Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560265/6/BMa/HK

Linz, 21.10.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des J H, vertreten durch Mag. G E, Rechtsanwalt in G, vom 22. Mai 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 6. Mai 2013, SO20-564-H, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid aufgehoben wird und J H, geb. X, Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen ab 1.3.2013 in Form des Mindeststandards für Personen, die alleinstehend sind (§ 1 Abs.1 Z1 Oö. BMSV), unter Einrechnung des Einkommens aus fähigkeitsorientierter Arbeit (Taschengeld FA, Bauernhof L) gewährt wird. Bis 1.7. 2013 erfolgt diese Leistung unter Reduktion des fehlenden Wohnungsaufwands, ab 1.7.2013 ohne Reduktion.

 

II. Die J H mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 20. Oktober 2011, Zl. SO20-564-H, gemäß § 16 Oö. ChG zuerkannte Leistung wird mit Gewährung der Hilfe nach dem Oö. BMSG eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, iVm §§ 1, 5, 6, 7, 8, 11, 13, 27 und 49 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö.BMSG, LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013 iVm § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 6. Mai 2013, SO20-564-H, wurde der Spruch des Bescheids vom 20. Oktober 2011, SO20-564-H, von Amts wegen wie folgt abgeändert:

 

1. Es wird Ihnen für sich ab 17.08.2012 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen bis 31. Dezember 2012 wie folgt

zuerkannt:

 

a) H J, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinstehend sind (§ 1 Abs. 1 2. 1 Oö. BMSV)

 

Die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards wird gemäß § 13 Oö. BMSG auf Grund des fehlenden bzw. geringen Wohnungsaufwandes um 139,2 reduziert.

 

2. Es wird Ihnen für sich ab 1. Jänner 2013 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalt und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen ab 1. Jänner 2013 wie folgt

zuerkannt:

 

a) H J, geb. am X

Mindeststandard für Personen, die alleinstehend sind (§ 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV)

Die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards wird gemäß § 13 Abs. 4 Oö. BMSG auf Grund des fehlenden bzw. geringen Wohnungsaufwandes um 139,20 Euro reduziert.

 

3.    Als eigene Mittel sind einzusetzen

 

a) H J, geb. am X - Taschengeld FA (Bauernhof L)

 

4. Diese Leistung wird gemäß § 7 Abs. 2 Z. 4 Oö. BMSG unter der Voraussetzung zuerkannt, dass jede Änderung der für diese Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere Änderungen der Vermögens-, Einkommens-, Familien- und Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten, binnen zwei Wochen bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden anzuzeigen ist.

 

 

Rechtsgrundlagen

 

§§4 ff iVm. 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm Artikel IV Abs. 3Z 1 und Abs. 4 Z 2 der Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG, LGBi. Nr. 18/2013, iVm. § 1 Oö. BMSV“

 

1.2. Dieser Entscheidung wurde zugrunde gelegt, dass der Bw eine eigene Wohneinheit im Haus seines Vaters bewohne und ein Taschengeld aus fähigkeitsorientierter Aktivität in der Tagesstruktur G, Bauernhof L, in E von durchschnittlich 260,78 Euro monatlich erhalte. Die belangte Behörde führt im Wesentlichen aus, gemäß Art. IV Abs.3 Z1 der Novelle des Oö. ChG und des Oö. BMSG werde der auf Grundlage des Oö. ChG erlassene bisherige Bescheid als Bescheid nach dem Oö. BMSG übergeleitet.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung eingebracht. Diese führt im Wesentlichen begründend aus, die Übergangsvorschriften seien unrichtig angewendet worden. Die rechtskräftig mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 zuerkannten Leistungen dürften nicht gekürzt werden. Der angefochtene Bescheid habe keine ausreichende gesetzliche Grundlage, er widerspreche ausdrücklich den Übergangsvorschriften. Die Berücksichtigung des von p ausbezahlten Taschengelds dürfe nicht zu einer Verringerung der Leistungskürzung führen.

 

1.4. Die Berufung stellt den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt. Gemäß § 49 Abs.1 Oö. BMSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständige Berufungsinstanz, die gemäß § 27 Oö. BMSG iVm § 67a AVG durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu SO20-564-H.

 

Da schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine solche gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

3. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

3.1. Der Berufungswerber ist am X geboren, volljährig und österreichischer Staatsbürger. Bis 17. Juli 2013 war er in einem seinem Vater gehörigen Eigenheim in der S, G, wohnhaft. In diesem Eigenheim hat der Bw keinen Wohnungsaufwand gehabt (Schreiben des Mag. G E vom 10. September 2013). Ab 1. Juli 2013 hat er einen Wohnbedarf von 321,85 Euro (Schreiben des Mag. G E vom 4. September 2013). Der Bw hat keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Er bezieht Taschengeld aus Fähigkeitsorientierter Arbeit (Bauernhof L).

 

3.2. Die aufgenommenen Beweise haben den festgestellten Sachverhalt in sich widerspruchsfrei und schlüssig dargetan. Gegen die Feststellungen der belangten Behörde wurde in der Berufung nichts vorgebracht, diese werden daher auch der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats zugrunde gelegt.

 

3.3. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013, ist Aufgabe bedarfsorientierter Mindestsicherung die Ermöglichung und Sicherung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4 von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben, nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 7 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtlos wäre. Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere der Einsatz der eigenen Mittel, der Einsatz der Arbeitskraft, die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, sowie die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.   des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfsbedürftigen Person sowie

2.   tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

Gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Oö. BMSG haben Hilfsbedürftige ihre Arbeitskraft in zumutbarer Weise einzusetzen und sich um entsprechende Erwerbsmöglichkeiten zu bemühen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die persönliche und familiäre Situation der hilfesuchenden Person sowie auf die Eigenart und Ursache der sozialen Notlage Bedacht zu nehmen.

 

Nach § 13 Abs. 1 Oö. BMSG erfolgt die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandards), soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch die Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Gemäß § 13 Abs. 4 Oö. BMSG ist, sofern bei hilfesuchenden Personen keine Aufwendungen für den Wohnbedarf zu tätigen sind, die Summe der für den Haushalt festgesetzten Mindeststandards um 18% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende zu verringern. Sofern die von der hilfesuchenden Person nach Abzug der Wohnbeihilfe nach dem Oö. Wohnbauförderungsgesetz 1993 und sonstiger unterkunftsbezogener Beihilfen zu tragenden Aufwendungen für den Wohnbedarf 18% des Netto-Ausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende unterschreitet, ist der Mindeststandard gleichfalls um diesen Betrag zu verringern und der tatsächliche Wohnungsaufwand zuzuschlagen.

 

Gemäß Art. I § 1 Abs. 1 Z 1 der Oö. Mindestsicherungsverordnung (Oö. BMSV), LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013, welcher gemäß Art. III Abs. 1 der zitierten Verordnung mit 17.08.2012 in Kraft und mit 31.12.2012 außer Kraft trat, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 843,70 Euro.

 

Gemäß Art. II § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV, LGBl Nr. 75/2011 idF LGBl Nr. 24/2013, welcher gemäß Art. III Abs. 2 der zitierten Verordnung mit 01.01.2013 in Kraft trat, betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfes für alleinstehende oder alleinerziehende Personen 867,30 Euro.

 

3.3.2. Gemäß Art. I Z 3 iVm Art. IV Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 des Landesgesetzes, mit dem das Landesgesetz betreffend die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen (Oö. ChG) und das Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) geändert werden, LGBl Nr. 18/2013, entfällt im 2. Teil, 1. Hauptstück der 2. Abschnitt einschließlich dem § 16 (subsidiäres Mindesteinkommen).

Bescheide, welche aufgrund des Oö. ChG, LGBl Nr. 41/2008, idF des Landesgesetzes LGBl Nr. 74/2011, rechtskräftig erlassen wurden, gelten als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG, wobei für leistungsbeziehende Personen nach § 13 Oö. BMSG, die bis zum Inkrafttreten dieses Landesgesetzes eine Leistung nach § 16 Oö. ChG bezogen haben, die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs. 6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf.

 

Gemäß Art. IV Abs. 1 erster Satz des Landesgesetzes LGBl Nr. 18/2013 tritt dieses Landesgesetz mit dem auf den Tag seiner Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich folgenden Monatsersten, sohin mit dem 01.03.2013, in Kraft.

 

3.3.3. Wie aus den Gesetzesmaterialien (Beilage 802/2013 zur XXVII. Gesetzgebungsperiode) zu Art. I Z 4 (§ 16 ChG) zu entnehmen ist, ergibt sich die wesentlichste Änderung für das Oö. ChG nunmehr daraus, „dass das subsidiäre Mindesteinkommen als Geldleistung zur Ermöglichung einer angemessenen sozialen Teilhabe und eines selbstbestimmten Lebens durch einen ausreichenden Lebensunterhalt zu gewähren, vollständig aufgehoben wird.“ „Die Intention dieser Neuregelung ist, dass aus dem Oö. ChG Geldleistungen herausgelöst werden und diese nunmehr für alle Menschen im Bereich des Oö. BMSG geregelt werden.“ „Da sämtliche Regelungsinhalte das subsidiäre Mindesteinkommen betreffend aus dem Oö. ChG herausgelöst werden, ist dieser Paragraph zu streichen.“

Zu Art. II Z 3 (§ 13) wird ausgeführt, dass, weil einerseits der VfGH mit seiner Entscheidung vom 29.06.2012 „die Regelungen betreffend wiederkehrender Geldleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen im Rahmen des Oö. ChG für gesetzwidrig erklärt hat, andererseits Menschen mit Beeinträchtigungen ebenso auf die Auszahlung derselben angewiesen sind, im Einklang mit der Entscheidung des VfGH dieser in den Bereich des Oö. BMSG verlegt wurde und nunmehr nicht mehr zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und solchen ohne Beeinträchtigungen unterschieden wird.

 

3.3.4. Laut dem, dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen BMS-Berechnungsblatt wurde dem Berufungswerber ein Einkommen „Taschengeld FA“ (Bauernhof L) angerechnet. Ausgehend von einem Mindeststandard von monatlich 843,70 Euro abzüglich dem Einkommen „Taschengeld FA (Bauernhof L)“ in Höhe von durchschnittlich 260,78 Euro und abzüglich der Reduktion Wohnbedarf von monatlich 139,20 Euro, hat der Bw doch bis 1.7.2013 keine eigenen Wohnaufwendungen zu tätigen gehabt, berechnete die Behörde für laufende Geldleistungen ab 17. August 2012 einen Monatsanspruch von 443,72 Euro.

Im Gegensatz zu den im neu geschaffenen § 13 Abs. 3a Oö. BMSG erfassten Mindeststandards für volljährige Personen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG fallen, trat § 16 Oö. ChG für die Berufungswerberin jedoch nicht rückwirkend mit 17.08.2012 (Art. IV Abs. 1 dritter Satz LGBl Nr. 18/2013), sondern erst mit 01.03.2013 in Kraft (Art. IV Abs. 1 erster Satz LGBl Nr. 18/2013).

Ab 1.3. 2013 gelten aufgrund der Übergangsbestimmung des Art. IV Abs. 3 Z 1 LGBl Nr. 18/2013 rechtskräftig erlassene Bescheide nach § 16 Oö. ChG als Bescheide nach § 13 Oö. BMSG.

 

Bis zum 01.03.2013 war somit eine amtswegige Änderung des Bescheids über die Gewährung eines subsidiären Mindesteinkommens gem. § 16 Oö. ChG vom 20. Oktober 2011 mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig und vom Oö. Verwaltungssenat ersatzlos aufzuheben.

 

5.5. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Entgeltes für Fähigkeitsorientierte Arbeit (Taschengeld) ist auf die ab 01.03.2013 heranzuziehende Bestimmung des § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hinzuweisen, wonach die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person (Z 1) zu erfolgen hat.

 

In den erläuternden Bemerkungen zu § 8 Oö. BMSG (AB 434/2011) wird ausgeführt: „Abs 1 Z 1 entspricht der bisherigen Regelung (§ 9 Abs 1 Oö. Sozialhilfegesetz). Anders als bisher (vgl § 4 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998) wird der Einkommensbegriff jedoch nicht mehr positiv definiert. Vielmehr soll – ähnlich wie bisher beim Vermögen – die Weite des Einkommensbegriffes künftig dadurch zum Ausdruck kommen, dass all jene Einkommensbestandteile, die nicht gemäß § 9 (oder einer Verordnung gemäß § 9) ausgenommen sind, anzurechnen sind.“

Das vom Bauernhof L gewährte Taschengeld ist keine freiwillige Leistung. Es wird nicht ohne rechtliche Verpflichtung im Sinn des § 9 Abs.1 Z1 Oö. BMSG, sondern auf Grundlage der einschlägigen Rahmenrichtlinien und eines rechtskräftigen Bescheids, mit dem die fähigkeitsorientierte Tätigkeit gewährt wurde, erbracht. Der Umstand, dass das Taschengeld keine existenzsichernde Funktion hat und lediglich als Anerkennung ausbezahlt wird, ändert daran nichts. Die Ausnahmebestimmung im Sinn des § 9 Abs.1 Z1 Oö. BMSG ist nicht anwendbar. Gemäß der Rahmenrichtlinie soll darauf geachtet werden, dass durch das Entgelt in der fähigkeitsorientierten Aktivität kein Verlust anderer subsidärer Unterstützung anfällt. Dessen ungeachtet ist das Taschengeld als Einkommen bzw. tatsächlich zur Verfügung stehende Leistung gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen  Anordnung des § 8 Abs. 1 Oö. BMSG anzurechnen. Es wurde keine Verordnung iSd § 9 Abs. 2 bzw Abs. 3 Oö. BMSG erlassen, die im gegebenen Zusammenhang eine Ausnahme anordnen würde (vgl. dazu bereits VwSen-560256/9/Wg/Hu vom 27.06.2013; VwSen-560277/2/Kl/MG/TK vom 20.09.2013; VwSen-560286/3/Kl/MG/TK vom 20.09.2013).

 

5.6. Zum Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich eines Verschlechterungsverbots wird auf die Bestimmung des Art. 4 Abs.4 Z1 LGBl Nr. 18/2013 verwiesen, demgemäß die Höhe der zuletzt zuerkannten Richtsätze gemäß § 16 Abs.6 und 7 Oö. ChG nicht unterschritten werden darf. Im gegenständlichen Fall betrug die Höhe des Richtsatzes gemäß § 16 Oö. ChG iVm § 4 Abs.1 Z3 Oö. ChG- Beitrags- und Richtsatzverordnung LGBl Nr. 78/2008 idF LGBl Nr. 114/2011 für Menschen mit Beeinträchtigungen, die alleinstehend sind, wenn kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, 692,53 Euro. Der nunmehr gemäß 13 Abs.3 Oö. BMSG iVm § 1 Abs.1 Z1 Oö. BMSV für Alleinstehende geltende Richtsatz beträgt 867,30 Euro. Eine Unterschreitung der Höhe der dem Berufungswerber zuletzt zuerkannten Richtsätze ist somit nicht gegeben.

 

Weil der Richtsatz nach Oö. BMSG auch den Wohnbedarf mitumfasst und abdeckt, der Bw jedoch nach eigenen Angaben vom 1.3.2013 bis 1.7.2013 keinen Wohnbedarf hatte, war für diese Zeit der zuerkannte Mindeststandard um den fehlenden Wohnbedarf im Sinne des § 13 Abs.4 Oö. BMSG, um 18%  des Netto-Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende, das sind 150,77 Euro (18% des im Jahr 2013 geltenden Richtsatzes für alleinstehende Personen), zu verringern.  

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann