start-Taste" unter Berücksichtigung der besonders attraktiven in Aussicht gestellten Gewinn-Verlust-Relationen bereits der strafbare Versuch einer Veranstaltung von Serienspielen gem § 15 iVm § 168 Abs 1 StGB gegeben sein dürfte, weshalb in diesem Fall – dh. bei solchen Geräten mit derartigen Automatik-Start-Tasten – eine diesbezügliche zusätzliche Ahndung durch die Verwaltungsstrafbehörde jedenfalls ausscheiden muss.

Daraus ergibt sich weiter, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft pauschal verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens (= "final decision" iSd EGMR-Urteils vom 10.02.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des Glücksspielgesetzes vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem Glücksspielgesetz wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfGH vom 13.06.2013, B 422/2013-9; VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 08.09.2008, Zl. 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung der Beschuldigten zu unterbleiben.

 

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11. Dezember 2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber der Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art 4 7. ZPzEMRK dar.

 

 

5. Auf Grund der – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und ‑verfolgungsverbots gemäß Art 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität hat eine Verfolgung wegen des verdrängten Verwaltungsstraftatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr.  L u k a s

 

 

 

 

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