Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151028/4/Lg/Ba

Linz, 30.09.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder  über die Berufung des A K, c/o Fa. W G GmbH, H, P, Deutschland, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes des Bezirkes Linz-Land vom 5. März 2013, Zl. BauR96-690-2011, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die (Straf-)Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanz­lichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 30 Euro zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 34 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie haben zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort ein mehrspuriges Kraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass während der Fahrt keine Mautentrichtung und auch keine Nachzahlung der Maut stattgefunden hat. Eine GO-Box ist vorhanden, jedoch wurde über diese keine Maut entrichtet.

 

Tatort: Gemeinde Ansfelden, A7 bei km 000,853, Richtung Knoten Linz

 

Tatzeit: 09.08.2011, 06:05 Uhr

 

Fahrzeug:

Kennzeichen X, Kraftfahrzeug über 3,5 t

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 20 Abs. 2 i.V.m. § 6 und 7 Abs. 1 BStMG"

 

In der Begründung führt das angefochtene Straferkenntnis aus:

 

"Aufgrund einer Anzeige der ASFINAG vom 26.08.2011 wurde Ihnen die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung vom 02.11.2011, Zahl BauR96-690-2011, vorgeworfen.

 

Mit Schriftsatz vom 17.11.2011 hat die Firma W G GmbH, H, P als Zulassungsbesitzer fristgerecht gegen die o. a. Strafverfügung Einspruch erhoben. Darin führte sie im Wesentlichen wie folgt aus:

 

'Für die von Ihnen angegebene Verwaltungsübertretung vom 09.08.2011 hat Herr K bereits eine Strafverfügung über € 300,-- von der Bezirkshauptmannschaft Mödling erhalten (siehe beiliegende Kopie). Wir bitten deshalb im Auftrag unseres Fahrers, Ihre Strafverfügung vom 02.11.2011 fallen zu lassen.'

 

Mit Schreiben vom 12.01.2012 wurde Ihnen die 'Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme' samt Stellungnahme und Beweisbilder der ASFINAG vom 03.01.2012, die wie folgt ausführt, übermittelt:

 

'Bezug nehmend auf Ihr Schreiben nehmen wir gerne wie folgt Stellung.

 

Die Angaben des Zulassungsbesitzers werden ausdrücklich zurückgewiesen. Sowohl die Anzeige 3719881 (BH Mödling) als auch die Anzeige 3717281 (BH LINZ LAND) werden aufrecht erhalten. Die Tatbestände der Mautprellerei wurden lt. Bundesstraßen­mautgesetz einwandfrei erfüllt. Der Lenker / Zulassungsbesitzer war über die Konsequenzen einer Nichtbezahlung der Ersatzmaut und über die Folgen der Anzeige vollends informiert.

 

Die GO-Box hat dem Beschuldigten - beginnend ab 09.08.2011

69mal den 4maligen Signalton (insgesamt 276 Warntöne = Warntöne, dass keine Maut mehr abgebucht werden kann) übermittelt.

Bereits davor wurden dem Lenker unzählige, 2malige Signaltöne (Erinnerung -GO-Box Tausch) übermittelt — welche ebenfalls allesamt ignoriert wurden.

 

Der Beschuldigte hat somit 69 Mautportale geprellt und über 270 Sperrtone der GO-Box ignoriert und ist ohne die Maut zu entrichten auf dem mautpflichtigen Straßennetz gefahren.

 

Dieser hat es auch für nicht notwendig erachtet die geschuldeten Mautbeträge innerhalb von 5 Stunden/100 Kilometer nachzuzahlen um somit einen Delikt zu verhindern.

 

Sachverhalt:

 

Die im Kraftfahrzeug mitgeführte GO-Box war zum Zeitpunkt des Kontrollfalls gemäß Punkt 5.7.2 der Mautordnung Teil B für die Bezahlung der Maut nicht freigegeben, was dem Fahrer gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung Teil B beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen durch vier kurze Signal-Töne signalisiert wurde.

 

Die gegenständliche GO-Box aufgrund der missachteten Tauschaufforderungen gemäß Punkt 5.6.2 der Mautordnung Teil B aktiv gesperrt worden.

 

Einige Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer wird die GO-Box automatisch zurückgerufen. Die GO-Box gibt in solchen Fällen als Zeichen beim Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle ein 2maliges Warnsignal ab (siehe Punkt 8.2.4.3.1).

 

Die ASFINAG Maut Service GmbH ist berechtigt, eine GO-Box auch während aufrechter Verwendung zum Austausch rückzurufen. Weiters ist die ASFINAG berechtigt, im Falle technischer Mängel bzw. bei festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung die GO-Box zu sperren. Unter festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung, ist auch jener Fall zu subsumieren, dass offene Mautbeträge nicht ordnungsgemäß eingehoben werden können. Die GO-Box gibt bei Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle in solchen Fällen ein Warnsignal (siehe Punkt 8.2.4.3.2) ab.

 

Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer bzw. nach erfolgter Sperre der GO-Box können mit dieser keine Mauttransaktionen durchgeführt werden. Der Kraftfahrzeuglenker erfüllt — sofern er nicht von der Möglichkeit zur Nachzahlung der Maut Gebrauch macht (siehe Punkt 7.1) — den Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10).

 

In diesem Zusammenhang dürfen wir auf § 8 Abs. 2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 verweisen wonach sich die Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden haben.

 

Bei Nichtabbuchung der Maut besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Mautnachzahlung. Wir verweisen diesbezüglich auf die Mautordnung Teil B Punkt 8 Pflichten der Kraftfahrzeuglenker sowie Punkt 7.1 Nachzahlung bei GO VERTRIEBSSTELLEN / GO SERVICE CENTER / Mautaufsichtsorganen der Mautordnung Teil B in der jeweils geltenden Fassung. Da keine fristgerechte Nachzahlung gemäß der zum Tatzeitpunkt geltenden Mautordnung durch den Beschuldigten erfolgte, kam es wie in der Mautordnung festgelegt zu einem Delikt.

 

Wird der Kraftfahrzeuglenker von einem Kontrollorgan betreten, ist das Kontrollorgan berechtigt, den Kraftfahrzeuglenker mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufzufordern. Die Zahlung der Ersatzmautforderung wurde vom Fahrzeuglenker und vom Zulassungsbesitzer — aus welchem Grund auch immer — nicht nachgekommen weshalb die Anzeige erstattet werden musste.

 

Die in der Anzeige getätigten Angaben (basieren auf der dienstlichen Wahrnehmung unseres vereidigten Mautaufsichtsorgans bzw. der vereidigten Mautaufsichtsorgane die immer zu zweit Ihren Dienst verrichten. Der Lenker wird auf die Konsequenzen einer Anzeige vom Kontrollorgan informiert.'

 

Mit Schreiben vom 12.01.2012 wurden Sie aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse darzulegen, andernfalls diese von ha. wie folgt geschätzt werden:

 

Einkommen: € 1.500,--

Vermögen: keines

Sorgepflichten: keine

 

In Ihrem Schreiben vom 30.01.2012 teilten Sie hs. Behörde folgendes mit:

 

'Zu diesem Sachverhalt möchte ich nochmals Stellung nehmen. Ich habe nicht bemerkt, dass das Mautgerät nicht mehr abbucht und bereits mehrfach piepst. Jedoch am Vortag hat das Gerät noch einwandfrei abgebucht (Anlage Rechnungskopie). Außerdem kann ich sehr leise Töne nicht hören (Anlage Attest). Aus gesundheitlichen Gründen bin ich nun arbeitslos geworden. Von der Bezirkshauptmannschaft Mödling habe ich ebenfalls eine Anzeige erhalten (Anlage Deckblatt). Ich kann beim besten Willen nichts dafür, ich habe die Töne der GO-Box nicht gehört und bitte Sie, die Anzeige fallen zu lassen.'

 

Zu Ihren Einkommensverhältnissen teilten Sie mit, dass Sie € 710,-- Arbeitslosengeld beziehen. Zu Ihren Vermögens- und Familienverhältnissen haben Sie keine Stellungnahme mehr abgegeben.

 

Mit Schreiben vom 30.10.2012 wurde die Fa. W G GmbH ersucht, eine schriftliche Vollmacht von Ihnen nachzureichen, die die Fa. G ermächtigt, den Einspruch in Ihrem Namen einzureichen. Am 17.12.2012 wurde seitens der hs. Behörde diese schriftliche Vollmacht urgiert. Mit Fax vom 04.01.2013, eingelangt bei hs. Behörde am 10.01.2013, wurde diese Vollmacht nachgereicht.

 

Die Behörde hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG, BGBl I Nr 135/2008 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Stammfassung) ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten. Gemäß § 4 BStMG sind Kraftfahrzeuglenker und Zulassungsbesitzer gemeinsam Mautschuldner. Mehrere Mautschuldner haften zur ungeteilten Hand.

 

Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt gemäß § 6 BStMG der fahrleistungsabhängigen Maut. Die Maut ist gemäß § 7 Abs 1 BStMG durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie gemäß § 8 Abs 1 BStMG vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten. Gemäß Abs 2 leg cit haben sie sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

In der Mautordnung sind im Teil B, Punkt 8 die Pflichten der Kraftfahrzeuglenker festgelegt. Unter Punkt 8.2.4.3 sind die Verhaltenspflichten der Kraftfahrzeuglenker während der Fahrt umschrieben. Danach muss der Kunde (gemeint ist wohl der Kraftfahrzeuglenker) ein eventuell eintretendes akustisches Signal beachten, welches ertönt wenn keine Mautentrichtung stattgefunden hat. Es handelt sich dabei um vier kurze Signal-Töne, die dem Kraftfahrzeuglenker insbesondere bei festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung zur Kenntnis gebracht werden. Im Falle des Ertönens dieses Signals hat dann jeder Kunde seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinn von Punkt 7.1 der Mautordnung im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 der Mautordnung verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs 2 BStMG (idF BGBl I Nr 135/2008) begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von € 300,-- bis zu € 3.000,-- zu bestrafen. § 20 Abs 3 BStMG legt fest, dass Taten gemäß Abs 1 und 2 straflos werden, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

Trotz nicht erfolgter Mautabbuchung - aufgrund der Sperre der GO-Box - haben Sie keine fristgerechte Nachzahlung gemäß der Mautordnung (Version 29) getätigt und daher den Verwaltungsstraftatbestand der Mautprellerei gemäß § 20 Abs 2 BStMG erfüllt.

 

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

 

Laut Angaben der ASFINAG wurden Sie am 10.08.2011 mündlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert. Sie verweigerten die Bezahlung der Ersatzmaut und wurden über die Folgen der Anzeige aufgeklärt.

 

Da weder im Zuge der Benützung der mautpflichtigen Strecke, noch im Wege der Nachzahlung oder der Zahlung der Ersatzmaut eine Entrichtung der vorgeschriebenen Maut erfolgte, haben Sie den objektiven Tatbestand zweifelsfrei verwirklicht.

 

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Bei bloßen Ungehorsamsdelikten wird das Verschulden daher widerleglich vermutet. Die Glaubhaftmachung hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die 'Glaubhaftmachung' nicht. § 20 Abs 2 BStMG enthält kein Erfordernis einer bestimmten Verschuldensform. Daher reicht fahrlässiges Handeln aus.

 

Da es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein bloßes Ungehorsamsdelikt handelt, hätten Sie glaubhaft machen müssen, dass Sie an der Verletzung der Mautpflicht kein Verschulden trifft, weil Ihnen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift unmöglich war. Sie hätten initiativ alles darzutun gehabt, was für Ihre Entlastung spricht. Insbesondere hätten Sie glaubhaft machen müssen, dass Sie alle Maßnahmen getroffen haben, um unter den gegebenen Umständen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift zu gewährleisten.

 

Bezüglich Ihres Verschuldens haben Sie im Ermittlungsverfahren eingewendet, dass Sie nicht bemerkt hätten, dass das Mautgerät nicht mehr abbucht und mehrfach piepst. Am Vortag hätte das Gerät noch einwandfrei abgebucht. Außerdem könnten Sie sehr leise Töne nicht hören.

 

Ihre diesbezügliche Rechtfertigung kann jedoch nicht zu Ihrer Entlastung beitragen, da ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrzeuglenker das eintretende akustische Signal (vier kurze Signal-Töne), das den Kraftfahrzeuglenker insbesondere auf festgestellte Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung hinweist, beachtet hätte, wozu er nach dem BStMG und der Mautordnung während der Fahrt verpflichtet ist. Er hätte im Falle des Ertönens dieses Signals die der Mautordnung entsprechende Nachzahlung getätigt bzw. wäre jedenfalls nicht auf der mautpflichtigen Strecke weitergefahren.

 

Kraftfahrzeuglenker mit einer Hörbeeinträchtigung sind von den Mitwirkungspflichten nicht befreit. Sie sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut an den obgenannten Vertriebsstellen zu überprüfen (siehe auch Punkt 8.2.4.4). Der Kunde hat auch die Möglichkeit, sich zuerst an das ASFINAG SERVICE CENTER (siehe auch Punkt 5.3) zu wenden, um dort über die Funktionstüchtigkeit der Mautanlage informiert zu werden.

 

Sie haben jedoch trotz dieser Signaltöne weiterhin die mautpflichtige Strecke benützt, obwohl Sie von den Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung wissen mussten. Sie haben nicht glaubhaft gemacht, dass Sie alle Maßnahmen getroffen haben, um unter den gegebenen Umständen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift zu gewährleisten. Allein die Behauptung, dass Sie keinerlei Signaltöne wahrgenommen hätten reicht nicht aus, um ein Verschulden Ihrerseits auszuschließen.

Somit ist Ihnen die vorgeworfene strafbare Handlung jedenfalls auch subjektiv vorwerfbar.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. § 19 Abs 2 VStG sieht vor, dass im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen teilten Sie mit: Einkommen: € 710,-- Arbeitslosengeld

Zu den Vermögens- und Familienverhältnissen machten Sie keine Angaben, weshalb die Behörde - wie angekündigt - von keinem Vermögen und keinen Unterhaltsverpflichtungen ausgeht.

 

Strafmildernd war zu werten, dass Sie bisher unbescholten sind. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Im gegenständlichen Fall war auch die lange Verfahrensdauer strafmildernd zu werten und ist die Behörde daher der Ansicht, dass im Hinblick auf Art. 6 EMRK eine Herabsetzung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe gemäß § 20 VStG gerechtfertigt ist, zumal keine Straferschwerungsgründe vorliegen.

 

Die gegen Sie verhängte Strafe erscheint als tat- und schuldangemessen und geeignet, Sie in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten."

 

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Sehr geehrte Frau R,

gegen den o. g. Bescheid erheben wir für Herr K Berufung. Er hat für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung bereits an die Bezirkshauptmannschaft Mödling eine Strafe von 165,00 EUR zu bezahlen.

 

Da Herr K nur über ein Einkommen von 710,00 EUR verfügt bitten wir Sie, den Betrag wenn möglich noch weiter zu mindern und ihm eine Ratenzahlung einzuräumen, da er auch die Strafe aus Mödling noch abzahlen muß."

 

 

3. Der Akt enthält die im angefochtenen Straferkenntnis bezogenen Aktenstücke.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Das angefochtene Straferkenntnis ist dem Grunde nach in Rechtskraft erwachsen, da lediglich die Strafhöhe bekämpft wurde.

 

Zur angefochtenen Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin das außerordentliche Milderungsrecht angewendet und maximal ausgeschöpft wurde. Eine weitere Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe bzw. eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z 4 VStG kommt mangels Vorliegens der (kumulativen) gesetzlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht in Betracht. Weder ist die Bedeutung des Rechtsgutes noch ist die Intensität seiner Beeinträchtigung als gering einzustufen. Die Hörbehinderung entschuldigt den Bw nicht, da die Einlassung auf die Lenktätigkeit das Risiko der Nichtwahrnehmung der Signaltöne dem Lenker aufbürdet. Im Übrigen ist auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis zu verweisen, die in der Berufung unbekämpft bleiben. Die Minderung des Verschuldens durch die Hörbehinderung ist in der Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts ausreichend berücksichtigt; Geringfügigkeit im Sinne des § 45 Abs.1 Z 4 VStG ist dadurch nicht bewirkt.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Bestrafung wegen eines anderen Delikts keinen Milderungsgrund für das hier gegenständliche Delikt bilden kann. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass sich nach dem Leistungsverzeichnis (das ist die automatische Registratur der Fahrt mittels Mautbalken) die Fahrt des Bw wie folgt darstellt: Die Fahrt begann am Tattag um 5:47 Uhr auf der A7. Um 6:05 Uhr kam es zum hier gegenständlichen Kontrollfoto. Weiters ist dem Leistungsverzeichnis zu entnehmen, dass der Bw die Fahrt auf der A1 bis Wien Auhof fortsetzte, dort um 8:42 Uhr von der A1 abfuhr und erst um 11:38 Uhr seine Fahrt auf der A2 (Südautobahn) fortsetzte. Erst auf dieser Fahrt kam es zur weiteren Deliktsverwirklichung am 9.8.2011 um 11:30 Uhr, A2 km 007,496, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Arnoldstein (vgl. das rechtskräftige Erkenntnis der BH Mödling vom 27.3.2012, MDS2-V-11 1111275 bzw. das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 5.11.2012, Senat-MD-12-1107). Wegen dieser Fahrtunterbrechung liegt kein fortgesetztes (einheitliches) Delikt vor.

 

Eine Unterschreitung der verhängten Geldstrafe ist mangels gesetzlicher Grundlagen ausgeschlossen. Hinsichtlich der Gewährung einer Ratenzahlung möge sich der Bw an die dafür zuständige Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wenden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder